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Allgemeine Zeitung. Nr. 166. Augsburg, 14. Juni 1840.

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Zeuge gewesen bin und wo sich überall, wie jetzt, ein so herrlicher Sinn und Geist aussprach. Ich sehe Sie unvorbereitet und diese Worte kommen aus meinen Herzen, und so wird es immer unter uns seyn! Ich bin Ihr wahrer und wärmster Freund!" - Der König drückte bei diesen Worten sowohl dem Oberbürgermeister als dem Vorsteher der Stadtverordneten mehreremal die Hand und ließ sich dann auch die übrigen Mitglieder der Deputation vorstellen. Unter den hiesigen Einwohnern hat das Bekanntwerden dieser Audienz und der Worte, die der König gesprochen, einen überaus angenehmen Eindruck gemacht, und Alles spricht mit Begeisterung davon. Nicht minder enthusiasmirt erzählt man sich den Inhalt einer Unterredung, die Se. Maj. mit Alexander v. Humboldt gehabt haben soll, die wir jedoch nicht zu veröffentlichen wagen, da uns die Worte nicht genau bekannt sind. - Se. Maj. befanden sich heute Nacht um 1 Uhr unter denjenigen, welche die Leiche des königlichen Vaters, getragen von den Unterofficieren der Krongarde, aus dem Palais nach dem Schlosse geleiteten, wo sie jetzt aufgestellt, jedoch, nach dem ausdrücklichen Willen des Verewigten, der keinerlei Schaugepränge liebte, nicht für das größere Publicum sichtbar ist. Die Trauer ist zwar nur für den Hof und die Staatsdiener befohlen, doch läßt es sich auch kein Privatmann, kein Bürger nehmen, seine Theilnahme in dieser Weise darzulegen. Auf den Straßen ist darum auch schon Alles, was wohlgekleidet erscheint, in schwarzem Anzuge zu sehen. Die Theater werden im ganzen Lande sechzehn Tage geschlossen bleiben; eben so lange ist auch alle Musik suspendirt. Der Kaiser von Rußland weilt mit seiner Gemahlin in Potsdam, während Se. Maj. der König, von Geschäften gedrängt, einstweilen hier bleiben zu wollen scheint.

Wer unsere Stadt im vorflossenen Winter besucht, und die Physiognomie des geselligen Lebens mit der von einem Jahre vorher verglichen hat, dem kann die erfreulichste Veränderung nicht entgangen seyn. Die Gegeneinanderstellung der Confessionen, der Nationalitäten und der Stände ist fast bis auf die letzte Spur verschwunden. Das Einzige, was von der trüben Zeit übrig geblieben, ist das bessere Vernehmen, in welchem jetzt der Adel mit den anderen Ständen steht. Der Adel hatte sich zum Repräsentanten und Wortführer der Volksgefühle und Sympathien gemacht, und es ist ihm dieß hoch angerechnet worden. Seine Stellung zu den Mittelclassen war vordem keine Zuneigung erweckende. Während der bischöflichen Regierung zum Besitze aller Würden ausschließend berufen, mit denen Macht, Genuß und keine Arbeit verbunden war, befand er sich in einer Position, die für die andern Stände drückend genannt werden darf; auch nachdem andere Zeiten veränderte Verhältnisse herbeigeführt hatten, gelang es nicht den Widerwillen der übrigen Stände zu besiegen, und die Regierung hat sich vergeblich bemüht, durch die Gesetzgebung, durch Auszeichnung und Berücksichtigung ihm einen größeren Einfluß zu verschaffen. Dieses Ziel ist aber nunmehr, ob zwar durch ein Mittel erreicht, was nicht einmal vorher bedacht, noch viel weniger beabsichtigt seyn konnte, was aber, so scheint es wenigstens, in der größeren Annäherung der verschiedenen Stände eine gute Wirkung hervorgebracht hat. Auch die Stellung zum Gouvernement ist wieder freundlicher geworden. Das offen an den Tag gelegte Schmerzgefühl hat mit der Zeit seine Bitterkeit verlieren müssen, und da ein fortgesetztes Boudiren mit der Regierung weder der Schicklichkeit noch dem wahren Interesse entsprochen hätte, so ist die erste Gelegenheit wahrgenommen worden, und Alles wieder in das alte Geleise zurückgekehrt. Die Wintersaison war darum recht brillant. Jetzt haben die meisten adeligen Familien Münster bereits wieder verlassen, um den Sommer auf ihren Gütern zuzubringen. Viel trägt zur Versöhnung der Gemüther das leutselige und würdevolle Benehmen des commandirenden Generals bei; die Verschmelzung mit den übrigen Theilen der Monarchie wäre um manchen Schritt weiter, wenn er schon länger auf seiner Stelle sich befände. - Der vormalige Geschäftsträger in Brüssel, Graf v. Galen, soll dem Vernehmen nach, nach seinen Wünschen, in der innern Verwaltung verwendet werden.

Norwegen.

Die in einem Artikel aus Christiania vom 18 Mai, welcher aus der Leipziger Allg. Zeitung in andere Zeitungen übergegangen ist, enthaltenen Angaben über unruhige Auftritte, die sich am 17 Mai (als dem Jahrestage des Constitutionsfestes) daselbst ereignet haben sollen, sind als durchaus erdichtet anzusehen, da weder in norwegischen Blättern bis zum 20 Mai, noch in irgend einem schwedischen oder dänischen Blatte die mindeste Erwähnung davon geschehen ist. (Hamb. C.)

Oesterreich.

Morgen begibt sich der russische Botschafter auf die Reise nach Karlsbad. Hr. v. Struve, kaiserl. russischer Staatsrath, vertritt während Hrn. v. Tatitscheffs Abwesenheit dessen Stelle. - Aus Anlaß des Gründungsfestes des deutschen Bundes ist bei Sr. D. dem Fürsten v. Metternich für morgen ein diplomatisches Diner angesagt, wozu ausschließlich die Repräsentanten deutscher Höfe geladen sind. Von der Abreise des Hrn. Bundespräsidialgesandten ist noch keine Rede. Heute lesen wir im Oesterr. Beobachter, Art. Deutschland, Folgendes: "Es sind heute fünfundzwanzig Jahre verflossen, seit am 8 Jun. 1815 auf dem zu Wien versammelten Congresse der deutsche Bund gestiftet worden ist. Wir können bei der Erinnerung an jenes denkwürdige Ereigniß nur der Ansicht beipflichten, die aus Anlaß einer andern Säcularfeier (der Thronbesteigung König Friedrichs II) in einem Aufsatze der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 1 d. M. ausgesprochen wird: daß der an die Stelle der ehemaligen Formen des deutschen Reichs getretene Zustand der Dinge an Einheit und Einigkeit die alten Zustände bei weitem überrage. Treffend wird in jenem Aufsatze der deutsche Bund als die Ausgleichung und Versöhnung aller jener Collisionen, die der jetzigen politischen Gestaltung Deutschlands vorangingen, bezeichnet und auf die Vortheile hingewiesen, welche dieser Bund dem deutschen Vaterlande im Innern wie nach Außen bisher gewährt hat. Bei der Ueberzeugung, welche sämmtliche deutsche Regierungen von der Nothwendigkeit und dem Nutzen dieser neuen Gestaltung hegen, darf man sich der zuversichtlichen Hoffnung überlassen, daß der vor einem Vierteljahrhundert nach langen Kämpfen und Zerrüttungen geschlossene Bund für alle Völker deutscher Zunge, die er umschließt, stets von den segenreichsten Folgen seyn werde."

Briefe aus Görz bringen die Nachricht, daß die Prinzessin Louise, Schwester des Herzogs von Bordeaux, die sich gegenwärtig in Gesellschaft der Herzogin von Angouleme in Mailand befindet, an den Masern erkrankt sey. Der Herzog von Bordeaux hatte Görz bereits verlassen und sich nach Kirchberg begeben, woselbst er den Sommer zubringen wird.

Griechenland.

Nach den mit dem letzten Dampfboot aus Griechenland gebrachten Nachrichten war die von dem Staatsminister des königl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, Hrn. Zographos, eingereichte Dimission noch nicht erledigt; doch erwartete man binnen kurzem eine allerhöchste

Zeuge gewesen bin und wo sich überall, wie jetzt, ein so herrlicher Sinn und Geist aussprach. Ich sehe Sie unvorbereitet und diese Worte kommen aus meinen Herzen, und so wird es immer unter uns seyn! Ich bin Ihr wahrer und wärmster Freund!“ – Der König drückte bei diesen Worten sowohl dem Oberbürgermeister als dem Vorsteher der Stadtverordneten mehreremal die Hand und ließ sich dann auch die übrigen Mitglieder der Deputation vorstellen. Unter den hiesigen Einwohnern hat das Bekanntwerden dieser Audienz und der Worte, die der König gesprochen, einen überaus angenehmen Eindruck gemacht, und Alles spricht mit Begeisterung davon. Nicht minder enthusiasmirt erzählt man sich den Inhalt einer Unterredung, die Se. Maj. mit Alexander v. Humboldt gehabt haben soll, die wir jedoch nicht zu veröffentlichen wagen, da uns die Worte nicht genau bekannt sind. – Se. Maj. befanden sich heute Nacht um 1 Uhr unter denjenigen, welche die Leiche des königlichen Vaters, getragen von den Unterofficieren der Krongarde, aus dem Palais nach dem Schlosse geleiteten, wo sie jetzt aufgestellt, jedoch, nach dem ausdrücklichen Willen des Verewigten, der keinerlei Schaugepränge liebte, nicht für das größere Publicum sichtbar ist. Die Trauer ist zwar nur für den Hof und die Staatsdiener befohlen, doch läßt es sich auch kein Privatmann, kein Bürger nehmen, seine Theilnahme in dieser Weise darzulegen. Auf den Straßen ist darum auch schon Alles, was wohlgekleidet erscheint, in schwarzem Anzuge zu sehen. Die Theater werden im ganzen Lande sechzehn Tage geschlossen bleiben; eben so lange ist auch alle Musik suspendirt. Der Kaiser von Rußland weilt mit seiner Gemahlin in Potsdam, während Se. Maj. der König, von Geschäften gedrängt, einstweilen hier bleiben zu wollen scheint.

Wer unsere Stadt im vorflossenen Winter besucht, und die Physiognomie des geselligen Lebens mit der von einem Jahre vorher verglichen hat, dem kann die erfreulichste Veränderung nicht entgangen seyn. Die Gegeneinanderstellung der Confessionen, der Nationalitäten und der Stände ist fast bis auf die letzte Spur verschwunden. Das Einzige, was von der trüben Zeit übrig geblieben, ist das bessere Vernehmen, in welchem jetzt der Adel mit den anderen Ständen steht. Der Adel hatte sich zum Repräsentanten und Wortführer der Volksgefühle und Sympathien gemacht, und es ist ihm dieß hoch angerechnet worden. Seine Stellung zu den Mittelclassen war vordem keine Zuneigung erweckende. Während der bischöflichen Regierung zum Besitze aller Würden ausschließend berufen, mit denen Macht, Genuß und keine Arbeit verbunden war, befand er sich in einer Position, die für die andern Stände drückend genannt werden darf; auch nachdem andere Zeiten veränderte Verhältnisse herbeigeführt hatten, gelang es nicht den Widerwillen der übrigen Stände zu besiegen, und die Regierung hat sich vergeblich bemüht, durch die Gesetzgebung, durch Auszeichnung und Berücksichtigung ihm einen größeren Einfluß zu verschaffen. Dieses Ziel ist aber nunmehr, ob zwar durch ein Mittel erreicht, was nicht einmal vorher bedacht, noch viel weniger beabsichtigt seyn konnte, was aber, so scheint es wenigstens, in der größeren Annäherung der verschiedenen Stände eine gute Wirkung hervorgebracht hat. Auch die Stellung zum Gouvernement ist wieder freundlicher geworden. Das offen an den Tag gelegte Schmerzgefühl hat mit der Zeit seine Bitterkeit verlieren müssen, und da ein fortgesetztes Boudiren mit der Regierung weder der Schicklichkeit noch dem wahren Interesse entsprochen hätte, so ist die erste Gelegenheit wahrgenommen worden, und Alles wieder in das alte Geleise zurückgekehrt. Die Wintersaison war darum recht brillant. Jetzt haben die meisten adeligen Familien Münster bereits wieder verlassen, um den Sommer auf ihren Gütern zuzubringen. Viel trägt zur Versöhnung der Gemüther das leutselige und würdevolle Benehmen des commandirenden Generals bei; die Verschmelzung mit den übrigen Theilen der Monarchie wäre um manchen Schritt weiter, wenn er schon länger auf seiner Stelle sich befände. – Der vormalige Geschäftsträger in Brüssel, Graf v. Galen, soll dem Vernehmen nach, nach seinen Wünschen, in der innern Verwaltung verwendet werden.

Norwegen.

Die in einem Artikel aus Christiania vom 18 Mai, welcher aus der Leipziger Allg. Zeitung in andere Zeitungen übergegangen ist, enthaltenen Angaben über unruhige Auftritte, die sich am 17 Mai (als dem Jahrestage des Constitutionsfestes) daselbst ereignet haben sollen, sind als durchaus erdichtet anzusehen, da weder in norwegischen Blättern bis zum 20 Mai, noch in irgend einem schwedischen oder dänischen Blatte die mindeste Erwähnung davon geschehen ist. (Hamb. C.)

Oesterreich.

Morgen begibt sich der russische Botschafter auf die Reise nach Karlsbad. Hr. v. Struve, kaiserl. russischer Staatsrath, vertritt während Hrn. v. Tatitscheffs Abwesenheit dessen Stelle. – Aus Anlaß des Gründungsfestes des deutschen Bundes ist bei Sr. D. dem Fürsten v. Metternich für morgen ein diplomatisches Diner angesagt, wozu ausschließlich die Repräsentanten deutscher Höfe geladen sind. Von der Abreise des Hrn. Bundespräsidialgesandten ist noch keine Rede. Heute lesen wir im Oesterr. Beobachter, Art. Deutschland, Folgendes: „Es sind heute fünfundzwanzig Jahre verflossen, seit am 8 Jun. 1815 auf dem zu Wien versammelten Congresse der deutsche Bund gestiftet worden ist. Wir können bei der Erinnerung an jenes denkwürdige Ereigniß nur der Ansicht beipflichten, die aus Anlaß einer andern Säcularfeier (der Thronbesteigung König Friedrichs II) in einem Aufsatze der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 1 d. M. ausgesprochen wird: daß der an die Stelle der ehemaligen Formen des deutschen Reichs getretene Zustand der Dinge an Einheit und Einigkeit die alten Zustände bei weitem überrage. Treffend wird in jenem Aufsatze der deutsche Bund als die Ausgleichung und Versöhnung aller jener Collisionen, die der jetzigen politischen Gestaltung Deutschlands vorangingen, bezeichnet und auf die Vortheile hingewiesen, welche dieser Bund dem deutschen Vaterlande im Innern wie nach Außen bisher gewährt hat. Bei der Ueberzeugung, welche sämmtliche deutsche Regierungen von der Nothwendigkeit und dem Nutzen dieser neuen Gestaltung hegen, darf man sich der zuversichtlichen Hoffnung überlassen, daß der vor einem Vierteljahrhundert nach langen Kämpfen und Zerrüttungen geschlossene Bund für alle Völker deutscher Zunge, die er umschließt, stets von den segenreichsten Folgen seyn werde.“

Briefe aus Görz bringen die Nachricht, daß die Prinzessin Louise, Schwester des Herzogs von Bordeaux, die sich gegenwärtig in Gesellschaft der Herzogin von Angouleme in Mailand befindet, an den Masern erkrankt sey. Der Herzog von Bordeaux hatte Görz bereits verlassen und sich nach Kirchberg begeben, woselbst er den Sommer zubringen wird.

Griechenland.

Nach den mit dem letzten Dampfboot aus Griechenland gebrachten Nachrichten war die von dem Staatsminister des königl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, Hrn. Zographos, eingereichte Dimission noch nicht erledigt; doch erwartete man binnen kurzem eine allerhöchste

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[1325/0005] Zeuge gewesen bin und wo sich überall, wie jetzt, ein so herrlicher Sinn und Geist aussprach. Ich sehe Sie unvorbereitet und diese Worte kommen aus meinen Herzen, und so wird es immer unter uns seyn! Ich bin Ihr wahrer und wärmster Freund!“ – Der König drückte bei diesen Worten sowohl dem Oberbürgermeister als dem Vorsteher der Stadtverordneten mehreremal die Hand und ließ sich dann auch die übrigen Mitglieder der Deputation vorstellen. Unter den hiesigen Einwohnern hat das Bekanntwerden dieser Audienz und der Worte, die der König gesprochen, einen überaus angenehmen Eindruck gemacht, und Alles spricht mit Begeisterung davon. Nicht minder enthusiasmirt erzählt man sich den Inhalt einer Unterredung, die Se. Maj. mit Alexander v. Humboldt gehabt haben soll, die wir jedoch nicht zu veröffentlichen wagen, da uns die Worte nicht genau bekannt sind. – Se. Maj. befanden sich heute Nacht um 1 Uhr unter denjenigen, welche die Leiche des königlichen Vaters, getragen von den Unterofficieren der Krongarde, aus dem Palais nach dem Schlosse geleiteten, wo sie jetzt aufgestellt, jedoch, nach dem ausdrücklichen Willen des Verewigten, der keinerlei Schaugepränge liebte, nicht für das größere Publicum sichtbar ist. Die Trauer ist zwar nur für den Hof und die Staatsdiener befohlen, doch läßt es sich auch kein Privatmann, kein Bürger nehmen, seine Theilnahme in dieser Weise darzulegen. Auf den Straßen ist darum auch schon Alles, was wohlgekleidet erscheint, in schwarzem Anzuge zu sehen. Die Theater werden im ganzen Lande sechzehn Tage geschlossen bleiben; eben so lange ist auch alle Musik suspendirt. Der Kaiser von Rußland weilt mit seiner Gemahlin in Potsdam, während Se. Maj. der König, von Geschäften gedrängt, einstweilen hier bleiben zu wollen scheint. _ Münster, 1 Jun. Wer unsere Stadt im vorflossenen Winter besucht, und die Physiognomie des geselligen Lebens mit der von einem Jahre vorher verglichen hat, dem kann die erfreulichste Veränderung nicht entgangen seyn. Die Gegeneinanderstellung der Confessionen, der Nationalitäten und der Stände ist fast bis auf die letzte Spur verschwunden. Das Einzige, was von der trüben Zeit übrig geblieben, ist das bessere Vernehmen, in welchem jetzt der Adel mit den anderen Ständen steht. Der Adel hatte sich zum Repräsentanten und Wortführer der Volksgefühle und Sympathien gemacht, und es ist ihm dieß hoch angerechnet worden. Seine Stellung zu den Mittelclassen war vordem keine Zuneigung erweckende. Während der bischöflichen Regierung zum Besitze aller Würden ausschließend berufen, mit denen Macht, Genuß und keine Arbeit verbunden war, befand er sich in einer Position, die für die andern Stände drückend genannt werden darf; auch nachdem andere Zeiten veränderte Verhältnisse herbeigeführt hatten, gelang es nicht den Widerwillen der übrigen Stände zu besiegen, und die Regierung hat sich vergeblich bemüht, durch die Gesetzgebung, durch Auszeichnung und Berücksichtigung ihm einen größeren Einfluß zu verschaffen. Dieses Ziel ist aber nunmehr, ob zwar durch ein Mittel erreicht, was nicht einmal vorher bedacht, noch viel weniger beabsichtigt seyn konnte, was aber, so scheint es wenigstens, in der größeren Annäherung der verschiedenen Stände eine gute Wirkung hervorgebracht hat. Auch die Stellung zum Gouvernement ist wieder freundlicher geworden. Das offen an den Tag gelegte Schmerzgefühl hat mit der Zeit seine Bitterkeit verlieren müssen, und da ein fortgesetztes Boudiren mit der Regierung weder der Schicklichkeit noch dem wahren Interesse entsprochen hätte, so ist die erste Gelegenheit wahrgenommen worden, und Alles wieder in das alte Geleise zurückgekehrt. Die Wintersaison war darum recht brillant. Jetzt haben die meisten adeligen Familien Münster bereits wieder verlassen, um den Sommer auf ihren Gütern zuzubringen. Viel trägt zur Versöhnung der Gemüther das leutselige und würdevolle Benehmen des commandirenden Generals bei; die Verschmelzung mit den übrigen Theilen der Monarchie wäre um manchen Schritt weiter, wenn er schon länger auf seiner Stelle sich befände. – Der vormalige Geschäftsträger in Brüssel, Graf v. Galen, soll dem Vernehmen nach, nach seinen Wünschen, in der innern Verwaltung verwendet werden. Norwegen. _ Hamburg, 5 Jun. Die in einem Artikel aus Christiania vom 18 Mai, welcher aus der Leipziger Allg. Zeitung in andere Zeitungen übergegangen ist, enthaltenen Angaben über unruhige Auftritte, die sich am 17 Mai (als dem Jahrestage des Constitutionsfestes) daselbst ereignet haben sollen, sind als durchaus erdichtet anzusehen, da weder in norwegischen Blättern bis zum 20 Mai, noch in irgend einem schwedischen oder dänischen Blatte die mindeste Erwähnung davon geschehen ist. (Hamb. C.) Oesterreich. _ Wien, 8 Jun. Morgen begibt sich der russische Botschafter auf die Reise nach Karlsbad. Hr. v. Struve, kaiserl. russischer Staatsrath, vertritt während Hrn. v. Tatitscheffs Abwesenheit dessen Stelle. – Aus Anlaß des Gründungsfestes des deutschen Bundes ist bei Sr. D. dem Fürsten v. Metternich für morgen ein diplomatisches Diner angesagt, wozu ausschließlich die Repräsentanten deutscher Höfe geladen sind. Von der Abreise des Hrn. Bundespräsidialgesandten ist noch keine Rede. Heute lesen wir im Oesterr. Beobachter, Art. Deutschland, Folgendes: „Es sind heute fünfundzwanzig Jahre verflossen, seit am 8 Jun. 1815 auf dem zu Wien versammelten Congresse der deutsche Bund gestiftet worden ist. Wir können bei der Erinnerung an jenes denkwürdige Ereigniß nur der Ansicht beipflichten, die aus Anlaß einer andern Säcularfeier (der Thronbesteigung König Friedrichs II) in einem Aufsatze der Frankfurter Oberpostamtszeitung vom 1 d. M. ausgesprochen wird: daß der an die Stelle der ehemaligen Formen des deutschen Reichs getretene Zustand der Dinge an Einheit und Einigkeit die alten Zustände bei weitem überrage. Treffend wird in jenem Aufsatze der deutsche Bund als die Ausgleichung und Versöhnung aller jener Collisionen, die der jetzigen politischen Gestaltung Deutschlands vorangingen, bezeichnet und auf die Vortheile hingewiesen, welche dieser Bund dem deutschen Vaterlande im Innern wie nach Außen bisher gewährt hat. Bei der Ueberzeugung, welche sämmtliche deutsche Regierungen von der Nothwendigkeit und dem Nutzen dieser neuen Gestaltung hegen, darf man sich der zuversichtlichen Hoffnung überlassen, daß der vor einem Vierteljahrhundert nach langen Kämpfen und Zerrüttungen geschlossene Bund für alle Völker deutscher Zunge, die er umschließt, stets von den segenreichsten Folgen seyn werde.“ _ Triest, 6 Jun. Briefe aus Görz bringen die Nachricht, daß die Prinzessin Louise, Schwester des Herzogs von Bordeaux, die sich gegenwärtig in Gesellschaft der Herzogin von Angouleme in Mailand befindet, an den Masern erkrankt sey. Der Herzog von Bordeaux hatte Görz bereits verlassen und sich nach Kirchberg begeben, woselbst er den Sommer zubringen wird. Griechenland. _ Ancona, 2 Jun. Nach den mit dem letzten Dampfboot aus Griechenland gebrachten Nachrichten war die von dem Staatsminister des königl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten, Hrn. Zographos, eingereichte Dimission noch nicht erledigt; doch erwartete man binnen kurzem eine allerhöchste

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 166. Augsburg, 14. Juni 1840, S. 1325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_166_18400614/5>, abgerufen am 29.03.2024.