Einhundertunderstes Kapitel. g)Die Geltung des Chefs und die Befähigung der Subalternen.
Es ist bei diesem in den Polizeibureaux herrschenden schweren Siechthum eine tröstliche, das sittliche Gefühl erhebende und freu- dige Hoffnung erweckende Wahrnehmung, daß die deutschen Staatsregierungen mit tiefer Einsicht und regem Eifer der ver- wahrlosten und nur noch mit großen Opfern aufrecht gehaltenen Polizei jetzt mehr als sonst ihre Aufmerksamkeit zuwenden und dieselbe überallhin, besonders in wissenschaftlicher und sittlicher Hinsicht, zu heben suchen, damit frisches geistiges Leben und rüstige Bewegung in die Polizei komme, und auch von oben herab ein belebender und weckender Strahl in die Bureaux falle, um den verblichenen Subalternengesichtern wieder frische Farbe und neuen Lebensmuth zu geben. Nach vielen bittern Erfahrungen und Enttäuschungen ist man endlich zu der Ueberzeugung gelangt, daß, wenn der Chef der Repräsentant des ganzen Polizeikörpers ist, er auch als geistiger Träger, als wissenschaftliche Leuchte, als vollendetes Muster christlich-deutscher Gesinnung allen voran- stehen muß, damit das Ganze von dieser seiner geistigen Helden- schaft getragen, genährt und gefördert werde, und jeder seiner Un- tergebenen frei und willkommen in das bürgerliche Leben hinein- schreiten, seine Hemmungen und Störungen beseitigen und un- verloren aus seiner Strömung wieder zurückgelangen könne.
Der Mangel an geistiger Verbindung des Chefs mit den Untergebenen hat bislang der wünschenswerthen schulmäßigen Be- lehrung und Ausbildung der Subalternen im Wege gestanden, und selbst nicht einmal die militärische Organisation der Polizei hat auf den Gedanken geführt, wie in den vielen militärischen Schulen oder Unterrichtsanstalten, so auch für die niedern Poli- zeibeamten einen entsprechenden Unterricht einzuführen, dessen Theorie ja doch höchst vortheilhaft von der Praxis begleitet und belebt wäre. Diese Einrichtung ist ebenso leicht zu treffen, wie
Einhundertunderſtes Kapitel. g)Die Geltung des Chefs und die Befähigung der Subalternen.
Es iſt bei dieſem in den Polizeibureaux herrſchenden ſchweren Siechthum eine tröſtliche, das ſittliche Gefühl erhebende und freu- dige Hoffnung erweckende Wahrnehmung, daß die deutſchen Staatsregierungen mit tiefer Einſicht und regem Eifer der ver- wahrloſten und nur noch mit großen Opfern aufrecht gehaltenen Polizei jetzt mehr als ſonſt ihre Aufmerkſamkeit zuwenden und dieſelbe überallhin, beſonders in wiſſenſchaftlicher und ſittlicher Hinſicht, zu heben ſuchen, damit friſches geiſtiges Leben und rüſtige Bewegung in die Polizei komme, und auch von oben herab ein belebender und weckender Strahl in die Bureaux falle, um den verblichenen Subalternengeſichtern wieder friſche Farbe und neuen Lebensmuth zu geben. Nach vielen bittern Erfahrungen und Enttäuſchungen iſt man endlich zu der Ueberzeugung gelangt, daß, wenn der Chef der Repräſentant des ganzen Polizeikörpers iſt, er auch als geiſtiger Träger, als wiſſenſchaftliche Leuchte, als vollendetes Muſter chriſtlich-deutſcher Geſinnung allen voran- ſtehen muß, damit das Ganze von dieſer ſeiner geiſtigen Helden- ſchaft getragen, genährt und gefördert werde, und jeder ſeiner Un- tergebenen frei und willkommen in das bürgerliche Leben hinein- ſchreiten, ſeine Hemmungen und Störungen beſeitigen und un- verloren aus ſeiner Strömung wieder zurückgelangen könne.
Der Mangel an geiſtiger Verbindung des Chefs mit den Untergebenen hat bislang der wünſchenswerthen ſchulmäßigen Be- lehrung und Ausbildung der Subalternen im Wege geſtanden, und ſelbſt nicht einmal die militäriſche Organiſation der Polizei hat auf den Gedanken geführt, wie in den vielen militäriſchen Schulen oder Unterrichtsanſtalten, ſo auch für die niedern Poli- zeibeamten einen entſprechenden Unterricht einzuführen, deſſen Theorie ja doch höchſt vortheilhaft von der Praxis begleitet und belebt wäre. Dieſe Einrichtung iſt ebenſo leicht zu treffen, wie
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Einhundertunderſtes Kapitel.
g) Die Geltung des Chefs und die Befähigung der
Subalternen.
Es iſt bei dieſem in den Polizeibureaux herrſchenden ſchweren
Siechthum eine tröſtliche, das ſittliche Gefühl erhebende und freu-
dige Hoffnung erweckende Wahrnehmung, daß die deutſchen
Staatsregierungen mit tiefer Einſicht und regem Eifer der ver-
wahrloſten und nur noch mit großen Opfern aufrecht gehaltenen
Polizei jetzt mehr als ſonſt ihre Aufmerkſamkeit zuwenden und
dieſelbe überallhin, beſonders in wiſſenſchaftlicher und ſittlicher
Hinſicht, zu heben ſuchen, damit friſches geiſtiges Leben und
rüſtige Bewegung in die Polizei komme, und auch von oben herab
ein belebender und weckender Strahl in die Bureaux falle, um
den verblichenen Subalternengeſichtern wieder friſche Farbe und
neuen Lebensmuth zu geben. Nach vielen bittern Erfahrungen
und Enttäuſchungen iſt man endlich zu der Ueberzeugung gelangt,
daß, wenn der Chef der Repräſentant des ganzen Polizeikörpers
iſt, er auch als geiſtiger Träger, als wiſſenſchaftliche Leuchte, als
vollendetes Muſter chriſtlich-deutſcher Geſinnung allen voran-
ſtehen muß, damit das Ganze von dieſer ſeiner geiſtigen Helden-
ſchaft getragen, genährt und gefördert werde, und jeder ſeiner Un-
tergebenen frei und willkommen in das bürgerliche Leben hinein-
ſchreiten, ſeine Hemmungen und Störungen beſeitigen und un-
verloren aus ſeiner Strömung wieder zurückgelangen könne.
Der Mangel an geiſtiger Verbindung des Chefs mit den
Untergebenen hat bislang der wünſchenswerthen ſchulmäßigen Be-
lehrung und Ausbildung der Subalternen im Wege geſtanden,
und ſelbſt nicht einmal die militäriſche Organiſation der Polizei
hat auf den Gedanken geführt, wie in den vielen militäriſchen
Schulen oder Unterrichtsanſtalten, ſo auch für die niedern Poli-
zeibeamten einen entſprechenden Unterricht einzuführen, deſſen
Theorie ja doch höchſt vortheilhaft von der Praxis begleitet und
belebt wäre. Dieſe Einrichtung iſt ebenſo leicht zu treffen, wie
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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