auch die angeübte besondere Geschicklichkeit, mit einem zwischen die Schenkel gesteckten Packete nicht nur behende gehen, sondern auch sogar laufen zu können. Die Schottenfeller, welche auf diese Weise Waaren transportiren, werden Rachwener (Reiter) ge- nannt, von [fremdsprachliches Material - fehlt] (rachaf), er hat geritten.
Je lebhafter der Verkehr in einem Laden, je dichter das Ge- dränge vor Meß- und Jahrmarktsbuden ist, desto leichter gelingt es dem Schottenfeller, Waaren von den Verkaufs- und Schau- tischen herabzulangen und in die Gole zu stecken. Man kann nun vom Kaufmann, dessen ganze Aufmerksamkeit beim Verkaufe begreiflich nur eine sehr materielle Richtung hat, nicht verlangen, daß er psychologische Beobachtungen anstellt: inzwischen muß ihm doch jeder geschwätzige Fremde, der viel zu suchen und zu mäkeln hat, als verdächtig erscheinen, namentlich wenn er die er- handelten Waaren nicht gleich bezahlt, sondern zurücklegen läßt. Gewöhnlich zieht der Schottenfeller gleich anfangs, sobald er sich Waaren vorlegen läßt, den oft mit Kupfermünzen oder Jetons stark gefüllten Geldbeutel, und legt ihn auf den Ladentisch, theils um mit einer wohlgefüllten Börse zu prahlen, ganz besonders aber, um nicht beim Hineingreifen in die Beinkleidertaschen, wenn er etwas bezahlt, den Rock zurückschlagen zu müssen und die gefüllten Golen im Unterfutter zu zeigen. Meistens führen die Schottenfeller daher auch das Portemonnaie oder den Geldbeutel in der Brust- tasche, und das Hervorlangen desselben aus letzterer macht schon immer verdächtig. Die niedrigen, höchstens 36--42 Zoll hohen Ladentische begünstigen aber auch das heimliche Wegziehen der Waaren ungemein, indem mit Händen, Unterarm und Elnbogen beim Ueberbeugen über den Ladentisch leicht ein Stück Waare zwischen die Schenkel, oder gar schon direct in die Gole des Schot- tenfellers geschoben werden kann. Reichen die Ladentische nur etwas über die Elnbogenhöhe eines erwachsenen Menschen hin- aus, was ohnehin das Bücken erspart, und das Besehen der Waare erleichtert, so kann der Unterarm nicht leicht ohne augen- fällige Bewegung des Oberarms agiren. Namentlich ist dann der Mantel dem Schottenfeller hinderlich. Aus einer Erhöhung
auch die angeübte beſondere Geſchicklichkeit, mit einem zwiſchen die Schenkel geſteckten Packete nicht nur behende gehen, ſondern auch ſogar laufen zu können. Die Schottenfeller, welche auf dieſe Weiſe Waaren transportiren, werden Rachwener (Reiter) ge- nannt, von [fremdsprachliches Material – fehlt] (rachaf), er hat geritten.
Je lebhafter der Verkehr in einem Laden, je dichter das Ge- dränge vor Meß- und Jahrmarktsbuden iſt, deſto leichter gelingt es dem Schottenfeller, Waaren von den Verkaufs- und Schau- tiſchen herabzulangen und in die Gole zu ſtecken. Man kann nun vom Kaufmann, deſſen ganze Aufmerkſamkeit beim Verkaufe begreiflich nur eine ſehr materielle Richtung hat, nicht verlangen, daß er pſychologiſche Beobachtungen anſtellt: inzwiſchen muß ihm doch jeder geſchwätzige Fremde, der viel zu ſuchen und zu mäkeln hat, als verdächtig erſcheinen, namentlich wenn er die er- handelten Waaren nicht gleich bezahlt, ſondern zurücklegen läßt. Gewöhnlich zieht der Schottenfeller gleich anfangs, ſobald er ſich Waaren vorlegen läßt, den oft mit Kupfermünzen oder Jetons ſtark gefüllten Geldbeutel, und legt ihn auf den Ladentiſch, theils um mit einer wohlgefüllten Börſe zu prahlen, ganz beſonders aber, um nicht beim Hineingreifen in die Beinkleidertaſchen, wenn er etwas bezahlt, den Rock zurückſchlagen zu müſſen und die gefüllten Golen im Unterfutter zu zeigen. Meiſtens führen die Schottenfeller daher auch das Portemonnaie oder den Geldbeutel in der Bruſt- taſche, und das Hervorlangen deſſelben aus letzterer macht ſchon immer verdächtig. Die niedrigen, höchſtens 36—42 Zoll hohen Ladentiſche begünſtigen aber auch das heimliche Wegziehen der Waaren ungemein, indem mit Händen, Unterarm und Elnbogen beim Ueberbeugen über den Ladentiſch leicht ein Stück Waare zwiſchen die Schenkel, oder gar ſchon direct in die Gole des Schot- tenfellers geſchoben werden kann. Reichen die Ladentiſche nur etwas über die Elnbogenhöhe eines erwachſenen Menſchen hin- aus, was ohnehin das Bücken erſpart, und das Beſehen der Waare erleichtert, ſo kann der Unterarm nicht leicht ohne augen- fällige Bewegung des Oberarms agiren. Namentlich iſt dann der Mantel dem Schottenfeller hinderlich. Aus einer Erhöhung
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[198/0210]
auch die angeübte beſondere Geſchicklichkeit, mit einem zwiſchen die
Schenkel geſteckten Packete nicht nur behende gehen, ſondern auch
ſogar laufen zu können. Die Schottenfeller, welche auf dieſe
Weiſe Waaren transportiren, werden Rachwener (Reiter) ge-
nannt, von _ (rachaf), er hat geritten.
Je lebhafter der Verkehr in einem Laden, je dichter das Ge-
dränge vor Meß- und Jahrmarktsbuden iſt, deſto leichter gelingt
es dem Schottenfeller, Waaren von den Verkaufs- und Schau-
tiſchen herabzulangen und in die Gole zu ſtecken. Man kann
nun vom Kaufmann, deſſen ganze Aufmerkſamkeit beim Verkaufe
begreiflich nur eine ſehr materielle Richtung hat, nicht verlangen,
daß er pſychologiſche Beobachtungen anſtellt: inzwiſchen muß
ihm doch jeder geſchwätzige Fremde, der viel zu ſuchen und zu
mäkeln hat, als verdächtig erſcheinen, namentlich wenn er die er-
handelten Waaren nicht gleich bezahlt, ſondern zurücklegen läßt.
Gewöhnlich zieht der Schottenfeller gleich anfangs, ſobald er ſich
Waaren vorlegen läßt, den oft mit Kupfermünzen oder Jetons
ſtark gefüllten Geldbeutel, und legt ihn auf den Ladentiſch, theils
um mit einer wohlgefüllten Börſe zu prahlen, ganz beſonders aber,
um nicht beim Hineingreifen in die Beinkleidertaſchen, wenn er
etwas bezahlt, den Rock zurückſchlagen zu müſſen und die gefüllten
Golen im Unterfutter zu zeigen. Meiſtens führen die Schottenfeller
daher auch das Portemonnaie oder den Geldbeutel in der Bruſt-
taſche, und das Hervorlangen deſſelben aus letzterer macht ſchon
immer verdächtig. Die niedrigen, höchſtens 36—42 Zoll hohen
Ladentiſche begünſtigen aber auch das heimliche Wegziehen der
Waaren ungemein, indem mit Händen, Unterarm und Elnbogen
beim Ueberbeugen über den Ladentiſch leicht ein Stück Waare
zwiſchen die Schenkel, oder gar ſchon direct in die Gole des Schot-
tenfellers geſchoben werden kann. Reichen die Ladentiſche nur
etwas über die Elnbogenhöhe eines erwachſenen Menſchen hin-
aus, was ohnehin das Bücken erſpart, und das Beſehen der
Waare erleichtert, ſo kann der Unterarm nicht leicht ohne augen-
fällige Bewegung des Oberarms agiren. Namentlich iſt dann
der Mantel dem Schottenfeller hinderlich. Aus einer Erhöhung
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/210>, abgerufen am 17.11.2024.
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