Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorrede.

Nur wäre es zu wünschen, daß die Unterwei-
sung auf diesem Jnstrumente hin und wieder etwas
verbessert, und das wahre Gute, welches, wie über-
haupt in der Musick, also besonders auf dem Cla-
viere noch bisher bey wenigen anzutreffen gewesen
ist, dadurch allgemeiner würde. Die vortreflichsten
Meister in der Ausübung, denen man etwas Gutes
abhören könnte, sind noch nicht in so grosser An-
zahl zu finden, als man sich vielleicht einbilden dürfte.
Das Abhören, eine Art erlaubten Diebstahls, aber
ist in der Musick desto nothwendiger, da, wenn
auch die Abgunst unter den Menschen nicht so groß
wäre, viele Sachen aufstossen, die man kaum wei-
sen, geschweige schreiben kan, und die man also
vom blossen Hören erlernen muß.

Wenn ich hiemit der Welt eine Anleitung zum
Clavierspielen übergebe: So ist meine Absicht im
geringsten nicht, die vorher angeführten Anforde-
rungen an dasselbe nach einander durchzugehen, und
zu zeigen, wie man allen diesen besonders ein Gnüge
leisten soll. Es wird hier weder von der Art zu
fantasiren, noch von dem Generalbasse gehandelt
werden. Man findet dieses zum Theil in vielen gu-
ten Büchern bereits vorlängst ausgeführet. Jch
bin hier Willens, die wahre Art zu zeigen, Hand-

sachen
Vorrede.

Nur waͤre es zu wuͤnſchen, daß die Unterwei-
ſung auf dieſem Jnſtrumente hin und wieder etwas
verbeſſert, und das wahre Gute, welches, wie uͤber-
haupt in der Muſick, alſo beſonders auf dem Cla-
viere noch bisher bey wenigen anzutreffen geweſen
iſt, dadurch allgemeiner wuͤrde. Die vortreflichſten
Meiſter in der Ausuͤbung, denen man etwas Gutes
abhoͤren koͤnnte, ſind noch nicht in ſo groſſer An-
zahl zu finden, als man ſich vielleicht einbilden duͤrfte.
Das Abhoͤren, eine Art erlaubten Diebſtahls, aber
iſt in der Muſick deſto nothwendiger, da, wenn
auch die Abgunſt unter den Menſchen nicht ſo groß
waͤre, viele Sachen aufſtoſſen, die man kaum wei-
ſen, geſchweige ſchreiben kan, und die man alſo
vom bloſſen Hoͤren erlernen muß.

Wenn ich hiemit der Welt eine Anleitung zum
Clavierſpielen uͤbergebe: So iſt meine Abſicht im
geringſten nicht, die vorher angefuͤhrten Anforde-
rungen an daſſelbe nach einander durchzugehen, und
zu zeigen, wie man allen dieſen beſonders ein Gnuͤge
leiſten ſoll. Es wird hier weder von der Art zu
fantaſiren, noch von dem Generalbaſſe gehandelt
werden. Man findet dieſes zum Theil in vielen gu-
ten Buͤchern bereits vorlaͤngſt ausgefuͤhret. Jch
bin hier Willens, die wahre Art zu zeigen, Hand-

ſachen
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <pb facs="#f0006"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Vorrede.</hi> </hi> </fw><lb/>
        <p>Nur wa&#x0364;re es zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß die Unterwei-<lb/>
&#x017F;ung auf die&#x017F;em Jn&#x017F;trumente hin und wieder etwas<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ert, und das wahre Gute, welches, wie u&#x0364;ber-<lb/>
haupt in der Mu&#x017F;ick, al&#x017F;o be&#x017F;onders auf dem Cla-<lb/>
viere noch bisher bey wenigen anzutreffen gewe&#x017F;en<lb/>
i&#x017F;t, dadurch allgemeiner wu&#x0364;rde. Die vortreflich&#x017F;ten<lb/>
Mei&#x017F;ter in der Ausu&#x0364;bung, denen man etwas Gutes<lb/>
abho&#x0364;ren ko&#x0364;nnte, &#x017F;ind noch nicht in &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;er An-<lb/>
zahl zu finden, als man &#x017F;ich vielleicht einbilden du&#x0364;rfte.<lb/>
Das Abho&#x0364;ren, eine Art erlaubten Dieb&#x017F;tahls, aber<lb/>
i&#x017F;t in der Mu&#x017F;ick de&#x017F;to <choice><sic>uothwendiger</sic><corr>nothwendiger</corr></choice>, da, wenn<lb/>
auch die Abgun&#x017F;t unter den Men&#x017F;chen nicht &#x017F;o groß<lb/>
wa&#x0364;re, viele Sachen auf&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en, die man kaum wei-<lb/>
&#x017F;en, ge&#x017F;chweige &#x017F;chreiben kan, und die man al&#x017F;o<lb/>
vom blo&#x017F;&#x017F;en Ho&#x0364;ren erlernen muß.</p><lb/>
        <p>Wenn ich hiemit der Welt eine Anleitung zum<lb/>
Clavier&#x017F;pielen u&#x0364;bergebe: So i&#x017F;t meine Ab&#x017F;icht im<lb/>
gering&#x017F;ten nicht, die vorher angefu&#x0364;hrten Anforde-<lb/>
rungen an da&#x017F;&#x017F;elbe nach einander durchzugehen, und<lb/>
zu zeigen, wie man allen die&#x017F;en be&#x017F;onders ein Gnu&#x0364;ge<lb/>
lei&#x017F;ten &#x017F;oll. Es wird hier weder von der Art zu<lb/>
fanta&#x017F;iren, noch von dem Generalba&#x017F;&#x017F;e gehandelt<lb/>
werden. Man findet die&#x017F;es zum Theil in vielen gu-<lb/>
ten Bu&#x0364;chern bereits vorla&#x0364;ng&#x017F;t ausgefu&#x0364;hret. Jch<lb/>
bin hier Willens, die wahre Art zu zeigen, Hand-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;achen</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0006] Vorrede. Nur waͤre es zu wuͤnſchen, daß die Unterwei- ſung auf dieſem Jnſtrumente hin und wieder etwas verbeſſert, und das wahre Gute, welches, wie uͤber- haupt in der Muſick, alſo beſonders auf dem Cla- viere noch bisher bey wenigen anzutreffen geweſen iſt, dadurch allgemeiner wuͤrde. Die vortreflichſten Meiſter in der Ausuͤbung, denen man etwas Gutes abhoͤren koͤnnte, ſind noch nicht in ſo groſſer An- zahl zu finden, als man ſich vielleicht einbilden duͤrfte. Das Abhoͤren, eine Art erlaubten Diebſtahls, aber iſt in der Muſick deſto nothwendiger, da, wenn auch die Abgunſt unter den Menſchen nicht ſo groß waͤre, viele Sachen aufſtoſſen, die man kaum wei- ſen, geſchweige ſchreiben kan, und die man alſo vom bloſſen Hoͤren erlernen muß. Wenn ich hiemit der Welt eine Anleitung zum Clavierſpielen uͤbergebe: So iſt meine Abſicht im geringſten nicht, die vorher angefuͤhrten Anforde- rungen an daſſelbe nach einander durchzugehen, und zu zeigen, wie man allen dieſen beſonders ein Gnuͤge leiſten ſoll. Es wird hier weder von der Art zu fantaſiren, noch von dem Generalbaſſe gehandelt werden. Man findet dieſes zum Theil in vielen gu- ten Buͤchern bereits vorlaͤngſt ausgefuͤhret. Jch bin hier Willens, die wahre Art zu zeigen, Hand- ſachen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Teils erschien als selbstä… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/6
Zitationshilfe: Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch01_1759/6>, abgerufen am 23.11.2024.