der Ladentische entspringt für den Kaufmann die Bequemlichkeit, daß er unter ihnen weite und geräumige Fächer einrichten kann zur Aufnahme von Waaren, welche mit den in den hohen Wand- fächern gegenüber befindlichen correspondiren, sodaß er sich nicht nach den Wandfächern umzudrehen braucht, sondern das in letztern Bemerkte und Verlangte sogleich auch unter dem Ladentisch her- vorlangen kann, ohne den verdächtigen Käufer aus den Augen zu lassen. Unerlaßlich ist aber an Ladentischen die Anbringung eines Gesimses, einer Leiste oder eines kleinen Geländers von etwa 1--2 Zoll Höhe, auf der Seite, wo der Käufer steht. Die etwaige Unbequemlichkeit läßt sich durch geschmackvolle Zierlichkeit der Anlage ausgleichen. Der Schottenfeller hebt niemals ein Stück Waare vom Ladentisch, sondern bringt es mit der Hand oder dem Unterarm zum Gleiten auf der glatten Fläche, indem er es leise zupft oder schiebt. Jst eine kleine Leiste vorhanden, so muß er das Stück heben und seine Manipulation schon bemerkbarer machen. Sehr zweckmäßig ist es, die Stücke aller weichen Stoffe, wie das meistens auch schon bei den französischen Seidenstücken geschieht, auf dünne Bretchen oder starke Pappen zu wickeln, weil dann die Stücke, anstatt auf der Käuferseite schlaff herunterzuhängen, beim Herab- zerren, der Steifigkeit wegen, aufschlagen, und viel schwieriger vom Tisch in die Gole zu bringen sind. Passend an den Wänden an- gebrachte und nicht durch Waaren verdeckte Spiegel und Spiegel- streifen, wie man solche mit Geschmack und Geschick in den Ge- simsen der Wandrepositorien anbringen könnte, sodaß der Kauf- mann den Käufer mit seinen Bewegungen im Auge zu behalten vermag, wenn er ihm auch den Rücken zuwendet, dürften dem Kaufmann manchen Verlust ersparen. Gardinen an Ladenfenstern sind geradezu Lockungen für Schottenfeller, die am liebsten solche Läden aufsuchen, deren Fenster mit Gardinen und zur Schau ge- stellten Stoffen verdunkelt sind. Erfahrene Kaufleute lassen minde- stens die obere Hälfte der Fenster frei, und hängen dabei nur dünne durchsichtige Stoffe nach oben. Wer übrigens seine Waaren auf der Käuferseite, oft sogar an, oder in und außerhalb der
der Ladentiſche entſpringt für den Kaufmann die Bequemlichkeit, daß er unter ihnen weite und geräumige Fächer einrichten kann zur Aufnahme von Waaren, welche mit den in den hohen Wand- fächern gegenüber befindlichen correſpondiren, ſodaß er ſich nicht nach den Wandfächern umzudrehen braucht, ſondern das in letztern Bemerkte und Verlangte ſogleich auch unter dem Ladentiſch her- vorlangen kann, ohne den verdächtigen Käufer aus den Augen zu laſſen. Unerlaßlich iſt aber an Ladentiſchen die Anbringung eines Geſimſes, einer Leiſte oder eines kleinen Geländers von etwa 1—2 Zoll Höhe, auf der Seite, wo der Käufer ſteht. Die etwaige Unbequemlichkeit läßt ſich durch geſchmackvolle Zierlichkeit der Anlage ausgleichen. Der Schottenfeller hebt niemals ein Stück Waare vom Ladentiſch, ſondern bringt es mit der Hand oder dem Unterarm zum Gleiten auf der glatten Fläche, indem er es leiſe zupft oder ſchiebt. Jſt eine kleine Leiſte vorhanden, ſo muß er das Stück heben und ſeine Manipulation ſchon bemerkbarer machen. Sehr zweckmäßig iſt es, die Stücke aller weichen Stoffe, wie das meiſtens auch ſchon bei den franzöſiſchen Seidenſtücken geſchieht, auf dünne Bretchen oder ſtarke Pappen zu wickeln, weil dann die Stücke, anſtatt auf der Käuferſeite ſchlaff herunterzuhängen, beim Herab- zerren, der Steifigkeit wegen, aufſchlagen, und viel ſchwieriger vom Tiſch in die Gole zu bringen ſind. Paſſend an den Wänden an- gebrachte und nicht durch Waaren verdeckte Spiegel und Spiegel- ſtreifen, wie man ſolche mit Geſchmack und Geſchick in den Ge- ſimſen der Wandrepoſitorien anbringen könnte, ſodaß der Kauf- mann den Käufer mit ſeinen Bewegungen im Auge zu behalten vermag, wenn er ihm auch den Rücken zuwendet, dürften dem Kaufmann manchen Verluſt erſparen. Gardinen an Ladenfenſtern ſind geradezu Lockungen für Schottenfeller, die am liebſten ſolche Läden aufſuchen, deren Fenſter mit Gardinen und zur Schau ge- ſtellten Stoffen verdunkelt ſind. Erfahrene Kaufleute laſſen minde- ſtens die obere Hälfte der Fenſter frei, und hängen dabei nur dünne durchſichtige Stoffe nach oben. Wer übrigens ſeine Waaren auf der Käuferſeite, oft ſogar an, oder in und außerhalb der
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der Ladentiſche entſpringt für den Kaufmann die Bequemlichkeit,
daß er unter ihnen weite und geräumige Fächer einrichten kann
zur Aufnahme von Waaren, welche mit den in den hohen Wand-
fächern gegenüber befindlichen correſpondiren, ſodaß er ſich nicht
nach den Wandfächern umzudrehen braucht, ſondern das in letztern
Bemerkte und Verlangte ſogleich auch unter dem Ladentiſch her-
vorlangen kann, ohne den verdächtigen Käufer aus den Augen
zu laſſen. Unerlaßlich iſt aber an Ladentiſchen die Anbringung
eines Geſimſes, einer Leiſte oder eines kleinen Geländers von
etwa 1—2 Zoll Höhe, auf der Seite, wo der Käufer ſteht. Die
etwaige Unbequemlichkeit läßt ſich durch geſchmackvolle Zierlichkeit
der Anlage ausgleichen. Der Schottenfeller hebt niemals
ein Stück Waare vom Ladentiſch, ſondern bringt es
mit der Hand oder dem Unterarm zum Gleiten auf der
glatten Fläche, indem er es leiſe zupft oder ſchiebt. Jſt
eine kleine Leiſte vorhanden, ſo muß er das Stück heben und
ſeine Manipulation ſchon bemerkbarer machen. Sehr zweckmäßig
iſt es, die Stücke aller weichen Stoffe, wie das meiſtens auch
ſchon bei den franzöſiſchen Seidenſtücken geſchieht, auf dünne
Bretchen oder ſtarke Pappen zu wickeln, weil dann die Stücke,
anſtatt auf der Käuferſeite ſchlaff herunterzuhängen, beim Herab-
zerren, der Steifigkeit wegen, aufſchlagen, und viel ſchwieriger vom
Tiſch in die Gole zu bringen ſind. Paſſend an den Wänden an-
gebrachte und nicht durch Waaren verdeckte Spiegel und Spiegel-
ſtreifen, wie man ſolche mit Geſchmack und Geſchick in den Ge-
ſimſen der Wandrepoſitorien anbringen könnte, ſodaß der Kauf-
mann den Käufer mit ſeinen Bewegungen im Auge zu behalten
vermag, wenn er ihm auch den Rücken zuwendet, dürften dem
Kaufmann manchen Verluſt erſparen. Gardinen an Ladenfenſtern
ſind geradezu Lockungen für Schottenfeller, die am liebſten ſolche
Läden aufſuchen, deren Fenſter mit Gardinen und zur Schau ge-
ſtellten Stoffen verdunkelt ſind. Erfahrene Kaufleute laſſen minde-
ſtens die obere Hälfte der Fenſter frei, und hängen dabei nur
dünne durchſichtige Stoffe nach oben. Wer übrigens ſeine Waaren
auf der Käuferſeite, oft ſogar an, oder in und außerhalb der
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/211>, abgerufen am 22.11.2024.
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