Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.Zinkplatz mit dem Fuhrwerk, Agole, Michsegole, zurück. Zum Einundzwanzigstes Kapitel. c) Der Vertuss. Vertuss -- vom Mittelhochdeutschen tüschen, täuschen, 1) Jm Niederdeutschen ist das Tüschen und Tüssen auch jetzt noch durch-
gehender Sprachgebrauch. "Tüss, tüss!" ist die begütigende und abweisende Zusprache bei ausbrechender Leidenschaft oder unrechtfertigen Handlungen und bedeutet: "Still doch!" -- Diese Ableitung erscheint natürlicher als die vom südisch-deutschen [fremdsprachliches Material - fehlt] (teschuoss), der donnernde polternde Lärmen. Vgl. das hebräische [fremdsprachliches Material - fehlt], Sturm, Donnerwetter, Verwüstung. Zinkplatz mit dem Fuhrwerk, Agole, Michſegole, zurück. Zum Einundzwanzigſtes Kapitel. c) Der Vertuſſ. Vertuſſ — vom Mittelhochdeutſchen tüſchen, täuſchen, 1) Jm Niederdeutſchen iſt das Tüſchen und Tüſſen auch jetzt noch durch-
gehender Sprachgebrauch. „Tüſſ, tüſſ!“ iſt die begütigende und abweiſende Zuſprache bei ausbrechender Leidenſchaft oder unrechtfertigen Handlungen und bedeutet: „Still doch!“ — Dieſe Ableitung erſcheint natürlicher als die vom ſüdiſch-deutſchen [fremdsprachliches Material – fehlt] (teschuoss), der donnernde polternde Lärmen. Vgl. das hebräiſche [fremdsprachliches Material – fehlt], Sturm, Donnerwetter, Verwüſtung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0085" n="73"/> Zinkplatz mit dem Fuhrwerk, <hi rendition="#g">Agole, Michſegole,</hi> zurück. Zum<lb/> Zinkplatz, wo das Fuhrwerk die Diebe erwartet, wird eine ver-<lb/> ſteckte Stelle hinter einem Gebäude der Vorſtadt, hinter einem<lb/> Stall, oder einer Scheune oder unweit des Thors, zur Seite<lb/> einer dunkeln Allee, gewählt, wobei denn die Geſchicklichkeit des<lb/> Fuhrmanns darin beſteht, dem Begegnenden oder Beobachtenden<lb/> irgendeinen unverfänglichen Vorwand anzudeuten, warum er hier<lb/> hält, z. B. daß er dem Pferde zupfeift oder auch vom Wagen<lb/> ſteigt und am Geſchirr umherſchnallt, als ob etwas daran ſchad-<lb/> haft geworden iſt, oder auch die Pferde füttert. Mislingt ihm<lb/> dies Bemühen, und kann er, ohne Verdacht bei dem Beobachtenden<lb/> zu erregen, nicht bleiben, ſo iſt er <hi rendition="#g">abgezinkt,</hi> und er muß weg-<lb/> fahren. Abgezinkt iſt überhaupt jeder Dieb, der bemerkt und be-<lb/> obachtet, und daher in ſeinem Unternehmen verhindert iſt, oder<lb/> auch nach vollbrachtem Diebſtahl Spuren nachgelaſſen hat, an<lb/> denen er erkannt und entdeckt werden kann. Vgl. im Wörter-<lb/> buch: <hi rendition="#g">zinken</hi> und <hi rendition="#g">abzinken.</hi></p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#fr">Einundzwanzigſtes Kapitel.</hi><lb/> <hi rendition="#aq">c)</hi> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#g">Der Vertuſſ.</hi> </hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#g">Vertuſſ</hi> — vom Mittelhochdeutſchen <hi rendition="#g">tüſchen, täuſchen,</hi><lb/> Niederdeutſch <hi rendition="#g">tüſchen</hi> und <hi rendition="#g">tüſſen</hi> <note place="foot" n="1)">Jm Niederdeutſchen iſt das Tüſchen und Tüſſen auch jetzt noch durch-<lb/> gehender Sprachgebrauch. „Tüſſ, tüſſ!“ iſt die begütigende und abweiſende<lb/> Zuſprache bei ausbrechender Leidenſchaft oder unrechtfertigen Handlungen und<lb/> bedeutet: „Still doch!“ — Dieſe Ableitung erſcheint natürlicher als die vom<lb/> ſüdiſch-deutſchen <gap reason="fm" unit="words"/> <hi rendition="#aq">(teschuoss),</hi> der donnernde polternde Lärmen. Vgl.<lb/> das hebräiſche <gap reason="fm" unit="words"/>, Sturm, Donnerwetter, Verwüſtung.</note>, verdecken, zudecken, beſchöni-<lb/> gen, beſänftigen — bedeutet, dem Sinne des heutigen volksthümlichen<lb/> Worts <hi rendition="#g">vertuſchen</hi> entſprechend, die Verdeckung einer Handlung<lb/> durch Vornahme einer andern, welche die Aufmerkſamkeit der An-<lb/> weſenden in Anſpruch nimmt. Der Vertuſſ iſt ſomit <hi rendition="#g">jede</hi> Hand-<lb/> lung, welche dazu dient, die Aufmerkſamkeit von jener Haupt-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0085]
Zinkplatz mit dem Fuhrwerk, Agole, Michſegole, zurück. Zum
Zinkplatz, wo das Fuhrwerk die Diebe erwartet, wird eine ver-
ſteckte Stelle hinter einem Gebäude der Vorſtadt, hinter einem
Stall, oder einer Scheune oder unweit des Thors, zur Seite
einer dunkeln Allee, gewählt, wobei denn die Geſchicklichkeit des
Fuhrmanns darin beſteht, dem Begegnenden oder Beobachtenden
irgendeinen unverfänglichen Vorwand anzudeuten, warum er hier
hält, z. B. daß er dem Pferde zupfeift oder auch vom Wagen
ſteigt und am Geſchirr umherſchnallt, als ob etwas daran ſchad-
haft geworden iſt, oder auch die Pferde füttert. Mislingt ihm
dies Bemühen, und kann er, ohne Verdacht bei dem Beobachtenden
zu erregen, nicht bleiben, ſo iſt er abgezinkt, und er muß weg-
fahren. Abgezinkt iſt überhaupt jeder Dieb, der bemerkt und be-
obachtet, und daher in ſeinem Unternehmen verhindert iſt, oder
auch nach vollbrachtem Diebſtahl Spuren nachgelaſſen hat, an
denen er erkannt und entdeckt werden kann. Vgl. im Wörter-
buch: zinken und abzinken.
Einundzwanzigſtes Kapitel.
c) Der Vertuſſ.
Vertuſſ — vom Mittelhochdeutſchen tüſchen, täuſchen,
Niederdeutſch tüſchen und tüſſen 1), verdecken, zudecken, beſchöni-
gen, beſänftigen — bedeutet, dem Sinne des heutigen volksthümlichen
Worts vertuſchen entſprechend, die Verdeckung einer Handlung
durch Vornahme einer andern, welche die Aufmerkſamkeit der An-
weſenden in Anſpruch nimmt. Der Vertuſſ iſt ſomit jede Hand-
lung, welche dazu dient, die Aufmerkſamkeit von jener Haupt-
1) Jm Niederdeutſchen iſt das Tüſchen und Tüſſen auch jetzt noch durch-
gehender Sprachgebrauch. „Tüſſ, tüſſ!“ iſt die begütigende und abweiſende
Zuſprache bei ausbrechender Leidenſchaft oder unrechtfertigen Handlungen und
bedeutet: „Still doch!“ — Dieſe Ableitung erſcheint natürlicher als die vom
ſüdiſch-deutſchen _ (teschuoss), der donnernde polternde Lärmen. Vgl.
das hebräiſche _ , Sturm, Donnerwetter, Verwüſtung.
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