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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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das Fleppenmelochnen wesentlich paralysiren 1), welches, wie das
ganze Gaunerthum überhaupt nur an der erspähten Schwäche
emporwuchert, lediglich in den Mängeln der Bureaux die ganze
Basis seiner verderblichen Kunst findet. Die Bereitung der Sicher-
heitspapiere ist auf einen so vollkommenen Standpunkt gebracht,
daß ihre Anwendung durchaus zu allen Legitimationspapieren,
also nicht allein zu allen Arten von Pässen und Wanderbüchern,
sondern auch zu Geburts- und Heimatsscheinen, Kundschaften,
Sittenzeugnissen u. dgl. stattfinden sollte. Dazu muß aber auch
noch eine feste Ordnung und Controle bei der Ausfertigung der
Documente eingeführt, und darauf gesehen werden, daß die Aus-
fertigung der Urkunden, die Ausfüllung der Blankets u. s. w. mit
genauer Beobachtung aller Formalien, ohne Flüchtigkeit und Fehler,
geschehe. Jn großen Bureaux ist es thunlich, die Ausfertigungen
auch im raschen Geschäftsgange durch mehrere Hände gehen
und controliren zu lassen. Auch sollte ein eigener Beamter für
das vielfach nur obenhin angesehene und betriebene, jedoch so
überaus wichtige Siegeln eingeübt und angewiesen werden, daß
er, mit gutem Material und behenden einfachen Hebelpressen ver-
sehen, die tüchtig in Stahl gravirten Siegel genau und sorgfältig
anbringt, sich durch Anlegung einer Siegelsammlung in Kenntniß
mindestens der currentesten Siegel setzt, sowie auch den Jnhalt,
die Formalien und Siegel der einkommenden Papiere besonders
genau prüft und nöthigenfalls mit andern vorhandenen Origi-
nalien vergleicht. 2)

1) Freilich müßten dann aber auch die Gesandtschafts- und Consulats-
pässe beseitigt werden, mit denen schon so viel arger Misbrauch getrieben ist,
daß die Stimmen schon lange laut dagegen geworden sind. Wie schwer wiegen
die schlimmen Nachtheile dieser Pässe gegen den schwachen Beitrag, welchen
sie zum Glanz des ausnehmenden Gesandtschaftsrechts liefern!
2) Um den Färbesiegeln größere Sicherheit zu geben und ihre Fälschung
und Nachbildung leichter zu entdecken, ist schon gerathen worden, daß die Be-
hörden eines Landes oder mehrerer Länder sich zu einem veränderlichen Farben-
kalender vereinigen, und sich verbinden, nach einer im voraus von einem ton-
angebenden Polizeiblatte für die nächsten Wochen oder Tage gegebenen Bestim-

das Fleppenmelochnen weſentlich paralyſiren 1), welches, wie das
ganze Gaunerthum überhaupt nur an der erſpähten Schwäche
emporwuchert, lediglich in den Mängeln der Bureaux die ganze
Baſis ſeiner verderblichen Kunſt findet. Die Bereitung der Sicher-
heitspapiere iſt auf einen ſo vollkommenen Standpunkt gebracht,
daß ihre Anwendung durchaus zu allen Legitimationspapieren,
alſo nicht allein zu allen Arten von Päſſen und Wanderbüchern,
ſondern auch zu Geburts- und Heimatsſcheinen, Kundſchaften,
Sittenzeugniſſen u. dgl. ſtattfinden ſollte. Dazu muß aber auch
noch eine feſte Ordnung und Controle bei der Ausfertigung der
Documente eingeführt, und darauf geſehen werden, daß die Aus-
fertigung der Urkunden, die Ausfüllung der Blankets u. ſ. w. mit
genauer Beobachtung aller Formalien, ohne Flüchtigkeit und Fehler,
geſchehe. Jn großen Bureaux iſt es thunlich, die Ausfertigungen
auch im raſchen Geſchäftsgange durch mehrere Hände gehen
und controliren zu laſſen. Auch ſollte ein eigener Beamter für
das vielfach nur obenhin angeſehene und betriebene, jedoch ſo
überaus wichtige Siegeln eingeübt und angewieſen werden, daß
er, mit gutem Material und behenden einfachen Hebelpreſſen ver-
ſehen, die tüchtig in Stahl gravirten Siegel genau und ſorgfältig
anbringt, ſich durch Anlegung einer Siegelſammlung in Kenntniß
mindeſtens der currenteſten Siegel ſetzt, ſowie auch den Jnhalt,
die Formalien und Siegel der einkommenden Papiere beſonders
genau prüft und nöthigenfalls mit andern vorhandenen Origi-
nalien vergleicht. 2)

1) Freilich müßten dann aber auch die Geſandtſchafts- und Conſulats-
päſſe beſeitigt werden, mit denen ſchon ſo viel arger Misbrauch getrieben iſt,
daß die Stimmen ſchon lange laut dagegen geworden ſind. Wie ſchwer wiegen
die ſchlimmen Nachtheile dieſer Päſſe gegen den ſchwachen Beitrag, welchen
ſie zum Glanz des ausnehmenden Geſandtſchaftsrechts liefern!
2) Um den Färbeſiegeln größere Sicherheit zu geben und ihre Fälſchung
und Nachbildung leichter zu entdecken, iſt ſchon gerathen worden, daß die Be-
hörden eines Landes oder mehrerer Länder ſich zu einem veränderlichen Farben-
kalender vereinigen, und ſich verbinden, nach einer im voraus von einem ton-
angebenden Polizeiblatte für die nächſten Wochen oder Tage gegebenen Beſtim-
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[315/0327] das Fleppenmelochnen weſentlich paralyſiren 1), welches, wie das ganze Gaunerthum überhaupt nur an der erſpähten Schwäche emporwuchert, lediglich in den Mängeln der Bureaux die ganze Baſis ſeiner verderblichen Kunſt findet. Die Bereitung der Sicher- heitspapiere iſt auf einen ſo vollkommenen Standpunkt gebracht, daß ihre Anwendung durchaus zu allen Legitimationspapieren, alſo nicht allein zu allen Arten von Päſſen und Wanderbüchern, ſondern auch zu Geburts- und Heimatsſcheinen, Kundſchaften, Sittenzeugniſſen u. dgl. ſtattfinden ſollte. Dazu muß aber auch noch eine feſte Ordnung und Controle bei der Ausfertigung der Documente eingeführt, und darauf geſehen werden, daß die Aus- fertigung der Urkunden, die Ausfüllung der Blankets u. ſ. w. mit genauer Beobachtung aller Formalien, ohne Flüchtigkeit und Fehler, geſchehe. Jn großen Bureaux iſt es thunlich, die Ausfertigungen auch im raſchen Geſchäftsgange durch mehrere Hände gehen und controliren zu laſſen. Auch ſollte ein eigener Beamter für das vielfach nur obenhin angeſehene und betriebene, jedoch ſo überaus wichtige Siegeln eingeübt und angewieſen werden, daß er, mit gutem Material und behenden einfachen Hebelpreſſen ver- ſehen, die tüchtig in Stahl gravirten Siegel genau und ſorgfältig anbringt, ſich durch Anlegung einer Siegelſammlung in Kenntniß mindeſtens der currenteſten Siegel ſetzt, ſowie auch den Jnhalt, die Formalien und Siegel der einkommenden Papiere beſonders genau prüft und nöthigenfalls mit andern vorhandenen Origi- nalien vergleicht. 2) 1) Freilich müßten dann aber auch die Geſandtſchafts- und Conſulats- päſſe beſeitigt werden, mit denen ſchon ſo viel arger Misbrauch getrieben iſt, daß die Stimmen ſchon lange laut dagegen geworden ſind. Wie ſchwer wiegen die ſchlimmen Nachtheile dieſer Päſſe gegen den ſchwachen Beitrag, welchen ſie zum Glanz des ausnehmenden Geſandtſchaftsrechts liefern! 2) Um den Färbeſiegeln größere Sicherheit zu geben und ihre Fälſchung und Nachbildung leichter zu entdecken, iſt ſchon gerathen worden, daß die Be- hörden eines Landes oder mehrerer Länder ſich zu einem veränderlichen Farben- kalender vereinigen, und ſich verbinden, nach einer im voraus von einem ton- angebenden Polizeiblatte für die nächſten Wochen oder Tage gegebenen Beſtim-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/327>, abgerufen am 25.11.2024.