Erstes Kapitel. A. Die Volksthümlichkeit der deutschen Gaunersprache.
Aus der bisherigen Darstellung des gaunersprachlichen Stoffes erkennt man, wie die deutsche Gaunersprache den Hauptgrundzug mit andern Gaunersprachen gemein hat, daß sie durchaus auf dem Boden der Volkssprache wurzelt und daß sie diesen Boden auch niemals verläßt. Sie hat auch, jedoch nur zum Theil, das mit fremden Gaunersprachen, namentlich im Bereich der romani- schen Sprachen, gemein, daß sie aus gaunerpolitischen Rücksichten von der volksthümlichen Bedeutung vieler Wörter abweicht und diesen eine bildliche oder durchaus eingeschränkte, meistens auf be- stimmte Personen und Verhältnisse bezügliche Bedeutung verleiht, bei welcher fast immer Scharfsinn, Witz und Spott in ebenso glänzender wie frivoler Weise hervortritt. Sie hat endlich noch mit fremden Gaunersprachen das gemein, daß sie aus Nützlichkeits- rücksichten mit überraschender Zähigkeit an alten Ausdrücken der Volkssprache festgehalten hat, welche in dieser schon längst nicht mehr üblich und ihr dadurch fremd geworden sind. Diese letztere Rücksicht ist sehr bedeutsam. Sie hat zwar bei den Bearbeitern der Gaunersprachen auf romanischem Gebiete allerdings Beachtung gefunden, sie hat aber auch wieder dazu verleitet, daß bei der
Ave-Lallemant, Gaunerthum. IV. 1
Vierter Abſchnitt. Die Gaunerſprache.
II.Beſonderer Theil.
Erſtes Kapitel. A. Die Volksthümlichkeit der deutſchen Gaunerſprache.
Aus der bisherigen Darſtellung des gaunerſprachlichen Stoffes erkennt man, wie die deutſche Gaunerſprache den Hauptgrundzug mit andern Gaunerſprachen gemein hat, daß ſie durchaus auf dem Boden der Volksſprache wurzelt und daß ſie dieſen Boden auch niemals verläßt. Sie hat auch, jedoch nur zum Theil, das mit fremden Gaunerſprachen, namentlich im Bereich der romani- ſchen Sprachen, gemein, daß ſie aus gaunerpolitiſchen Rückſichten von der volksthümlichen Bedeutung vieler Wörter abweicht und dieſen eine bildliche oder durchaus eingeſchränkte, meiſtens auf be- ſtimmte Perſonen und Verhältniſſe bezügliche Bedeutung verleiht, bei welcher faſt immer Scharfſinn, Witz und Spott in ebenſo glänzender wie frivoler Weiſe hervortritt. Sie hat endlich noch mit fremden Gaunerſprachen das gemein, daß ſie aus Nützlichkeits- rückſichten mit überraſchender Zähigkeit an alten Ausdrücken der Volksſprache feſtgehalten hat, welche in dieſer ſchon längſt nicht mehr üblich und ihr dadurch fremd geworden ſind. Dieſe letztere Rückſicht iſt ſehr bedeutſam. Sie hat zwar bei den Bearbeitern der Gaunerſprachen auf romaniſchem Gebiete allerdings Beachtung gefunden, ſie hat aber auch wieder dazu verleitet, daß bei der
Avé-Lallemant, Gaunerthum. IV. 1
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[[1]/0013]
Vierter Abſchnitt.
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II. Beſonderer Theil.
Erſtes Kapitel.
A. Die Volksthümlichkeit der deutſchen Gaunerſprache.
Aus der bisherigen Darſtellung des gaunerſprachlichen Stoffes
erkennt man, wie die deutſche Gaunerſprache den Hauptgrundzug
mit andern Gaunerſprachen gemein hat, daß ſie durchaus auf
dem Boden der Volksſprache wurzelt und daß ſie dieſen Boden
auch niemals verläßt. Sie hat auch, jedoch nur zum Theil, das
mit fremden Gaunerſprachen, namentlich im Bereich der romani-
ſchen Sprachen, gemein, daß ſie aus gaunerpolitiſchen Rückſichten
von der volksthümlichen Bedeutung vieler Wörter abweicht und
dieſen eine bildliche oder durchaus eingeſchränkte, meiſtens auf be-
ſtimmte Perſonen und Verhältniſſe bezügliche Bedeutung verleiht,
bei welcher faſt immer Scharfſinn, Witz und Spott in ebenſo
glänzender wie frivoler Weiſe hervortritt. Sie hat endlich noch mit
fremden Gaunerſprachen das gemein, daß ſie aus Nützlichkeits-
rückſichten mit überraſchender Zähigkeit an alten Ausdrücken der
Volksſprache feſtgehalten hat, welche in dieſer ſchon längſt nicht
mehr üblich und ihr dadurch fremd geworden ſind. Dieſe letztere
Rückſicht iſt ſehr bedeutſam. Sie hat zwar bei den Bearbeitern
der Gaunerſprachen auf romaniſchem Gebiete allerdings Beachtung
gefunden, ſie hat aber auch wieder dazu verleitet, daß bei der
Avé-Lallemant, Gaunerthum. IV. 1
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/13>, abgerufen am 25.11.2024.
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