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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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glückliche Gelingen einer verabredeten Gaunerei. Merkwürdig
genug werden diese Gelübde pünktlich erfüllt, wie aus Furcht,
daß auch vom Heiligen der Contract nicht gehalten werden könne.
Ein interessantes Beispiel sind die Gelübde des Manne Friedrich
bei Pfister, deren schon früher erwähnt ist.

Die Geschichte des Gaunerthums wimmelt von Beispielen,
daß Gauner, welche zum Tode verurtheilt und auf den letzten
geistlichen Trost und Zuspruch angewiesen waren, gar und ganz
keine Kenntniß vom christlichen Glauben, von den Geboten und
den verschiedenen Confessionen hatten. So kommt es nicht selten
vor, daß ein solcher armer Sünder einen katholischen, dann einen
protestantischen Geistlichen, zuweilen beide zugleich, ja sogar dazu
noch einen jüdischen Rabbiner verlangte, und dann wieder alle drei
verwarf. 1) Diese tief in das Mittelalter zurückreichende und noch
heutigen Tages zu machende Wahrnehmung ist nicht nur in sitten-
geschichtlicher, sondern ganz besonders in sprachgeschichtlicher Hin-
sicht merkwürdig. Bei aller Fügigkeit und Behendigkeit des jüdi-
schen Volks, sich die ihm auch am entferntesten liegenden Volks-
eigenthümlichkeiten anzueignen, hat es doch die Grundzüge seiner
ursprünglichen Eigenthümlichkeit mit aller Zähigkeit festgehalten.
Der das ganze bürgerliche und häusliche Leben des Juden beherr-
schende religiöse Cultus namentlich ist auch von den jüdischen

Die Walachen haben die stehende Redensart, "daß die Kirche der Zigeuner
von Speck gebaut und von den Hunden gefressen sei".
1) Auch Damian Hessel verlangte, nachdem er unter Fluchen und Toben
sein Todesurtheil angehört hatte, einen Rabbiner, um als Jude zu sterben,
versprach dem Untersuchungsrichter in nächster Mitternacht nach seinem Tode
zu erscheinen, und sprach von dem Gesetze der Natur, nach welchem er gelebt
habe und auch sterben wolle u. s. w. Vgl. Rebmann, "Damian Hessel",
S. 106 (dritte Auflage). Borgener, von der Wetterauer Bande, sagte im
Verhör am 22. Mai 1812, über seine Religion befragt: "Mit Religion habe
ich mich nicht viel abgegeben. Jch weiß von Religion eigentlich nur soviel,
daß ich kein Jude bin." Grolman, a. a. O., S. 422. Aehnliche Beispiele
von sittlicher Roheit gibt es eine große Menge, und gerade in jetziger Zeit
sieht man in erschreckender Weise, daß der rohe Materialismus wie ein sen-
gender Wüstenwind über Sitte und Religion hinfährt und den Boden nivel-
lirt, als ob man an der Urbarkeit dieses unsers Bodens verzweifeln sollte.

glückliche Gelingen einer verabredeten Gaunerei. Merkwürdig
genug werden dieſe Gelübde pünktlich erfüllt, wie aus Furcht,
daß auch vom Heiligen der Contract nicht gehalten werden könne.
Ein intereſſantes Beiſpiel ſind die Gelübde des Manne Friedrich
bei Pfiſter, deren ſchon früher erwähnt iſt.

Die Geſchichte des Gaunerthums wimmelt von Beiſpielen,
daß Gauner, welche zum Tode verurtheilt und auf den letzten
geiſtlichen Troſt und Zuſpruch angewieſen waren, gar und ganz
keine Kenntniß vom chriſtlichen Glauben, von den Geboten und
den verſchiedenen Confeſſionen hatten. So kommt es nicht ſelten
vor, daß ein ſolcher armer Sünder einen katholiſchen, dann einen
proteſtantiſchen Geiſtlichen, zuweilen beide zugleich, ja ſogar dazu
noch einen jüdiſchen Rabbiner verlangte, und dann wieder alle drei
verwarf. 1) Dieſe tief in das Mittelalter zurückreichende und noch
heutigen Tages zu machende Wahrnehmung iſt nicht nur in ſitten-
geſchichtlicher, ſondern ganz beſonders in ſprachgeſchichtlicher Hin-
ſicht merkwürdig. Bei aller Fügigkeit und Behendigkeit des jüdi-
ſchen Volks, ſich die ihm auch am entfernteſten liegenden Volks-
eigenthümlichkeiten anzueignen, hat es doch die Grundzüge ſeiner
urſprünglichen Eigenthümlichkeit mit aller Zähigkeit feſtgehalten.
Der das ganze bürgerliche und häusliche Leben des Juden beherr-
ſchende religiöſe Cultus namentlich iſt auch von den jüdiſchen

Die Walachen haben die ſtehende Redensart, „daß die Kirche der Zigeuner
von Speck gebaut und von den Hunden gefreſſen ſei“.
1) Auch Damian Heſſel verlangte, nachdem er unter Fluchen und Toben
ſein Todesurtheil angehört hatte, einen Rabbiner, um als Jude zu ſterben,
verſprach dem Unterſuchungsrichter in nächſter Mitternacht nach ſeinem Tode
zu erſcheinen, und ſprach von dem Geſetze der Natur, nach welchem er gelebt
habe und auch ſterben wolle u. ſ. w. Vgl. Rebmann, „Damian Heſſel“,
S. 106 (dritte Auflage). Borgener, von der Wetterauer Bande, ſagte im
Verhör am 22. Mai 1812, über ſeine Religion befragt: „Mit Religion habe
ich mich nicht viel abgegeben. Jch weiß von Religion eigentlich nur ſoviel,
daß ich kein Jude bin.“ Grolman, a. a. O., S. 422. Aehnliche Beiſpiele
von ſittlicher Roheit gibt es eine große Menge, und gerade in jetziger Zeit
ſieht man in erſchreckender Weiſe, daß der rohe Materialismus wie ein ſen-
gender Wüſtenwind über Sitte und Religion hinfährt und den Boden nivel-
lirt, als ob man an der Urbarkeit dieſes unſers Bodens verzweifeln ſollte.
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[31/0043] glückliche Gelingen einer verabredeten Gaunerei. Merkwürdig genug werden dieſe Gelübde pünktlich erfüllt, wie aus Furcht, daß auch vom Heiligen der Contract nicht gehalten werden könne. Ein intereſſantes Beiſpiel ſind die Gelübde des Manne Friedrich bei Pfiſter, deren ſchon früher erwähnt iſt. Die Geſchichte des Gaunerthums wimmelt von Beiſpielen, daß Gauner, welche zum Tode verurtheilt und auf den letzten geiſtlichen Troſt und Zuſpruch angewieſen waren, gar und ganz keine Kenntniß vom chriſtlichen Glauben, von den Geboten und den verſchiedenen Confeſſionen hatten. So kommt es nicht ſelten vor, daß ein ſolcher armer Sünder einen katholiſchen, dann einen proteſtantiſchen Geiſtlichen, zuweilen beide zugleich, ja ſogar dazu noch einen jüdiſchen Rabbiner verlangte, und dann wieder alle drei verwarf. 1) Dieſe tief in das Mittelalter zurückreichende und noch heutigen Tages zu machende Wahrnehmung iſt nicht nur in ſitten- geſchichtlicher, ſondern ganz beſonders in ſprachgeſchichtlicher Hin- ſicht merkwürdig. Bei aller Fügigkeit und Behendigkeit des jüdi- ſchen Volks, ſich die ihm auch am entfernteſten liegenden Volks- eigenthümlichkeiten anzueignen, hat es doch die Grundzüge ſeiner urſprünglichen Eigenthümlichkeit mit aller Zähigkeit feſtgehalten. Der das ganze bürgerliche und häusliche Leben des Juden beherr- ſchende religiöſe Cultus namentlich iſt auch von den jüdiſchen 2) 1) Auch Damian Heſſel verlangte, nachdem er unter Fluchen und Toben ſein Todesurtheil angehört hatte, einen Rabbiner, um als Jude zu ſterben, verſprach dem Unterſuchungsrichter in nächſter Mitternacht nach ſeinem Tode zu erſcheinen, und ſprach von dem Geſetze der Natur, nach welchem er gelebt habe und auch ſterben wolle u. ſ. w. Vgl. Rebmann, „Damian Heſſel“, S. 106 (dritte Auflage). Borgener, von der Wetterauer Bande, ſagte im Verhör am 22. Mai 1812, über ſeine Religion befragt: „Mit Religion habe ich mich nicht viel abgegeben. Jch weiß von Religion eigentlich nur ſoviel, daß ich kein Jude bin.“ Grolman, a. a. O., S. 422. Aehnliche Beiſpiele von ſittlicher Roheit gibt es eine große Menge, und gerade in jetziger Zeit ſieht man in erſchreckender Weiſe, daß der rohe Materialismus wie ein ſen- gender Wüſtenwind über Sitte und Religion hinfährt und den Boden nivel- lirt, als ob man an der Urbarkeit dieſes unſers Bodens verzweifeln ſollte. 2) Die Walachen haben die ſtehende Redensart, „daß die Kirche der Zigeuner von Speck gebaut und von den Hunden gefreſſen ſei“.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/43>, abgerufen am 21.11.2024.