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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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ges, Mundes, jede Stellung der Füsse, jede Regung eines Fin-
gers, jeden Griff an Hals, Mund, Haar, jedes Räuspern, Hu-
sten, Niesen, wie scheinbar unwillkürlich und wie natürlich alles
zum Vorschein gebracht wird. Einem Räuber, den ich zum Ge-
ständniß gebracht, und der mir auch den wirklichen Namen seines
mitgefangenen Complicen genannt hatte, wußte letzterer bei der
Confrontation, ungeachtet der schärfsten Beobachtung, so sehr durch
ein starkes Athemholen zu imponiren, daß jener die gemachten
Geständnisse in seiner Gegenwart nicht zu wiederholen wagte,
aus Furcht, wie er später eingestand, daß er einmal als Sslich-
ner
ermordet werden würde.



Vierzehntes Kapitel.
a) Die Jadzinken.

Unter den Zinken, welche eine gleichmäßige und systematische
Redaction haben, sind zunächst die Jadzinken (Fehmzinken
oder Grifflingzinken) zu merken. Es sind die Zeichen, welche
mit der Hand oder eigentlich mit den Fingern gemacht werden.
Diesen Jadzinken liegt das einhändige Alphabet der Taubstum-
men 1) zu Grunde. Man findet viele Gauner, welche ohne taub-
stumm zu sein, sich der Handsprache vollständig bemeistert haben,
da die Hand mit ihrer stillen und doch lebendigen Sprache, selbst
in Gegenwart dritter, ein genaues Verständniß vermitteln und wo
der tönende Mund geschlossen bleiben muß, durch eine geringe
Oeffnung, durch Fenster und Gitter 2) lautlos kasspern kann.

1) Die Zeichen mit beiden Händen, sowie die vielen lebhaften Gesten der
Taubstummen werden von den Gaunern nicht leicht benutzt, da sie nicht heim-
lich und versteckt gegeben werden können. Wol aber sind sie den Gaunern be-
kannt, und werden von Simulanten oft sehr täuschend nachgeahmt. (Vgl. Kap. 8.)
2) Auch hier empfiehlt sich die dichte Fensterverblendung nach unten und
zu den Seiten der Fenster, sowie die doppelte Vergitterung der letztern, da-
mit der Gauner nicht an die Fenster gelangen und durch sie lautlos kasspern
kann.

ges, Mundes, jede Stellung der Füſſe, jede Regung eines Fin-
gers, jeden Griff an Hals, Mund, Haar, jedes Räuspern, Hu-
ſten, Nieſen, wie ſcheinbar unwillkürlich und wie natürlich alles
zum Vorſchein gebracht wird. Einem Räuber, den ich zum Ge-
ſtändniß gebracht, und der mir auch den wirklichen Namen ſeines
mitgefangenen Complicen genannt hatte, wußte letzterer bei der
Confrontation, ungeachtet der ſchärfſten Beobachtung, ſo ſehr durch
ein ſtarkes Athemholen zu imponiren, daß jener die gemachten
Geſtändniſſe in ſeiner Gegenwart nicht zu wiederholen wagte,
aus Furcht, wie er ſpäter eingeſtand, daß er einmal als Sſlich-
ner
ermordet werden würde.



Vierzehntes Kapitel.
α) Die Jadzinken.

Unter den Zinken, welche eine gleichmäßige und ſyſtematiſche
Redaction haben, ſind zunächſt die Jadzinken (Fehmzinken
oder Grifflingzinken) zu merken. Es ſind die Zeichen, welche
mit der Hand oder eigentlich mit den Fingern gemacht werden.
Dieſen Jadzinken liegt das einhändige Alphabet der Taubſtum-
men 1) zu Grunde. Man findet viele Gauner, welche ohne taub-
ſtumm zu ſein, ſich der Handſprache vollſtändig bemeiſtert haben,
da die Hand mit ihrer ſtillen und doch lebendigen Sprache, ſelbſt
in Gegenwart dritter, ein genaues Verſtändniß vermitteln und wo
der tönende Mund geſchloſſen bleiben muß, durch eine geringe
Oeffnung, durch Fenſter und Gitter 2) lautlos kaſſpern kann.

1) Die Zeichen mit beiden Händen, ſowie die vielen lebhaften Geſten der
Taubſtummen werden von den Gaunern nicht leicht benutzt, da ſie nicht heim-
lich und verſteckt gegeben werden können. Wol aber ſind ſie den Gaunern be-
kannt, und werden von Simulanten oft ſehr täuſchend nachgeahmt. (Vgl. Kap. 8.)
2) Auch hier empfiehlt ſich die dichte Fenſterverblendung nach unten und
zu den Seiten der Fenſter, ſowie die doppelte Vergitterung der letztern, da-
mit der Gauner nicht an die Fenſter gelangen und durch ſie lautlos kaſſpern
kann.
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[54/0066] ges, Mundes, jede Stellung der Füſſe, jede Regung eines Fin- gers, jeden Griff an Hals, Mund, Haar, jedes Räuspern, Hu- ſten, Nieſen, wie ſcheinbar unwillkürlich und wie natürlich alles zum Vorſchein gebracht wird. Einem Räuber, den ich zum Ge- ſtändniß gebracht, und der mir auch den wirklichen Namen ſeines mitgefangenen Complicen genannt hatte, wußte letzterer bei der Confrontation, ungeachtet der ſchärfſten Beobachtung, ſo ſehr durch ein ſtarkes Athemholen zu imponiren, daß jener die gemachten Geſtändniſſe in ſeiner Gegenwart nicht zu wiederholen wagte, aus Furcht, wie er ſpäter eingeſtand, daß er einmal als Sſlich- ner ermordet werden würde. Vierzehntes Kapitel. α) Die Jadzinken. Unter den Zinken, welche eine gleichmäßige und ſyſtematiſche Redaction haben, ſind zunächſt die Jadzinken (Fehmzinken oder Grifflingzinken) zu merken. Es ſind die Zeichen, welche mit der Hand oder eigentlich mit den Fingern gemacht werden. Dieſen Jadzinken liegt das einhändige Alphabet der Taubſtum- men 1) zu Grunde. Man findet viele Gauner, welche ohne taub- ſtumm zu ſein, ſich der Handſprache vollſtändig bemeiſtert haben, da die Hand mit ihrer ſtillen und doch lebendigen Sprache, ſelbſt in Gegenwart dritter, ein genaues Verſtändniß vermitteln und wo der tönende Mund geſchloſſen bleiben muß, durch eine geringe Oeffnung, durch Fenſter und Gitter 2) lautlos kaſſpern kann. 1) Die Zeichen mit beiden Händen, ſowie die vielen lebhaften Geſten der Taubſtummen werden von den Gaunern nicht leicht benutzt, da ſie nicht heim- lich und verſteckt gegeben werden können. Wol aber ſind ſie den Gaunern be- kannt, und werden von Simulanten oft ſehr täuſchend nachgeahmt. (Vgl. Kap. 8.) 2) Auch hier empfiehlt ſich die dichte Fenſterverblendung nach unten und zu den Seiten der Fenſter, ſowie die doppelte Vergitterung der letztern, da- mit der Gauner nicht an die Fenſter gelangen und durch ſie lautlos kaſſpern kann.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/66>, abgerufen am 25.11.2024.