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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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hen da sind. Eine Differenz zeigt sich aber darin, dass im Endgliede der vordern
Extremität gleich anfangs drei Strahlen (Finger), im Endgliede der hintern Extre-
mität vier Strahlen (Zehen) sich bilden. Bei denjenigen Hühnern, welche fünf
Zehen haben, bilden sich auch alle fünf zugleich. In dem Flügel ist gleich an-
fangs der Mittelfinger der längste, der vordere oder der Daumen der kürzeste Fin-
ger. Im Fuss ist die vorderste Zehe die kürzeste, die vorletzte nach aussen und
hinten die längste, allein der Unterschied ist so unbedeutend, dass der Rand den-
noch in beiden Extremitäten kreisförmig aussieht. In allen einzelnen Zehen- und
Fingerstrahlen sind die Knorpel der einzelnen Glieder eingesenkt in eine fortlau-
fende Scheide, welche den Inhalt jedes einzelnen Strahls umfasst. Diese Scheide
ist die fibröse Hülle der Knochen.

Der Stirnfortsatz verlängert sich rasch nach unten und hinten (oder nachi. Kiefern.
vorn und unten, den Kopf auf der Basis ruhend gedacht). Zu beiden Seiten sei-
ner Wurzel liegen die Nasengruben. Die Oberkieferfortsätze wachsen gegen den
Stirnfortsatz. Am sechsten Tage ist ein tiefer Einschnitt zwischen beiden, des-
sen Spitze auf die Nasengrube trifft. Am siebenten Tage erreicht der Oberkie-
ferfortsatz jeder Seite den Stirnfortsatz unterhalb der Nasengrube. An der Spitze
wird aber der Stirnfortsatz noch nicht vom Oberkieferfortsatz erreicht, es bleibt
vielmehr immer noch auf jeder Seite des Stirnfortsatzes ein kürzerer Ausschnitt,
welchen die Nasengrube nicht mehr erreicht. Die Mundöffnung hat daher auf
jeder Seite einen breiten Schenkel. Die Mitte wird verengt durch den vorragen-
den Unterkiefer. Dieser vergrössert sich rasch und spitzt sich zu. Es ist derselbe
Theil, den wir früher als ersten Kiemenbogen beschrieben haben. Er besteht
also niemals aus zwei gesonderten Hälften, sondern ist vom Anfange an verwach-
sen. Nach innen von ihm liegt in der Mittellinie die Zunge als eine erhabene
Leiste.

Die noch bestehenden Gefässbogen haben sich, nachdem die Kiemenspal-k. Hals.
ten mit Bildungsgewebe angefüllt worden, von der Rachenhöhle getrennt, und
ziehen sich rasch zurück, so dass sie nur sehr wenig vor dem Herzen liegen.
Eben dadurch wird die vordere Fläche des Halses frei und kann sich verlängern
und gerade strecken. Der Kiemendeckel überwächst die zweite Kiemenspalte
und verlängert sich nach hinten, dicht an die Fläche des Halses sich anlegend
und daher rasch unkenntlich werdend. Zuweilen sieht man seinen hintern Rand
am Ende des sechsten Tages noch als ein erhabenes Leistchen vorragen. Nach
dem sechsten Tage habe ich nie eine Kiemenspalte entdecken können.

Durch die Ausbildung der Kiefern ist die Rachenhöhle nach vorn in einel. Mund-
höhle.

Mundhöhle verlängert.

hen da sind. Eine Differenz zeigt sich aber darin, daſs im Endgliede der vordern
Extremität gleich anfangs drei Strahlen (Finger), im Endgliede der hintern Extre-
mität vier Strahlen (Zehen) sich bilden. Bei denjenigen Hühnern, welche fünf
Zehen haben, bilden sich auch alle fünf zugleich. In dem Flügel ist gleich an-
fangs der Mittelfinger der längste, der vordere oder der Daumen der kürzeste Fin-
ger. Im Fuſs ist die vorderste Zehe die kürzeste, die vorletzte nach auſsen und
hinten die längste, allein der Unterschied ist so unbedeutend, daſs der Rand den-
noch in beiden Extremitäten kreisförmig aussieht. In allen einzelnen Zehen- und
Fingerstrahlen sind die Knorpel der einzelnen Glieder eingesenkt in eine fortlau-
fende Scheide, welche den Inhalt jedes einzelnen Strahls umfaſst. Diese Scheide
ist die fibröse Hülle der Knochen.

Der Stirnfortsatz verlängert sich rasch nach unten und hinten (oder nachi. Kiefern.
vorn und unten, den Kopf auf der Basis ruhend gedacht). Zu beiden Seiten sei-
ner Wurzel liegen die Nasengruben. Die Oberkieferfortsätze wachsen gegen den
Stirnfortsatz. Am sechsten Tage ist ein tiefer Einschnitt zwischen beiden, des-
sen Spitze auf die Nasengrube trifft. Am siebenten Tage erreicht der Oberkie-
ferfortsatz jeder Seite den Stirnfortsatz unterhalb der Nasengrube. An der Spitze
wird aber der Stirnfortsatz noch nicht vom Oberkieferfortsatz erreicht, es bleibt
vielmehr immer noch auf jeder Seite des Stirnfortsatzes ein kürzerer Ausschnitt,
welchen die Nasengrube nicht mehr erreicht. Die Mundöffnung hat daher auf
jeder Seite einen breiten Schenkel. Die Mitte wird verengt durch den vorragen-
den Unterkiefer. Dieser vergröſsert sich rasch und spitzt sich zu. Es ist derselbe
Theil, den wir früher als ersten Kiemenbogen beschrieben haben. Er besteht
also niemals aus zwei gesonderten Hälften, sondern ist vom Anfange an verwach-
sen. Nach innen von ihm liegt in der Mittellinie die Zunge als eine erhabene
Leiste.

Die noch bestehenden Gefäſsbogen haben sich, nachdem die Kiemenspal-k. Hals.
ten mit Bildungsgewebe angefüllt worden, von der Rachenhöhle getrennt, und
ziehen sich rasch zurück, so daſs sie nur sehr wenig vor dem Herzen liegen.
Eben dadurch wird die vordere Fläche des Halses frei und kann sich verlängern
und gerade strecken. Der Kiemendeckel überwächst die zweite Kiemenspalte
und verlängert sich nach hinten, dicht an die Fläche des Halses sich anlegend
und daher rasch unkenntlich werdend. Zuweilen sieht man seinen hintern Rand
am Ende des sechsten Tages noch als ein erhabenes Leistchen vorragen. Nach
dem sechsten Tage habe ich nie eine Kiemenspalte entdecken können.

Durch die Ausbildung der Kiefern ist die Rachenhöhle nach vorn in einel. Mund-
höhle.

Mundhöhle verlängert.

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[95/0125] hen da sind. Eine Differenz zeigt sich aber darin, daſs im Endgliede der vordern Extremität gleich anfangs drei Strahlen (Finger), im Endgliede der hintern Extre- mität vier Strahlen (Zehen) sich bilden. Bei denjenigen Hühnern, welche fünf Zehen haben, bilden sich auch alle fünf zugleich. In dem Flügel ist gleich an- fangs der Mittelfinger der längste, der vordere oder der Daumen der kürzeste Fin- ger. Im Fuſs ist die vorderste Zehe die kürzeste, die vorletzte nach auſsen und hinten die längste, allein der Unterschied ist so unbedeutend, daſs der Rand den- noch in beiden Extremitäten kreisförmig aussieht. In allen einzelnen Zehen- und Fingerstrahlen sind die Knorpel der einzelnen Glieder eingesenkt in eine fortlau- fende Scheide, welche den Inhalt jedes einzelnen Strahls umfaſst. Diese Scheide ist die fibröse Hülle der Knochen. Der Stirnfortsatz verlängert sich rasch nach unten und hinten (oder nach vorn und unten, den Kopf auf der Basis ruhend gedacht). Zu beiden Seiten sei- ner Wurzel liegen die Nasengruben. Die Oberkieferfortsätze wachsen gegen den Stirnfortsatz. Am sechsten Tage ist ein tiefer Einschnitt zwischen beiden, des- sen Spitze auf die Nasengrube trifft. Am siebenten Tage erreicht der Oberkie- ferfortsatz jeder Seite den Stirnfortsatz unterhalb der Nasengrube. An der Spitze wird aber der Stirnfortsatz noch nicht vom Oberkieferfortsatz erreicht, es bleibt vielmehr immer noch auf jeder Seite des Stirnfortsatzes ein kürzerer Ausschnitt, welchen die Nasengrube nicht mehr erreicht. Die Mundöffnung hat daher auf jeder Seite einen breiten Schenkel. Die Mitte wird verengt durch den vorragen- den Unterkiefer. Dieser vergröſsert sich rasch und spitzt sich zu. Es ist derselbe Theil, den wir früher als ersten Kiemenbogen beschrieben haben. Er besteht also niemals aus zwei gesonderten Hälften, sondern ist vom Anfange an verwach- sen. Nach innen von ihm liegt in der Mittellinie die Zunge als eine erhabene Leiste. i. Kiefern. Die noch bestehenden Gefäſsbogen haben sich, nachdem die Kiemenspal- ten mit Bildungsgewebe angefüllt worden, von der Rachenhöhle getrennt, und ziehen sich rasch zurück, so daſs sie nur sehr wenig vor dem Herzen liegen. Eben dadurch wird die vordere Fläche des Halses frei und kann sich verlängern und gerade strecken. Der Kiemendeckel überwächst die zweite Kiemenspalte und verlängert sich nach hinten, dicht an die Fläche des Halses sich anlegend und daher rasch unkenntlich werdend. Zuweilen sieht man seinen hintern Rand am Ende des sechsten Tages noch als ein erhabenes Leistchen vorragen. Nach dem sechsten Tage habe ich nie eine Kiemenspalte entdecken können. k. Hals. Durch die Ausbildung der Kiefern ist die Rachenhöhle nach vorn in eine Mundhöhle verlängert. l. Mund- höhle.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/125>, abgerufen am 24.11.2024.