Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.Aehnlich verhält es sich mit der bei Pott aufgeführten En- Eine entschiedene deutsch-gaunersprachliche und besonders seit 1) Unmöglich ist das nicht. Die Endform kann sanskritanisch oder auch neugriechisch und durch Zigeuner (freilich dann mit einem Sprunge über die deutsche Gaunersprache hinweg) nach Jütland verschleppt sein. Die Endform Strades (ital. strada), Straße; Funkes, Funke; Kambes (böhm. Kamen), Stein; Dustes (engl. dust), Mehl, Staub; Chalones (jüdischd. challon), Fenster; Cultes (lat. culter), Messer u. s. w. ist durchaus nicht aus dem Deutschen zu erklären. 2) Die Formen ig und icht kommen daher auch nebeneinander ohne be-
stimmte Unterscheidung vor. Becker, a. a. O., III, 133. Aehnlich verhält es ſich mit der bei Pott aufgeführten En- Eine entſchiedene deutſch-gaunerſprachliche und beſonders ſeit 1) Unmöglich iſt das nicht. Die Endform kann ſanskritaniſch oder auch neugriechiſch und durch Zigeuner (freilich dann mit einem Sprunge über die deutſche Gaunerſprache hinweg) nach Jütland verſchleppt ſein. Die Endform Strades (ital. strada), Straße; Funkes, Funke; Kambes (böhm. Kámen), Stein; Duſtes (engl. dust), Mehl, Staub; Chalones (jüdiſchd. challon), Fenſter; Cultes (lat. culter), Meſſer u. ſ. w. iſt durchaus nicht aus dem Deutſchen zu erklären. 2) Die Formen ig und icht kommen daher auch nebeneinander ohne be-
ſtimmte Unterſcheidung vor. Becker, a. a. O., III, 133. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <pb facs="#f0293" n="281"/> <p>Aehnlich verhält es ſich mit der bei Pott aufgeführten En-<lb/> dung <hi rendition="#g">es,</hi> welche ſich durchaus von der deutſchen Verſchmelzungs-<lb/> ſilbe <hi rendition="#g">es</hi> (s) in Zuſammenſetzungen unterſcheidet. Bei Dorph fin-<lb/> det ſich eine Menge ſolcher Wörter, z. B.: <hi rendition="#g">Feldes,</hi> Feld; <hi rendition="#g">Van-<lb/> tes,</hi> Wand; <hi rendition="#g">Knäppes,</hi> Knöpfe; <hi rendition="#g">Holtes,</hi> Holz; <hi rendition="#g">Diskes,</hi> Altar,<lb/> Tiſch u. ſ. w. Schwerlich kann man dieſe Endung wie die zigeu-<lb/> neriſchen Endungen <hi rendition="#aq">os, us, es,</hi> als accuſativiſche Bezeichnungen von<lb/> Nominativen auf <hi rendition="#aq">o</hi> und <hi rendition="#aq">i</hi> nehmen. Aber es will auch nicht recht<lb/> einleuchten, daß dieſe Endungen, wie bei Pott, <hi rendition="#aq">I,</hi> 104, angedeu-<lb/> tet iſt, „noch Ueberbleibſel des Sanskrit-<hi rendition="#aq">s</hi> im Nominativ Singu-<lb/> laris, oder im Gegenſatze zu dem <hi rendition="#aq">fem. a</hi> von den Zigeunern aus<lb/> der Neugriechiſchen Sprache aufgenommen und ſpäter über Europa<lb/> verbreitet <note place="foot" n="1)">Unmöglich iſt das nicht. Die Endform kann ſanskritaniſch oder auch<lb/> neugriechiſch und durch Zigeuner (freilich dann mit einem Sprunge über die<lb/> deutſche Gaunerſprache hinweg) nach Jütland verſchleppt ſein. Die Endform<lb/><hi rendition="#g">Strades</hi> (ital. <hi rendition="#aq">strada</hi>), Straße; <hi rendition="#g">Funkes,</hi> Funke; <hi rendition="#g">Kambes</hi> (böhm. Kámen),<lb/> Stein; <hi rendition="#g">Duſtes</hi> (engl. <hi rendition="#aq">dust</hi>), Mehl, Staub; <hi rendition="#g">Chalones</hi> (jüdiſchd. <hi rendition="#aq">challon</hi>),<lb/> Fenſter; <hi rendition="#g">Cultes</hi> (lat. <hi rendition="#aq">culter</hi>), Meſſer u. ſ. w. iſt durchaus nicht aus dem<lb/> Deutſchen zu erklären.</note> ſind“. An eine Eigenthümlichkeit der däniſchen Gau-<lb/> nerſprache ließe ſich wol am eheſten glauben. Jn den angeführten<lb/> Wörtern ſind überall ſpecifiſch niederdeutſche Wortſtämme zu fin-<lb/> den. Aber keins dieſer Wörter iſt in der deutſchen Gaunerſprache<lb/> gebräuchlich.</p><lb/> <p>Eine entſchiedene deutſch-gaunerſprachliche und beſonders ſeit<lb/> dem Dreißigjährigen Kriege hervortretende Endung iſt die von<lb/> Pott, <hi rendition="#aq">II,</hi> 33, aufgeführte Endung <hi rendition="#g">rich,</hi> welche jedoch wol allge-<lb/> mein auf die deutſche adjectiviſche Endung <hi rendition="#g">icht</hi> (ahd. <hi rendition="#aq">aht, oht</hi>)<lb/> zu beziehen und gleich dieſer als Nebenform auf die Hauptform<lb/><hi rendition="#g">ig</hi> (ahd. <hi rendition="#aq">ac, ic</hi>) zurückzuführen iſt, da ſie gleich der Endung <hi rendition="#g">ig</hi><lb/> von ſubſtantiviſchen Stämmen und zwar nur von concreten Sach-<lb/> namen gebildet wird. <note place="foot" n="2)">Die Formen <hi rendition="#g">ig</hi> und <hi rendition="#g">icht</hi> kommen daher auch nebeneinander ohne be-<lb/> ſtimmte Unterſcheidung vor. Becker, a. a. O., <hi rendition="#aq">III,</hi> 133.</note> Dieſe adjectiviſche Endung <hi rendition="#g">ich, icht</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">rich</hi> in Gaunerwörtern kann nicht auffallen, wie z. B.: <hi rendition="#g">funkerich,</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [281/0293]
Aehnlich verhält es ſich mit der bei Pott aufgeführten En-
dung es, welche ſich durchaus von der deutſchen Verſchmelzungs-
ſilbe es (s) in Zuſammenſetzungen unterſcheidet. Bei Dorph fin-
det ſich eine Menge ſolcher Wörter, z. B.: Feldes, Feld; Van-
tes, Wand; Knäppes, Knöpfe; Holtes, Holz; Diskes, Altar,
Tiſch u. ſ. w. Schwerlich kann man dieſe Endung wie die zigeu-
neriſchen Endungen os, us, es, als accuſativiſche Bezeichnungen von
Nominativen auf o und i nehmen. Aber es will auch nicht recht
einleuchten, daß dieſe Endungen, wie bei Pott, I, 104, angedeu-
tet iſt, „noch Ueberbleibſel des Sanskrit-s im Nominativ Singu-
laris, oder im Gegenſatze zu dem fem. a von den Zigeunern aus
der Neugriechiſchen Sprache aufgenommen und ſpäter über Europa
verbreitet 1) ſind“. An eine Eigenthümlichkeit der däniſchen Gau-
nerſprache ließe ſich wol am eheſten glauben. Jn den angeführten
Wörtern ſind überall ſpecifiſch niederdeutſche Wortſtämme zu fin-
den. Aber keins dieſer Wörter iſt in der deutſchen Gaunerſprache
gebräuchlich.
Eine entſchiedene deutſch-gaunerſprachliche und beſonders ſeit
dem Dreißigjährigen Kriege hervortretende Endung iſt die von
Pott, II, 33, aufgeführte Endung rich, welche jedoch wol allge-
mein auf die deutſche adjectiviſche Endung icht (ahd. aht, oht)
zu beziehen und gleich dieſer als Nebenform auf die Hauptform
ig (ahd. ac, ic) zurückzuführen iſt, da ſie gleich der Endung ig
von ſubſtantiviſchen Stämmen und zwar nur von concreten Sach-
namen gebildet wird. 2) Dieſe adjectiviſche Endung ich, icht oder
rich in Gaunerwörtern kann nicht auffallen, wie z. B.: funkerich,
1) Unmöglich iſt das nicht. Die Endform kann ſanskritaniſch oder auch
neugriechiſch und durch Zigeuner (freilich dann mit einem Sprunge über die
deutſche Gaunerſprache hinweg) nach Jütland verſchleppt ſein. Die Endform
Strades (ital. strada), Straße; Funkes, Funke; Kambes (böhm. Kámen),
Stein; Duſtes (engl. dust), Mehl, Staub; Chalones (jüdiſchd. challon),
Fenſter; Cultes (lat. culter), Meſſer u. ſ. w. iſt durchaus nicht aus dem
Deutſchen zu erklären.
2) Die Formen ig und icht kommen daher auch nebeneinander ohne be-
ſtimmte Unterſcheidung vor. Becker, a. a. O., III, 133.
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