Die nöthige Ausfüllung langsamer Noten gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaasse lang- sam ist, so kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand mit Doppelschlägen ausfüllen. Wer diese Manier auch bey den Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un- deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin- länglich nachklinget, und langsame und auszuhaltende Noten über- haupt auf diesem Instrumente etwas leer klingen: so kann man bey (b), wenn das Tempo langsam ist, ein Accompagnement wäh- len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieses Exempel stellet eine Einleitungsclausel vor, wobey die Hauptstimme pausiret, und den Accompagnisten folglich in die Nothwendigkeit setzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu sehr leer ge- lassen werde. Wenn die Hauptstimme in diesem Falle selbst mit den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf eine andere Art fortgehet: so bleibet der Accompagnist bey seiner simplen Begleitung. Ausserdem aber sind diese Einleitungsclau- seln sehr bequem, den erfinderischen Geist des Clavieristen heraus- zufordern; nur muß man alsdenn seine Erfindungen dem Affecte und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, so ist es desto besser und man kann alsdenn, wenn es nothwendig ist, die Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein- richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an- gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit- maasse langsamer seyn, als bey der ersteren. Die Hauptstimme kann bey diesen Exempeln eine Aushaltung, oder Pausen haben.
Wenn
(*) In diesem Falle muß man dem Accompagnisten ebenfalls eine vernünftige Souverainität um so vielmehr zugestehen, je weniger die Hauptstimme dabey ein- geschränkt wird.
Zwey und dreyßigſtes Capitel.
§. 11.
Die nöthige Ausfüllung langſamer Noten gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaaſſe lang- ſam iſt, ſo kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand mit Doppelſchlägen ausfüllen. Wer dieſe Manier auch bey den Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un- deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin- länglich nachklinget, und langſame und auszuhaltende Noten über- haupt auf dieſem Inſtrumente etwas leer klingen: ſo kann man bey (b), wenn das Tempo langſam iſt, ein Accompagnement wäh- len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieſes Exempel ſtellet eine Einleitungsclauſel vor, wobey die Hauptſtimme pauſiret, und den Accompagniſten folglich in die Nothwendigkeit ſetzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu ſehr leer ge- laſſen werde. Wenn die Hauptſtimme in dieſem Falle ſelbſt mit den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf eine andere Art fortgehet: ſo bleibet der Accompagniſt bey ſeiner ſimplen Begleitung. Auſſerdem aber ſind dieſe Einleitungsclau- ſeln ſehr bequem, den erfinderiſchen Geiſt des Clavieriſten heraus- zufordern; nur muß man alsdenn ſeine Erfindungen dem Affecte und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, ſo iſt es deſto beſſer und man kann alsdenn, wenn es nothwendig iſt, die Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein- richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an- gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit- maaſſe langſamer ſeyn, als bey der erſteren. Die Hauptſtimme kann bey dieſen Exempeln eine Aushaltung, oder Pauſen haben.
Wenn
(*) In dieſem Falle muß man dem Accompagniſten ebenfalls eine vernünftige Souverainität um ſo vielmehr zugeſtehen, je weniger die Hauptſtimme dabey ein- geſchränkt wird.
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Zwey und dreyßigſtes Capitel.
§. 11. Die nöthige Ausfüllung langſamer Noten
gehöret mit zur Zierde der Begleitung. Wenn die Zeitmaaſſe lang-
ſam iſt, ſo kann man bey (a) die Puncte in der rechten Hand
mit Doppelſchlägen ausfüllen. Wer dieſe Manier auch bey den
Grundnoten hier anbringen wolte, würde in den Fehler der Un-
deutlichkeit fallen. Weil der Ton eines Flügels nicht allezeit hin-
länglich nachklinget, und langſame und auszuhaltende Noten über-
haupt auf dieſem Inſtrumente etwas leer klingen: ſo kann man
bey (b), wenn das Tempo langſam iſt, ein Accompagnement wäh-
len, welches die Grundnoten mit dem Puncte ausfüllet. Dieſes
Exempel ſtellet eine Einleitungsclauſel vor, wobey die Hauptſtimme
pauſiret, und den Accompagniſten folglich in die Nothwendigkeit
ſetzet, etwas zu erfinden, damit das Gehör nicht zu ſehr leer ge-
laſſen werde. Wenn die Hauptſtimme in dieſem Falle ſelbſt mit
den Grundnoten in die Folge einleitet, und mit Terzen, oder auf
eine andere Art fortgehet: ſo bleibet der Accompagniſt bey ſeiner
ſimplen Begleitung. Auſſerdem aber ſind dieſe Einleitungsclau-
ſeln ſehr bequem, den erfinderiſchen Geiſt des Clavieriſten heraus-
zufordern; nur muß man alsdenn ſeine Erfindungen dem Affecte
und Inhalte des Stückes gemäß einrichten. Kann man etwas aus
den vorhergegangenen Gedanken alsdenn anbringen, ſo iſt es deſto
beſſer und man kann alsdenn, wenn es nothwendig iſt, die
Grundnoten ändern, und die Einleitung auf eine andere Art ein-
richten. (*) Bey (c) kann man zur Ausfüllung unter den beyden an-
gezeigten Begleirungen wählen. Bey der letztern muß die Zeit-
maaſſe langſamer ſeyn, als bey der erſteren. Die Hauptſtimme
kann bey dieſen Exempeln eine Aushaltung, oder Pauſen haben.
Wenn
(*) In dieſem Falle muß man dem Accompagniſten ebenfalls eine vernünftige
Souverainität um ſo vielmehr zugeſtehen, je weniger die Hauptſtimme dabey ein-
geſchränkt wird.
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/296>, abgerufen am 16.02.2025.
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