stellung jeder einzelnen Gaunerindustrie die wesentlichsten gauner- sprachlichen Kunstausdrücke kurz etymologisch zu erläutern, was auch schon zum Verständniß des Ganzen nothwendig erschien. Da jedoch erst im linguistischen Theile die jüdisch-deutschen Buch- staben gezeigt werden können, so fand sich der Verfasser veranlaßt, in den beiden ersten Theilen (den drei ersten Abschnitten), ohne Rücksicht auf die althebräische oder jüdisch-deutsche Abstammung, sich überall der Quadratschrift zu bedienen, was um so unbedenklicher erschien, als in neuerer Zeit die Quadratschrift viel- fach bei jüdisch-deutschen Uebersetzungen gebraucht wird, wie z. B. in dem gerade dem Verfasser vorliegenden Targum des "Jonah", von Joel Ben Rabbi Juda Levy, mit den angehängten "Scha- charis am Jom Kippur", von David Friedländer (Berlin 1788), und dem trefflichen Targum der "Mischnah" (Berlin 1832).
Die schwierige Anordnung des dritten Abschnitts, des modernen Gaunerthums, erforderte lange und ernstliche Ueberlegung. Es er- leichterte die Arbeit und schien die Uebersicht über das Gesammtganze wesentlich aufzuklären und zu beleben, wenn zunächst die allgemeinen Grundzüge des auf historischem Wege zur modernen Erscheinung her- angebildeten Gaunerthums erläutert würden, ehe die Darstellung der einzelnen Jndustriezweige erfolgte. So konnte denn auch bei letzterer immer auf erstere zurückverwiesen und dabei manche Wiederholung ge- spart werden. Um den vielhundertjährigen ununterbrochenen Lebens- proceß des Gaunerthums recht lebendig anschaulich zu machen, wurden nicht nur eigene und andere neuere Erfahrungen, sondern auch Beispiele aus dem Gaunertreiben aller Jahrhunderte und besonders auch aus dem englischen, französischen und holländischen Gaunerthum gewählt, welches mit dem deutschen in dem unmit- telbarsten Zusammenhange steht. Zu gleicher Verdeutlichung sind, wo es besonders nöthig und nützlich erschien, vorzüglich bei den Abhandlungen vom Zinkenen und Makkenen, graphische Darstel-
ſtellung jeder einzelnen Gaunerinduſtrie die weſentlichſten gauner- ſprachlichen Kunſtausdrücke kurz etymologiſch zu erläutern, was auch ſchon zum Verſtändniß des Ganzen nothwendig erſchien. Da jedoch erſt im linguiſtiſchen Theile die jüdiſch-deutſchen Buch- ſtaben gezeigt werden können, ſo fand ſich der Verfaſſer veranlaßt, in den beiden erſten Theilen (den drei erſten Abſchnitten), ohne Rückſicht auf die althebräiſche oder jüdiſch-deutſche Abſtammung, ſich überall der Quadratſchrift zu bedienen, was um ſo unbedenklicher erſchien, als in neuerer Zeit die Quadratſchrift viel- fach bei jüdiſch-deutſchen Ueberſetzungen gebraucht wird, wie z. B. in dem gerade dem Verfaſſer vorliegenden Targum des „Jonah“, von Joel Ben Rabbi Juda Levy, mit den angehängten „Scha- charis am Jom Kippur“, von David Friedländer (Berlin 1788), und dem trefflichen Targum der „Miſchnah“ (Berlin 1832).
Die ſchwierige Anordnung des dritten Abſchnitts, des modernen Gaunerthums, erforderte lange und ernſtliche Ueberlegung. Es er- leichterte die Arbeit und ſchien die Ueberſicht über das Geſammtganze weſentlich aufzuklären und zu beleben, wenn zunächſt die allgemeinen Grundzüge des auf hiſtoriſchem Wege zur modernen Erſcheinung her- angebildeten Gaunerthums erläutert würden, ehe die Darſtellung der einzelnen Jnduſtriezweige erfolgte. So konnte denn auch bei letzterer immer auf erſtere zurückverwieſen und dabei manche Wiederholung ge- ſpart werden. Um den vielhundertjährigen ununterbrochenen Lebens- proceß des Gaunerthums recht lebendig anſchaulich zu machen, wurden nicht nur eigene und andere neuere Erfahrungen, ſondern auch Beiſpiele aus dem Gaunertreiben aller Jahrhunderte und beſonders auch aus dem engliſchen, franzöſiſchen und holländiſchen Gaunerthum gewählt, welches mit dem deutſchen in dem unmit- telbarſten Zuſammenhange ſteht. Zu gleicher Verdeutlichung ſind, wo es beſonders nöthig und nützlich erſchien, vorzüglich bei den Abhandlungen vom Zinkenen und Makkenen, graphiſche Darſtel-
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[XIV/0012]
ſtellung jeder einzelnen Gaunerinduſtrie die weſentlichſten gauner-
ſprachlichen Kunſtausdrücke kurz etymologiſch zu erläutern, was
auch ſchon zum Verſtändniß des Ganzen nothwendig erſchien.
Da jedoch erſt im linguiſtiſchen Theile die jüdiſch-deutſchen Buch-
ſtaben gezeigt werden können, ſo fand ſich der Verfaſſer veranlaßt,
in den beiden erſten Theilen (den drei erſten Abſchnitten), ohne
Rückſicht auf die althebräiſche oder jüdiſch-deutſche Abſtammung,
ſich überall der Quadratſchrift zu bedienen, was um ſo
unbedenklicher erſchien, als in neuerer Zeit die Quadratſchrift viel-
fach bei jüdiſch-deutſchen Ueberſetzungen gebraucht wird, wie z. B.
in dem gerade dem Verfaſſer vorliegenden Targum des „Jonah“,
von Joel Ben Rabbi Juda Levy, mit den angehängten „Scha-
charis am Jom Kippur“, von David Friedländer (Berlin
1788), und dem trefflichen Targum der „Miſchnah“ (Berlin
1832).
Die ſchwierige Anordnung des dritten Abſchnitts, des modernen
Gaunerthums, erforderte lange und ernſtliche Ueberlegung. Es er-
leichterte die Arbeit und ſchien die Ueberſicht über das Geſammtganze
weſentlich aufzuklären und zu beleben, wenn zunächſt die allgemeinen
Grundzüge des auf hiſtoriſchem Wege zur modernen Erſcheinung her-
angebildeten Gaunerthums erläutert würden, ehe die Darſtellung der
einzelnen Jnduſtriezweige erfolgte. So konnte denn auch bei letzterer
immer auf erſtere zurückverwieſen und dabei manche Wiederholung ge-
ſpart werden. Um den vielhundertjährigen ununterbrochenen Lebens-
proceß des Gaunerthums recht lebendig anſchaulich zu machen,
wurden nicht nur eigene und andere neuere Erfahrungen, ſondern
auch Beiſpiele aus dem Gaunertreiben aller Jahrhunderte und
beſonders auch aus dem engliſchen, franzöſiſchen und holländiſchen
Gaunerthum gewählt, welches mit dem deutſchen in dem unmit-
telbarſten Zuſammenhange ſteht. Zu gleicher Verdeutlichung ſind,
wo es beſonders nöthig und nützlich erſchien, vorzüglich bei den
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 1. Leipzig, 1858, S. XIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum01_1858/12>, abgerufen am 08.07.2024.
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