Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

Bild:
<< vorherige Seite

aller Kartenspiele geben, welche nicht nur in den verschiedenen
Ländern Deutschlands, sondern auch in den einzelnen Städten
und Dörfern, in den mannichfachsten Variationen üblich sind. Es
gilt hier nur vorzugsweise, die wesentlichen technischen Mittel dar-
zustellen, deren sich die Zchokker bedienen.

Das Volteschlagen, eigentlich nichts anderes als ein be-
trügliches Mischen 1) der Karten, ist die betrügerische Fertigkeit,
bestimmte Karten, welche der Zchokker sich gemerkt hat, heimlich
an die Stelle im Kartenspiel zu bringen, wohin er sie haben will.
Man findet die Beschreibung der Volte in ihren verschiedenen
Arten, mit zwei Händen, oder mit einer Hand, welche letztere Art
jedoch die merklichere ist, in allen Kartenkünstlerbüchern, in welchen
sich aber jede Beschreibung unbeholfen macht 2), wenn man die
eminente Praxis dieses, selbst bei angestrengter Beobachtung kaum
in einer unscheinlichen kurzen Handbewegung wahrnehmbaren,
ungemein geschickten Kunststückes sieht. Doch entgeht dem auf-
merksamen Blicke jene leichte Handbewegung nicht in dem Mo-
mente, wenn der Zchokker gleich nach dem Abheben die
beiden Kartenhaufen aufeinander legt und die Karten
in die Hand nimmt.
Weniger Uebung kostet das verschieden-
artige künstliche Mischen, bei welchem die von dem Zchokker ge-
wählten Karten mit dem Winkel des Daumens und Zeigefingers
vor oder hinter den zum Mischen bewegten Karten festgehalten
und nach oben und unten gelegt, und nach dem Abheben mittels
der Volte an die beabsichtigte Stelle gebracht werden. Bei scharfer
Aufmerksamkeit, namentlich in dem Moment, wenn der Spieler
die Karte nach dem Abheben wieder in die Hand nimmt,

wird auch dieser Trug nicht unentdeckt bleiben können. 3)

1) Das falsche Mischen: Siuf magbia sein; ein eigener Ausdruck für
Volte existirt in der Gaunersprache nicht.
2) Am deutlichsten ist sie in dem anonymen Werke: "Der verrathene und
von allen seinen Geheimnissen entblößte falsche Spieler" (zwei Theile; ohne
Druckort 1776), und besonders in dem kleinen Buche: "Der Kartenkünstler"
von Christ. Ludwig Hoffmann (Hamburg 1843) beschrieben.
3) Wie überhaupt in Bezug auf alles falsche Spiel, so auch auf die

aller Kartenſpiele geben, welche nicht nur in den verſchiedenen
Ländern Deutſchlands, ſondern auch in den einzelnen Städten
und Dörfern, in den mannichfachſten Variationen üblich ſind. Es
gilt hier nur vorzugsweiſe, die weſentlichen techniſchen Mittel dar-
zuſtellen, deren ſich die Zchokker bedienen.

Das Volteſchlagen, eigentlich nichts anderes als ein be-
trügliches Miſchen 1) der Karten, iſt die betrügeriſche Fertigkeit,
beſtimmte Karten, welche der Zchokker ſich gemerkt hat, heimlich
an die Stelle im Kartenſpiel zu bringen, wohin er ſie haben will.
Man findet die Beſchreibung der Volte in ihren verſchiedenen
Arten, mit zwei Händen, oder mit einer Hand, welche letztere Art
jedoch die merklichere iſt, in allen Kartenkünſtlerbüchern, in welchen
ſich aber jede Beſchreibung unbeholfen macht 2), wenn man die
eminente Praxis dieſes, ſelbſt bei angeſtrengter Beobachtung kaum
in einer unſcheinlichen kurzen Handbewegung wahrnehmbaren,
ungemein geſchickten Kunſtſtückes ſieht. Doch entgeht dem auf-
merkſamen Blicke jene leichte Handbewegung nicht in dem Mo-
mente, wenn der Zchokker gleich nach dem Abheben die
beiden Kartenhaufen aufeinander legt und die Karten
in die Hand nimmt.
Weniger Uebung koſtet das verſchieden-
artige künſtliche Miſchen, bei welchem die von dem Zchokker ge-
wählten Karten mit dem Winkel des Daumens und Zeigefingers
vor oder hinter den zum Miſchen bewegten Karten feſtgehalten
und nach oben und unten gelegt, und nach dem Abheben mittels
der Volte an die beabſichtigte Stelle gebracht werden. Bei ſcharfer
Aufmerkſamkeit, namentlich in dem Moment, wenn der Spieler
die Karte nach dem Abheben wieder in die Hand nimmt,

wird auch dieſer Trug nicht unentdeckt bleiben können. 3)

1) Das falſche Miſchen: Siuf magbia ſein; ein eigener Ausdruck für
Volte exiſtirt in der Gaunerſprache nicht.
2) Am deutlichſten iſt ſie in dem anonymen Werke: „Der verrathene und
von allen ſeinen Geheimniſſen entblößte falſche Spieler“ (zwei Theile; ohne
Druckort 1776), und beſonders in dem kleinen Buche: „Der Kartenkünſtler“
von Chriſt. Ludwig Hoffmann (Hamburg 1843) beſchrieben.
3) Wie überhaupt in Bezug auf alles falſche Spiel, ſo auch auf die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0291" n="279"/>
aller Karten&#x017F;piele geben, welche nicht nur in den ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Ländern Deut&#x017F;chlands, &#x017F;ondern auch in den einzelnen Städten<lb/>
und Dörfern, in den mannichfach&#x017F;ten Variationen üblich &#x017F;ind. Es<lb/>
gilt hier nur vorzugswei&#x017F;e, die we&#x017F;entlichen techni&#x017F;chen Mittel dar-<lb/>
zu&#x017F;tellen, deren &#x017F;ich die Zchokker bedienen.</p><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#g">Volte&#x017F;chlagen,</hi> eigentlich nichts anderes als ein be-<lb/>
trügliches <hi rendition="#g">Mi&#x017F;chen</hi> <note place="foot" n="1)">Das fal&#x017F;che Mi&#x017F;chen: <hi rendition="#g">Siuf magbia &#x017F;ein;</hi> ein eigener Ausdruck für<lb/>
Volte exi&#x017F;tirt in der Gauner&#x017F;prache nicht.</note> der Karten, i&#x017F;t die betrügeri&#x017F;che Fertigkeit,<lb/>
be&#x017F;timmte Karten, welche der Zchokker &#x017F;ich gemerkt hat, heimlich<lb/>
an die Stelle im Karten&#x017F;piel zu bringen, wohin er &#x017F;ie haben will.<lb/>
Man findet die Be&#x017F;chreibung der Volte in ihren ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Arten, mit zwei Händen, oder mit <hi rendition="#g">einer</hi> Hand, welche letztere Art<lb/>
jedoch die merklichere i&#x017F;t, in allen Kartenkün&#x017F;tlerbüchern, in welchen<lb/>
&#x017F;ich aber jede Be&#x017F;chreibung unbeholfen macht <note place="foot" n="2)">Am deutlich&#x017F;ten i&#x017F;t &#x017F;ie in dem anonymen Werke: &#x201E;Der verrathene und<lb/>
von allen &#x017F;einen Geheimni&#x017F;&#x017F;en entblößte fal&#x017F;che Spieler&#x201C; (zwei Theile; ohne<lb/>
Druckort 1776), und be&#x017F;onders in dem kleinen Buche: &#x201E;Der Kartenkün&#x017F;tler&#x201C;<lb/>
von Chri&#x017F;t. Ludwig Hoffmann (Hamburg 1843) be&#x017F;chrieben.</note>, wenn man die<lb/>
eminente Praxis die&#x017F;es, &#x017F;elb&#x017F;t bei ange&#x017F;trengter Beobachtung kaum<lb/>
in einer un&#x017F;cheinlichen kurzen Handbewegung wahrnehmbaren,<lb/>
ungemein ge&#x017F;chickten Kun&#x017F;t&#x017F;tückes &#x017F;ieht. Doch entgeht dem auf-<lb/>
merk&#x017F;amen Blicke jene leichte Handbewegung nicht in dem Mo-<lb/>
mente, wenn der Zchokker <hi rendition="#g">gleich nach dem Abheben die<lb/>
beiden Kartenhaufen aufeinander legt und die Karten<lb/>
in die Hand nimmt.</hi> Weniger Uebung ko&#x017F;tet das ver&#x017F;chieden-<lb/>
artige kün&#x017F;tliche Mi&#x017F;chen, bei welchem die von dem Zchokker ge-<lb/>
wählten Karten mit dem Winkel des Daumens und Zeigefingers<lb/>
vor oder hinter den zum Mi&#x017F;chen bewegten Karten fe&#x017F;tgehalten<lb/>
und nach oben und unten gelegt, und nach dem Abheben mittels<lb/>
der Volte an die beab&#x017F;ichtigte Stelle gebracht werden. Bei &#x017F;charfer<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit, namentlich in dem Moment, <hi rendition="#g">wenn der Spieler<lb/>
die Karte nach dem Abheben wieder in die Hand nimmt,</hi><lb/>
wird auch die&#x017F;er Trug nicht unentdeckt bleiben können. <note xml:id="seg2pn_36_1" next="#seg2pn_36_2" place="foot" n="3)">Wie überhaupt in Bezug auf alles fal&#x017F;che Spiel, &#x017F;o auch auf die</note></p>
            </div><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0291] aller Kartenſpiele geben, welche nicht nur in den verſchiedenen Ländern Deutſchlands, ſondern auch in den einzelnen Städten und Dörfern, in den mannichfachſten Variationen üblich ſind. Es gilt hier nur vorzugsweiſe, die weſentlichen techniſchen Mittel dar- zuſtellen, deren ſich die Zchokker bedienen. Das Volteſchlagen, eigentlich nichts anderes als ein be- trügliches Miſchen 1) der Karten, iſt die betrügeriſche Fertigkeit, beſtimmte Karten, welche der Zchokker ſich gemerkt hat, heimlich an die Stelle im Kartenſpiel zu bringen, wohin er ſie haben will. Man findet die Beſchreibung der Volte in ihren verſchiedenen Arten, mit zwei Händen, oder mit einer Hand, welche letztere Art jedoch die merklichere iſt, in allen Kartenkünſtlerbüchern, in welchen ſich aber jede Beſchreibung unbeholfen macht 2), wenn man die eminente Praxis dieſes, ſelbſt bei angeſtrengter Beobachtung kaum in einer unſcheinlichen kurzen Handbewegung wahrnehmbaren, ungemein geſchickten Kunſtſtückes ſieht. Doch entgeht dem auf- merkſamen Blicke jene leichte Handbewegung nicht in dem Mo- mente, wenn der Zchokker gleich nach dem Abheben die beiden Kartenhaufen aufeinander legt und die Karten in die Hand nimmt. Weniger Uebung koſtet das verſchieden- artige künſtliche Miſchen, bei welchem die von dem Zchokker ge- wählten Karten mit dem Winkel des Daumens und Zeigefingers vor oder hinter den zum Miſchen bewegten Karten feſtgehalten und nach oben und unten gelegt, und nach dem Abheben mittels der Volte an die beabſichtigte Stelle gebracht werden. Bei ſcharfer Aufmerkſamkeit, namentlich in dem Moment, wenn der Spieler die Karte nach dem Abheben wieder in die Hand nimmt, wird auch dieſer Trug nicht unentdeckt bleiben können. 3) 1) Das falſche Miſchen: Siuf magbia ſein; ein eigener Ausdruck für Volte exiſtirt in der Gaunerſprache nicht. 2) Am deutlichſten iſt ſie in dem anonymen Werke: „Der verrathene und von allen ſeinen Geheimniſſen entblößte falſche Spieler“ (zwei Theile; ohne Druckort 1776), und beſonders in dem kleinen Buche: „Der Kartenkünſtler“ von Chriſt. Ludwig Hoffmann (Hamburg 1843) beſchrieben. 3) Wie überhaupt in Bezug auf alles falſche Spiel, ſo auch auf die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/291
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/291>, abgerufen am 23.11.2024.