Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.Vom Vortrage. §. 29. P. bedeutet Piano; dieses piano wird durch dieTab. VI. Con- P 2
Vom Vortrage. §. 29. P. bedeutet Piano; dieſes piano wird durch dieTab. VI. Con- P 2
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Vom Vortrage.
§. 29. P. bedeutet Piano; dieſes piano wird durch die
Vermehrung dieſes Buchſtabens noch ſchwaͤcher. M. f. bedeutet
mezzo forte oder halb ſtarck. F bedeutet forte, dieſes forte
wird ſtaͤrcker wenn man dieſem f mehrere beyfuͤgt. Damit man
alle Artrn vom pianißimo bis zum fortißimo deutlich zu hoͤren
kriege, ſo muß man das Clavier etwas ernſthaft mit einiger
Kraft, nur nicht dreſchend angreiffen; man muß gegentheils auch
nicht zu heuchleriſch daruͤber wegfahren. Es iſt nicht wohl moͤg-
lich, die Faͤlle zu beſtimmen, wo forte oder piano ſtatt hat, weil
auch die beſten Regeln eben ſo viel Ausnahmen leiden als ſie feſt
ſetzen; die beſondere Wuͤrckung dieſes Schatten und Lichts haͤngt
von den Gedancken, von der Verbindung der Gedancken, und
uͤberhaupt von dem Componiſten ab, welcher eben ſo wohl mit
Urſache das Forte da anbringen kan, wo ein andermahl piano
geweſen iſt, und oft einen Gedancken ſammt ſeinen Con- und
Diſſonanzen einmahl forte und das andre mahl piano bezeichnet.
Deßwegen pflegt man gerne die wiederholten Gedancken, ſie moͤ-
gen in eben derjenigen Modulation oder in einer andern, zumahl
wenn ſie mit verſchiednen Harmonien begleitet werden, wiederum
erſcheinen, durch forte und piano zu unterſcheiden. Jndeſſen
kan man mercken, daß die Diſſonanzen insgemein ſtaͤrcker und
die Conſonanzen ſchwaͤcher geſpielt werden, weil jene die Leiden-
ſchaften mit Nachdruck erheben und dieſe ſolche beruhigen, Fig.
XIV. (a). Ein beſonderer Schwung der Gedancken, welcher
einen heftigen Affect erregen ſoll, muß ſtarck ausgedruckt werden.
Die ſo genannten Betruͤgereyen ſpielt man dahero, weil ſie oft
deßwegen angebracht werden, gemeiniglich forte (b). Man kan
allenfalls auch dieſe Regel mercken, welche nicht ohne Grund
iſt, daß die Toͤne eines Geſangs, welche auſſer der Leiter ihrer
Ton-Art ſind, gerne das forte vertragen, ohne Abſicht, ob es
Con-
Tab. VI.
P 2
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