Buchstabenbenennung zur Bezeichnung deutscher Städtenamen aus- gebeutet und ist hierin viel weiter gegangen als der jüdische Ge- brauch selbst sich gestattete, welcher auch hier dem gaunerischen Sprachwucher zum Anhalt und Muster dienen mußte.
Schon in den ältesten hebräischen Documenten jüdischer Ge- meinden in Deutschland finden sich Städtenamen, vorzüglich sol- cher Städte, welche sich durch eine angesehene Gemeinde oder Rabbinenschule auszeichneten, nur mit dem Anfangsbuchstaben ausgedrückt. So finden sich z. B. in der sehr alten, bei Wagen- seil, "Belehrung", Anhang S. 56, angeführten Star Chalize, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] (Ausschuhungsbrief), die drei angesehensten deutschen Gemeindestädte Speier, Worms und Mainz als [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], kehillos Schum, zusammengefaßt und phonetisch zu Schum belebt, deren Verordnungen, Satzungen ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]) für andere Gemeinden maß- gebend waren. Daher tekonas schum, Verordnungen, welche für Speier ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]), Worms ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt], auch Ulm) und Mainz ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]) geltend waren. Vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 120. Stehende, minder einfache Ab- breviaturen von Städte- und Ländernamen sind auch noch jetzt [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Amsterdam; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Braunschweig; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Frankfurt an der Oder; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Frankfurt am Main; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Kurfürstenthum Branden- burg u. s. w. Vgl. Selig (1767), S. 29. Auch ward wol die Abbreviatur [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] für Medine, Land, oder Mokom1), Stadt, vor- angesetzt, z. B.: [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], mokom-dollet resch, Dresden; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], mo- kom he, Halle; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], medine sojin, Sachsen; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], medine pe, Polen u. s. w. Nur wenig Städtenamen haben eine etwas ver- änderte Benennung, welche jedoch nur durch schlechte Aussprache entstanden ist, z. B.: Minz für Mainz; Wermes, Wermeise, Germes, Germeisa für Worms u. s. w.
Diese angedeutete eigenthümliche Bezeichnung ist vom Gau- nerthum lebhaft aufgegriffen und ausgebeutet worden, sodaß sie die durchschlagende Regel für die Bildung der Städtenamen ge- worden ist und es im ganzen nur wenig abweichende besondere
1) Ueber die specifisch jüdischdeutschen Bezeichnungen von Ortsnamen mit dem Beisatz Kehillo u. s. w. in Briefen und Adressen ist bereits das Nöthige Th. III, S. 426, gesagt worden.
Buchſtabenbenennung zur Bezeichnung deutſcher Städtenamen aus- gebeutet und iſt hierin viel weiter gegangen als der jüdiſche Ge- brauch ſelbſt ſich geſtattete, welcher auch hier dem gauneriſchen Sprachwucher zum Anhalt und Muſter dienen mußte.
Schon in den älteſten hebräiſchen Documenten jüdiſcher Ge- meinden in Deutſchland finden ſich Städtenamen, vorzüglich ſol- cher Städte, welche ſich durch eine angeſehene Gemeinde oder Rabbinenſchule auszeichneten, nur mit dem Anfangsbuchſtaben ausgedrückt. So finden ſich z. B. in der ſehr alten, bei Wagen- ſeil, „Belehrung“, Anhang S. 56, angeführten Star Chalize, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] (Ausſchuhungsbrief), die drei angeſehenſten deutſchen Gemeindeſtädte Speier, Worms und Mainz als [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], kehillos Schum, zuſammengefaßt und phonetiſch zu Schum belebt, deren Verordnungen, Satzungen ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]) für andere Gemeinden maß- gebend waren. Daher tekonas schum, Verordnungen, welche für Speier ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]), Worms ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt], auch Ulm) und Mainz ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]) geltend waren. Vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 120. Stehende, minder einfache Ab- breviaturen von Städte- und Ländernamen ſind auch noch jetzt [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Amſterdam; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Braunſchweig; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Frankfurt an der Oder; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Frankfurt am Main; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Kurfürſtenthum Branden- burg u. ſ. w. Vgl. Selig (1767), S. 29. Auch ward wol die Abbreviatur [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] für Medine, Land, oder Mokom1), Stadt, vor- angeſetzt, z. B.: [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], mokom-dollet resch, Dresden; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], mo- kom he, Halle; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], medine sojin, Sachſen; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], medine pe, Polen u. ſ. w. Nur wenig Städtenamen haben eine etwas ver- änderte Benennung, welche jedoch nur durch ſchlechte Ausſprache entſtanden iſt, z. B.: Minz für Mainz; Wermes, Wermeiſe, Germes, Germeiſa für Worms u. ſ. w.
Dieſe angedeutete eigenthümliche Bezeichnung iſt vom Gau- nerthum lebhaft aufgegriffen und ausgebeutet worden, ſodaß ſie die durchſchlagende Regel für die Bildung der Städtenamen ge- worden iſt und es im ganzen nur wenig abweichende beſondere
1) Ueber die ſpecifiſch jüdiſchdeutſchen Bezeichnungen von Ortsnamen mit dem Beiſatz Kehillo u. ſ. w. in Briefen und Adreſſen iſt bereits das Nöthige Th. III, S. 426, geſagt worden.
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Sprachwucher zum Anhalt und Muſter dienen mußte.
Schon in den älteſten hebräiſchen Documenten jüdiſcher Ge-
meinden in Deutſchland finden ſich Städtenamen, vorzüglich ſol-
cher Städte, welche ſich durch eine angeſehene Gemeinde oder
Rabbinenſchule auszeichneten, nur mit dem Anfangsbuchſtaben
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Polen u. ſ. w. Nur wenig Städtenamen haben eine etwas ver-
änderte Benennung, welche jedoch nur durch ſchlechte Ausſprache
entſtanden iſt, z. B.: Minz für Mainz; Wermes, Wermeiſe,
Germes, Germeiſa für Worms u. ſ. w.
Dieſe angedeutete eigenthümliche Bezeichnung iſt vom Gau-
nerthum lebhaft aufgegriffen und ausgebeutet worden, ſodaß ſie
die durchſchlagende Regel für die Bildung der Städtenamen ge-
worden iſt und es im ganzen nur wenig abweichende beſondere
1) Ueber die ſpecifiſch jüdiſchdeutſchen Bezeichnungen von Ortsnamen mit
dem Beiſatz Kehillo u. ſ. w. in Briefen und Adreſſen iſt bereits das Nöthige
Th. III, S. 426, geſagt worden.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/315>, abgerufen am 24.11.2024.
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