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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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ihm und dem Wolffischen Körper eine Lücke. Am sechsten und siebenten Tage
sieht man plötzlich an derselben Stelle einen sehr dickwandigen Kanal in der gan-
zen Länge der Wolffischen Körper fortlaufen. Nach hinten sich verdickend geht
er in das Ende des Mastdarmes oder die zukünftige Kloake ein (§. 10. m.); nach
vorn läuft er weit über das Ende der Wolffischen Körper hinaus. Er scheint aus
dem losgetrennten Blatte, das man dem werdenden Bauchfelle zuschreiben kann,
gebildet, und da dieser Kanal später zum ausführenden Gange der Geschlechts-
theile, d. h. zum Eileiter oder Saamenleiter sich ausbildet, so liegt die Vermuthung
sehr nahe, dass er in seinem ersten Auftreten den Kanälen entspricht, welche aus
der Bauchhöhle mehrerer Fische in die Geschlechtsöffnung führen. In der gau-
zen Länge des Wolffischen Körpers ist er bestimmt hohl. Vorn läuft er über die
Spitze des letztern hinaus, wird plötzlich dünner, vielleicht indem die Höhlung
des Kanals in die Bauchhöhle übergeht, und die dünne Fortsetzung konnte ich
über die ganze Lunge fort bis nah an den vordern Theil des Herzens verfolgen.
Hier verlor ich aber immer den Faden in der Nähe der Vorkammer, ohne seine
Endigung bestimmt angeben zu können.

In den hintern Theil dieses Kanals schienen mir, vom siebenten Tage an,
zahlreiche Gänge aus dem Wolffischen Körper einzugehen. Hiernach könnte man
auf die Vermuthung fallen, dass dieser Kanal das umgewandelte Blutgefäss sey.
Allein dagegen spricht die Weite und Dicke des Kanals. Auch konnte ich ihn
nie durch Injectionen der Blutgefässe füllen. Ferner ist von hier an Rathke's
Darstellung, nach welcher dieser Kanal sich zum ausführenden Gange des Ge-
schlechtsapparates umbildet, nicht zu bezweifeln, und ich werde fortan dieser
Darstellung folgen, und den Kanal den Ausführungsgang des Geschlechtsappara-
tes nennen.

Dagegen mag ich aber auch die frühern Angaben, nach welchen der Wolf-
fische Körper ursprünglich aus einem starken Blutgefässe sich bildet, nicht auf-
geben, so wenig ich auch beides zu vereinigen im Stande bin. Injicirte ich am
sechsten oder siebenten Tage Embryonen mit Glück, so füllte sich immer ein
Blutgefäss, das unter dem Ausführungsgange in der ganzen Länge des Wolffischen
Körpers verlief und sich mit zahllosen Aesten in ihm verzweigte. Ich konnte
nicht mit Bestimmtheit ermitteln, ob es eine Vene oder Arterie sey, da beide Ar-
ten von Blutgefässen in Embryonen sich durch Injection zugleich anfüllen. Im
frischen Zustande sah ich gewöhnlich zwei Gefässstämme. Da die Aorta immer
bis zu dem Wolffischen Körper weiter ist und dann plötzlich dünn wird, so ist
es wahrscheinlich, dass sie bedeutende Aeste in diese Körper schickte, und da
die ersten Hauptäste, in welche die Aorta im dritten Tage sich spaltet, gerade da

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ihm und dem Wolffischen Körper eine Lücke. Am sechsten und siebenten Tage
sieht man plötzlich an derselben Stelle einen sehr dickwandigen Kanal in der gan-
zen Länge der Wolffischen Körper fortlaufen. Nach hinten sich verdickend geht
er in das Ende des Mastdarmes oder die zukünftige Kloake ein (§. 10. m.); nach
vorn läuft er weit über das Ende der Wolffischen Körper hinaus. Er scheint aus
dem losgetrennten Blatte, das man dem werdenden Bauchfelle zuschreiben kann,
gebildet, und da dieser Kanal später zum ausführenden Gange der Geschlechts-
theile, d. h. zum Eileiter oder Saamenleiter sich ausbildet, so liegt die Vermuthung
sehr nahe, daſs er in seinem ersten Auftreten den Kanälen entspricht, welche aus
der Bauchhöhle mehrerer Fische in die Geschlechtsöffnung führen. In der gau-
zen Länge des Wolffischen Körpers ist er bestimmt hohl. Vorn läuft er über die
Spitze des letztern hinaus, wird plötzlich dünner, vielleicht indem die Höhlung
des Kanals in die Bauchhöhle übergeht, und die dünne Fortsetzung konnte ich
über die ganze Lunge fort bis nah an den vordern Theil des Herzens verfolgen.
Hier verlor ich aber immer den Faden in der Nähe der Vorkammer, ohne seine
Endigung bestimmt angeben zu können.

In den hintern Theil dieses Kanals schienen mir, vom siebenten Tage an,
zahlreiche Gänge aus dem Wolffischen Körper einzugehen. Hiernach könnte man
auf die Vermuthung fallen, daſs dieser Kanal das umgewandelte Blutgefäſs sey.
Allein dagegen spricht die Weite und Dicke des Kanals. Auch konnte ich ihn
nie durch Injectionen der Blutgefäſse füllen. Ferner ist von hier an Rathke’s
Darstellung, nach welcher dieser Kanal sich zum ausführenden Gange des Ge-
schlechtsapparates umbildet, nicht zu bezweifeln, und ich werde fortan dieser
Darstellung folgen, und den Kanal den Ausführungsgang des Geschlechtsappara-
tes nennen.

Dagegen mag ich aber auch die frühern Angaben, nach welchen der Wolf-
fische Körper ursprünglich aus einem starken Blutgefäſse sich bildet, nicht auf-
geben, so wenig ich auch beides zu vereinigen im Stande bin. Injicirte ich am
sechsten oder siebenten Tage Embryonen mit Glück, so füllte sich immer ein
Blutgefäſs, das unter dem Ausführungsgange in der ganzen Länge des Wolffischen
Körpers verlief und sich mit zahllosen Aesten in ihm verzweigte. Ich konnte
nicht mit Bestimmtheit ermitteln, ob es eine Vene oder Arterie sey, da beide Ar-
ten von Blutgefäſsen in Embryonen sich durch Injection zugleich anfüllen. Im
frischen Zustande sah ich gewöhnlich zwei Gefäſsstämme. Da die Aorta immer
bis zu dem Wolffischen Körper weiter ist und dann plötzlich dünn wird, so ist
es wahrscheinlich, daſs sie bedeutende Aeste in diese Körper schickte, und da
die ersten Hauptäste, in welche die Aorta im dritten Tage sich spaltet, gerade da

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[97/0127] ihm und dem Wolffischen Körper eine Lücke. Am sechsten und siebenten Tage sieht man plötzlich an derselben Stelle einen sehr dickwandigen Kanal in der gan- zen Länge der Wolffischen Körper fortlaufen. Nach hinten sich verdickend geht er in das Ende des Mastdarmes oder die zukünftige Kloake ein (§. 10. m.); nach vorn läuft er weit über das Ende der Wolffischen Körper hinaus. Er scheint aus dem losgetrennten Blatte, das man dem werdenden Bauchfelle zuschreiben kann, gebildet, und da dieser Kanal später zum ausführenden Gange der Geschlechts- theile, d. h. zum Eileiter oder Saamenleiter sich ausbildet, so liegt die Vermuthung sehr nahe, daſs er in seinem ersten Auftreten den Kanälen entspricht, welche aus der Bauchhöhle mehrerer Fische in die Geschlechtsöffnung führen. In der gau- zen Länge des Wolffischen Körpers ist er bestimmt hohl. Vorn läuft er über die Spitze des letztern hinaus, wird plötzlich dünner, vielleicht indem die Höhlung des Kanals in die Bauchhöhle übergeht, und die dünne Fortsetzung konnte ich über die ganze Lunge fort bis nah an den vordern Theil des Herzens verfolgen. Hier verlor ich aber immer den Faden in der Nähe der Vorkammer, ohne seine Endigung bestimmt angeben zu können. In den hintern Theil dieses Kanals schienen mir, vom siebenten Tage an, zahlreiche Gänge aus dem Wolffischen Körper einzugehen. Hiernach könnte man auf die Vermuthung fallen, daſs dieser Kanal das umgewandelte Blutgefäſs sey. Allein dagegen spricht die Weite und Dicke des Kanals. Auch konnte ich ihn nie durch Injectionen der Blutgefäſse füllen. Ferner ist von hier an Rathke’s Darstellung, nach welcher dieser Kanal sich zum ausführenden Gange des Ge- schlechtsapparates umbildet, nicht zu bezweifeln, und ich werde fortan dieser Darstellung folgen, und den Kanal den Ausführungsgang des Geschlechtsappara- tes nennen. Dagegen mag ich aber auch die frühern Angaben, nach welchen der Wolf- fische Körper ursprünglich aus einem starken Blutgefäſse sich bildet, nicht auf- geben, so wenig ich auch beides zu vereinigen im Stande bin. Injicirte ich am sechsten oder siebenten Tage Embryonen mit Glück, so füllte sich immer ein Blutgefäſs, das unter dem Ausführungsgange in der ganzen Länge des Wolffischen Körpers verlief und sich mit zahllosen Aesten in ihm verzweigte. Ich konnte nicht mit Bestimmtheit ermitteln, ob es eine Vene oder Arterie sey, da beide Ar- ten von Blutgefäſsen in Embryonen sich durch Injection zugleich anfüllen. Im frischen Zustande sah ich gewöhnlich zwei Gefäſsstämme. Da die Aorta immer bis zu dem Wolffischen Körper weiter ist und dann plötzlich dünn wird, so ist es wahrscheinlich, daſs sie bedeutende Aeste in diese Körper schickte, und da die ersten Hauptäste, in welche die Aorta im dritten Tage sich spaltet, gerade da N

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/127>, abgerufen am 28.11.2024.