Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch]
waf
speltling
tull
blach
[Spaltenumbruch]
gelt.
heller.
aichler.
plaphart.
[Spaltenumbruch]
stettinger
funckhart
floshart
flosling
[Spaltenumbruch]
guldin.
licht.
wasser.
fisch.

Zunächst sieht man hier, daß der wackere Rathsherr Edlibach,
ohne gerade sprachliche Kenntniß und Kritik zu verrathen, doch
angelegentlich auch schon aus schriftlichen Quellen wie aus münd-
licher Mittheilung sein Vocabular zusammengetragen hat. So
kann z. B. das jüdischdeutsche kramerin, efrow, nur aus einem
Lese- oder Schreibfehler für das richtigere kroenerin ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]), also
nur aus schriftlicher Quelle entstanden sein. Ebenso sind jaenner
für juner, joner, wie glathn für glatha, glathart, und alcha für
alchn als Lese- oder Schreibfehler anzusehen. Dagegen findet sich
für das im Liber Vagatorum entstellte rubolt hier die gewiß
correctere Schreibung pubel, Freiheit, deren Ableitung vom ahd.
pube, buobe, zuchtloser Mensch (davon buobelieren, wie ein
buobe leben), einen verständlichen Sinn gibt. Taffret und dievret
(beide von [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], jüdischd. dabbern, gedabbert, diwern, gediwert)
scheinen entschieden mündlich überlieferte dialektische Modulationen
zu sein. Jn gfralcht, hinweg, erkennt man den jüdischdeutschen
Stamm alchen, gealcht ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]). Das prosthetische gfr scheint nichts
anderes zu sein als das jüdischdeutsche [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], kephar, gfar, Dorf,
mithin wäre die Bedeutung: ins Dorf gegangen, fortgegangen.
Die übrigen Ausdrücke, von denen viele eine überraschende Aehn-
lichkeit mit dem Vocabular des Liber Vagatorum haben, sind
leicht in ihren deutschen, lateinischen und jüdischdeutschen Wurzeln
zu erkennen.



Zwölftes Kapitel.
e) Das Narrenschiff.

Die Bedeutsamkeit des Narrenschiffs, besonders des dreiund-
sechzigsten Kapitels, für das Gaunerthum überhaupt ist bei dem
Abdruck dieses Kapitels in Th. I, S. 132, hervorgehoben worden.

[Spaltenumbruch]
waf
speltling
tull
blach
[Spaltenumbruch]
gelt.
heller.
aichler.
plaphart.
[Spaltenumbruch]
stettinger
funckhart
floshart
flosling
[Spaltenumbruch]
guldin.
licht.
wasser.
fisch.

Zunächſt ſieht man hier, daß der wackere Rathsherr Edlibach,
ohne gerade ſprachliche Kenntniß und Kritik zu verrathen, doch
angelegentlich auch ſchon aus ſchriftlichen Quellen wie aus münd-
licher Mittheilung ſein Vocabular zuſammengetragen hat. So
kann z. B. das jüdiſchdeutſche kramerin, efrow, nur aus einem
Leſe- oder Schreibfehler für das richtigere kroenerin ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]), alſo
nur aus ſchriftlicher Quelle entſtanden ſein. Ebenſo ſind jaenner
für juner, joner, wie glathn für glatha, glathart, und alcha für
alchn als Leſe- oder Schreibfehler anzuſehen. Dagegen findet ſich
für das im Liber Vagatorum entſtellte rubolt hier die gewiß
correctere Schreibung půbel, Freiheit, deren Ableitung vom ahd.
pube, buobe, zuchtloſer Menſch (davon buobelieren, wie ein
buobe leben), einen verſtändlichen Sinn gibt. Taffret und dievret
(beide von [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], jüdiſchd. dabbern, gedabbert, diwern, gediwert)
ſcheinen entſchieden mündlich überlieferte dialektiſche Modulationen
zu ſein. Jn gfralcht, hinweg, erkennt man den jüdiſchdeutſchen
Stamm alchen, gealcht ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]). Das proſthetiſche gfr ſcheint nichts
anderes zu ſein als das jüdiſchdeutſche [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], kephar, gfar, Dorf,
mithin wäre die Bedeutung: ins Dorf gegangen, fortgegangen.
Die übrigen Ausdrücke, von denen viele eine überraſchende Aehn-
lichkeit mit dem Vocabular des Liber Vagatorum haben, ſind
leicht in ihren deutſchen, lateiniſchen und jüdiſchdeutſchen Wurzeln
zu erkennen.



Zwölftes Kapitel.
e) Das Narrenſchiff.

Die Bedeutſamkeit des Narrenſchiffs, beſonders des dreiund-
ſechzigſten Kapitels, für das Gaunerthum überhaupt iſt bei dem
Abdruck dieſes Kapitels in Th. I, S. 132, hervorgehoben worden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0072" n="60"/>
                <cb/>
                <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">waf</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">speltling</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">tull</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">blach</hi> </item>
                </list><lb/>
                <cb/>
                <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">gelt.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">heller.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">aichler.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">plaphart.</hi> </item>
                </list><lb/>
                <cb/>
                <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">stettinger</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">funckhart</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">floshart</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">flosling</hi> </item>
                </list><lb/>
                <cb/>
                <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">guldin.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">licht.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">wasser.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">fisch.</hi> </item>
                </list><lb/>
                <p>Zunäch&#x017F;t &#x017F;ieht man hier, daß der wackere Rathsherr Edlibach,<lb/>
ohne gerade &#x017F;prachliche Kenntniß und Kritik zu verrathen, doch<lb/>
angelegentlich auch &#x017F;chon aus &#x017F;chriftlichen Quellen wie aus münd-<lb/>
licher Mittheilung &#x017F;ein Vocabular zu&#x017F;ammengetragen hat. So<lb/>
kann z. B. das jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;che <hi rendition="#aq">kramerin, efrow,</hi> nur aus einem<lb/>
Le&#x017F;e- oder Schreibfehler für das richtigere <hi rendition="#aq">kroenerin</hi> (<gap reason="insignificant" unit="chars"/>), al&#x017F;o<lb/>
nur aus &#x017F;chriftlicher Quelle ent&#x017F;tanden &#x017F;ein. Eben&#x017F;o &#x017F;ind <hi rendition="#aq">jaenner</hi><lb/>
für <hi rendition="#aq">juner, joner,</hi> wie <hi rendition="#aq">glathn</hi> für <hi rendition="#aq">glatha, glathart,</hi> und <hi rendition="#aq">alcha</hi> für<lb/><hi rendition="#aq">alchn</hi> als Le&#x017F;e- oder Schreibfehler anzu&#x017F;ehen. Dagegen findet &#x017F;ich<lb/>
für das im <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> ent&#x017F;tellte <hi rendition="#aq">rubolt</hi> hier die gewiß<lb/>
correctere Schreibung <hi rendition="#aq">p&#x016F;bel,</hi> Freiheit, deren Ableitung vom ahd.<lb/><hi rendition="#aq">pube, buobe,</hi> zuchtlo&#x017F;er Men&#x017F;ch (davon <hi rendition="#aq">buobelieren,</hi> wie ein<lb/><hi rendition="#aq">buobe</hi> leben), einen ver&#x017F;tändlichen Sinn gibt. <hi rendition="#aq">Taffret</hi> und <hi rendition="#aq">dievret</hi><lb/>
(beide von <gap reason="insignificant" unit="chars"/>, jüdi&#x017F;chd. dabbern, gedabbert, diwern, gediwert)<lb/>
&#x017F;cheinen ent&#x017F;chieden mündlich überlieferte dialekti&#x017F;che Modulationen<lb/>
zu &#x017F;ein. Jn <hi rendition="#aq">gfralcht,</hi> hinweg, erkennt man den jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen<lb/>
Stamm alchen, gealcht (<gap reason="insignificant" unit="chars"/>). Das pro&#x017F;theti&#x017F;che <hi rendition="#aq">gfr</hi> &#x017F;cheint nichts<lb/>
anderes zu &#x017F;ein als das jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;che <gap reason="insignificant" unit="chars"/>, <hi rendition="#aq">kephar, gfar,</hi> Dorf,<lb/>
mithin wäre die Bedeutung: ins Dorf gegangen, fortgegangen.<lb/>
Die übrigen Ausdrücke, von denen viele eine überra&#x017F;chende Aehn-<lb/>
lichkeit mit dem Vocabular des <hi rendition="#aq">Liber Vagatorum</hi> haben, &#x017F;ind<lb/>
leicht in ihren deut&#x017F;chen, lateini&#x017F;chen und jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen Wurzeln<lb/>
zu erkennen.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#fr">Zwölftes Kapitel.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">e)</hi> <hi rendition="#b">Das Narren&#x017F;chiff.</hi> </head><lb/>
                <p>Die Bedeut&#x017F;amkeit des Narren&#x017F;chiffs, be&#x017F;onders des dreiund-<lb/>
&#x017F;echzig&#x017F;ten Kapitels, für das Gaunerthum überhaupt i&#x017F;t bei dem<lb/>
Abdruck die&#x017F;es Kapitels in Th. <hi rendition="#aq">I</hi>, S. 132, hervorgehoben worden.<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0072] waf speltling tull blach gelt. heller. aichler. plaphart. stettinger funckhart floshart flosling guldin. licht. wasser. fisch. Zunächſt ſieht man hier, daß der wackere Rathsherr Edlibach, ohne gerade ſprachliche Kenntniß und Kritik zu verrathen, doch angelegentlich auch ſchon aus ſchriftlichen Quellen wie aus münd- licher Mittheilung ſein Vocabular zuſammengetragen hat. So kann z. B. das jüdiſchdeutſche kramerin, efrow, nur aus einem Leſe- oder Schreibfehler für das richtigere kroenerin (_ ), alſo nur aus ſchriftlicher Quelle entſtanden ſein. Ebenſo ſind jaenner für juner, joner, wie glathn für glatha, glathart, und alcha für alchn als Leſe- oder Schreibfehler anzuſehen. Dagegen findet ſich für das im Liber Vagatorum entſtellte rubolt hier die gewiß correctere Schreibung půbel, Freiheit, deren Ableitung vom ahd. pube, buobe, zuchtloſer Menſch (davon buobelieren, wie ein buobe leben), einen verſtändlichen Sinn gibt. Taffret und dievret (beide von _ , jüdiſchd. dabbern, gedabbert, diwern, gediwert) ſcheinen entſchieden mündlich überlieferte dialektiſche Modulationen zu ſein. Jn gfralcht, hinweg, erkennt man den jüdiſchdeutſchen Stamm alchen, gealcht (_ ). Das proſthetiſche gfr ſcheint nichts anderes zu ſein als das jüdiſchdeutſche _ , kephar, gfar, Dorf, mithin wäre die Bedeutung: ins Dorf gegangen, fortgegangen. Die übrigen Ausdrücke, von denen viele eine überraſchende Aehn- lichkeit mit dem Vocabular des Liber Vagatorum haben, ſind leicht in ihren deutſchen, lateiniſchen und jüdiſchdeutſchen Wurzeln zu erkennen. Zwölftes Kapitel. e) Das Narrenſchiff. Die Bedeutſamkeit des Narrenſchiffs, beſonders des dreiund- ſechzigſten Kapitels, für das Gaunerthum überhaupt iſt bei dem Abdruck dieſes Kapitels in Th. I, S. 132, hervorgehoben worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/72
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/72>, abgerufen am 18.05.2024.