Allgemeine Zeitung. Nr. 181. Augsburg, 29. Juni 1840.Schärpen trugen. Die französische Akademie und die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften wurden vertreten durch die HH. Dupin den ältern, ehemaligen Präsidenten der Deputirtenkammer, und Blanqui den ältern, welche beide das mit grünen Palmen gestickte Costume der Mitglieder des Instituts trugen. Die Gesandtschaften der Buchdrucker, der Buchhändler und der Schriftgießer aus Paris, die der Comites von Lyon und Nancy und den Buchdruckern von Rio-Janeiro ließen ihre Fahnen vor sich her tragen. Der Marsch dieses aus nahe an zweitausend Personen bestehenden Zugs zeigte eine bewundernswürdige Ordnung und Regelmäßigkeit. Auf dem ganzen Wege, den der Zug ging, drängte hinter den Soldaten, die das Spalier bildeten, eine große Menschenmasse sich herzu; alle Fenster, sogar die Dachfenster, waren mit Neugierigen besetzt, und ein ungeheurer Zulauf bedeckte die Zugänge des Gärtnermarktes. Der Platz war schön verziert mit blauen, weißen und rothen Wimpeln, die über den um den Markt stehenden Bäumen wehten. Mitten auf dem Platz erblickte man Guttenbergs Bildsäule, die ein Schleier von weißen und rothen Zeugen vor den Blicken des Publicums verbarg. Am Fuße des Denkmals standen eine Presse, Schriftkästen, ein Schriftgießerei-Apparat und eine Broschirmaschine, wo gleich bei der Ankunft des Zuges Arbeiter anfingen Lettern zu gießen, und eine für diese Gelegenheit verfaßte Hymne zu setzen, zu drucken, zusammenzulegen und zu beschneiden. So wie die Fahnen nach einander auf den Platz kamen, wurden sie oben auf das Gerüst gestellt, das auf der rechten Seite des Denkmals aufgeschlagen worden war. Nachdem die Mitglieder des Zugs alle um das Denkmal herum Platz genommen hatten, stieg Hr. Liechtenberger Vater, Advocat, auf einen dem Gerüste gegenüber aufgerichteten Rednerstuhl, und hielt eine Rede, aus der wir folgende Stellen ausheben: "Vor vierhundert Jahren herrschte die Unwissenheit, die Sklaverei hervorbringt und unter der Herrschaft der Sklaverei steht; das mächtige Vehikel alles dessen, was groß, was edel auf der Erde ist, der menschliche Gedanke lag ohnmächtig und gefesselt darnieder. Kaum einige Auserwählte konnten das heilige Recht gebrauchen, das Allen zukommt, sich an der unerschöpflichen Quelle der menschlichen Kenntnisse zu tränken, sich am belebenden Herde der Aufklärung und der Wissenschaft zu wärmen und zu reinigen. Vergebens kämpften einige bevorzugte Geister mit seltenem Muthe gegen das Einreißen und den blinden Widerstand der Barbarei. Ihre Stimme, die kein Echo wiederholte, verlor sich mitten in den Bewegungen einer rohen Menge, die das Lehenswesen, der Fanatismus und die Leibeigenschaft unter ihr Joch beugten. Da erschien in großer Genius, dessen herrliche Schöpfung die Gestalt der Welt umänderte. Mit dem wundervollen Werkzeuge versehen, womit Guttenberg die Welt bereichert hat, schreitet der Menschengeist festen Schrittes voran, alle Wege bahnend, Alles besiegend, was sich entgegensetzt. Edle und friedliche Eroberungen! euch gebührt die Achtung der Welt, euch der Dank der Völker! Was sind neben euch jene glänzenden, aber kurzdauernden Glorien, die immer mit Blut befleckt, immer mit Thränen vermischt sind! Guttenberg, friedlicher Held, durch dich werden die menschlichen Schicksale sich vollenden können! Dein verehrter Name wird Jahrhunderte hindurch fortdauern, immer jung an Ruhm. Gibt es einen Eroberer, dem nach vierhundert Jahren die Stimme der Nationen Bildsäulen aufgerichtet hätte? Nein. Die Huldigungen der Nachwelt gehören nur den Wohlthätern der Menschheit und werden nur ihnen zu Theil Schon hat Mainz, die alterthümliche Stadt, unsere Verwandte, unsere Schwester, einen ruhmvollen Anfang gemacht. Das Bild des edelsten ihrer Söhne glänzt auf einem ihrer öffentlichen Plätze, wie ein beredter, wie ein beständiger Einspruch gegen die strafbaren Bemühungen derjenigen, die den menschlichen Gedanken zu fesseln suchen. Straßburg mußte ebenfalls dieses verehrte Bild der öffentlichen Hochachtung und Bewunderung darbieten. Macht nicht die große Kunst, die in unsern Mauern entstanden ist, eines der glänzendsten Kleinodien der Mitgabe aus, die Straßburg Frankreich, diesem theuren Vaterlande zugebracht hat, an welches dasselbe Bedürfniß der Aufklärung, der Bildung und Freiheit durch das unauflöslichste Band uns knüpft?...." Nach dieser Rede, die häufig durch das beifällige Murmeln und das Klatschen des Publicums unterbrochen wurde, fielen auf ein Zeichen die Tücher von der Bildsäule; Artilleriesalven und der feierliche Schall der Glocken ertönten in den Lüften, und rauschender Beifallszuruf begrüßte die Züge des unsterblichen Erfinders der Buchdruckerkunst und das bewundernswürdige Werk unsers großen Bildhauers David. David hat mit dieser Bildsäule der Stadt ein Geschenk gemacht. Guttenberg hält ein Blatt in den Händen, das er eben mit den Worten bedruckt hat: "und es ward Licht!" Diese Worte der Schrift bildeten das Thema einer Rede des Maire's, auf welche wir zurückkommen. Nach der Rede fiel die Musik wieder ein, worauf der Buchdruckereibesitzer Silbermann abermals die Tribune betrat, um specielle Züge aus Guttenbergs Leben vorüberzuführen. Die Sänger stimmten nun einen (von Levrault gedruckten) Hymnus an, der von der ganzen Bevölkerung wiederholt wurde, und die Lüfte ertönten gleich einem unermeßlichen Chor von Danksagungen zu Ehren Guttenbergs. Moderne esperance Hr. David, den alle Blicke im Zuge suchten, wollte sich den gerechten Bewunderungs- und Dankesbezeugungen entziehen, deren Gegenstand er würde geworden seyn, und erschien nicht beim Feste. Um 4 Uhr fuhren mehrere Buchdrucker, von allen Buchdruckergehülfen aus der Stadt begleitet, in bewimpelten Schiffen nach dem Grünen-Berg, wo ehemals das Kloster St. Arbogast stand, in welchem Guttenberg sich lang aufgehalten, und in welchem er auch die erste Idee der Buchdruckerei mit beweglichen Lettern gefaßt hat. Abends vereinigte der Maire die eingeladenen Fremden und die Gesandtschaften der verschiedenen Städte bei einem großen Gastmahl. Als die Nacht anbrach, wurde fast die ganze Stadt beleuchtet; die ganze Bevölkerung durchwogte die Straßen, um den Anblick dieser Beleuchtung zu genießen, der glänzendsten, die man seit mehreren Jahren zu Straßburg gesehen hat. Hauptsächlich strömte eine ungeheure Menge auf den Gärtnersmarkt, auf welchem die Musik des 34sten Linienregiments ertönte, und wo Guttenbergs gasbeleuchtete Bildsäule im hellen Lichte der bengalischen Feuer glänzte, welche man von Zeit zu Zeit an den vier Ecken des Denkmals anzündete. Alle öffentlichen Gebäude und der MünsterthurmDe l'humanite, Presse, a qui la France Doit la liberte, Par toi la parole Sait briser les fers, Tu sers de boussole A tout l'univers! Poursuis ta carriere, Soleil des etats! Verse la lumiere Sur tous les climats! Foyer d'ou vient luire Tout noble penser, Toi qui sus detruire, Tu sauras creer! Schärpen trugen. Die französische Akademie und die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften wurden vertreten durch die HH. Dupin den ältern, ehemaligen Präsidenten der Deputirtenkammer, und Blanqui den ältern, welche beide das mit grünen Palmen gestickte Costume der Mitglieder des Instituts trugen. Die Gesandtschaften der Buchdrucker, der Buchhändler und der Schriftgießer aus Paris, die der Comités von Lyon und Nancy und den Buchdruckern von Rio-Janeiro ließen ihre Fahnen vor sich her tragen. Der Marsch dieses aus nahe an zweitausend Personen bestehenden Zugs zeigte eine bewundernswürdige Ordnung und Regelmäßigkeit. Auf dem ganzen Wege, den der Zug ging, drängte hinter den Soldaten, die das Spalier bildeten, eine große Menschenmasse sich herzu; alle Fenster, sogar die Dachfenster, waren mit Neugierigen besetzt, und ein ungeheurer Zulauf bedeckte die Zugänge des Gärtnermarktes. Der Platz war schön verziert mit blauen, weißen und rothen Wimpeln, die über den um den Markt stehenden Bäumen wehten. Mitten auf dem Platz erblickte man Guttenbergs Bildsäule, die ein Schleier von weißen und rothen Zeugen vor den Blicken des Publicums verbarg. Am Fuße des Denkmals standen eine Presse, Schriftkästen, ein Schriftgießerei-Apparat und eine Broschirmaschine, wo gleich bei der Ankunft des Zuges Arbeiter anfingen Lettern zu gießen, und eine für diese Gelegenheit verfaßte Hymne zu setzen, zu drucken, zusammenzulegen und zu beschneiden. So wie die Fahnen nach einander auf den Platz kamen, wurden sie oben auf das Gerüst gestellt, das auf der rechten Seite des Denkmals aufgeschlagen worden war. Nachdem die Mitglieder des Zugs alle um das Denkmal herum Platz genommen hatten, stieg Hr. Liechtenberger Vater, Advocat, auf einen dem Gerüste gegenüber aufgerichteten Rednerstuhl, und hielt eine Rede, aus der wir folgende Stellen ausheben: „Vor vierhundert Jahren herrschte die Unwissenheit, die Sklaverei hervorbringt und unter der Herrschaft der Sklaverei steht; das mächtige Vehikel alles dessen, was groß, was edel auf der Erde ist, der menschliche Gedanke lag ohnmächtig und gefesselt darnieder. Kaum einige Auserwählte konnten das heilige Recht gebrauchen, das Allen zukommt, sich an der unerschöpflichen Quelle der menschlichen Kenntnisse zu tränken, sich am belebenden Herde der Aufklärung und der Wissenschaft zu wärmen und zu reinigen. Vergebens kämpften einige bevorzugte Geister mit seltenem Muthe gegen das Einreißen und den blinden Widerstand der Barbarei. Ihre Stimme, die kein Echo wiederholte, verlor sich mitten in den Bewegungen einer rohen Menge, die das Lehenswesen, der Fanatismus und die Leibeigenschaft unter ihr Joch beugten. Da erschien in großer Genius, dessen herrliche Schöpfung die Gestalt der Welt umänderte. Mit dem wundervollen Werkzeuge versehen, womit Guttenberg die Welt bereichert hat, schreitet der Menschengeist festen Schrittes voran, alle Wege bahnend, Alles besiegend, was sich entgegensetzt. Edle und friedliche Eroberungen! euch gebührt die Achtung der Welt, euch der Dank der Völker! Was sind neben euch jene glänzenden, aber kurzdauernden Glorien, die immer mit Blut befleckt, immer mit Thränen vermischt sind! Guttenberg, friedlicher Held, durch dich werden die menschlichen Schicksale sich vollenden können! Dein verehrter Name wird Jahrhunderte hindurch fortdauern, immer jung an Ruhm. Gibt es einen Eroberer, dem nach vierhundert Jahren die Stimme der Nationen Bildsäulen aufgerichtet hätte? Nein. Die Huldigungen der Nachwelt gehören nur den Wohlthätern der Menschheit und werden nur ihnen zu Theil Schon hat Mainz, die alterthümliche Stadt, unsere Verwandte, unsere Schwester, einen ruhmvollen Anfang gemacht. Das Bild des edelsten ihrer Söhne glänzt auf einem ihrer öffentlichen Plätze, wie ein beredter, wie ein beständiger Einspruch gegen die strafbaren Bemühungen derjenigen, die den menschlichen Gedanken zu fesseln suchen. Straßburg mußte ebenfalls dieses verehrte Bild der öffentlichen Hochachtung und Bewunderung darbieten. Macht nicht die große Kunst, die in unsern Mauern entstanden ist, eines der glänzendsten Kleinodien der Mitgabe aus, die Straßburg Frankreich, diesem theuren Vaterlande zugebracht hat, an welches dasselbe Bedürfniß der Aufklärung, der Bildung und Freiheit durch das unauflöslichste Band uns knüpft?....“ Nach dieser Rede, die häufig durch das beifällige Murmeln und das Klatschen des Publicums unterbrochen wurde, fielen auf ein Zeichen die Tücher von der Bildsäule; Artilleriesalven und der feierliche Schall der Glocken ertönten in den Lüften, und rauschender Beifallszuruf begrüßte die Züge des unsterblichen Erfinders der Buchdruckerkunst und das bewundernswürdige Werk unsers großen Bildhauers David. David hat mit dieser Bildsäule der Stadt ein Geschenk gemacht. Guttenberg hält ein Blatt in den Händen, das er eben mit den Worten bedruckt hat: „und es ward Licht!“ Diese Worte der Schrift bildeten das Thema einer Rede des Maire's, auf welche wir zurückkommen. Nach der Rede fiel die Musik wieder ein, worauf der Buchdruckereibesitzer Silbermann abermals die Tribune betrat, um specielle Züge aus Guttenbergs Leben vorüberzuführen. Die Sänger stimmten nun einen (von Levrault gedruckten) Hymnus an, der von der ganzen Bevölkerung wiederholt wurde, und die Lüfte ertönten gleich einem unermeßlichen Chor von Danksagungen zu Ehren Guttenbergs. Moderne espérance Hr. David, den alle Blicke im Zuge suchten, wollte sich den gerechten Bewunderungs- und Dankesbezeugungen entziehen, deren Gegenstand er würde geworden seyn, und erschien nicht beim Feste. Um 4 Uhr fuhren mehrere Buchdrucker, von allen Buchdruckergehülfen aus der Stadt begleitet, in bewimpelten Schiffen nach dem Grünen-Berg, wo ehemals das Kloster St. Arbogast stand, in welchem Guttenberg sich lang aufgehalten, und in welchem er auch die erste Idee der Buchdruckerei mit beweglichen Lettern gefaßt hat. Abends vereinigte der Maire die eingeladenen Fremden und die Gesandtschaften der verschiedenen Städte bei einem großen Gastmahl. Als die Nacht anbrach, wurde fast die ganze Stadt beleuchtet; die ganze Bevölkerung durchwogte die Straßen, um den Anblick dieser Beleuchtung zu genießen, der glänzendsten, die man seit mehreren Jahren zu Straßburg gesehen hat. Hauptsächlich strömte eine ungeheure Menge auf den Gärtnersmarkt, auf welchem die Musik des 34sten Linienregiments ertönte, und wo Guttenbergs gasbeleuchtete Bildsäule im hellen Lichte der bengalischen Feuer glänzte, welche man von Zeit zu Zeit an den vier Ecken des Denkmals anzündete. Alle öffentlichen Gebäude und der MünsterthurmDe l'humanité, Presse, à qui la France Doit la liberté, Par toi la parole Sait briser les fers, Tu sers de boussole A tout l'univers! Poursuis ta carrière, Soleil des états! Verse la lumière Sur tous les climats! Foyer d'où vient luire Tout noble penser, Toi qui sus détruire, Tu sauras créer! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0004" n="1444"/> Schärpen trugen. Die französische Akademie und die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften wurden vertreten durch die HH. Dupin den ältern, ehemaligen Präsidenten der Deputirtenkammer, und Blanqui den ältern, welche beide das mit grünen Palmen gestickte Costume der Mitglieder des Instituts trugen. Die Gesandtschaften der Buchdrucker, der Buchhändler und der Schriftgießer aus Paris, die der Comités von Lyon und Nancy und den Buchdruckern von Rio-Janeiro ließen ihre Fahnen vor sich her tragen. Der Marsch dieses aus nahe an zweitausend Personen bestehenden Zugs zeigte eine bewundernswürdige Ordnung und Regelmäßigkeit. Auf dem ganzen Wege, den der Zug ging, drängte hinter den Soldaten, die das Spalier bildeten, eine große Menschenmasse sich herzu; alle Fenster, sogar die Dachfenster, waren mit Neugierigen besetzt, und ein ungeheurer Zulauf bedeckte die Zugänge des Gärtnermarktes. Der Platz war schön verziert mit blauen, weißen und rothen Wimpeln, die über den um den Markt stehenden Bäumen wehten. Mitten auf dem Platz erblickte man Guttenbergs Bildsäule, die ein Schleier von weißen und rothen Zeugen vor den Blicken des Publicums verbarg. Am Fuße des Denkmals standen eine Presse, Schriftkästen, ein Schriftgießerei-Apparat und eine Broschirmaschine, wo gleich bei der Ankunft des Zuges Arbeiter anfingen Lettern zu gießen, und eine für diese Gelegenheit verfaßte Hymne zu setzen, zu drucken, zusammenzulegen und zu beschneiden. So wie die Fahnen nach einander auf den Platz kamen, wurden sie oben auf das Gerüst gestellt, das auf der rechten Seite des Denkmals aufgeschlagen worden war.</p><lb/> <p>Nachdem die Mitglieder des Zugs alle um das Denkmal herum Platz genommen hatten, stieg Hr. Liechtenberger Vater, Advocat, auf einen dem Gerüste gegenüber aufgerichteten Rednerstuhl, und hielt eine Rede, aus der wir folgende Stellen ausheben: „Vor vierhundert Jahren herrschte die Unwissenheit, die Sklaverei hervorbringt und unter der Herrschaft der Sklaverei steht; das mächtige Vehikel alles dessen, was groß, was edel auf der Erde ist, der menschliche Gedanke lag ohnmächtig und gefesselt darnieder. Kaum einige Auserwählte konnten das heilige Recht gebrauchen, das Allen zukommt, sich an der unerschöpflichen Quelle der menschlichen Kenntnisse zu tränken, sich am belebenden Herde der Aufklärung und der Wissenschaft zu wärmen und zu reinigen. Vergebens kämpften einige bevorzugte Geister mit seltenem Muthe gegen das Einreißen und den blinden Widerstand der Barbarei. Ihre Stimme, die kein Echo wiederholte, verlor sich mitten in den Bewegungen einer rohen Menge, die das Lehenswesen, der Fanatismus und die Leibeigenschaft unter ihr Joch beugten. Da erschien in großer Genius, dessen herrliche Schöpfung die Gestalt der Welt umänderte. Mit dem wundervollen Werkzeuge versehen, womit Guttenberg die Welt bereichert hat, schreitet der Menschengeist festen Schrittes voran, alle Wege bahnend, Alles besiegend, was sich entgegensetzt. Edle und friedliche Eroberungen! euch gebührt die Achtung der Welt, euch der Dank der Völker! Was sind neben euch jene glänzenden, aber kurzdauernden Glorien, die immer mit Blut befleckt, immer mit Thränen vermischt sind! Guttenberg, friedlicher Held, durch dich werden die menschlichen Schicksale sich vollenden können! Dein verehrter Name wird Jahrhunderte hindurch fortdauern, immer jung an Ruhm. Gibt es einen Eroberer, dem nach vierhundert Jahren die Stimme der Nationen Bildsäulen aufgerichtet hätte? Nein. Die Huldigungen der Nachwelt gehören nur den Wohlthätern der Menschheit und werden nur ihnen zu Theil Schon hat Mainz, die alterthümliche Stadt, unsere Verwandte, unsere Schwester, einen ruhmvollen Anfang gemacht. Das Bild des edelsten ihrer Söhne glänzt auf einem ihrer öffentlichen Plätze, wie ein beredter, wie ein beständiger Einspruch gegen die strafbaren Bemühungen derjenigen, die den menschlichen Gedanken zu fesseln suchen. Straßburg mußte ebenfalls dieses verehrte Bild der öffentlichen Hochachtung und Bewunderung darbieten. Macht nicht die große Kunst, die in unsern Mauern entstanden ist, eines der glänzendsten Kleinodien der Mitgabe aus, die Straßburg Frankreich, diesem theuren Vaterlande zugebracht hat, an welches dasselbe Bedürfniß der Aufklärung, der Bildung und Freiheit durch das unauflöslichste Band uns knüpft?....“</p><lb/> <p>Nach dieser Rede, die häufig durch das beifällige Murmeln und das Klatschen des Publicums unterbrochen wurde, fielen auf ein Zeichen die Tücher von der Bildsäule; Artilleriesalven und der feierliche Schall der Glocken ertönten in den Lüften, und rauschender Beifallszuruf begrüßte die Züge des unsterblichen Erfinders der Buchdruckerkunst und das bewundernswürdige Werk unsers großen Bildhauers David. David hat mit dieser Bildsäule der Stadt ein Geschenk gemacht. Guttenberg hält ein Blatt in den Händen, das er eben mit den Worten bedruckt hat: „<hi rendition="#g">und es ward Licht</hi>!“ Diese Worte der Schrift bildeten das Thema einer Rede des Maire's, auf welche wir zurückkommen. Nach der Rede fiel die Musik wieder ein, worauf der Buchdruckereibesitzer Silbermann abermals die Tribune betrat, um specielle Züge aus Guttenbergs Leben vorüberzuführen. Die Sänger stimmten nun einen (von Levrault gedruckten) Hymnus an, der von der ganzen Bevölkerung wiederholt wurde, und die Lüfte ertönten gleich einem unermeßlichen Chor von Danksagungen zu Ehren Guttenbergs.<lb/><lg type="poem"><l>Moderne espérance</l><lb/><l>De l'humanité,</l><lb/><l>Presse, à qui la France</l><lb/><l>Doit la liberté,</l><lb/><l>Par toi la parole</l><lb/><l>Sait briser les fers,</l><lb/><l>Tu sers de boussole</l><lb/><l>A tout l'univers!</l><lb/><l>Poursuis ta carrière,</l><lb/><l>Soleil des états!</l><lb/><l>Verse la lumière</l><lb/><l>Sur tous les climats!</l><lb/><l>Foyer d'où vient luire</l><lb/><l>Tout noble penser,</l><lb/><l>Toi qui sus détruire,</l><lb/><l>Tu sauras créer!</l></lg><lb/> Hr. David, den alle Blicke im Zuge suchten, wollte sich den gerechten Bewunderungs- und Dankesbezeugungen entziehen, deren Gegenstand er würde geworden seyn, und erschien nicht beim Feste. Um 4 Uhr fuhren mehrere Buchdrucker, von allen Buchdruckergehülfen aus der Stadt begleitet, in bewimpelten Schiffen nach dem Grünen-Berg, wo ehemals das Kloster St. Arbogast stand, in welchem Guttenberg sich lang aufgehalten, und in welchem er auch die erste Idee der Buchdruckerei mit beweglichen Lettern gefaßt hat. Abends vereinigte der Maire die eingeladenen Fremden und die Gesandtschaften der verschiedenen Städte bei einem großen Gastmahl. Als die Nacht anbrach, wurde fast die ganze Stadt beleuchtet; die ganze Bevölkerung durchwogte die Straßen, um den Anblick dieser Beleuchtung zu genießen, der glänzendsten, die man seit mehreren Jahren zu Straßburg gesehen hat. Hauptsächlich strömte eine ungeheure Menge auf den Gärtnersmarkt, auf welchem die Musik des 34sten Linienregiments ertönte, und wo Guttenbergs gasbeleuchtete Bildsäule im hellen Lichte der bengalischen Feuer glänzte, welche man von Zeit zu Zeit an den vier Ecken des Denkmals anzündete. Alle öffentlichen Gebäude und der Münsterthurm<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1444/0004]
Schärpen trugen. Die französische Akademie und die Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften wurden vertreten durch die HH. Dupin den ältern, ehemaligen Präsidenten der Deputirtenkammer, und Blanqui den ältern, welche beide das mit grünen Palmen gestickte Costume der Mitglieder des Instituts trugen. Die Gesandtschaften der Buchdrucker, der Buchhändler und der Schriftgießer aus Paris, die der Comités von Lyon und Nancy und den Buchdruckern von Rio-Janeiro ließen ihre Fahnen vor sich her tragen. Der Marsch dieses aus nahe an zweitausend Personen bestehenden Zugs zeigte eine bewundernswürdige Ordnung und Regelmäßigkeit. Auf dem ganzen Wege, den der Zug ging, drängte hinter den Soldaten, die das Spalier bildeten, eine große Menschenmasse sich herzu; alle Fenster, sogar die Dachfenster, waren mit Neugierigen besetzt, und ein ungeheurer Zulauf bedeckte die Zugänge des Gärtnermarktes. Der Platz war schön verziert mit blauen, weißen und rothen Wimpeln, die über den um den Markt stehenden Bäumen wehten. Mitten auf dem Platz erblickte man Guttenbergs Bildsäule, die ein Schleier von weißen und rothen Zeugen vor den Blicken des Publicums verbarg. Am Fuße des Denkmals standen eine Presse, Schriftkästen, ein Schriftgießerei-Apparat und eine Broschirmaschine, wo gleich bei der Ankunft des Zuges Arbeiter anfingen Lettern zu gießen, und eine für diese Gelegenheit verfaßte Hymne zu setzen, zu drucken, zusammenzulegen und zu beschneiden. So wie die Fahnen nach einander auf den Platz kamen, wurden sie oben auf das Gerüst gestellt, das auf der rechten Seite des Denkmals aufgeschlagen worden war.
Nachdem die Mitglieder des Zugs alle um das Denkmal herum Platz genommen hatten, stieg Hr. Liechtenberger Vater, Advocat, auf einen dem Gerüste gegenüber aufgerichteten Rednerstuhl, und hielt eine Rede, aus der wir folgende Stellen ausheben: „Vor vierhundert Jahren herrschte die Unwissenheit, die Sklaverei hervorbringt und unter der Herrschaft der Sklaverei steht; das mächtige Vehikel alles dessen, was groß, was edel auf der Erde ist, der menschliche Gedanke lag ohnmächtig und gefesselt darnieder. Kaum einige Auserwählte konnten das heilige Recht gebrauchen, das Allen zukommt, sich an der unerschöpflichen Quelle der menschlichen Kenntnisse zu tränken, sich am belebenden Herde der Aufklärung und der Wissenschaft zu wärmen und zu reinigen. Vergebens kämpften einige bevorzugte Geister mit seltenem Muthe gegen das Einreißen und den blinden Widerstand der Barbarei. Ihre Stimme, die kein Echo wiederholte, verlor sich mitten in den Bewegungen einer rohen Menge, die das Lehenswesen, der Fanatismus und die Leibeigenschaft unter ihr Joch beugten. Da erschien in großer Genius, dessen herrliche Schöpfung die Gestalt der Welt umänderte. Mit dem wundervollen Werkzeuge versehen, womit Guttenberg die Welt bereichert hat, schreitet der Menschengeist festen Schrittes voran, alle Wege bahnend, Alles besiegend, was sich entgegensetzt. Edle und friedliche Eroberungen! euch gebührt die Achtung der Welt, euch der Dank der Völker! Was sind neben euch jene glänzenden, aber kurzdauernden Glorien, die immer mit Blut befleckt, immer mit Thränen vermischt sind! Guttenberg, friedlicher Held, durch dich werden die menschlichen Schicksale sich vollenden können! Dein verehrter Name wird Jahrhunderte hindurch fortdauern, immer jung an Ruhm. Gibt es einen Eroberer, dem nach vierhundert Jahren die Stimme der Nationen Bildsäulen aufgerichtet hätte? Nein. Die Huldigungen der Nachwelt gehören nur den Wohlthätern der Menschheit und werden nur ihnen zu Theil Schon hat Mainz, die alterthümliche Stadt, unsere Verwandte, unsere Schwester, einen ruhmvollen Anfang gemacht. Das Bild des edelsten ihrer Söhne glänzt auf einem ihrer öffentlichen Plätze, wie ein beredter, wie ein beständiger Einspruch gegen die strafbaren Bemühungen derjenigen, die den menschlichen Gedanken zu fesseln suchen. Straßburg mußte ebenfalls dieses verehrte Bild der öffentlichen Hochachtung und Bewunderung darbieten. Macht nicht die große Kunst, die in unsern Mauern entstanden ist, eines der glänzendsten Kleinodien der Mitgabe aus, die Straßburg Frankreich, diesem theuren Vaterlande zugebracht hat, an welches dasselbe Bedürfniß der Aufklärung, der Bildung und Freiheit durch das unauflöslichste Band uns knüpft?....“
Nach dieser Rede, die häufig durch das beifällige Murmeln und das Klatschen des Publicums unterbrochen wurde, fielen auf ein Zeichen die Tücher von der Bildsäule; Artilleriesalven und der feierliche Schall der Glocken ertönten in den Lüften, und rauschender Beifallszuruf begrüßte die Züge des unsterblichen Erfinders der Buchdruckerkunst und das bewundernswürdige Werk unsers großen Bildhauers David. David hat mit dieser Bildsäule der Stadt ein Geschenk gemacht. Guttenberg hält ein Blatt in den Händen, das er eben mit den Worten bedruckt hat: „und es ward Licht!“ Diese Worte der Schrift bildeten das Thema einer Rede des Maire's, auf welche wir zurückkommen. Nach der Rede fiel die Musik wieder ein, worauf der Buchdruckereibesitzer Silbermann abermals die Tribune betrat, um specielle Züge aus Guttenbergs Leben vorüberzuführen. Die Sänger stimmten nun einen (von Levrault gedruckten) Hymnus an, der von der ganzen Bevölkerung wiederholt wurde, und die Lüfte ertönten gleich einem unermeßlichen Chor von Danksagungen zu Ehren Guttenbergs.
Moderne espérance
De l'humanité,
Presse, à qui la France
Doit la liberté,
Par toi la parole
Sait briser les fers,
Tu sers de boussole
A tout l'univers!
Poursuis ta carrière,
Soleil des états!
Verse la lumière
Sur tous les climats!
Foyer d'où vient luire
Tout noble penser,
Toi qui sus détruire,
Tu sauras créer!
Hr. David, den alle Blicke im Zuge suchten, wollte sich den gerechten Bewunderungs- und Dankesbezeugungen entziehen, deren Gegenstand er würde geworden seyn, und erschien nicht beim Feste. Um 4 Uhr fuhren mehrere Buchdrucker, von allen Buchdruckergehülfen aus der Stadt begleitet, in bewimpelten Schiffen nach dem Grünen-Berg, wo ehemals das Kloster St. Arbogast stand, in welchem Guttenberg sich lang aufgehalten, und in welchem er auch die erste Idee der Buchdruckerei mit beweglichen Lettern gefaßt hat. Abends vereinigte der Maire die eingeladenen Fremden und die Gesandtschaften der verschiedenen Städte bei einem großen Gastmahl. Als die Nacht anbrach, wurde fast die ganze Stadt beleuchtet; die ganze Bevölkerung durchwogte die Straßen, um den Anblick dieser Beleuchtung zu genießen, der glänzendsten, die man seit mehreren Jahren zu Straßburg gesehen hat. Hauptsächlich strömte eine ungeheure Menge auf den Gärtnersmarkt, auf welchem die Musik des 34sten Linienregiments ertönte, und wo Guttenbergs gasbeleuchtete Bildsäule im hellen Lichte der bengalischen Feuer glänzte, welche man von Zeit zu Zeit an den vier Ecken des Denkmals anzündete. Alle öffentlichen Gebäude und der Münsterthurm
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
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