ein Fallmacher zum Scheine Bekanntschaft mit dem Premier und ladet ihn zu einem Spiel ein. Der Premier bezeigt anfangs keine Lust, stellt sich einfältig, verliert eine Partie nach der andern und will endlich aufhören, "da er seinen Meister gefunden hat". Der Eintreiber überredet den Premier zu einem andern Spiele, gewöhnlich zum Häufeln, wobei schon zugleich gezinkte oder ge- mollte Karten in Anwendung kommen, und läßt nun den Premier gewinnen und verlieren, worauf nun die übrigen Eintreiber, wie von Neugierde gelockt, nach und nach an den Tisch treten, sich durch Wetten am Spiel betheiligen, nach gegebenen Zinken ge- winnen und nun die übrigen unkundigen Zuschauer ebenfalls zum Wetten und Spielen ermuntern, was denn auch meistens gelingt, und wobei die miteinander einverstandenen Zchokker bedeutenden Gewinn machen.
Die Eintreiber oder Fallmacher haben jedoch nicht die einzige Aufgabe, zum Spielen und Wetten anzulocken. Sie treten auch zu den Spielenden, und verrathen dem Premier und ihren Chawern durch Zinken mit der Hand, dem Fuße, durch Räuspern, Pfeifen, Singen, durch ein hingeworfenes Gaunerwort, durch Zinken gegen den Spiegel u. s. w., welche Karten der Gegenspieler hat, oder wenn der Eintreiber selbst mitspielt, welche Karten er selbst hat. Beim Spielen wird überhaupt die Kunst des geheimen Verständ- nisses im weitesten Umfange und in den feinsten Nuancen aus- gebeutet. Sehr oft werden Bekanntschaften, welche im Wirthshause mit Landleuten, Fußreisenden, Fuhrleuten u. dgl. gemacht sind, erst im Freien fortgesetzt und ausgebeutet. Wenn nämlich die Zchokker die Aufsicht im Wirthshause zu sehr scheuen, und den erkorenen Freier dort nicht hinlänglich ausplündern können, so gehen sie den Weg vorauf, und fangen am Wege an, unter sich zu haddern, wozu sie den später Nachkommenden einladen, und wobei sie ihn selten ohne Verlust seiner ganzen Baarschaft u. dgl. von sich lassen.
Da die Zchokker gewöhnlich auch Merammemoossmelochner, oder mindestens eifrige Sammler falschen Geldes sind, so hat der etwa gewinnende Freier durchaus keinen Vortheil von seinem
ein Fallmacher zum Scheine Bekanntſchaft mit dem Premier und ladet ihn zu einem Spiel ein. Der Premier bezeigt anfangs keine Luſt, ſtellt ſich einfältig, verliert eine Partie nach der andern und will endlich aufhören, „da er ſeinen Meiſter gefunden hat“. Der Eintreiber überredet den Premier zu einem andern Spiele, gewöhnlich zum Häufeln, wobei ſchon zugleich gezinkte oder ge- mollte Karten in Anwendung kommen, und läßt nun den Premier gewinnen und verlieren, worauf nun die übrigen Eintreiber, wie von Neugierde gelockt, nach und nach an den Tiſch treten, ſich durch Wetten am Spiel betheiligen, nach gegebenen Zinken ge- winnen und nun die übrigen unkundigen Zuſchauer ebenfalls zum Wetten und Spielen ermuntern, was denn auch meiſtens gelingt, und wobei die miteinander einverſtandenen Zchokker bedeutenden Gewinn machen.
Die Eintreiber oder Fallmacher haben jedoch nicht die einzige Aufgabe, zum Spielen und Wetten anzulocken. Sie treten auch zu den Spielenden, und verrathen dem Premier und ihren Chawern durch Zinken mit der Hand, dem Fuße, durch Räuspern, Pfeifen, Singen, durch ein hingeworfenes Gaunerwort, durch Zinken gegen den Spiegel u. ſ. w., welche Karten der Gegenſpieler hat, oder wenn der Eintreiber ſelbſt mitſpielt, welche Karten er ſelbſt hat. Beim Spielen wird überhaupt die Kunſt des geheimen Verſtänd- niſſes im weiteſten Umfange und in den feinſten Nuancen aus- gebeutet. Sehr oft werden Bekanntſchaften, welche im Wirthshauſe mit Landleuten, Fußreiſenden, Fuhrleuten u. dgl. gemacht ſind, erſt im Freien fortgeſetzt und ausgebeutet. Wenn nämlich die Zchokker die Aufſicht im Wirthshauſe zu ſehr ſcheuen, und den erkorenen Freier dort nicht hinlänglich ausplündern können, ſo gehen ſie den Weg vorauf, und fangen am Wege an, unter ſich zu haddern, wozu ſie den ſpäter Nachkommenden einladen, und wobei ſie ihn ſelten ohne Verluſt ſeiner ganzen Baarſchaft u. dgl. von ſich laſſen.
Da die Zchokker gewöhnlich auch Merammemooſſmelochner, oder mindeſtens eifrige Sammler falſchen Geldes ſind, ſo hat der etwa gewinnende Freier durchaus keinen Vortheil von ſeinem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0296"n="284"/>
ein Fallmacher zum Scheine Bekanntſchaft mit dem Premier und<lb/>
ladet ihn zu einem Spiel ein. Der Premier bezeigt anfangs<lb/>
keine Luſt, ſtellt ſich einfältig, verliert eine Partie nach der andern<lb/>
und will endlich aufhören, „da er ſeinen Meiſter gefunden hat“.<lb/>
Der Eintreiber überredet den Premier zu einem andern Spiele,<lb/>
gewöhnlich zum Häufeln, wobei ſchon zugleich gezinkte oder ge-<lb/>
mollte Karten in Anwendung kommen, und läßt nun den Premier<lb/>
gewinnen und verlieren, worauf nun die übrigen Eintreiber, wie<lb/>
von Neugierde gelockt, nach und nach an den Tiſch treten, ſich<lb/>
durch Wetten am Spiel betheiligen, nach gegebenen Zinken ge-<lb/>
winnen und nun die übrigen unkundigen Zuſchauer ebenfalls zum<lb/>
Wetten und Spielen ermuntern, was denn auch meiſtens gelingt,<lb/>
und wobei die miteinander einverſtandenen Zchokker bedeutenden<lb/>
Gewinn machen.</p><lb/><p>Die Eintreiber oder Fallmacher haben jedoch nicht die einzige<lb/>
Aufgabe, zum Spielen und Wetten anzulocken. Sie treten auch<lb/>
zu den Spielenden, und verrathen dem Premier und ihren Chawern<lb/>
durch Zinken mit der Hand, dem Fuße, durch Räuspern, Pfeifen,<lb/>
Singen, durch ein hingeworfenes Gaunerwort, durch Zinken gegen<lb/>
den Spiegel u. ſ. w., welche Karten der Gegenſpieler hat, oder<lb/>
wenn der Eintreiber ſelbſt mitſpielt, welche Karten er ſelbſt hat.<lb/>
Beim Spielen wird überhaupt die Kunſt des geheimen Verſtänd-<lb/>
niſſes im weiteſten Umfange und in den feinſten Nuancen aus-<lb/>
gebeutet. Sehr oft werden Bekanntſchaften, welche im Wirthshauſe<lb/>
mit Landleuten, Fußreiſenden, Fuhrleuten u. dgl. gemacht ſind,<lb/>
erſt <hirendition="#g">im Freien</hi> fortgeſetzt und ausgebeutet. Wenn nämlich die<lb/>
Zchokker die Aufſicht im Wirthshauſe zu ſehr ſcheuen, und den<lb/>
erkorenen Freier dort nicht hinlänglich ausplündern können, ſo<lb/>
gehen ſie den Weg vorauf, und fangen am Wege an, unter ſich<lb/>
zu haddern, wozu ſie den ſpäter Nachkommenden einladen, und<lb/>
wobei ſie ihn ſelten ohne Verluſt ſeiner ganzen Baarſchaft u. dgl.<lb/>
von ſich laſſen.</p><lb/><p>Da die Zchokker gewöhnlich auch Merammemooſſmelochner,<lb/>
oder mindeſtens eifrige Sammler falſchen Geldes ſind, ſo hat der<lb/>
etwa gewinnende Freier durchaus keinen Vortheil von ſeinem<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[284/0296]
ein Fallmacher zum Scheine Bekanntſchaft mit dem Premier und
ladet ihn zu einem Spiel ein. Der Premier bezeigt anfangs
keine Luſt, ſtellt ſich einfältig, verliert eine Partie nach der andern
und will endlich aufhören, „da er ſeinen Meiſter gefunden hat“.
Der Eintreiber überredet den Premier zu einem andern Spiele,
gewöhnlich zum Häufeln, wobei ſchon zugleich gezinkte oder ge-
mollte Karten in Anwendung kommen, und läßt nun den Premier
gewinnen und verlieren, worauf nun die übrigen Eintreiber, wie
von Neugierde gelockt, nach und nach an den Tiſch treten, ſich
durch Wetten am Spiel betheiligen, nach gegebenen Zinken ge-
winnen und nun die übrigen unkundigen Zuſchauer ebenfalls zum
Wetten und Spielen ermuntern, was denn auch meiſtens gelingt,
und wobei die miteinander einverſtandenen Zchokker bedeutenden
Gewinn machen.
Die Eintreiber oder Fallmacher haben jedoch nicht die einzige
Aufgabe, zum Spielen und Wetten anzulocken. Sie treten auch
zu den Spielenden, und verrathen dem Premier und ihren Chawern
durch Zinken mit der Hand, dem Fuße, durch Räuspern, Pfeifen,
Singen, durch ein hingeworfenes Gaunerwort, durch Zinken gegen
den Spiegel u. ſ. w., welche Karten der Gegenſpieler hat, oder
wenn der Eintreiber ſelbſt mitſpielt, welche Karten er ſelbſt hat.
Beim Spielen wird überhaupt die Kunſt des geheimen Verſtänd-
niſſes im weiteſten Umfange und in den feinſten Nuancen aus-
gebeutet. Sehr oft werden Bekanntſchaften, welche im Wirthshauſe
mit Landleuten, Fußreiſenden, Fuhrleuten u. dgl. gemacht ſind,
erſt im Freien fortgeſetzt und ausgebeutet. Wenn nämlich die
Zchokker die Aufſicht im Wirthshauſe zu ſehr ſcheuen, und den
erkorenen Freier dort nicht hinlänglich ausplündern können, ſo
gehen ſie den Weg vorauf, und fangen am Wege an, unter ſich
zu haddern, wozu ſie den ſpäter Nachkommenden einladen, und
wobei ſie ihn ſelten ohne Verluſt ſeiner ganzen Baarſchaft u. dgl.
von ſich laſſen.
Da die Zchokker gewöhnlich auch Merammemooſſmelochner,
oder mindeſtens eifrige Sammler falſchen Geldes ſind, ſo hat der
etwa gewinnende Freier durchaus keinen Vortheil von ſeinem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/296>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.