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Allgemeine Zeitung. Nr. 170. Augsburg, 18. Juni 1840.

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Dr. Helfer.

Birma ist seit kurzem ziemlich ruhig; ob aus Furcht, die Expedition nach China möchte in Rangun landen, oder weil Tharawaddi, der König, ganz in seine Krönungsfeierlichkeiten, die sechs Wochen dauern sollen, versunken ist, kann nicht leicht ermittelt werden. Die Naturwissenschaften im Allgemeinen, und die brittische Regierung insbesondere, haben kürzlich in jenen Gegenden einen großen Verlust erlitten durch den gewaltsamen Tod des Naturforschers Dr. Helfer. Dieser kühne Reisende (ein Oesterreicher von Geburt) kam mit seiner eben so ausgezeichneten Gattin, einer deutschen Adeligen, vor einigen Jahren durch Syrien und den Euphrat herab, auf einem der Dampfschiffe unter Obrist Chesney. Das Dampfboot scheiterte und kaum retteten unsre Reisenden ihre kleine Habseligkeiten. Sie glaubten sich wieder gesichert, als sie am Tage nach dem Schiffbruch entdeckten, daß zwei Mitreisende, die sich für indische Prinzen ausgegeben hatten, mit ihrer ganzen Baarschaft sich davon gemacht hatten. Durch Hülfe der Engländer in Bassorah und Buschir erreichten unsre Reisenden Bombay, endlich Calcutta. Es machte dem Schreiber dieses wahres Vergnügen, Dr. Helfer eine passende Stelle verschafft zu haben, als die Regierung ihn ersuchte, die den Birmanen abgenommenen, fast unbekannten Länderstrecken in der östlichen Bay von Bengalen als Naturforscher zu bereisen. In jenen Gegenden hat sich Dr. Helfer seit dem Jahre 1837 aufgehalten. Er und seine Gattin durchzogen die wilden Strecken von Tenasserim; manche schöne Ausbeute in mineralogischer und geologischer Beziehung haben wir Dr. Helfer zu verdanken, während die Botanik mit Vergnügen die unermüdliche Thätigkeit seiner kenntnißreichen Gattin ehren wird. Es ist hier nicht der Ort, die für Indien so äußerst wichtigen Entdeckungen unsers Landsmannes näher zu schildern; aber seine an die Regierung gerichteten officiellen Berichte verdienen allgemein bekannt zu werden, und sollen später im Auszug nachfolgen.

Dieser verdienstvolle Mann nun fand in der vollen Kraft seines Lebens ein tragisches Ende. Zu Anfang dieses Jahres bestieg er ein kleines, von der Regierung zu diesem Zweck bestimmtes Schiff, die Katharine, um den Archipel von Mergui, die Nicobar- und Andamanen Inseln als Naturforscher zu besuchen. Auf einer der Andamanen ging Dr. Helfer verschiedenemale ans Land und suchte die wilden Bewohner durch kleine Geschenke zu seinen Gunsten zu stimmen. Alles schien gut von Statten zu gehen. Am 31 Jan. betrat er in Begleitung von gänzlich unbewaffneten Matrosen das Land; bald sah man vom Bord der Katharine aus, daß ein Häuptling wie gewöhnlich auf freundliche Weise sich ihm näherte. Aber plötzlich entstand ein Lärm; das Boot, in welchem Dr. Helfer ans Land gefahren war, wurde umgeworfen, und unser Reisender wie seine Begleiter suchten sich durch Schwimmen zu retten. Ein ganzer Haufen der unbändigen Insulaner stand am Ufer; sie schossen ihre Pfeile auf die Unglücklichen ab. Ein Pfeil traf Dr. Helfer an den Kopf; er sank augenblicklich und wurde nicht mehr gesehen.

Die Colonie von Liberia.

Die Colonie Liberia auf der Westküste von Afrika, welche im Jahr 1820 von der amerikanischen Gesellschaft für Colonisirung freier Neger gestiftet wurde, hat zwar die Hoffnung, welche man anfangs von ihr hatte, nicht erfüllt, indem man glaubte, daß sie ein Mittel geben würde, die nordamerikanischen Neger nach und nach wieder nach Afrika zurückzuschicken, und dort einen großen civilisirten Staat durch sie zu gründen, welcher den Rest von Afrika aus seiner Barbarei reißen könnte. Die Sklavenbesitzer und die Abolitionisten widersetzten sich auf gleiche Art dem Plan, und haben daher die Resultate auf einen kleinen Theil dessen, was beabsichtigt war, reducirt. Die Colonisationsgesellschaft hat jedoch nach Möglichkeit den Plan fortgesetzt, und nicht ohne Erfolg. Sie war ungemein glücklich in den ersten Gouverneurs, die sie ausschickte, aber später wurden viele Fehler begangen, welche der Entwicklung der Colonie schadeten, obgleich sie sie nicht ganz verhinderten. Im letzten Jahr schickte die Gesellschaft einen neuen Gouverneur mit einem Plan von Municipalorganisation dahin, und hat Maaßregeln getroffen, eine regelmäßige Linie von Paketbooten zu errichten, um Passagiere, Colonisten und Waaren hin und her zu transportiren.

Hier folgt ein Auszug aus dem Bericht des Gouverneurs über seine Aufnahme und den Zustand, in dem er die Colonie fand: "Den Tag nach meiner Inauguration begann ich eine Reise in die Niederlassungen im Innern in Begleitung des Colonialsecretärs, Hrn. Teags, und eines der Räthe, Hrn. Brander. Trotz der Schnelligkeit unserer Reise, und obgleich unsere Ankunft nur wenige Stunden zuvor angekündigt worden war, fanden wir überall die Bewohner der Dörfer versammelt, und sie empfingen uns mit Kanonenschüssen und andern Freudenbezeugungen. Die Nothwendigkeit einer schnellen Rückkehr nach Monrovia (der Hauptstadt der Colonie), zwang mich oft, die öffentlichen Essen abzulehnen, welche die Ortschaften mir anboten. Ich konnte nirgends viel länger bleiben, als so lange nöthig war, eine kurze Rede zu halten und die Constitution so wie den Brief der Gesellschaft vorzulesen, welche beide mit allgemeinem Beifall aufgenommen wurden. Ich war sehr erfreut, die großen Verbesserungen zu sehen, welche seit meinem letzten Besuch hier, vor drei Jahren, an dem ganzen Ufer des Flusses St. Paul hin vorgenommen worden waren. Von Neugeorgia bis Millsburgh, einer Distanz von 17 Meilen, bietet das rechte Ufer des Flusses eine fast ununterbrochene Linie cultivirten Landes dar, und man sieht viele Pachtgüter von beträchtlicher Ausdehnung. Das linke Ufer ist noch immer von der reichen Vegetation ununterbrochener Wälder bedeckt, und bietet eines der schönsten Schauspiele der Natur dar, obgleich meinem Gefühl nach die reinlichen Häuser, die reifen Kornfelder und sogar die schwarzen Flecken des eben zum Umbruch niedergebrannten Waldes reizender sind, als alle Schönheit der wilden Natur dieses gesegneten Landes. Wir erreichten Millsburgh etwas vor Abend, besuchten die Niederlassung im Detail und bestiegen einen Hügel in einiger Entfernung von dem Fluß, wo wir eine gute Aussicht auf das Dorf und die Gegend hatten. Millsburg liegt sehr angenehm; es besteht aus einer Straße, welche am Fluß hinläuft und etwa 1 1/2 Meile lang ist. Die Straße ist gut chaussirt und ihrer ganzen Länge nach mit Bananen bepflanzt. Nach der Reinlichkeit der Häuser und der guten Cultur der Felder zu schließen, möchte man sagen, daß alle Einwohner wohlhabend seyen, und alle meine Nachfragen bestätigten diesen ersten Eindruck; ich gebrauche natürlich hier das Wort wohlhabend in einem beschränkten Sinne. Letztes Jahr wurden hier 4000 Buthels Kartoffeln und eine große Quantität

Dr. Helfer.

Birma ist seit kurzem ziemlich ruhig; ob aus Furcht, die Expedition nach China möchte in Rangun landen, oder weil Tharawaddi, der König, ganz in seine Krönungsfeierlichkeiten, die sechs Wochen dauern sollen, versunken ist, kann nicht leicht ermittelt werden. Die Naturwissenschaften im Allgemeinen, und die brittische Regierung insbesondere, haben kürzlich in jenen Gegenden einen großen Verlust erlitten durch den gewaltsamen Tod des Naturforschers Dr. Helfer. Dieser kühne Reisende (ein Oesterreicher von Geburt) kam mit seiner eben so ausgezeichneten Gattin, einer deutschen Adeligen, vor einigen Jahren durch Syrien und den Euphrat herab, auf einem der Dampfschiffe unter Obrist Chesney. Das Dampfboot scheiterte und kaum retteten unsre Reisenden ihre kleine Habseligkeiten. Sie glaubten sich wieder gesichert, als sie am Tage nach dem Schiffbruch entdeckten, daß zwei Mitreisende, die sich für indische Prinzen ausgegeben hatten, mit ihrer ganzen Baarschaft sich davon gemacht hatten. Durch Hülfe der Engländer in Bassorah und Buschir erreichten unsre Reisenden Bombay, endlich Calcutta. Es machte dem Schreiber dieses wahres Vergnügen, Dr. Helfer eine passende Stelle verschafft zu haben, als die Regierung ihn ersuchte, die den Birmanen abgenommenen, fast unbekannten Länderstrecken in der östlichen Bay von Bengalen als Naturforscher zu bereisen. In jenen Gegenden hat sich Dr. Helfer seit dem Jahre 1837 aufgehalten. Er und seine Gattin durchzogen die wilden Strecken von Tenasserim; manche schöne Ausbeute in mineralogischer und geologischer Beziehung haben wir Dr. Helfer zu verdanken, während die Botanik mit Vergnügen die unermüdliche Thätigkeit seiner kenntnißreichen Gattin ehren wird. Es ist hier nicht der Ort, die für Indien so äußerst wichtigen Entdeckungen unsers Landsmannes näher zu schildern; aber seine an die Regierung gerichteten officiellen Berichte verdienen allgemein bekannt zu werden, und sollen später im Auszug nachfolgen.

Dieser verdienstvolle Mann nun fand in der vollen Kraft seines Lebens ein tragisches Ende. Zu Anfang dieses Jahres bestieg er ein kleines, von der Regierung zu diesem Zweck bestimmtes Schiff, die Katharine, um den Archipel von Mergui, die Nicobar- und Andamanen Inseln als Naturforscher zu besuchen. Auf einer der Andamanen ging Dr. Helfer verschiedenemale ans Land und suchte die wilden Bewohner durch kleine Geschenke zu seinen Gunsten zu stimmen. Alles schien gut von Statten zu gehen. Am 31 Jan. betrat er in Begleitung von gänzlich unbewaffneten Matrosen das Land; bald sah man vom Bord der Katharine aus, daß ein Häuptling wie gewöhnlich auf freundliche Weise sich ihm näherte. Aber plötzlich entstand ein Lärm; das Boot, in welchem Dr. Helfer ans Land gefahren war, wurde umgeworfen, und unser Reisender wie seine Begleiter suchten sich durch Schwimmen zu retten. Ein ganzer Haufen der unbändigen Insulaner stand am Ufer; sie schossen ihre Pfeile auf die Unglücklichen ab. Ein Pfeil traf Dr. Helfer an den Kopf; er sank augenblicklich und wurde nicht mehr gesehen.

Die Colonie von Liberia.

Die Colonie Liberia auf der Westküste von Afrika, welche im Jahr 1820 von der amerikanischen Gesellschaft für Colonisirung freier Neger gestiftet wurde, hat zwar die Hoffnung, welche man anfangs von ihr hatte, nicht erfüllt, indem man glaubte, daß sie ein Mittel geben würde, die nordamerikanischen Neger nach und nach wieder nach Afrika zurückzuschicken, und dort einen großen civilisirten Staat durch sie zu gründen, welcher den Rest von Afrika aus seiner Barbarei reißen könnte. Die Sklavenbesitzer und die Abolitionisten widersetzten sich auf gleiche Art dem Plan, und haben daher die Resultate auf einen kleinen Theil dessen, was beabsichtigt war, reducirt. Die Colonisationsgesellschaft hat jedoch nach Möglichkeit den Plan fortgesetzt, und nicht ohne Erfolg. Sie war ungemein glücklich in den ersten Gouverneurs, die sie ausschickte, aber später wurden viele Fehler begangen, welche der Entwicklung der Colonie schadeten, obgleich sie sie nicht ganz verhinderten. Im letzten Jahr schickte die Gesellschaft einen neuen Gouverneur mit einem Plan von Municipalorganisation dahin, und hat Maaßregeln getroffen, eine regelmäßige Linie von Paketbooten zu errichten, um Passagiere, Colonisten und Waaren hin und her zu transportiren.

Hier folgt ein Auszug aus dem Bericht des Gouverneurs über seine Aufnahme und den Zustand, in dem er die Colonie fand: „Den Tag nach meiner Inauguration begann ich eine Reise in die Niederlassungen im Innern in Begleitung des Colonialsecretärs, Hrn. Teags, und eines der Räthe, Hrn. Brander. Trotz der Schnelligkeit unserer Reise, und obgleich unsere Ankunft nur wenige Stunden zuvor angekündigt worden war, fanden wir überall die Bewohner der Dörfer versammelt, und sie empfingen uns mit Kanonenschüssen und andern Freudenbezeugungen. Die Nothwendigkeit einer schnellen Rückkehr nach Monrovia (der Hauptstadt der Colonie), zwang mich oft, die öffentlichen Essen abzulehnen, welche die Ortschaften mir anboten. Ich konnte nirgends viel länger bleiben, als so lange nöthig war, eine kurze Rede zu halten und die Constitution so wie den Brief der Gesellschaft vorzulesen, welche beide mit allgemeinem Beifall aufgenommen wurden. Ich war sehr erfreut, die großen Verbesserungen zu sehen, welche seit meinem letzten Besuch hier, vor drei Jahren, an dem ganzen Ufer des Flusses St. Paul hin vorgenommen worden waren. Von Neugeorgia bis Millsburgh, einer Distanz von 17 Meilen, bietet das rechte Ufer des Flusses eine fast ununterbrochene Linie cultivirten Landes dar, und man sieht viele Pachtgüter von beträchtlicher Ausdehnung. Das linke Ufer ist noch immer von der reichen Vegetation ununterbrochener Wälder bedeckt, und bietet eines der schönsten Schauspiele der Natur dar, obgleich meinem Gefühl nach die reinlichen Häuser, die reifen Kornfelder und sogar die schwarzen Flecken des eben zum Umbruch niedergebrannten Waldes reizender sind, als alle Schönheit der wilden Natur dieses gesegneten Landes. Wir erreichten Millsburgh etwas vor Abend, besuchten die Niederlassung im Detail und bestiegen einen Hügel in einiger Entfernung von dem Fluß, wo wir eine gute Aussicht auf das Dorf und die Gegend hatten. Millsburg liegt sehr angenehm; es besteht aus einer Straße, welche am Fluß hinläuft und etwa 1 1/2 Meile lang ist. Die Straße ist gut chaussirt und ihrer ganzen Länge nach mit Bananen bepflanzt. Nach der Reinlichkeit der Häuser und der guten Cultur der Felder zu schließen, möchte man sagen, daß alle Einwohner wohlhabend seyen, und alle meine Nachfragen bestätigten diesen ersten Eindruck; ich gebrauche natürlich hier das Wort wohlhabend in einem beschränkten Sinne. Letztes Jahr wurden hier 4000 Buthels Kartoffeln und eine große Quantität

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[1353/0009] Dr. Helfer. _ Calcutta, 15 April. Birma ist seit kurzem ziemlich ruhig; ob aus Furcht, die Expedition nach China möchte in Rangun landen, oder weil Tharawaddi, der König, ganz in seine Krönungsfeierlichkeiten, die sechs Wochen dauern sollen, versunken ist, kann nicht leicht ermittelt werden. Die Naturwissenschaften im Allgemeinen, und die brittische Regierung insbesondere, haben kürzlich in jenen Gegenden einen großen Verlust erlitten durch den gewaltsamen Tod des Naturforschers Dr. Helfer. Dieser kühne Reisende (ein Oesterreicher von Geburt) kam mit seiner eben so ausgezeichneten Gattin, einer deutschen Adeligen, vor einigen Jahren durch Syrien und den Euphrat herab, auf einem der Dampfschiffe unter Obrist Chesney. Das Dampfboot scheiterte und kaum retteten unsre Reisenden ihre kleine Habseligkeiten. Sie glaubten sich wieder gesichert, als sie am Tage nach dem Schiffbruch entdeckten, daß zwei Mitreisende, die sich für indische Prinzen ausgegeben hatten, mit ihrer ganzen Baarschaft sich davon gemacht hatten. Durch Hülfe der Engländer in Bassorah und Buschir erreichten unsre Reisenden Bombay, endlich Calcutta. Es machte dem Schreiber dieses wahres Vergnügen, Dr. Helfer eine passende Stelle verschafft zu haben, als die Regierung ihn ersuchte, die den Birmanen abgenommenen, fast unbekannten Länderstrecken in der östlichen Bay von Bengalen als Naturforscher zu bereisen. In jenen Gegenden hat sich Dr. Helfer seit dem Jahre 1837 aufgehalten. Er und seine Gattin durchzogen die wilden Strecken von Tenasserim; manche schöne Ausbeute in mineralogischer und geologischer Beziehung haben wir Dr. Helfer zu verdanken, während die Botanik mit Vergnügen die unermüdliche Thätigkeit seiner kenntnißreichen Gattin ehren wird. Es ist hier nicht der Ort, die für Indien so äußerst wichtigen Entdeckungen unsers Landsmannes näher zu schildern; aber seine an die Regierung gerichteten officiellen Berichte verdienen allgemein bekannt zu werden, und sollen später im Auszug nachfolgen. Dieser verdienstvolle Mann nun fand in der vollen Kraft seines Lebens ein tragisches Ende. Zu Anfang dieses Jahres bestieg er ein kleines, von der Regierung zu diesem Zweck bestimmtes Schiff, die Katharine, um den Archipel von Mergui, die Nicobar- und Andamanen Inseln als Naturforscher zu besuchen. Auf einer der Andamanen ging Dr. Helfer verschiedenemale ans Land und suchte die wilden Bewohner durch kleine Geschenke zu seinen Gunsten zu stimmen. Alles schien gut von Statten zu gehen. Am 31 Jan. betrat er in Begleitung von gänzlich unbewaffneten Matrosen das Land; bald sah man vom Bord der Katharine aus, daß ein Häuptling wie gewöhnlich auf freundliche Weise sich ihm näherte. Aber plötzlich entstand ein Lärm; das Boot, in welchem Dr. Helfer ans Land gefahren war, wurde umgeworfen, und unser Reisender wie seine Begleiter suchten sich durch Schwimmen zu retten. Ein ganzer Haufen der unbändigen Insulaner stand am Ufer; sie schossen ihre Pfeile auf die Unglücklichen ab. Ein Pfeil traf Dr. Helfer an den Kopf; er sank augenblicklich und wurde nicht mehr gesehen. Die Colonie von Liberia. _ London, 7 Jun. Die Colonie Liberia auf der Westküste von Afrika, welche im Jahr 1820 von der amerikanischen Gesellschaft für Colonisirung freier Neger gestiftet wurde, hat zwar die Hoffnung, welche man anfangs von ihr hatte, nicht erfüllt, indem man glaubte, daß sie ein Mittel geben würde, die nordamerikanischen Neger nach und nach wieder nach Afrika zurückzuschicken, und dort einen großen civilisirten Staat durch sie zu gründen, welcher den Rest von Afrika aus seiner Barbarei reißen könnte. Die Sklavenbesitzer und die Abolitionisten widersetzten sich auf gleiche Art dem Plan, und haben daher die Resultate auf einen kleinen Theil dessen, was beabsichtigt war, reducirt. Die Colonisationsgesellschaft hat jedoch nach Möglichkeit den Plan fortgesetzt, und nicht ohne Erfolg. Sie war ungemein glücklich in den ersten Gouverneurs, die sie ausschickte, aber später wurden viele Fehler begangen, welche der Entwicklung der Colonie schadeten, obgleich sie sie nicht ganz verhinderten. Im letzten Jahr schickte die Gesellschaft einen neuen Gouverneur mit einem Plan von Municipalorganisation dahin, und hat Maaßregeln getroffen, eine regelmäßige Linie von Paketbooten zu errichten, um Passagiere, Colonisten und Waaren hin und her zu transportiren. Hier folgt ein Auszug aus dem Bericht des Gouverneurs über seine Aufnahme und den Zustand, in dem er die Colonie fand: „Den Tag nach meiner Inauguration begann ich eine Reise in die Niederlassungen im Innern in Begleitung des Colonialsecretärs, Hrn. Teags, und eines der Räthe, Hrn. Brander. Trotz der Schnelligkeit unserer Reise, und obgleich unsere Ankunft nur wenige Stunden zuvor angekündigt worden war, fanden wir überall die Bewohner der Dörfer versammelt, und sie empfingen uns mit Kanonenschüssen und andern Freudenbezeugungen. Die Nothwendigkeit einer schnellen Rückkehr nach Monrovia (der Hauptstadt der Colonie), zwang mich oft, die öffentlichen Essen abzulehnen, welche die Ortschaften mir anboten. Ich konnte nirgends viel länger bleiben, als so lange nöthig war, eine kurze Rede zu halten und die Constitution so wie den Brief der Gesellschaft vorzulesen, welche beide mit allgemeinem Beifall aufgenommen wurden. Ich war sehr erfreut, die großen Verbesserungen zu sehen, welche seit meinem letzten Besuch hier, vor drei Jahren, an dem ganzen Ufer des Flusses St. Paul hin vorgenommen worden waren. Von Neugeorgia bis Millsburgh, einer Distanz von 17 Meilen, bietet das rechte Ufer des Flusses eine fast ununterbrochene Linie cultivirten Landes dar, und man sieht viele Pachtgüter von beträchtlicher Ausdehnung. Das linke Ufer ist noch immer von der reichen Vegetation ununterbrochener Wälder bedeckt, und bietet eines der schönsten Schauspiele der Natur dar, obgleich meinem Gefühl nach die reinlichen Häuser, die reifen Kornfelder und sogar die schwarzen Flecken des eben zum Umbruch niedergebrannten Waldes reizender sind, als alle Schönheit der wilden Natur dieses gesegneten Landes. Wir erreichten Millsburgh etwas vor Abend, besuchten die Niederlassung im Detail und bestiegen einen Hügel in einiger Entfernung von dem Fluß, wo wir eine gute Aussicht auf das Dorf und die Gegend hatten. Millsburg liegt sehr angenehm; es besteht aus einer Straße, welche am Fluß hinläuft und etwa 1 1/2 Meile lang ist. Die Straße ist gut chaussirt und ihrer ganzen Länge nach mit Bananen bepflanzt. Nach der Reinlichkeit der Häuser und der guten Cultur der Felder zu schließen, möchte man sagen, daß alle Einwohner wohlhabend seyen, und alle meine Nachfragen bestätigten diesen ersten Eindruck; ich gebrauche natürlich hier das Wort wohlhabend in einem beschränkten Sinne. Letztes Jahr wurden hier 4000 Buthels Kartoffeln und eine große Quantität

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 170. Augsburg, 18. Juni 1840, S. 1353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_170_18400618/9>, abgerufen am 04.05.2024.