nämlich des Kopfgerüstes, den wir Schläfenschuppe nennen, scheint noch zum Inbegriff der Kopfextremitäten zu gehören, wie schon mehrfach von den Natur- forschern ausgesprochen ist. Dieser Deutung muss man beistimmen, wenn man bedenkt, wie die Schläfenschuppe oft zwar sich in das Schädelgerüste eindrängt, allein meist mit Schuppennähten die Ränder der andern Knochen deckt, zu- weilen auch von der Schädelhöhle ausgeschlossen ist, ja in einigen Fällen, wie in den normalen Schlangen, sogar ganz lose und beweglich an der Schädeldecke anliegt. Ich finde nämlich keinen Grund, diesen ersten Knochen im Kiefergerüste der wahren Schlangen für das Warzenbein zu halten. Wie käme das Warzen- bein zu einem Gelenke an seinem untern Ende? Dagegen ist es deutlich ein Kopfschulterblatt, nach unten mit vollständigem Gelenke, nach oben ohne aus- gebildetes Gelenk sich anfügend an die Gegend, wo die Dornfortsätze der Schädel- wirbel sind. Auch die Entwickelungsgeschichte scheint nachzuweisen, dass sich in die Kopfbildung der höheren Thiere etwas an- und einfügt, was nicht ursprünglich zu den Schädelwirbeln gehört. Man sieht nämlich anfangs die Wirbelabtheilung in der hintern Gegend des Schädels sehr deutlich. Nachher wird sie plötzlich undeutlich, als ob sich etwas Neugebildetes auflegte. -- Wenn man nun für das Kiefergerüste, und namentlich zuerst für den Hinterkiefer noch einen Theil mitzählen darf, der meistens mit dem Schädel verbunden ist, so haben wir folgende Hauptabschnitte für die Kieferbildung: zuvörderst ein Wurzelglied, welches hier ein Schädelglied ist, wie in den eigentlichen Ex- tremitäten ein Rumpfglied; ferner ein Endglied, welches unmittelbar auf die Beute wirkt. Zwischen beiden sind zuweilen zwei Mittelglieder, und in dieser Form zeigt die Kieferbildung ganz die Bildung der Extremitäten. In den Kiefern sind zwar die zwei Mittelglieder selten, viel häufiger ist nur ein auf beiden Seiten bewegliches Mittelglied (in den meisten Fischen, allen Vögeln, sehr vielen Amphibien). Auch erkennt man noch in den Knochenfischen mit vorstreckbaren Kiefern ein undeutliches Mittelgelenk zwischen dem Wurzelgelenke, welches Schädel und Quadratknochen verbindet, und dem Endgelenke.
Wir finden also in den Kiefern dieselben Hauptabschnitte, wie in den Extremitäten, und wenn in ihnen gewöhnlich nur Ein Mittelglied ist, so dürfte dieses eben in dem Unterschiede zwischen Kopf- und Rumpfextremitäten be- gründet seyn. Wie wir unter den wahren Extremitäten zweigliedrige und vier- gliedrige fanden, so haben wir auch eine verschiedene Zahl der Gliederung in den Kiefern gefunden, nämlich viergliedrige (der Stör), dreigliedrige und zwei- gliedrige. Es scheint, dass im zweiten Falle das untere Mittelglied im Endgliede mit enthalten ist, darauf führt die Bildung des Endgelenkes, welches den Gelenk-
nämlich des Kopfgerüstes, den wir Schläfenschuppe nennen, scheint noch zum Inbegriff der Kopfextremitäten zu gehören, wie schon mehrfach von den Natur- forschern ausgesprochen ist. Dieser Deutung muſs man beistimmen, wenn man bedenkt, wie die Schläfenschuppe oft zwar sich in das Schädelgerüste eindrängt, allein meist mit Schuppennähten die Ränder der andern Knochen deckt, zu- weilen auch von der Schädelhöhle ausgeschlossen ist, ja in einigen Fällen, wie in den normalen Schlangen, sogar ganz lose und beweglich an der Schädeldecke anliegt. Ich finde nämlich keinen Grund, diesen ersten Knochen im Kiefergerüste der wahren Schlangen für das Warzenbein zu halten. Wie käme das Warzen- bein zu einem Gelenke an seinem untern Ende? Dagegen ist es deutlich ein Kopfschulterblatt, nach unten mit vollständigem Gelenke, nach oben ohne aus- gebildetes Gelenk sich anfügend an die Gegend, wo die Dornfortsätze der Schädel- wirbel sind. Auch die Entwickelungsgeschichte scheint nachzuweisen, daſs sich in die Kopfbildung der höheren Thiere etwas an- und einfügt, was nicht ursprünglich zu den Schädelwirbeln gehört. Man sieht nämlich anfangs die Wirbelabtheilung in der hintern Gegend des Schädels sehr deutlich. Nachher wird sie plötzlich undeutlich, als ob sich etwas Neugebildetes auflegte. — Wenn man nun für das Kiefergerüste, und namentlich zuerst für den Hinterkiefer noch einen Theil mitzählen darf, der meistens mit dem Schädel verbunden ist, so haben wir folgende Hauptabschnitte für die Kieferbildung: zuvörderst ein Wurzelglied, welches hier ein Schädelglied ist, wie in den eigentlichen Ex- tremitäten ein Rumpfglied; ferner ein Endglied, welches unmittelbar auf die Beute wirkt. Zwischen beiden sind zuweilen zwei Mittelglieder, und in dieser Form zeigt die Kieferbildung ganz die Bildung der Extremitäten. In den Kiefern sind zwar die zwei Mittelglieder selten, viel häufiger ist nur ein auf beiden Seiten bewegliches Mittelglied (in den meisten Fischen, allen Vögeln, sehr vielen Amphibien). Auch erkennt man noch in den Knochenfischen mit vorstreckbaren Kiefern ein undeutliches Mittelgelenk zwischen dem Wurzelgelenke, welches Schädel und Quadratknochen verbindet, und dem Endgelenke.
Wir finden also in den Kiefern dieselben Hauptabschnitte, wie in den Extremitäten, und wenn in ihnen gewöhnlich nur Ein Mittelglied ist, so dürfte dieses eben in dem Unterschiede zwischen Kopf- und Rumpfextremitäten be- gründet seyn. Wie wir unter den wahren Extremitäten zweigliedrige und vier- gliedrige fanden, so haben wir auch eine verschiedene Zahl der Gliederung in den Kiefern gefunden, nämlich viergliedrige (der Stör), dreigliedrige und zwei- gliedrige. Es scheint, daſs im zweiten Falle das untere Mittelglied im Endgliede mit enthalten ist, darauf führt die Bildung des Endgelenkes, welches den Gelenk-
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nämlich des Kopfgerüstes, den wir Schläfenschuppe nennen, scheint noch zum
Inbegriff der Kopfextremitäten zu gehören, wie schon mehrfach von den Natur-
forschern ausgesprochen ist. Dieser Deutung muſs man beistimmen, wenn man
bedenkt, wie die Schläfenschuppe oft zwar sich in das Schädelgerüste eindrängt,
allein meist mit Schuppennähten die Ränder der andern Knochen deckt, zu-
weilen auch von der Schädelhöhle ausgeschlossen ist, ja in einigen Fällen, wie
in den normalen Schlangen, sogar ganz lose und beweglich an der Schädeldecke
anliegt. Ich finde nämlich keinen Grund, diesen ersten Knochen im Kiefergerüste
der wahren Schlangen für das Warzenbein zu halten. Wie käme das Warzen-
bein zu einem Gelenke an seinem untern Ende? Dagegen ist es deutlich ein
Kopfschulterblatt, nach unten mit vollständigem Gelenke, nach oben ohne aus-
gebildetes Gelenk sich anfügend an die Gegend, wo die Dornfortsätze der Schädel-
wirbel sind. Auch die Entwickelungsgeschichte scheint nachzuweisen, daſs sich
in die Kopfbildung der höheren Thiere etwas an- und einfügt, was nicht
ursprünglich zu den Schädelwirbeln gehört. Man sieht nämlich anfangs die
Wirbelabtheilung in der hintern Gegend des Schädels sehr deutlich. Nachher
wird sie plötzlich undeutlich, als ob sich etwas Neugebildetes auflegte. — Wenn
man nun für das Kiefergerüste, und namentlich zuerst für den Hinterkiefer noch
einen Theil mitzählen darf, der meistens mit dem Schädel verbunden ist, so
haben wir folgende Hauptabschnitte für die Kieferbildung: zuvörderst ein
Wurzelglied, welches hier ein Schädelglied ist, wie in den eigentlichen Ex-
tremitäten ein Rumpfglied; ferner ein Endglied, welches unmittelbar auf die
Beute wirkt. Zwischen beiden sind zuweilen zwei Mittelglieder, und in dieser
Form zeigt die Kieferbildung ganz die Bildung der Extremitäten. In den Kiefern
sind zwar die zwei Mittelglieder selten, viel häufiger ist nur ein auf beiden
Seiten bewegliches Mittelglied (in den meisten Fischen, allen Vögeln, sehr vielen
Amphibien). Auch erkennt man noch in den Knochenfischen mit vorstreckbaren
Kiefern ein undeutliches Mittelgelenk zwischen dem Wurzelgelenke, welches
Schädel und Quadratknochen verbindet, und dem Endgelenke.
Wir finden also in den Kiefern dieselben Hauptabschnitte, wie in den
Extremitäten, und wenn in ihnen gewöhnlich nur Ein Mittelglied ist, so dürfte
dieses eben in dem Unterschiede zwischen Kopf- und Rumpfextremitäten be-
gründet seyn. Wie wir unter den wahren Extremitäten zweigliedrige und vier-
gliedrige fanden, so haben wir auch eine verschiedene Zahl der Gliederung in
den Kiefern gefunden, nämlich viergliedrige (der Stör), dreigliedrige und zwei-
gliedrige. Es scheint, daſs im zweiten Falle das untere Mittelglied im Endgliede
mit enthalten ist, darauf führt die Bildung des Endgelenkes, welches den Gelenk-
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/224>, abgerufen am 25.11.2024.
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