Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.sie von Keys. Sigmunden zu Lindaw hatten erlangt, in dem stund, "Steph. Pasquier thut auß einem alten frantzösischen Buch schaffter der Christenland", weder zu dulden noch zu geleiten, vielmehr haben
die Zigeuner "hie zwischen Ostern nechstkünftig aus den Landen deutscher Nation sich zu thun"; sonst sollen die Zigeuner für vogelfrei erklärt werden. Diese Verfügung scheint denn doch nicht recht angeschlagen zu haben. Denn sie wird wörtlich wiederholt in der "Reform guter Polizei zu Augspurg, 1530" tit. 35; in §. 75 des "Reichsabschiedes zu Speyer" von 1544; in der "Reform guter Polizei zu Augspurg 1548", tit. 27; und in der "Reform guter Polizei zu Frankfurth 1577", tit. 28. Auch wird im "Reichsabschied zu Augspurg" von 1551 in §. 82 befohlen, daß den Zigeunern nicht nur keine neue "Paßporten" ertheilt, sondern auch die alten abgenommen und vernichtet werden sollen. ſie von Keyſ. Sigmunden zu Lindaw hatten erlangt, in dem ſtund, „Steph. Pasquier thut auß einem alten frantzöſiſchen Buch ſchaffter der Chriſtenland“, weder zu dulden noch zu geleiten, vielmehr haben
die Zigeuner „hie zwiſchen Oſtern nechſtkünftig aus den Landen deutſcher Nation ſich zu thun“; ſonſt ſollen die Zigeuner für vogelfrei erklärt werden. Dieſe Verfügung ſcheint denn doch nicht recht angeſchlagen zu haben. Denn ſie wird wörtlich wiederholt in der „Reform guter Polizei zu Augſpurg, 1530“ tit. 35; in §. 75 des „Reichsabſchiedes zu Speyer“ von 1544; in der „Reform guter Polizei zu Augſpurg 1548“, tit. 27; und in der „Reform guter Polizei zu Frankfurth 1577“, tit. 28. Auch wird im „Reichsabſchied zu Augſpurg“ von 1551 in §. 82 befohlen, daß den Zigeunern nicht nur keine neue „Paßporten“ ertheilt, ſondern auch die alten abgenommen und vernichtet werden ſollen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="28"/> ſie von Keyſ. Sigmunden zu Lindaw hatten erlangt, in dem ſtund,<lb/> wie jhre Vorfahren in klein Egypten etliche jahr lang vom Chriſtl.<lb/> Glauben weren abgefallen. Vnd als ſie ſich widerum bekehrten,<lb/> ward jnen zur Buß auffgeſetzt, daß ſie oder etliche von den jhren<lb/> alſo 4 jahr ſolten im Elend vmbherziehen vnd Buß wircken, ſo<lb/> lang ſie im Vnglauben waren gelegen. Aber nach Außweiſung<lb/> ſolches Brieffs, iſt die Zeit jhres Vmbherziehens vor viel jahren<lb/> außgeweſen, vnd vber das ſchweiffen ſie noch im Lande herumb,<lb/> vnd ernehren ſich mit ſtehlen, liegen, triegen vnd wahrſagen, daß<lb/> ſie nicht köndten in jhr Vatterland kommen, ob ſchon die zeit der<lb/> Buß vor langen hinüber. Vnd da ich weiter ſie rechtfertiget,<lb/> es ſtünd im Brieff, daß ſie ſolten Buß wircken, das theten<lb/> ſie nicht, denn ſie hetten mit Weibern zu ſchaffen, vnd nehmen<lb/> den Leuten das jhr, <hi rendition="#aq">etc.</hi> Antworten ſie: Sie hetten ſonſt nichts<lb/> zu thun.“</p><lb/> <p>„Steph. Pasquier thut auß einem alten frantzöſiſchen Buch<lb/> nachfolgenden Bericht. Anno 1427 kamen ſolcher Zigeuner 12 gen<lb/> Paris, der eine war ein Hertzog (wie ſie fürgaben) vnd der<lb/> ander ein Graff, die vbrigen 10 waren alle zu Pferd, gaben ſich<lb/> für gar gute Chriſten auß vnd ſagten, ſie kommen auß Egypten,<lb/> vnd were nicht lang, daß ſie von den Chriſten bezwungen worden,<lb/> alſo daß jhr gantz Land jetzt zum Chriſten Glauben kommen.<lb/> Jn ſolcher Bekehrung ließ man jhnen ein König vnd Königin,<lb/> mit dem Geding, daß ſie in dem Chriſten Glauben ſteiff und veſt<lb/> bleiben ſollen. Aber ſie wurden von den Saracenen vberfallen,<lb/><note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="2)">ſchaffter der Chriſtenland“, weder zu dulden noch zu geleiten, vielmehr haben<lb/> die Zigeuner „hie zwiſchen Oſtern nechſtkünftig aus den Landen deutſcher<lb/> Nation ſich zu thun“; ſonſt ſollen die Zigeuner für vogelfrei erklärt werden.<lb/> Dieſe Verfügung ſcheint denn doch nicht recht angeſchlagen zu haben. Denn<lb/> ſie wird wörtlich wiederholt in der „Reform guter Polizei zu Augſpurg,<lb/> 1530“ <hi rendition="#aq">tit.</hi> 35; in §. 75 des „Reichsabſchiedes zu Speyer“ von 1544; in<lb/> der „Reform guter Polizei zu Augſpurg 1548“, <hi rendition="#aq">tit.</hi> 27; und in der „Reform<lb/> guter Polizei zu Frankfurth 1577“, <hi rendition="#aq">tit.</hi> 28. Auch wird im „Reichsabſchied<lb/> zu Augſpurg“ von 1551 in §. 82 befohlen, daß den Zigeunern nicht nur keine<lb/> neue „Paßporten“ ertheilt, ſondern auch die alten abgenommen und vernichtet<lb/> werden ſollen.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0044]
ſie von Keyſ. Sigmunden zu Lindaw hatten erlangt, in dem ſtund,
wie jhre Vorfahren in klein Egypten etliche jahr lang vom Chriſtl.
Glauben weren abgefallen. Vnd als ſie ſich widerum bekehrten,
ward jnen zur Buß auffgeſetzt, daß ſie oder etliche von den jhren
alſo 4 jahr ſolten im Elend vmbherziehen vnd Buß wircken, ſo
lang ſie im Vnglauben waren gelegen. Aber nach Außweiſung
ſolches Brieffs, iſt die Zeit jhres Vmbherziehens vor viel jahren
außgeweſen, vnd vber das ſchweiffen ſie noch im Lande herumb,
vnd ernehren ſich mit ſtehlen, liegen, triegen vnd wahrſagen, daß
ſie nicht köndten in jhr Vatterland kommen, ob ſchon die zeit der
Buß vor langen hinüber. Vnd da ich weiter ſie rechtfertiget,
es ſtünd im Brieff, daß ſie ſolten Buß wircken, das theten
ſie nicht, denn ſie hetten mit Weibern zu ſchaffen, vnd nehmen
den Leuten das jhr, etc. Antworten ſie: Sie hetten ſonſt nichts
zu thun.“
„Steph. Pasquier thut auß einem alten frantzöſiſchen Buch
nachfolgenden Bericht. Anno 1427 kamen ſolcher Zigeuner 12 gen
Paris, der eine war ein Hertzog (wie ſie fürgaben) vnd der
ander ein Graff, die vbrigen 10 waren alle zu Pferd, gaben ſich
für gar gute Chriſten auß vnd ſagten, ſie kommen auß Egypten,
vnd were nicht lang, daß ſie von den Chriſten bezwungen worden,
alſo daß jhr gantz Land jetzt zum Chriſten Glauben kommen.
Jn ſolcher Bekehrung ließ man jhnen ein König vnd Königin,
mit dem Geding, daß ſie in dem Chriſten Glauben ſteiff und veſt
bleiben ſollen. Aber ſie wurden von den Saracenen vberfallen,
2)
2) ſchaffter der Chriſtenland“, weder zu dulden noch zu geleiten, vielmehr haben
die Zigeuner „hie zwiſchen Oſtern nechſtkünftig aus den Landen deutſcher
Nation ſich zu thun“; ſonſt ſollen die Zigeuner für vogelfrei erklärt werden.
Dieſe Verfügung ſcheint denn doch nicht recht angeſchlagen zu haben. Denn
ſie wird wörtlich wiederholt in der „Reform guter Polizei zu Augſpurg,
1530“ tit. 35; in §. 75 des „Reichsabſchiedes zu Speyer“ von 1544; in
der „Reform guter Polizei zu Augſpurg 1548“, tit. 27; und in der „Reform
guter Polizei zu Frankfurth 1577“, tit. 28. Auch wird im „Reichsabſchied
zu Augſpurg“ von 1551 in §. 82 befohlen, daß den Zigeunern nicht nur keine
neue „Paßporten“ ertheilt, ſondern auch die alten abgenommen und vernichtet
werden ſollen.
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