in der Schrende (von Schranne, Geländer, eingefriedigter Raum, schwäb. Schrand; vgl. Adelung, III, 1643, und Schmid, S. 478), Stube, aus. Stradekehrer ist also der Räuber, welcher Reisende und Fuhrwerke auf der Landstraße anhält und plündert, die Straße kehrt. Schrendefeger, der Dieb, welcher in Häusern und Speichern gründlich aufräumt, "reines Haus macht".
Schieber, vom deutschen schieben (welches aber doch wol verwandt ist mit dem hebräischen [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], schuw, zurückkehren, wie- derkehren, umkehren, sich wenden), bedeutet den versteckt und ge- wandt sich bewegenden Gauner, den Einschleicher in Häuser und Verschlüsse; daher wesentlich in der Composition Kittenschieber, allgemein der Gauner, der mittels Einschleichens stiehlt. Eine analoge Composition ist Lechemschieber (Lehmschieber, von [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], lechem, Speise, Kost, Brot), der Bäcker, welcher das Brot durch das Backofenloch schiebt.
Zieher, Sieder, Drücker, nur in Beziehung auf Taschen- diebstahl und auf das behende Herausziehen der zu stehlenden Gegenstände aus der Tasche mittels der Schere (Th. II, S. 229) gebräuchlich in den Compositionen Torfdrücker, Cheilefzieher und Seifensieder, welche sämmtlich den Taschendieb allgemein bezeichnen. Der ursprüngliche Ausdruck ist das niederdeutsche Trecker (von Trek, Treeck, Zug, Streich, Possen; vgl. Th. II, S. 224), von welchem das hochdeutsche Zieher nur eine bloße Uebersetzung ist. Das Drücker ist dagegen eine arge Verstüm- melung vom nd. Trecker und durchaus nicht auf das hochd. drücken (premere) zu beziehen. Sieder ist wiederum nur eine Verstüm- melung von Zieher, und aus Sieder ist wieder Seifensieder für den Taschendieb entstanden, mit Hinblick auf die große Fertigkeit, mit welcher der Taschendiebstahl stets "wie geschmiert" ausgeführt werden muß. Daraus ist nun wieder die jüdischdeutsche Compo- sition Cheilefzieher (von [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], cheleb, Fett, Talg, Seife) ent- standen. Für Trecker, Drücker existirt noch der Ausdruck Zupper, Zopper, wie zuppen vom neuhochdeutschen zupfen.
in der Schrende (von Schranne, Geländer, eingefriedigter Raum, ſchwäb. Schrand; vgl. Adelung, III, 1643, und Schmid, S. 478), Stube, aus. Stradekehrer iſt alſo der Räuber, welcher Reiſende und Fuhrwerke auf der Landſtraße anhält und plündert, die Straße kehrt. Schrendefeger, der Dieb, welcher in Häuſern und Speichern gründlich aufräumt, „reines Haus macht“.
Schieber, vom deutſchen ſchieben (welches aber doch wol verwandt iſt mit dem hebräiſchen [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], schuw, zurückkehren, wie- derkehren, umkehren, ſich wenden), bedeutet den verſteckt und ge- wandt ſich bewegenden Gauner, den Einſchleicher in Häuſer und Verſchlüſſe; daher weſentlich in der Compoſition Kittenſchieber, allgemein der Gauner, der mittels Einſchleichens ſtiehlt. Eine analoge Compoſition iſt Lechemſchieber (Lehmſchieber, von [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], lechem, Speiſe, Koſt, Brot), der Bäcker, welcher das Brot durch das Backofenloch ſchiebt.
Zieher, Sieder, Drücker, nur in Beziehung auf Taſchen- diebſtahl und auf das behende Herausziehen der zu ſtehlenden Gegenſtände aus der Taſche mittels der Schere (Th. II, S. 229) gebräuchlich in den Compoſitionen Torfdrücker, Cheilefzieher und Seifenſieder, welche ſämmtlich den Taſchendieb allgemein bezeichnen. Der urſprüngliche Ausdruck iſt das niederdeutſche Trecker (von Trek, Treeck, Zug, Streich, Poſſen; vgl. Th. II, S. 224), von welchem das hochdeutſche Zieher nur eine bloße Ueberſetzung iſt. Das Drücker iſt dagegen eine arge Verſtüm- melung vom nd. Trecker und durchaus nicht auf das hochd. drücken (premere) zu beziehen. Sieder iſt wiederum nur eine Verſtüm- melung von Zieher, und aus Sieder iſt wieder Seifenſieder für den Taſchendieb entſtanden, mit Hinblick auf die große Fertigkeit, mit welcher der Taſchendiebſtahl ſtets „wie geſchmiert“ ausgeführt werden muß. Daraus iſt nun wieder die jüdiſchdeutſche Compo- ſition Cheilefzieher (von [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], cheleb, Fett, Talg, Seife) ent- ſtanden. Für Trecker, Drücker exiſtirt noch der Ausdruck Zupper, Zopper, wie zuppen vom neuhochdeutſchen zupfen.
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in der Schrende (von Schranne, Geländer, eingefriedigter
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S. 478), Stube, aus. Stradekehrer iſt alſo der Räuber,
welcher Reiſende und Fuhrwerke auf der Landſtraße anhält und
plündert, die Straße kehrt. Schrendefeger, der Dieb, welcher
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macht“.
Schieber, vom deutſchen ſchieben (welches aber doch wol
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wandt ſich bewegenden Gauner, den Einſchleicher in Häuſer und
Verſchlüſſe; daher weſentlich in der Compoſition Kittenſchieber,
allgemein der Gauner, der mittels Einſchleichens ſtiehlt. Eine
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lechem, Speiſe, Koſt, Brot), der Bäcker, welcher das Brot durch
das Backofenloch ſchiebt.
Zieher, Sieder, Drücker, nur in Beziehung auf Taſchen-
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Gegenſtände aus der Taſche mittels der Schere (Th. II, S. 229)
gebräuchlich in den Compoſitionen Torfdrücker, Cheilefzieher
und Seifenſieder, welche ſämmtlich den Taſchendieb allgemein
bezeichnen. Der urſprüngliche Ausdruck iſt das niederdeutſche
Trecker (von Trek, Treeck, Zug, Streich, Poſſen; vgl. Th. II,
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Ueberſetzung iſt. Das Drücker iſt dagegen eine arge Verſtüm-
melung vom nd. Trecker und durchaus nicht auf das hochd. drücken
(premere) zu beziehen. Sieder iſt wiederum nur eine Verſtüm-
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Taſchendieb entſtanden, mit Hinblick auf die große Fertigkeit, mit
welcher der Taſchendiebſtahl ſtets „wie geſchmiert“ ausgeführt
werden muß. Daraus iſt nun wieder die jüdiſchdeutſche Compo-
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Zopper, wie zuppen vom neuhochdeutſchen zupfen.
Lekicher, jüdiſchdeutſcher Ausdruck (vom hebr. _ , lakach,
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/306>, abgerufen am 24.11.2024.
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