uns, dass die Herzohren und die Venensäcke von Anfang an nur Umwandlungen der Hohlvene sind.
Die Aortenzwiebel hatte schon am siebenten Tage nicht mehr die Gestaltr. Bildung der Schlag- aderstämme. einer Zwiebel, sondern mehr eines breiten, zuweilen schon gefurchten Gefäss- stammes. Jetzt sieht man sie tief gefurcht und durch die Furchen scheinbar in vier Kanäle getheilt. Untersucht man die Sache genauer, so findet man, dass die drei Kanäle der rechten Seite in einen kurzen gemeinschaftlichen Stamm zu- sammenfliessen, und dass der linke Kanal noch einen rechten obern verdeckten Ast hat. Es sind nämlich die beiden Hauptströme, die man schon am siebenten Tage im Innern der Aortenzwiebel getrennt findet, jetzt auch äusserlich getrennt und kürzer geworden. Ihre ehemalige vordere Vereinigung ist vollständig gelöst. Der eine dieser Hauptstämme kommt aus der linken Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr oben, und wird also bei der Betrachtung von der untern Fläche von dem andern verdeckt. Er theilt sich in die beiden Trunci anonymi, welche die Speiseröhre zwischen sich lassen, und einen dritten Bogen, der auf der rechten Seite hinter dem Truncus anonymus verläuft. Der zweite Hauptkanal kommt aus der rechten Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr nach unten, ist aber gleich nach links gerichtet. Er theilt sich in zwei Kanäle, von denen der eine mehr unten liegend neben dem linken Truncus anonymus nach links verläuft, der andere mehr nach oben und rechts über die Gefässbogen weggeht, welche nach dieser Seite aus dem ersten Hauptstamme sich wenden.
Auffallend ist die Kürze der gemeinschaftlichen Stämme. Die Metamor- phose der Gefässbogen ist jetzt bis auf einen gewissen Grad gediehen, welcher die Umwandlung der ersten Form in die Gefässvertheilung verstehen lässt, die wir im erwachsenen Vogel kennen. -- Wir hatten nämlich ursprünglich einen ein- fachen Kanal, der aus der Herzkammer kam, und sich in fünf Paar nicht zu- gleich, sondern nach einander entstehender Bogen theilte. Alle Bogen einer Seite liefen in eine Aortenwurzel zusammen, und beide Aortenwurzeln bildeten den Stamm der Aorta. Von den fünf Paar Bogen schwand zuerst der erste, und dann der zweite. Am fünften Tage sind also nur drei Paar Bogen, und die Aorten- wurzel, so weit sie den beiden ersten Bogen angehört, scheint in den Stamm der Kopfschlagader umgewandelt zu seyn. Unterdessen hat der Ursprung der Aorta sich verdickt, und ein kolbiges Ansehn gewonnen. Er enthält nämlich zwei Ströme, die sich um so mehr scheiden, je vollständiger die Trennung der Kam- mern wird. Beide Ströme laufen aber noch eine Zeitlang nach vorn zusammen. Der eine Strom kommt aus der linken Kammer und richtet sich gegen den ur- sprünglich dritten Bogen beider Seiten und den vierten der rechten Seite. Der
P 2
uns, daſs die Herzohren und die Venensäcke von Anfang an nur Umwandlungen der Hohlvene sind.
Die Aortenzwiebel hatte schon am siebenten Tage nicht mehr die Gestaltr. Bildung der Schlag- aderstämme. einer Zwiebel, sondern mehr eines breiten, zuweilen schon gefurchten Gefäſs- stammes. Jetzt sieht man sie tief gefurcht und durch die Furchen scheinbar in vier Kanäle getheilt. Untersucht man die Sache genauer, so findet man, daſs die drei Kanäle der rechten Seite in einen kurzen gemeinschaftlichen Stamm zu- sammenflieſsen, und daſs der linke Kanal noch einen rechten obern verdeckten Ast hat. Es sind nämlich die beiden Hauptströme, die man schon am siebenten Tage im Innern der Aortenzwiebel getrennt findet, jetzt auch äuſserlich getrennt und kürzer geworden. Ihre ehemalige vordere Vereinigung ist vollständig gelöst. Der eine dieser Hauptstämme kommt aus der linken Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr oben, und wird also bei der Betrachtung von der untern Fläche von dem andern verdeckt. Er theilt sich in die beiden Trunci anonymi, welche die Speiseröhre zwischen sich lassen, und einen dritten Bogen, der auf der rechten Seite hinter dem Truncus anonymus verläuft. Der zweite Hauptkanal kommt aus der rechten Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr nach unten, ist aber gleich nach links gerichtet. Er theilt sich in zwei Kanäle, von denen der eine mehr unten liegend neben dem linken Truncus anonymus nach links verläuft, der andere mehr nach oben und rechts über die Gefäſsbogen weggeht, welche nach dieser Seite aus dem ersten Hauptstamme sich wenden.
Auffallend ist die Kürze der gemeinschaftlichen Stämme. Die Metamor- phose der Gefäſsbogen ist jetzt bis auf einen gewissen Grad gediehen, welcher die Umwandlung der ersten Form in die Gefäſsvertheilung verstehen läſst, die wir im erwachsenen Vogel kennen. — Wir hatten nämlich ursprünglich einen ein- fachen Kanal, der aus der Herzkammer kam, und sich in fünf Paar nicht zu- gleich, sondern nach einander entstehender Bogen theilte. Alle Bogen einer Seite liefen in eine Aortenwurzel zusammen, und beide Aortenwurzeln bildeten den Stamm der Aorta. Von den fünf Paar Bogen schwand zuerst der erste, und dann der zweite. Am fünften Tage sind also nur drei Paar Bogen, und die Aorten- wurzel, so weit sie den beiden ersten Bogen angehört, scheint in den Stamm der Kopfschlagader umgewandelt zu seyn. Unterdessen hat der Ursprung der Aorta sich verdickt, und ein kolbiges Ansehn gewonnen. Er enthält nämlich zwei Ströme, die sich um so mehr scheiden, je vollständiger die Trennung der Kam- mern wird. Beide Ströme laufen aber noch eine Zeitlang nach vorn zusammen. Der eine Strom kommt aus der linken Kammer und richtet sich gegen den ur- sprünglich dritten Bogen beider Seiten und den vierten der rechten Seite. Der
P 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0145"n="115"/>
uns, daſs die Herzohren und die Venensäcke von Anfang an nur Umwandlungen<lb/>
der Hohlvene sind.</p><lb/><p>Die Aortenzwiebel hatte schon am siebenten Tage nicht mehr die Gestalt<noteplace="right"><hirendition="#i">r.</hi> Bildung<lb/>
der Schlag-<lb/>
aderstämme.</note><lb/>
einer Zwiebel, sondern mehr eines breiten, zuweilen schon gefurchten Gefäſs-<lb/>
stammes. Jetzt sieht man sie tief gefurcht und durch die Furchen scheinbar in<lb/>
vier Kanäle getheilt. Untersucht man die Sache genauer, so findet man, daſs die<lb/>
drei Kanäle der rechten Seite in einen kurzen gemeinschaftlichen Stamm zu-<lb/>
sammenflieſsen, und daſs der linke Kanal noch einen rechten obern verdeckten<lb/>
Ast hat. Es sind nämlich die beiden Hauptströme, die man schon am siebenten<lb/>
Tage im Innern der Aortenzwiebel getrennt findet, jetzt auch äuſserlich getrennt<lb/>
und kürzer geworden. Ihre ehemalige vordere Vereinigung ist vollständig gelöst.<lb/>
Der eine dieser Hauptstämme kommt aus der linken Kammer, liegt bei seinem<lb/>
Ursprunge mehr oben, und wird also bei der Betrachtung von der untern Fläche<lb/>
von dem andern verdeckt. Er theilt sich in die beiden Trunci anonymi, welche<lb/>
die Speiseröhre zwischen sich lassen, und einen dritten Bogen, der auf der rechten<lb/>
Seite hinter dem Truncus anonymus verläuft. Der zweite Hauptkanal kommt<lb/>
aus der rechten Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr nach unten, ist aber<lb/>
gleich nach links gerichtet. Er theilt sich in zwei Kanäle, von denen der eine<lb/>
mehr unten liegend neben dem linken Truncus anonymus nach links verläuft, der<lb/>
andere mehr nach oben und rechts über die Gefäſsbogen weggeht, welche nach<lb/>
dieser Seite aus dem ersten Hauptstamme sich wenden.</p><lb/><p>Auffallend ist die Kürze der gemeinschaftlichen Stämme. Die Metamor-<lb/>
phose der Gefäſsbogen ist jetzt bis auf einen gewissen Grad gediehen, welcher die<lb/>
Umwandlung der ersten Form in die Gefäſsvertheilung verstehen läſst, die wir<lb/>
im erwachsenen Vogel kennen. — Wir hatten nämlich ursprünglich einen ein-<lb/>
fachen Kanal, der aus der Herzkammer kam, und sich in fünf Paar nicht zu-<lb/>
gleich, sondern nach einander entstehender Bogen theilte. Alle Bogen einer Seite<lb/>
liefen in eine Aortenwurzel zusammen, und beide Aortenwurzeln bildeten den<lb/>
Stamm der Aorta. Von den fünf Paar Bogen schwand zuerst der erste, und dann<lb/>
der zweite. Am fünften Tage sind also nur drei Paar Bogen, und die Aorten-<lb/>
wurzel, so weit sie den beiden ersten Bogen angehört, scheint in den Stamm der<lb/>
Kopfschlagader umgewandelt zu seyn. Unterdessen hat der Ursprung der Aorta<lb/>
sich verdickt, und ein kolbiges Ansehn gewonnen. Er enthält nämlich zwei<lb/>
Ströme, die sich um so mehr scheiden, je vollständiger die Trennung der Kam-<lb/>
mern wird. Beide Ströme laufen aber noch eine Zeitlang nach vorn zusammen.<lb/>
Der eine Strom kommt aus der linken Kammer und richtet sich gegen den ur-<lb/>
sprünglich dritten Bogen beider Seiten und den vierten der rechten Seite. Der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 2</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[115/0145]
uns, daſs die Herzohren und die Venensäcke von Anfang an nur Umwandlungen
der Hohlvene sind.
Die Aortenzwiebel hatte schon am siebenten Tage nicht mehr die Gestalt
einer Zwiebel, sondern mehr eines breiten, zuweilen schon gefurchten Gefäſs-
stammes. Jetzt sieht man sie tief gefurcht und durch die Furchen scheinbar in
vier Kanäle getheilt. Untersucht man die Sache genauer, so findet man, daſs die
drei Kanäle der rechten Seite in einen kurzen gemeinschaftlichen Stamm zu-
sammenflieſsen, und daſs der linke Kanal noch einen rechten obern verdeckten
Ast hat. Es sind nämlich die beiden Hauptströme, die man schon am siebenten
Tage im Innern der Aortenzwiebel getrennt findet, jetzt auch äuſserlich getrennt
und kürzer geworden. Ihre ehemalige vordere Vereinigung ist vollständig gelöst.
Der eine dieser Hauptstämme kommt aus der linken Kammer, liegt bei seinem
Ursprunge mehr oben, und wird also bei der Betrachtung von der untern Fläche
von dem andern verdeckt. Er theilt sich in die beiden Trunci anonymi, welche
die Speiseröhre zwischen sich lassen, und einen dritten Bogen, der auf der rechten
Seite hinter dem Truncus anonymus verläuft. Der zweite Hauptkanal kommt
aus der rechten Kammer, liegt bei seinem Ursprunge mehr nach unten, ist aber
gleich nach links gerichtet. Er theilt sich in zwei Kanäle, von denen der eine
mehr unten liegend neben dem linken Truncus anonymus nach links verläuft, der
andere mehr nach oben und rechts über die Gefäſsbogen weggeht, welche nach
dieser Seite aus dem ersten Hauptstamme sich wenden.
r. Bildung
der Schlag-
aderstämme.
Auffallend ist die Kürze der gemeinschaftlichen Stämme. Die Metamor-
phose der Gefäſsbogen ist jetzt bis auf einen gewissen Grad gediehen, welcher die
Umwandlung der ersten Form in die Gefäſsvertheilung verstehen läſst, die wir
im erwachsenen Vogel kennen. — Wir hatten nämlich ursprünglich einen ein-
fachen Kanal, der aus der Herzkammer kam, und sich in fünf Paar nicht zu-
gleich, sondern nach einander entstehender Bogen theilte. Alle Bogen einer Seite
liefen in eine Aortenwurzel zusammen, und beide Aortenwurzeln bildeten den
Stamm der Aorta. Von den fünf Paar Bogen schwand zuerst der erste, und dann
der zweite. Am fünften Tage sind also nur drei Paar Bogen, und die Aorten-
wurzel, so weit sie den beiden ersten Bogen angehört, scheint in den Stamm der
Kopfschlagader umgewandelt zu seyn. Unterdessen hat der Ursprung der Aorta
sich verdickt, und ein kolbiges Ansehn gewonnen. Er enthält nämlich zwei
Ströme, die sich um so mehr scheiden, je vollständiger die Trennung der Kam-
mern wird. Beide Ströme laufen aber noch eine Zeitlang nach vorn zusammen.
Der eine Strom kommt aus der linken Kammer und richtet sich gegen den ur-
sprünglich dritten Bogen beider Seiten und den vierten der rechten Seite. Der
P 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/145>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.