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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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schon bestraft sind; oder alte abgestumpfte Gauner 1), oder Krüppel,
welche nicht selbst mehr wagen dürfen, einen Massematten zu
handeln; Weiber, Concubinen und ganz vorzüglich Bordellwirthe,
Gaunerwirthe, Aufkäufer, Trödler und Pfandleiher, welche unter
dem Schein des bürgerlichen Gewerbes leben, aber hauptsächlich
gestohlene Sachen an sich bringen und mit unglaublichem Vor-
theil verwerthen. Die Vorsicht, Noth und Lebenslust treibt den
Gauner, des Gestohlenen so rasch wie möglich sich zu entledigen
und schleunig in Besitz baaren Geldes zu gelangen. Der Schär-
fenspieler kennt die Gefahr des Diebes und die Nothwendigkeit der
raschen Entäußerung des Gestohlenen. Daher bietet und zahlt
er Preise, bei denen er in der That einen ungeheuern Gewinn
macht, und sich unendlich viel besser steht als der Dieb selbst, da
er oft nicht den zehnten oder gar zwanzigsten Theil des wahren
Werths zahlt. Die Schärfenspieler sind die wahren Tonangeber
und Gewalthaber (Mauschel) der handelnden Diebe, deren Person
und Jndustrie ihnen genau bekannt ist, und welche sie im Be-
wußtsein ihrer Unentbehrlichkeit und Gewalt sogleich nach gehan-
deltem Massematten oft auf eine berechnet zudringliche und gefähr-
liche Weise umschwärmen, um sie zu desto rascherm Absatz des
Gestohlenen zu zwingen. Jener außerordentliche Gewinn ist der
Grund, weshalb die Schärfenspieler, welche immer mit dem Schein
des ehrlichen Verkehrs sich den Weg durch alle bürgerliche Ver-
kehrskreise offen halten, die eifrigsten und gefährlichsten Baldower
sind, welche den verbündeten Gaunern nicht nur die gelegentlichen
Massematten nachweisen, sondern auch geradezu bestimmte Waaren
bei ihnen bestellen, deren Conjunctur augenblicklich günstig ist, und
welche dem Schärfenspieler beim Verkaufe den besten Gewinn ab-
werfen. So sehr man bei Entdeckung eines Schärfenspielerlagers

der Dieb für sein Stehlen, als auch der Schärfenspieler für sein Verhandeln
des Gestohlenen gebraucht.
1) Vgl. Abschnitt I, in der Darstellung der Niederländischen Banden, die
Andeutungen über Jakob Moyses zu Winoshoot bei Gröningen, den Vater des
Abraham Jakob und Schwiegervater des Picard (vgl. "Rheinische Räuber-
banden", I, 15 fg.).

ſchon beſtraft ſind; oder alte abgeſtumpfte Gauner 1), oder Krüppel,
welche nicht ſelbſt mehr wagen dürfen, einen Maſſematten zu
handeln; Weiber, Concubinen und ganz vorzüglich Bordellwirthe,
Gaunerwirthe, Aufkäufer, Trödler und Pfandleiher, welche unter
dem Schein des bürgerlichen Gewerbes leben, aber hauptſächlich
geſtohlene Sachen an ſich bringen und mit unglaublichem Vor-
theil verwerthen. Die Vorſicht, Noth und Lebensluſt treibt den
Gauner, des Geſtohlenen ſo raſch wie möglich ſich zu entledigen
und ſchleunig in Beſitz baaren Geldes zu gelangen. Der Schär-
fenſpieler kennt die Gefahr des Diebes und die Nothwendigkeit der
raſchen Entäußerung des Geſtohlenen. Daher bietet und zahlt
er Preiſe, bei denen er in der That einen ungeheuern Gewinn
macht, und ſich unendlich viel beſſer ſteht als der Dieb ſelbſt, da
er oft nicht den zehnten oder gar zwanzigſten Theil des wahren
Werths zahlt. Die Schärfenſpieler ſind die wahren Tonangeber
und Gewalthaber (Mauſchel) der handelnden Diebe, deren Perſon
und Jnduſtrie ihnen genau bekannt iſt, und welche ſie im Be-
wußtſein ihrer Unentbehrlichkeit und Gewalt ſogleich nach gehan-
deltem Maſſematten oft auf eine berechnet zudringliche und gefähr-
liche Weiſe umſchwärmen, um ſie zu deſto raſcherm Abſatz des
Geſtohlenen zu zwingen. Jener außerordentliche Gewinn iſt der
Grund, weshalb die Schärfenſpieler, welche immer mit dem Schein
des ehrlichen Verkehrs ſich den Weg durch alle bürgerliche Ver-
kehrskreiſe offen halten, die eifrigſten und gefährlichſten Baldower
ſind, welche den verbündeten Gaunern nicht nur die gelegentlichen
Maſſematten nachweiſen, ſondern auch geradezu beſtimmte Waaren
bei ihnen beſtellen, deren Conjunctur augenblicklich günſtig iſt, und
welche dem Schärfenſpieler beim Verkaufe den beſten Gewinn ab-
werfen. So ſehr man bei Entdeckung eines Schärfenſpielerlagers

der Dieb für ſein Stehlen, als auch der Schärfenſpieler für ſein Verhandeln
des Geſtohlenen gebraucht.
1) Vgl. Abſchnitt I, in der Darſtellung der Niederländiſchen Banden, die
Andeutungen über Jakob Moyſes zu Winoshoot bei Gröningen, den Vater des
Abraham Jakob und Schwiegervater des Picard (vgl. „Rheiniſche Räuber-
banden“, I, 15 fg.).
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[317/0329] ſchon beſtraft ſind; oder alte abgeſtumpfte Gauner 1), oder Krüppel, welche nicht ſelbſt mehr wagen dürfen, einen Maſſematten zu handeln; Weiber, Concubinen und ganz vorzüglich Bordellwirthe, Gaunerwirthe, Aufkäufer, Trödler und Pfandleiher, welche unter dem Schein des bürgerlichen Gewerbes leben, aber hauptſächlich geſtohlene Sachen an ſich bringen und mit unglaublichem Vor- theil verwerthen. Die Vorſicht, Noth und Lebensluſt treibt den Gauner, des Geſtohlenen ſo raſch wie möglich ſich zu entledigen und ſchleunig in Beſitz baaren Geldes zu gelangen. Der Schär- fenſpieler kennt die Gefahr des Diebes und die Nothwendigkeit der raſchen Entäußerung des Geſtohlenen. Daher bietet und zahlt er Preiſe, bei denen er in der That einen ungeheuern Gewinn macht, und ſich unendlich viel beſſer ſteht als der Dieb ſelbſt, da er oft nicht den zehnten oder gar zwanzigſten Theil des wahren Werths zahlt. Die Schärfenſpieler ſind die wahren Tonangeber und Gewalthaber (Mauſchel) der handelnden Diebe, deren Perſon und Jnduſtrie ihnen genau bekannt iſt, und welche ſie im Be- wußtſein ihrer Unentbehrlichkeit und Gewalt ſogleich nach gehan- deltem Maſſematten oft auf eine berechnet zudringliche und gefähr- liche Weiſe umſchwärmen, um ſie zu deſto raſcherm Abſatz des Geſtohlenen zu zwingen. Jener außerordentliche Gewinn iſt der Grund, weshalb die Schärfenſpieler, welche immer mit dem Schein des ehrlichen Verkehrs ſich den Weg durch alle bürgerliche Ver- kehrskreiſe offen halten, die eifrigſten und gefährlichſten Baldower ſind, welche den verbündeten Gaunern nicht nur die gelegentlichen Maſſematten nachweiſen, ſondern auch geradezu beſtimmte Waaren bei ihnen beſtellen, deren Conjunctur augenblicklich günſtig iſt, und welche dem Schärfenſpieler beim Verkaufe den beſten Gewinn ab- werfen. So ſehr man bei Entdeckung eines Schärfenſpielerlagers 2) 1) Vgl. Abſchnitt I, in der Darſtellung der Niederländiſchen Banden, die Andeutungen über Jakob Moyſes zu Winoshoot bei Gröningen, den Vater des Abraham Jakob und Schwiegervater des Picard (vgl. „Rheiniſche Räuber- banden“, I, 15 fg.). 2) der Dieb für ſein Stehlen, als auch der Schärfenſpieler für ſein Verhandeln des Geſtohlenen gebraucht.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/329>, abgerufen am 25.11.2024.