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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858.

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und, während das Gesinde auf dem Gange zum Bäcker oder sonst
innerhalb und außerhalb der Wohnungen beschäftigt ist, und die
Herrschaft noch im Bette liegt, aus den Zimmern, oft auch mit
Makkenen stehlen. 1) Besonders operiren die Zefirgänger, welche
wie alle professionirte Kittenschieber mit leichtem Fußzeug bekleidet
sind, in Gasthöfen, namentlich zur Meßzeit oder Badezeit. Jn
der frühen Morgenzeit ist in den Gasthöfen die wenigste Con-
trole. Somit gelingt es dem Zefirgänger leicht auf einen Corridor
zu gelangen, und entweder an eine Thür, wo ein Massematten
baldowert ist, oder an die erste beste Thür anzuklopfen. Erfolgt
kein Hereinruf auch auf das wiederholte Anklopfen, so öffnet er
die Thüre und tritt mit leisem Morgengruß herein. Den Blick
beständig auf den Schlafenden gerichtet und mit gedämpfter Stimme
den Morgengruß wiederholend, rafft er Geld, Uhr, Ringe, Brust-
nadeln, welches der Reisende gewöhnlich auf dem Tische neben
dem Bette liegen hat, zusammen, durchsucht auch die Kleidungs-
stücke, auch wol die offene Schreibklappe oder Kommode, und
geht, rückwärts, langsam und mit beständigem Morgengruß und
Blick auf den Schläfer aus dem Zimmer, dessen Thür er jedes
mal wieder in die Falle klinkt. Der Reisende, der etwa im Halb-
schlummer und bei herabgelassenem Rouleau den Eintretenden
hört, ist gewohnt, daß früh morgens der Hausknecht die Kleider
zum Reinigen abholt und wiederbringt 2), weshalb er meistens
unbekümmert um die eintretende und dreist guten Morgen wün-
schende Person bleibt. Jst der Reisende wach, und fragt er nach
dem Begehr des Eingetretenen, so gibt er sich für einen bestellten

1) Jm verflossenen Winter wurden hier in Lübeck sogar mehrere mal
hintereinander Theekessel mit dem siedenden Wasser vom Feuerherd, in
verschiedenen Straßen, gestohlen.
2) Jn Privatwohnungen figuriren die Kaudemgänger vielfach als Stiefel-
putzer mit Klopfstock und Bürste in der Hand. Dabei stehlen sie den im
Hause schon befindlichen wirklichen Stiefelputzern die oft nachlässig auf den
Hausfluren und Vorplätzen abgelegten Stiefel und Kleidungsstücke, und fallen
auf der Straße nicht besonders auf, da früh morgens manche Leute der Art
in den Straßen zu finden sind.

und, während das Geſinde auf dem Gange zum Bäcker oder ſonſt
innerhalb und außerhalb der Wohnungen beſchäftigt iſt, und die
Herrſchaft noch im Bette liegt, aus den Zimmern, oft auch mit
Makkenen ſtehlen. 1) Beſonders operiren die Zefirgänger, welche
wie alle profeſſionirte Kittenſchieber mit leichtem Fußzeug bekleidet
ſind, in Gaſthöfen, namentlich zur Meßzeit oder Badezeit. Jn
der frühen Morgenzeit iſt in den Gaſthöfen die wenigſte Con-
trole. Somit gelingt es dem Zefirgänger leicht auf einen Corridor
zu gelangen, und entweder an eine Thür, wo ein Maſſematten
baldowert iſt, oder an die erſte beſte Thür anzuklopfen. Erfolgt
kein Hereinruf auch auf das wiederholte Anklopfen, ſo öffnet er
die Thüre und tritt mit leiſem Morgengruß herein. Den Blick
beſtändig auf den Schlafenden gerichtet und mit gedämpfter Stimme
den Morgengruß wiederholend, rafft er Geld, Uhr, Ringe, Bruſt-
nadeln, welches der Reiſende gewöhnlich auf dem Tiſche neben
dem Bette liegen hat, zuſammen, durchſucht auch die Kleidungs-
ſtücke, auch wol die offene Schreibklappe oder Kommode, und
geht, rückwärts, langſam und mit beſtändigem Morgengruß und
Blick auf den Schläfer aus dem Zimmer, deſſen Thür er jedes
mal wieder in die Falle klinkt. Der Reiſende, der etwa im Halb-
ſchlummer und bei herabgelaſſenem Rouleau den Eintretenden
hört, iſt gewohnt, daß früh morgens der Hausknecht die Kleider
zum Reinigen abholt und wiederbringt 2), weshalb er meiſtens
unbekümmert um die eintretende und dreiſt guten Morgen wün-
ſchende Perſon bleibt. Jſt der Reiſende wach, und fragt er nach
dem Begehr des Eingetretenen, ſo gibt er ſich für einen beſtellten

1) Jm verfloſſenen Winter wurden hier in Lübeck ſogar mehrere mal
hintereinander Theekeſſel mit dem ſiedenden Waſſer vom Feuerherd, in
verſchiedenen Straßen, geſtohlen.
2) Jn Privatwohnungen figuriren die Kaudemgänger vielfach als Stiefel-
putzer mit Klopfſtock und Bürſte in der Hand. Dabei ſtehlen ſie den im
Hauſe ſchon befindlichen wirklichen Stiefelputzern die oft nachläſſig auf den
Hausfluren und Vorplätzen abgelegten Stiefel und Kleidungsſtücke, und fallen
auf der Straße nicht beſonders auf, da früh morgens manche Leute der Art
in den Straßen zu finden ſind.
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[184/0196] und, während das Geſinde auf dem Gange zum Bäcker oder ſonſt innerhalb und außerhalb der Wohnungen beſchäftigt iſt, und die Herrſchaft noch im Bette liegt, aus den Zimmern, oft auch mit Makkenen ſtehlen. 1) Beſonders operiren die Zefirgänger, welche wie alle profeſſionirte Kittenſchieber mit leichtem Fußzeug bekleidet ſind, in Gaſthöfen, namentlich zur Meßzeit oder Badezeit. Jn der frühen Morgenzeit iſt in den Gaſthöfen die wenigſte Con- trole. Somit gelingt es dem Zefirgänger leicht auf einen Corridor zu gelangen, und entweder an eine Thür, wo ein Maſſematten baldowert iſt, oder an die erſte beſte Thür anzuklopfen. Erfolgt kein Hereinruf auch auf das wiederholte Anklopfen, ſo öffnet er die Thüre und tritt mit leiſem Morgengruß herein. Den Blick beſtändig auf den Schlafenden gerichtet und mit gedämpfter Stimme den Morgengruß wiederholend, rafft er Geld, Uhr, Ringe, Bruſt- nadeln, welches der Reiſende gewöhnlich auf dem Tiſche neben dem Bette liegen hat, zuſammen, durchſucht auch die Kleidungs- ſtücke, auch wol die offene Schreibklappe oder Kommode, und geht, rückwärts, langſam und mit beſtändigem Morgengruß und Blick auf den Schläfer aus dem Zimmer, deſſen Thür er jedes mal wieder in die Falle klinkt. Der Reiſende, der etwa im Halb- ſchlummer und bei herabgelaſſenem Rouleau den Eintretenden hört, iſt gewohnt, daß früh morgens der Hausknecht die Kleider zum Reinigen abholt und wiederbringt 2), weshalb er meiſtens unbekümmert um die eintretende und dreiſt guten Morgen wün- ſchende Perſon bleibt. Jſt der Reiſende wach, und fragt er nach dem Begehr des Eingetretenen, ſo gibt er ſich für einen beſtellten 1) Jm verfloſſenen Winter wurden hier in Lübeck ſogar mehrere mal hintereinander Theekeſſel mit dem ſiedenden Waſſer vom Feuerherd, in verſchiedenen Straßen, geſtohlen. 2) Jn Privatwohnungen figuriren die Kaudemgänger vielfach als Stiefel- putzer mit Klopfſtock und Bürſte in der Hand. Dabei ſtehlen ſie den im Hauſe ſchon befindlichen wirklichen Stiefelputzern die oft nachläſſig auf den Hausfluren und Vorplätzen abgelegten Stiefel und Kleidungsſtücke, und fallen auf der Straße nicht beſonders auf, da früh morgens manche Leute der Art in den Straßen zu finden ſind.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum02_1858/196>, abgerufen am 18.11.2024.