Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.phonetisches Element aufzuzwingen, welches jedoch bei seiner Un- Das [fremdsprachliches Material] ist (abgesehen von seiner Geltung als Zahl 8, Chess) Das [fremdsprachliches Material] erscheint im Jüdischdeutschen 1) als lautloses graphi- 1) Das Wort [fremdsprachliches Material], chag, Feiertag, ist keine Abbreviatur, sondern kommt her von [fremdsprachliches Material], chagag, sich umherdrehen, tanzen, Feste feiern, gehört also gar nicht hierher. 2) Seltsamerweise ist diese Abbreviatur, wenn auch nicht sogleich kenntlich,
in das Niederdeutsche übergegangen. Dat is een Schagger (Sch für Ch oder J), Schacker, das ist ein schlauer, zuverlässiger Kamerad, Geselle. Min Schacker, mein zuverlässiger Kamerad, besonders der Aide im Kartenspiel, z. B.: Steek em, Schacker! stich die Karte, Kamerad! Selbst das nd. Schuwjack, hd. Schubbiack, scheint damit in Verbindung zu stehen. Vgl. Schmeller, Schwenck, Adelung, welcher letztere (III, 1670) Schubbiack wol fälschlich mit Schuft in Verbindung setzt und von schubben und Jacke ableitet. phonetiſches Element aufzuzwingen, welches jedoch bei ſeiner Un- Das [fremdsprachliches Material] iſt (abgeſehen von ſeiner Geltung als Zahl 8, Cheſſ) Das [fremdsprachliches Material] erſcheint im Jüdiſchdeutſchen 1) als lautloſes graphi- 1) Das Wort [fremdsprachliches Material], chag, Feiertag, iſt keine Abbreviatur, ſondern kommt her von [fremdsprachliches Material], chagag, ſich umherdrehen, tanzen, Feſte feiern, gehört alſo gar nicht hierher. 2) Seltſamerweiſe iſt dieſe Abbreviatur, wenn auch nicht ſogleich kenntlich,
in das Niederdeutſche übergegangen. Dat is een Schagger (Sch für Ch oder J), Schacker, das iſt ein ſchlauer, zuverläſſiger Kamerad, Geſelle. Min Schacker, mein zuverläſſiger Kamerad, beſonders der Aide im Kartenſpiel, z. B.: Steek em, Schacker! ſtich die Karte, Kamerad! Selbſt das nd. Schuwjack, hd. Schubbiack, ſcheint damit in Verbindung zu ſtehen. Vgl. Schmeller, Schwenck, Adelung, welcher letztere (III, 1670) Schubbiack wol fälſchlich mit Schuft in Verbindung ſetzt und von ſchubben und Jacke ableitet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0367" n="333"/> phonetiſches Element aufzuzwingen, welches jedoch bei ſeiner Un-<lb/> natürlichkeit ebenfalls ſtets einſeitig bleiben mußte. Ein Beiſpiel<lb/> wird dies deutlicher machen: <gap reason="fm"/> bedeutet im Jüdiſchdeutſchen:<lb/><hi rendition="#c"><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chochom,</hi> der Weiſe;<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chelek,</hi> der Theil;<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chosser,</hi> es mangelt.</hi></p><lb/> <p>Das <gap reason="fm"/> iſt (abgeſehen von ſeiner Geltung als Zahl 8, Cheſſ)<lb/> im Judendeutſch nur ein lautloſes graphiſches Bild, deſſen ver-<lb/> ſchiedenartige Bedeutung jedesmal der logiſche Zuſammenhang<lb/> geben muß. Jn der Gaunerſprache aber hat <gap reason="fm"/> auch phonetiſche<lb/> Geltung und lautet <hi rendition="#g">Cheſſ</hi> mit der Bedeutung <hi rendition="#g">Gauner.</hi> Dieſe<lb/> Geltung iſt jedoch nur auf die <hi rendition="#g">eine</hi> Bedeutung des Gauners be-<lb/> ſchränkt. Keineswegs hat <gap reason="fm"/> auch in der logiſchen Bedeutung<lb/> „Theil“ oder „es mangelt“ die phonetiſche Geltung Cheſſ. Ferner<lb/> bedeutet <gap reason="fm"/> im Judendeutſch:<lb/><hi rendition="#et"><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chochom godol,</hi> ein großer Weiſer;<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chozuph godol,</hi> ein frecher Unverſchämter;<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chiddusch godol,</hi> eine große, beſondere Neuigkeit;</hi><lb/> und außerdem:<lb/><hi rendition="#et"><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chess gdaulim,</hi> acht Groſchen.</hi></p><lb/> <p>Das <gap reason="fm"/> erſcheint im Jüdiſchdeutſchen <note place="foot" n="1)">Das Wort <gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chag,</hi> Feiertag, iſt keine Abbreviatur, ſondern kommt<lb/> her von <gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">chagag,</hi> ſich umherdrehen, tanzen, Feſte feiern, gehört alſo gar<lb/> nicht hierher.</note> als lautloſes graphi-<lb/> ſches Bild. Der Gauner bedenkt ſich jedoch nicht, die Gruppe<lb/> mindeſtens einſeitig phonetiſch zu beleben, und verſteht unter <hi rendition="#aq">Chag</hi><note place="foot" n="2)">Seltſamerweiſe iſt dieſe Abbreviatur, wenn auch nicht ſogleich kenntlich,<lb/> in das Niederdeutſche übergegangen. <hi rendition="#g">Dat is een Schagger</hi> (Sch für Ch<lb/> oder J), <hi rendition="#g">Schacker,</hi> das iſt ein ſchlauer, zuverläſſiger Kamerad, Geſelle. <hi rendition="#g">Min<lb/> Schacker,</hi> mein zuverläſſiger Kamerad, beſonders der Aide im Kartenſpiel,<lb/> z. B.: <hi rendition="#g">Steek em, Schacker!</hi> ſtich die Karte, Kamerad! Selbſt das nd.<lb/><hi rendition="#g">Schuwjack,</hi> hd. Schubbiack, ſcheint damit in Verbindung zu ſtehen. Vgl.<lb/> Schmeller, Schwenck, Adelung, welcher letztere (<hi rendition="#aq">III</hi>, 1670) Schubbiack wol<lb/> fälſchlich mit Schuft in Verbindung ſetzt und von ſchubben und Jacke ableitet.</note><lb/> den <hi rendition="#aq">Chochom godol, Chessen godol</hi> oder godeler Cheſſen, den<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [333/0367]
phonetiſches Element aufzuzwingen, welches jedoch bei ſeiner Un-
natürlichkeit ebenfalls ſtets einſeitig bleiben mußte. Ein Beiſpiel
wird dies deutlicher machen: _ bedeutet im Jüdiſchdeutſchen:
_ , chochom, der Weiſe;
_ , chelek, der Theil;
_ , chosser, es mangelt.
Das _ iſt (abgeſehen von ſeiner Geltung als Zahl 8, Cheſſ)
im Judendeutſch nur ein lautloſes graphiſches Bild, deſſen ver-
ſchiedenartige Bedeutung jedesmal der logiſche Zuſammenhang
geben muß. Jn der Gaunerſprache aber hat _ auch phonetiſche
Geltung und lautet Cheſſ mit der Bedeutung Gauner. Dieſe
Geltung iſt jedoch nur auf die eine Bedeutung des Gauners be-
ſchränkt. Keineswegs hat _ auch in der logiſchen Bedeutung
„Theil“ oder „es mangelt“ die phonetiſche Geltung Cheſſ. Ferner
bedeutet _ im Judendeutſch:
_ , chochom godol, ein großer Weiſer;
_ , chozuph godol, ein frecher Unverſchämter;
_ , chiddusch godol, eine große, beſondere Neuigkeit;
und außerdem:
_ , chess gdaulim, acht Groſchen.
Das _ erſcheint im Jüdiſchdeutſchen 1) als lautloſes graphi-
ſches Bild. Der Gauner bedenkt ſich jedoch nicht, die Gruppe
mindeſtens einſeitig phonetiſch zu beleben, und verſteht unter Chag 2)
den Chochom godol, Chessen godol oder godeler Cheſſen, den
1) Das Wort _ , chag, Feiertag, iſt keine Abbreviatur, ſondern kommt
her von _ , chagag, ſich umherdrehen, tanzen, Feſte feiern, gehört alſo gar
nicht hierher.
2) Seltſamerweiſe iſt dieſe Abbreviatur, wenn auch nicht ſogleich kenntlich,
in das Niederdeutſche übergegangen. Dat is een Schagger (Sch für Ch
oder J), Schacker, das iſt ein ſchlauer, zuverläſſiger Kamerad, Geſelle. Min
Schacker, mein zuverläſſiger Kamerad, beſonders der Aide im Kartenſpiel,
z. B.: Steek em, Schacker! ſtich die Karte, Kamerad! Selbſt das nd.
Schuwjack, hd. Schubbiack, ſcheint damit in Verbindung zu ſtehen. Vgl.
Schmeller, Schwenck, Adelung, welcher letztere (III, 1670) Schubbiack wol
fälſchlich mit Schuft in Verbindung ſetzt und von ſchubben und Jacke ableitet.
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