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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858.

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Von diesem Buche, welches in den sechs ersten Kapiteln ein wun-
derliches Dürcheinander von Mordberichten, Predigten, Gedichten
u. dgl. enthält, während das siebente ein "Zuruf des. Höllischen
Fürsten Lucifers an alle Kipper, Wipper, Wucherer und Schinder
u. s. w." gibt, ist das achte Kapitel darum merkwürdig, weil es
ein alphabetisch geordnetes Namensverzeichniß von 140 Spitz-
buben und Diebswirthen aufführt, welche vorzüglich in Sachsen
ihr Unwesen trieben. Das zehnte Kapitel enthält ein Verzeichniß
der Räubervorräthe 1), welche im Gewölbe einer Diebesherberge
auf einem Vorwerke gefunden waren, und das elfte die "Cere-
monien" mit welchen ein Aspirant in die Bande aufgenommen
wird, den Eid, vor welchem der Aspirant vier Stunden lang ge-
foltert wird, und die übrigen Gesetze und Einrichtungen.

Des bekannten Diebes, Mörders und Räubers Lips Tullians und seiner
Complicen Leben und Uebelthaten
(2 Thle., Waldenburg 1726).

Jm ersten Theile dieses werthvollen Buches wird eine
Uebersicht der in Sachsen von zahlreichen Gaunerbanden seit
dem Ende des 17. Jahrhunderts verübten vielen Verbrechen,
sowie der gegen das Räubergesindel erlassenen Mandate und
Verordnungen gegeben und dann die von einer eigens am
2. Dec. 1713 eingesetzten Untersuchungscommission gegen das
Räubergesindel, namentlich gegen den größten deutschen Gau-
ner des vorigen Jahrhunderts Lips Tullian (Philipp Meng-
stein) und seine Genossen, Samuel Schickel, Joh. Gottfr.

1) Darunter 8 Faß Pulver, 6 eiserne Mordkeulen, 40 Flinten, 30 Säbel,
16 Paar Pistolen, 25 Paar Pufferte, 50 starke Brechstangen, 40 Pfund son-
derbare Art Lichte, 30 Blendlaternen, 200 falsche Bärte, 25 Holzäxte, 22 Paar
Filzschuhe, 2 Schock Brandkugeln, 100 Masquen "von allerhand Farben",
400 Dietriche, 30 Pfund grober Hagel, 25 Pfund Schrot, Leitern, Beile,
Stricke u. s. w. Ein Gegenstück dazu ist das "Verzeichniß derer verdächtig
gestohlenen Sachen, welche (nach dem Publikandum der Möllenvogtey zu
Magdeburg 22. Sept. 1714) in einem Bauer-Hause zu Fermersleben bei
Magdeburg in 100 Kornsäcken und 4 Laden gefunden worden", ein Verzeich-
niß, das zweiundzwanzig gedruckte Quartseiten ausfüllt und eine unglaubliche
Menge Geld, Gold-, Silber-, Kirchen- und Hausgeräthe u. dgl. specificirt.

Von dieſem Buche, welches in den ſechs erſten Kapiteln ein wun-
derliches Dürcheinander von Mordberichten, Predigten, Gedichten
u. dgl. enthält, während das ſiebente ein „Zuruf des. Hölliſchen
Fürſten Lucifers an alle Kipper, Wipper, Wucherer und Schinder
u. ſ. w.“ gibt, iſt das achte Kapitel darum merkwürdig, weil es
ein alphabetiſch geordnetes Namensverzeichniß von 140 Spitz-
buben und Diebswirthen aufführt, welche vorzüglich in Sachſen
ihr Unweſen trieben. Das zehnte Kapitel enthält ein Verzeichniß
der Räubervorräthe 1), welche im Gewölbe einer Diebesherberge
auf einem Vorwerke gefunden waren, und das elfte die „Cere-
monien“ mit welchen ein Aſpirant in die Bande aufgenommen
wird, den Eid, vor welchem der Aſpirant vier Stunden lang ge-
foltert wird, und die übrigen Geſetze und Einrichtungen.

Des bekannten Diebes, Mörders und Räubers Lips Tullians und ſeiner
Complicen Leben und Uebelthaten
(2 Thle., Waldenburg 1726).

Jm erſten Theile dieſes werthvollen Buches wird eine
Ueberſicht der in Sachſen von zahlreichen Gaunerbanden ſeit
dem Ende des 17. Jahrhunderts verübten vielen Verbrechen,
ſowie der gegen das Räubergeſindel erlaſſenen Mandate und
Verordnungen gegeben und dann die von einer eigens am
2. Dec. 1713 eingeſetzten Unterſuchungscommiſſion gegen das
Räubergeſindel, namentlich gegen den größten deutſchen Gau-
ner des vorigen Jahrhunderts Lips Tullian (Philipp Meng-
ſtein) und ſeine Genoſſen, Samuel Schickel, Joh. Gottfr.

1) Darunter 8 Faß Pulver, 6 eiſerne Mordkeulen, 40 Flinten, 30 Säbel,
16 Paar Piſtolen, 25 Paar Pufferte, 50 ſtarke Brechſtangen, 40 Pfund ſon-
derbare Art Lichte, 30 Blendlaternen, 200 falſche Bärte, 25 Holzäxte, 22 Paar
Filzſchuhe, 2 Schock Brandkugeln, 100 Masquen „von allerhand Farben“,
400 Dietriche, 30 Pfund grober Hagel, 25 Pfund Schrot, Leitern, Beile,
Stricke u. ſ. w. Ein Gegenſtück dazu iſt das „Verzeichniß derer verdächtig
geſtohlenen Sachen, welche (nach dem Publikandum der Möllenvogtey zu
Magdeburg 22. Sept. 1714) in einem Bauer-Hauſe zu Fermersleben bei
Magdeburg in 100 Kornſäcken und 4 Laden gefunden worden“, ein Verzeich-
niß, das zweiundzwanzig gedruckte Quartſeiten ausfüllt und eine unglaubliche
Menge Geld, Gold-, Silber-, Kirchen- und Hausgeräthe u. dgl. ſpecificirt.
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[223/0239] Von dieſem Buche, welches in den ſechs erſten Kapiteln ein wun- derliches Dürcheinander von Mordberichten, Predigten, Gedichten u. dgl. enthält, während das ſiebente ein „Zuruf des. Hölliſchen Fürſten Lucifers an alle Kipper, Wipper, Wucherer und Schinder u. ſ. w.“ gibt, iſt das achte Kapitel darum merkwürdig, weil es ein alphabetiſch geordnetes Namensverzeichniß von 140 Spitz- buben und Diebswirthen aufführt, welche vorzüglich in Sachſen ihr Unweſen trieben. Das zehnte Kapitel enthält ein Verzeichniß der Räubervorräthe 1), welche im Gewölbe einer Diebesherberge auf einem Vorwerke gefunden waren, und das elfte die „Cere- monien“ mit welchen ein Aſpirant in die Bande aufgenommen wird, den Eid, vor welchem der Aſpirant vier Stunden lang ge- foltert wird, und die übrigen Geſetze und Einrichtungen. Des bekannten Diebes, Mörders und Räubers Lips Tullians und ſeiner Complicen Leben und Uebelthaten (2 Thle., Waldenburg 1726). Jm erſten Theile dieſes werthvollen Buches wird eine Ueberſicht der in Sachſen von zahlreichen Gaunerbanden ſeit dem Ende des 17. Jahrhunderts verübten vielen Verbrechen, ſowie der gegen das Räubergeſindel erlaſſenen Mandate und Verordnungen gegeben und dann die von einer eigens am 2. Dec. 1713 eingeſetzten Unterſuchungscommiſſion gegen das Räubergeſindel, namentlich gegen den größten deutſchen Gau- ner des vorigen Jahrhunderts Lips Tullian (Philipp Meng- ſtein) und ſeine Genoſſen, Samuel Schickel, Joh. Gottfr. 1) Darunter 8 Faß Pulver, 6 eiſerne Mordkeulen, 40 Flinten, 30 Säbel, 16 Paar Piſtolen, 25 Paar Pufferte, 50 ſtarke Brechſtangen, 40 Pfund ſon- derbare Art Lichte, 30 Blendlaternen, 200 falſche Bärte, 25 Holzäxte, 22 Paar Filzſchuhe, 2 Schock Brandkugeln, 100 Masquen „von allerhand Farben“, 400 Dietriche, 30 Pfund grober Hagel, 25 Pfund Schrot, Leitern, Beile, Stricke u. ſ. w. Ein Gegenſtück dazu iſt das „Verzeichniß derer verdächtig geſtohlenen Sachen, welche (nach dem Publikandum der Möllenvogtey zu Magdeburg 22. Sept. 1714) in einem Bauer-Hauſe zu Fermersleben bei Magdeburg in 100 Kornſäcken und 4 Laden gefunden worden“, ein Verzeich- niß, das zweiundzwanzig gedruckte Quartſeiten ausfüllt und eine unglaubliche Menge Geld, Gold-, Silber-, Kirchen- und Hausgeräthe u. dgl. ſpecificirt.

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/239>, abgerufen am 03.05.2024.