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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

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geben ihre Wagen zur Kawure her, wobei sie häufig davon-
jagen, als ob das Pferd durchginge, bis sie in gewisser Entfernung
halten, da ihre Droschkennummer sie doch jedenfalls kennzeichnet,
und im Tumulte die Kawure, den versarkenten Torf, von einem
nacheilenden oder nahe postirten Chawer aus der Agole heben
lassen. Ueber die Bedeutung der schändlichen Porzellanfuhren,
bei denen sogar einzelne Subjecte mit besonderer Routine und
Einrichtung einen Ruf unter Kupplerinnen und Wollüstlingen
besitzen, sehe man das Kapitel von der Sprache der Freuden-
mädchen. Unzählige Ränke und Gaunereien wissen die Agler zu
befördern; sie spotten aller Controle, trotz Nummern, Marken,
Stationswechsel und scharfer Bestrafung. Der täglich von den
Aglern gegen ihren Brotherrn gemachte Unterschleif geht ins Un-
glaubliche und ist fast immer der Löwenantheil am Tages-
ertrage des Fahrzeugs. Dieser Unterschleif ist aber, weil er ja
nur den einzelnen trifft, kaum so hoch anzuschlagen wie der
materielle und sittliche Schaden, welchen die Agler durch ihre
stete Bereitschaft zur Beihülfe und Unterstützung von Diebstahl,
Raub und Liederlichkeit anrichten. Von dem Aufsitzen vertrauter
Genossen auf den Fahrbock, der Mitnahme derselben als blinder
Passagiere zum Vertussen oder Handeln ist schon Th. II, S. 37
und 234 fg. ausführlich die Rede gewesen.

Ebenso wenig wie durch die oberflächliche Betrachtung des
scheinbar harten Loses, welchem die den ganzen Tag jedem Wit-
terungswechsel ausgesetzten Agler unterworfen sind, darf man sich
hinreißen lassen, eine Arglosigkeit in den Neckereien zu finden,
welche die Agler auf ihren Stationen sowol unter sich als auch
gegen Vorübergehende sich herausnehmen. Gerade die Agler wer-
den von Kupplern und Wollüstlingen am meisten benutzt, um
Rendezvous mit den vorübergehenden Dienstmädchen und Gri-
setten zu veranstalten, und die Stationsplätze sind gerade der
Ort, von welchem aus der dem Agler befreundete Gauner sich
als unbekannter Fremder zur Fahrt einladen und an den zur
Ausführung einer Gaunerei bestimmten Ort fahren läßt. Alle
Agler haben, wie die Gauner überhaupt, einen Spitznamen, z. B.

geben ihre Wagen zur Kawure her, wobei ſie häufig davon-
jagen, als ob das Pferd durchginge, bis ſie in gewiſſer Entfernung
halten, da ihre Droſchkennummer ſie doch jedenfalls kennzeichnet,
und im Tumulte die Kawure, den verſarkenten Torf, von einem
nacheilenden oder nahe poſtirten Chawer aus der Agole heben
laſſen. Ueber die Bedeutung der ſchändlichen Porzellanfuhren,
bei denen ſogar einzelne Subjecte mit beſonderer Routine und
Einrichtung einen Ruf unter Kupplerinnen und Wollüſtlingen
beſitzen, ſehe man das Kapitel von der Sprache der Freuden-
mädchen. Unzählige Ränke und Gaunereien wiſſen die Agler zu
befördern; ſie ſpotten aller Controle, trotz Nummern, Marken,
Stationswechſel und ſcharfer Beſtrafung. Der täglich von den
Aglern gegen ihren Brotherrn gemachte Unterſchleif geht ins Un-
glaubliche und iſt faſt immer der Löwenantheil am Tages-
ertrage des Fahrzeugs. Dieſer Unterſchleif iſt aber, weil er ja
nur den einzelnen trifft, kaum ſo hoch anzuſchlagen wie der
materielle und ſittliche Schaden, welchen die Agler durch ihre
ſtete Bereitſchaft zur Beihülfe und Unterſtützung von Diebſtahl,
Raub und Liederlichkeit anrichten. Von dem Aufſitzen vertrauter
Genoſſen auf den Fahrbock, der Mitnahme derſelben als blinder
Paſſagiere zum Vertuſſen oder Handeln iſt ſchon Th. II, S. 37
und 234 fg. ausführlich die Rede geweſen.

Ebenſo wenig wie durch die oberflächliche Betrachtung des
ſcheinbar harten Loſes, welchem die den ganzen Tag jedem Wit-
terungswechſel ausgeſetzten Agler unterworfen ſind, darf man ſich
hinreißen laſſen, eine Argloſigkeit in den Neckereien zu finden,
welche die Agler auf ihren Stationen ſowol unter ſich als auch
gegen Vorübergehende ſich herausnehmen. Gerade die Agler wer-
den von Kupplern und Wollüſtlingen am meiſten benutzt, um
Rendezvous mit den vorübergehenden Dienſtmädchen und Gri-
ſetten zu veranſtalten, und die Stationsplätze ſind gerade der
Ort, von welchem aus der dem Agler befreundete Gauner ſich
als unbekannter Fremder zur Fahrt einladen und an den zur
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Agler haben, wie die Gauner überhaupt, einen Spitznamen, z. B.

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[137/0171] geben ihre Wagen zur Kawure her, wobei ſie häufig davon- jagen, als ob das Pferd durchginge, bis ſie in gewiſſer Entfernung halten, da ihre Droſchkennummer ſie doch jedenfalls kennzeichnet, und im Tumulte die Kawure, den verſarkenten Torf, von einem nacheilenden oder nahe poſtirten Chawer aus der Agole heben laſſen. Ueber die Bedeutung der ſchändlichen Porzellanfuhren, bei denen ſogar einzelne Subjecte mit beſonderer Routine und Einrichtung einen Ruf unter Kupplerinnen und Wollüſtlingen beſitzen, ſehe man das Kapitel von der Sprache der Freuden- mädchen. Unzählige Ränke und Gaunereien wiſſen die Agler zu befördern; ſie ſpotten aller Controle, trotz Nummern, Marken, Stationswechſel und ſcharfer Beſtrafung. Der täglich von den Aglern gegen ihren Brotherrn gemachte Unterſchleif geht ins Un- glaubliche und iſt faſt immer der Löwenantheil am Tages- ertrage des Fahrzeugs. Dieſer Unterſchleif iſt aber, weil er ja nur den einzelnen trifft, kaum ſo hoch anzuſchlagen wie der materielle und ſittliche Schaden, welchen die Agler durch ihre ſtete Bereitſchaft zur Beihülfe und Unterſtützung von Diebſtahl, Raub und Liederlichkeit anrichten. Von dem Aufſitzen vertrauter Genoſſen auf den Fahrbock, der Mitnahme derſelben als blinder Paſſagiere zum Vertuſſen oder Handeln iſt ſchon Th. II, S. 37 und 234 fg. ausführlich die Rede geweſen. Ebenſo wenig wie durch die oberflächliche Betrachtung des ſcheinbar harten Loſes, welchem die den ganzen Tag jedem Wit- terungswechſel ausgeſetzten Agler unterworfen ſind, darf man ſich hinreißen laſſen, eine Argloſigkeit in den Neckereien zu finden, welche die Agler auf ihren Stationen ſowol unter ſich als auch gegen Vorübergehende ſich herausnehmen. Gerade die Agler wer- den von Kupplern und Wollüſtlingen am meiſten benutzt, um Rendezvous mit den vorübergehenden Dienſtmädchen und Gri- ſetten zu veranſtalten, und die Stationsplätze ſind gerade der Ort, von welchem aus der dem Agler befreundete Gauner ſich als unbekannter Fremder zur Fahrt einladen und an den zur Ausführung einer Gaunerei beſtimmten Ort fahren läßt. Alle Agler haben, wie die Gauner überhaupt, einen Spitznamen, z. B.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/171>, abgerufen am 22.11.2024.