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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Feilen bearbeitet. Die Verausgabung solcher entwertheter Geld-
stücke ist jedoch, besonders bei geringen Zahlungen oder im Einzel-
wechsel, immer schwierig, da die Verkleinerung des Volumens
schon immer für das prüfende Auge auffällig ist, und somit das
entscheidende Nachwägen kaum noch nöthig wird. Diese Schwie-
rigkeit hat nun aber wieder auf eine alte Operation zurückgeführt,
vermöge welcher die beiden Prägeseiten eines größern und dicken
echten Silbergeldstücks in sehr dünnen Platten abgeschnitten, und
nach Herausnehmen des Mittelstücks auf eine entsprechende Scheibe
unedeln Metalls befestigt und mit einem Silberblechrand umlöthet
werden. Durch die geschickte Behandlung der Münzen wird die
Täuschung vollkommen, und es befindet sich eine sehr große Menge
Münzen der Art im Umlauf. Zwei der bedeutendsten deutschen
Polizeiblätter haben gleichzeitig im Sommer 1856 auf diesen rasch
aufgekommenen Betrug aufmerksam gemacht, welcher jedoch keines-
wegs eine neuere Erfindung, sondern schon sehr alt ist. Smith
in seinen "Lebensbeschreibungen berühmter englischer Straßenräu-
ber" (vgl. die Literatur) erzählt S. 221, daß der am 22. Sept.
1704 zu London gehenkte berüchtigte Gauner Tom Sharp mit
einer Falschmünzerbande, außer der Anfertigung falscher Münzen
von englischem Zinn oder "Compositum", auch noch eine Kunst,
George-Plateroon, betrieben habe, Münzen (black dogs) herzu-
stellen, welche "inwendig lauter Kupfer seien und auswärts
nur ein dünnes Blechlein hätten" u. s. w.

Diese alte Kunst scheint entweder vom Gaunerthum längere
Zeit uncultivirt liegen geblieben, oder von der Polizei unbeachtet
gelassen worden zu sein. Bei den behendern technischen Mitteln
der Neuzeit ist sie aber wieder lebhaft in Schwung gekommen,
hat aber trotzdem in der deutschen Gaunersprache noch keinen be-
sondern Namen erhalten. Jn keiner mir bekannten Gauner-
sprache habe ich einen speciellen Namen für das George-Plateroon
finden können. Es scheint daher im Wesen und Namen eine
specifisch englische Erfindung zu sein.

Zu dieser Operation werden durchaus nur echte und neue
Silbermünzen mit breitem Rande gewählt. Wahrscheinlich wer-

Feilen bearbeitet. Die Verausgabung ſolcher entwertheter Geld-
ſtücke iſt jedoch, beſonders bei geringen Zahlungen oder im Einzel-
wechſel, immer ſchwierig, da die Verkleinerung des Volumens
ſchon immer für das prüfende Auge auffällig iſt, und ſomit das
entſcheidende Nachwägen kaum noch nöthig wird. Dieſe Schwie-
rigkeit hat nun aber wieder auf eine alte Operation zurückgeführt,
vermöge welcher die beiden Prägeſeiten eines größern und dicken
echten Silbergeldſtücks in ſehr dünnen Platten abgeſchnitten, und
nach Herausnehmen des Mittelſtücks auf eine entſprechende Scheibe
unedeln Metalls befeſtigt und mit einem Silberblechrand umlöthet
werden. Durch die geſchickte Behandlung der Münzen wird die
Täuſchung vollkommen, und es befindet ſich eine ſehr große Menge
Münzen der Art im Umlauf. Zwei der bedeutendſten deutſchen
Polizeiblätter haben gleichzeitig im Sommer 1856 auf dieſen raſch
aufgekommenen Betrug aufmerkſam gemacht, welcher jedoch keines-
wegs eine neuere Erfindung, ſondern ſchon ſehr alt iſt. Smith
in ſeinen „Lebensbeſchreibungen berühmter engliſcher Straßenräu-
ber“ (vgl. die Literatur) erzählt S. 221, daß der am 22. Sept.
1704 zu London gehenkte berüchtigte Gauner Tom Sharp mit
einer Falſchmünzerbande, außer der Anfertigung falſcher Münzen
von engliſchem Zinn oder „Compositum“, auch noch eine Kunſt,
George-Plateroon, betrieben habe, Münzen (black dogs) herzu-
ſtellen, welche „inwendig lauter Kupfer ſeien und auswärts
nur ein dünnes Blechlein hätten“ u. ſ. w.

Dieſe alte Kunſt ſcheint entweder vom Gaunerthum längere
Zeit uncultivirt liegen geblieben, oder von der Polizei unbeachtet
gelaſſen worden zu ſein. Bei den behendern techniſchen Mitteln
der Neuzeit iſt ſie aber wieder lebhaft in Schwung gekommen,
hat aber trotzdem in der deutſchen Gaunerſprache noch keinen be-
ſondern Namen erhalten. Jn keiner mir bekannten Gauner-
ſprache habe ich einen ſpeciellen Namen für das George-Plateroon
finden können. Es ſcheint daher im Weſen und Namen eine
ſpecifiſch engliſche Erfindung zu ſein.

Zu dieſer Operation werden durchaus nur echte und neue
Silbermünzen mit breitem Rande gewählt. Wahrſcheinlich wer-

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[216/0228] Feilen bearbeitet. Die Verausgabung ſolcher entwertheter Geld- ſtücke iſt jedoch, beſonders bei geringen Zahlungen oder im Einzel- wechſel, immer ſchwierig, da die Verkleinerung des Volumens ſchon immer für das prüfende Auge auffällig iſt, und ſomit das entſcheidende Nachwägen kaum noch nöthig wird. Dieſe Schwie- rigkeit hat nun aber wieder auf eine alte Operation zurückgeführt, vermöge welcher die beiden Prägeſeiten eines größern und dicken echten Silbergeldſtücks in ſehr dünnen Platten abgeſchnitten, und nach Herausnehmen des Mittelſtücks auf eine entſprechende Scheibe unedeln Metalls befeſtigt und mit einem Silberblechrand umlöthet werden. Durch die geſchickte Behandlung der Münzen wird die Täuſchung vollkommen, und es befindet ſich eine ſehr große Menge Münzen der Art im Umlauf. Zwei der bedeutendſten deutſchen Polizeiblätter haben gleichzeitig im Sommer 1856 auf dieſen raſch aufgekommenen Betrug aufmerkſam gemacht, welcher jedoch keines- wegs eine neuere Erfindung, ſondern ſchon ſehr alt iſt. Smith in ſeinen „Lebensbeſchreibungen berühmter engliſcher Straßenräu- ber“ (vgl. die Literatur) erzählt S. 221, daß der am 22. Sept. 1704 zu London gehenkte berüchtigte Gauner Tom Sharp mit einer Falſchmünzerbande, außer der Anfertigung falſcher Münzen von engliſchem Zinn oder „Compositum“, auch noch eine Kunſt, George-Plateroon, betrieben habe, Münzen (black dogs) herzu- ſtellen, welche „inwendig lauter Kupfer ſeien und auswärts nur ein dünnes Blechlein hätten“ u. ſ. w. Dieſe alte Kunſt ſcheint entweder vom Gaunerthum längere Zeit uncultivirt liegen geblieben, oder von der Polizei unbeachtet gelaſſen worden zu ſein. Bei den behendern techniſchen Mitteln der Neuzeit iſt ſie aber wieder lebhaft in Schwung gekommen, hat aber trotzdem in der deutſchen Gaunerſprache noch keinen be- ſondern Namen erhalten. Jn keiner mir bekannten Gauner- ſprache habe ich einen ſpeciellen Namen für das George-Plateroon finden können. Es ſcheint daher im Weſen und Namen eine ſpecifiſch engliſche Erfindung zu ſein. Zu dieſer Operation werden durchaus nur echte und neue Silbermünzen mit breitem Rande gewählt. Wahrſcheinlich wer-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/228>, abgerufen am 25.11.2024.