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Allgemeine Zeitung. Nr. 162. Augsburg, 10. Juni 1840.

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Alles in Allem stets kritisirt wird, was bleibt da noch übrig? Kritik schärft die Geistesvermögen; so ist ein verständiger Zweifel die Wurzel alles Wissens; so wie aber Kritik und Zweifel zum Dinge selbst werden, so sind sie nichts Anderes als Gift, und können nur als Gift wirken. Mit den tüchtigen Geistesgaben der Franzosen sollten sie lernen bauen, gründen und nicht zerstören. Wer immer aufs Auflösen und Zerstören bedacht ist, stumpft die Waffe des Tadels ab, macht insensibel, befördert dann den Schlendrian, herbeigezogen durch moralische Stumpfheit. Stets gehässig angefochtene Menschen werden entweder wild, oder, was bei weitem häufiger ist, gegen allen Tadel gleichgültig und leben dann nur der Routine nach. - Aber leider hat die französische Colonie noch nicht den ihr gebührenden Generalgouverneur gefunden. Gegen Clauzel, welchem am meisten Capacität zugeschrieben worden, erhoben sich die gewaltigsten! Beschuldigungen; man warf ihm öffentlich vor, alle Eigenthumsrechte der Eingebornen verkannt zu haben, Afrika zu betrachten als ein braches Land, was einen wahren Schacher mit den dortigen Ländereien zur Folge hatte, und die Wurzel alles Hasses der Eingebornen wurde. In wie weit diese Anschuldigungen, welche noch neulich der National erhoben, wahr sind oder übertrieben, das ist niemals gehörig untersucht worden. Bugeaud ist ein tapferer Soldat, aber hat durch den unsinnigen Tractat an der Tafna Abd-El-Kaders Macht eigentlich gegründet. Gegen den Marschall Valee erheben sich einmüthige Stimmen, und man glaubte, unter den Colonisten und der Armee die tiefste Indisciplin zu bemerken; besonders hat sich der Courrier gegen ihn erhoben. Es heißt, der jetzige Kriegsminister soll nach Afrika gesendet werden; er würde dann im Geiste des Generals Damremont fortfahren, welcher noch am meisten Geschick in dieser höchst schwierigen Mission bewiesen haben soll. Auf alle Weise muß Frankreich die Besitznahme Algiers durchsetzen. Es ist dieß eine Nationalangelegenheit, ein großes Handelsinteresse, eine Sache der Civilisation. Dazu gehört es in die allgemeine Oekonomie der Vorsehung, welche, seit den englischen und russischen Eroberungen im Osten, gewissermaßen den Occident in den Orient hineinzukeilen bestrebt zu seyn scheint, nach höhern Planen einer allgemeinen Weltregierung, und zum Theil auch, damit der demokratische Occident nicht damit ende, sich in sich selbst zu verzehren. Da mögen nun die französischen Anticolonisten jammern wie sie wollen. "Es muß," dieses Wort einer providentiellen Weisheit macht ihre Kleinlautigkeit zu Schanden. Dieses Muß freilich muß verstanden und interpretirt werden, welches die Sache einer weisen Regierung ist. Denn ein solcher Ausspruch der Verhängnisse ist kein blindes Wollen.

Belgien.

Gestern kam in der Repräsentantenkammer der Bericht der Centralsection über das Project der Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika zum Vortrag. Je mehr man in der letzten Zeit diesen Gegenstand durchgesprochen und geprüft, um so günstiger hatten sich die Ansichten umgestimmt. Der Berichterstatter gesteht, eine Zeit lang habe der Widerspruch der Meinungen die Ansichten so sehr verwirrt, daß man zu keinem Schlusse habe gelangen können. Zuletzt sey man indessen dahin einig geworden, daß die Zweckmäßigkeit einer regelmäßigen Verbindung dieser Art nicht zu bestreiten sey, nur über die Mittel sie zu Werke zu stellen hat man sich mit dem Ministerium nicht verständigen können. Letzteres nämlich schlägt eine jährliche Subsidie von 400,000 Fr. an die zu errichtende Dampfschifffahrtsgesellschaft vor, wogegen dann nach vierzehn Jahren (was indessen in dem ursprünglichen Project nicht ausgesprochen war) mit dieser Gesellschaft eine Abkunft wegen Uebernahme des ganzen Geschäfts auf Rechnung des Staats zu treffen wäre. Die Centralsection dagegen ist dafür, daß man vierzehn Jahre lang eine jährliche Subsidie von 200,000 Fr. gebe, ohne jemals auf einen Rückkauf Anspruch zu machen. Diese Divergenz wird nun zu öffentlichen Debatten Anlaß geben, wobei dann immer auch noch das ganze Gesetz von mehr als einer Seite bekämpft werden wird, denn es liegen allerlei widerstreitende Interessen im Hintergrunde. So ist z. B. Ostende eifersüchtig auf Antwerpen, weil der Sitz dieser Unternehmung nur in letzterer Stadt aufgeschlagen werden kann, da der Hafen von Ostende nicht einmal für das Einlaufen größerer Dampfschiffe geeignet ist, und noch viel weniger in anderer Hinsicht mit Antwerpen in Vergleich treten darf. Ostende fürchtet also eher eine Verminderung als eine Vermehrung seiner Geschäfte durch die Realisation des Projects; die Wähler aber lassen sich durch das Localinteresse beherrschen, und von den Wählern hängen die Repräsentanten ab. Auf diese Weise drängt sich ein Conflict widerstreitender partieller Interessen in die Kammern ein, und erschwert oft, oder verhindert gar das Zustandekommen großartiger, auf das Ganze und die Zukunft gerichteter Unternehmungen. Aus demselben Localgeiste werden auch die Protestationen einiger Handelskammern hervorgehen, deren schon in der gestrigen Sitzung eine angekündigt wurde. Dagegen ist die Kammer von Verviers, im Verein mit den benachbarten, industriereichen Ortschaften entschieden zu Gunsten der Unternehmung aufgetreten, und ganz besonders interessirt sich auch der Antwerpener Handelsstand für die Sache. Was man nun auch über die Art der Mitwirkung der Regierung beschließen mag, so scheint doch jetzt das Unternehmen selbst der Zustimmung der Majorität sicher, auch wird das Gesetz ohne Zweifel noch vor dem Schlusse dieser Session zu Stande kommen. - Heute beginnen in der Repräsentantenkammer die Debatten über das von dem Ministerium vorgeschlagene Anlehen von 90 Millionen. Die Centralsection schlägt statt dieses Betrags nur ein Anlehen von 65 Millionen vor. Die Reduction soll zunächst die für die Eisenbahnen bestimmte Summe treffen. Zur Vollendung derselben sind nämlich im Ganzen noch 54 Millionen nöthig, die indessen erst im Laufe dreier Jahre zu erschöpfen wären. Die Centralsection ist daher der Meinung, es genüge einstweilen, eine Summe von 40 Millionen zu diesem Zweck aufzubringen. Sodann hält sie nicht für nöthig, von der bestehenden schwebenden Schuld einen so großen Theil zu consolidiren, als das Ministerium vorgeschlagen; auch ist sie der Meinung, die Unzulänglichkeit der Einnahmen verflossener Jahre müsse durch Steuern und nicht durch ein Anlehen gedeckt werden. Endlich rechnet sie in den nächsten Jahren auf die Realisation von Summen, welche die hiesige alte Bank dem Staate verschuldet, und bringt daneben den Verkauf von Domänenwaldungen in Vorschlag. Hiegegen wird es nun wahrscheinlich nicht an Bedenken fehlen, daher man schwerlich bei der Summe von 65 Millionen stehen bleiben wird. Thäte man dieses doch, so bliebe die Nothwendigkeit eines neuen Anlehens innerhalb zwei Jahren in Aussicht gestellt, was nachtheilig auf die Bedingungen des jetzt zu eröffnenden einwirken dürfte. Uebrigens war es keineswegs die Absicht der Regierung, wenn ihr die 90 Mill. bewilligt würden, gleich diesen ganzen Betrag zu realisiren. Was die Bedingungen des Anlehens betrifft, so wünscht die Centralsection, daß dasselbe öffentlich dem Meistbietenden zugeschlagen werde.

Alles in Allem stets kritisirt wird, was bleibt da noch übrig? Kritik schärft die Geistesvermögen; so ist ein verständiger Zweifel die Wurzel alles Wissens; so wie aber Kritik und Zweifel zum Dinge selbst werden, so sind sie nichts Anderes als Gift, und können nur als Gift wirken. Mit den tüchtigen Geistesgaben der Franzosen sollten sie lernen bauen, gründen und nicht zerstören. Wer immer aufs Auflösen und Zerstören bedacht ist, stumpft die Waffe des Tadels ab, macht insensibel, befördert dann den Schlendrian, herbeigezogen durch moralische Stumpfheit. Stets gehässig angefochtene Menschen werden entweder wild, oder, was bei weitem häufiger ist, gegen allen Tadel gleichgültig und leben dann nur der Routine nach. – Aber leider hat die französische Colonie noch nicht den ihr gebührenden Generalgouverneur gefunden. Gegen Clauzel, welchem am meisten Capacität zugeschrieben worden, erhoben sich die gewaltigsten! Beschuldigungen; man warf ihm öffentlich vor, alle Eigenthumsrechte der Eingebornen verkannt zu haben, Afrika zu betrachten als ein braches Land, was einen wahren Schacher mit den dortigen Ländereien zur Folge hatte, und die Wurzel alles Hasses der Eingebornen wurde. In wie weit diese Anschuldigungen, welche noch neulich der National erhoben, wahr sind oder übertrieben, das ist niemals gehörig untersucht worden. Bugeaud ist ein tapferer Soldat, aber hat durch den unsinnigen Tractat an der Tafna Abd-El-Kaders Macht eigentlich gegründet. Gegen den Marschall Valée erheben sich einmüthige Stimmen, und man glaubte, unter den Colonisten und der Armee die tiefste Indisciplin zu bemerken; besonders hat sich der Courrier gegen ihn erhoben. Es heißt, der jetzige Kriegsminister soll nach Afrika gesendet werden; er würde dann im Geiste des Generals Damremont fortfahren, welcher noch am meisten Geschick in dieser höchst schwierigen Mission bewiesen haben soll. Auf alle Weise muß Frankreich die Besitznahme Algiers durchsetzen. Es ist dieß eine Nationalangelegenheit, ein großes Handelsinteresse, eine Sache der Civilisation. Dazu gehört es in die allgemeine Oekonomie der Vorsehung, welche, seit den englischen und russischen Eroberungen im Osten, gewissermaßen den Occident in den Orient hineinzukeilen bestrebt zu seyn scheint, nach höhern Planen einer allgemeinen Weltregierung, und zum Theil auch, damit der demokratische Occident nicht damit ende, sich in sich selbst zu verzehren. Da mögen nun die französischen Anticolonisten jammern wie sie wollen. „Es muß,“ dieses Wort einer providentiellen Weisheit macht ihre Kleinlautigkeit zu Schanden. Dieses Muß freilich muß verstanden und interpretirt werden, welches die Sache einer weisen Regierung ist. Denn ein solcher Ausspruch der Verhängnisse ist kein blindes Wollen.

Belgien.

Gestern kam in der Repräsentantenkammer der Bericht der Centralsection über das Project der Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika zum Vortrag. Je mehr man in der letzten Zeit diesen Gegenstand durchgesprochen und geprüft, um so günstiger hatten sich die Ansichten umgestimmt. Der Berichterstatter gesteht, eine Zeit lang habe der Widerspruch der Meinungen die Ansichten so sehr verwirrt, daß man zu keinem Schlusse habe gelangen können. Zuletzt sey man indessen dahin einig geworden, daß die Zweckmäßigkeit einer regelmäßigen Verbindung dieser Art nicht zu bestreiten sey, nur über die Mittel sie zu Werke zu stellen hat man sich mit dem Ministerium nicht verständigen können. Letzteres nämlich schlägt eine jährliche Subsidie von 400,000 Fr. an die zu errichtende Dampfschifffahrtsgesellschaft vor, wogegen dann nach vierzehn Jahren (was indessen in dem ursprünglichen Project nicht ausgesprochen war) mit dieser Gesellschaft eine Abkunft wegen Uebernahme des ganzen Geschäfts auf Rechnung des Staats zu treffen wäre. Die Centralsection dagegen ist dafür, daß man vierzehn Jahre lang eine jährliche Subsidie von 200,000 Fr. gebe, ohne jemals auf einen Rückkauf Anspruch zu machen. Diese Divergenz wird nun zu öffentlichen Debatten Anlaß geben, wobei dann immer auch noch das ganze Gesetz von mehr als einer Seite bekämpft werden wird, denn es liegen allerlei widerstreitende Interessen im Hintergrunde. So ist z. B. Ostende eifersüchtig auf Antwerpen, weil der Sitz dieser Unternehmung nur in letzterer Stadt aufgeschlagen werden kann, da der Hafen von Ostende nicht einmal für das Einlaufen größerer Dampfschiffe geeignet ist, und noch viel weniger in anderer Hinsicht mit Antwerpen in Vergleich treten darf. Ostende fürchtet also eher eine Verminderung als eine Vermehrung seiner Geschäfte durch die Realisation des Projects; die Wähler aber lassen sich durch das Localinteresse beherrschen, und von den Wählern hängen die Repräsentanten ab. Auf diese Weise drängt sich ein Conflict widerstreitender partieller Interessen in die Kammern ein, und erschwert oft, oder verhindert gar das Zustandekommen großartiger, auf das Ganze und die Zukunft gerichteter Unternehmungen. Aus demselben Localgeiste werden auch die Protestationen einiger Handelskammern hervorgehen, deren schon in der gestrigen Sitzung eine angekündigt wurde. Dagegen ist die Kammer von Verviers, im Verein mit den benachbarten, industriereichen Ortschaften entschieden zu Gunsten der Unternehmung aufgetreten, und ganz besonders interessirt sich auch der Antwerpener Handelsstand für die Sache. Was man nun auch über die Art der Mitwirkung der Regierung beschließen mag, so scheint doch jetzt das Unternehmen selbst der Zustimmung der Majorität sicher, auch wird das Gesetz ohne Zweifel noch vor dem Schlusse dieser Session zu Stande kommen. – Heute beginnen in der Repräsentantenkammer die Debatten über das von dem Ministerium vorgeschlagene Anlehen von 90 Millionen. Die Centralsection schlägt statt dieses Betrags nur ein Anlehen von 65 Millionen vor. Die Reduction soll zunächst die für die Eisenbahnen bestimmte Summe treffen. Zur Vollendung derselben sind nämlich im Ganzen noch 54 Millionen nöthig, die indessen erst im Laufe dreier Jahre zu erschöpfen wären. Die Centralsection ist daher der Meinung, es genüge einstweilen, eine Summe von 40 Millionen zu diesem Zweck aufzubringen. Sodann hält sie nicht für nöthig, von der bestehenden schwebenden Schuld einen so großen Theil zu consolidiren, als das Ministerium vorgeschlagen; auch ist sie der Meinung, die Unzulänglichkeit der Einnahmen verflossener Jahre müsse durch Steuern und nicht durch ein Anlehen gedeckt werden. Endlich rechnet sie in den nächsten Jahren auf die Realisation von Summen, welche die hiesige alte Bank dem Staate verschuldet, und bringt daneben den Verkauf von Domänenwaldungen in Vorschlag. Hiegegen wird es nun wahrscheinlich nicht an Bedenken fehlen, daher man schwerlich bei der Summe von 65 Millionen stehen bleiben wird. Thäte man dieses doch, so bliebe die Nothwendigkeit eines neuen Anlehens innerhalb zwei Jahren in Aussicht gestellt, was nachtheilig auf die Bedingungen des jetzt zu eröffnenden einwirken dürfte. Uebrigens war es keineswegs die Absicht der Regierung, wenn ihr die 90 Mill. bewilligt würden, gleich diesen ganzen Betrag zu realisiren. Was die Bedingungen des Anlehens betrifft, so wünscht die Centralsection, daß dasselbe öffentlich dem Meistbietenden zugeschlagen werde.

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[1291/0011] Alles in Allem stets kritisirt wird, was bleibt da noch übrig? Kritik schärft die Geistesvermögen; so ist ein verständiger Zweifel die Wurzel alles Wissens; so wie aber Kritik und Zweifel zum Dinge selbst werden, so sind sie nichts Anderes als Gift, und können nur als Gift wirken. Mit den tüchtigen Geistesgaben der Franzosen sollten sie lernen bauen, gründen und nicht zerstören. Wer immer aufs Auflösen und Zerstören bedacht ist, stumpft die Waffe des Tadels ab, macht insensibel, befördert dann den Schlendrian, herbeigezogen durch moralische Stumpfheit. Stets gehässig angefochtene Menschen werden entweder wild, oder, was bei weitem häufiger ist, gegen allen Tadel gleichgültig und leben dann nur der Routine nach. – Aber leider hat die französische Colonie noch nicht den ihr gebührenden Generalgouverneur gefunden. Gegen Clauzel, welchem am meisten Capacität zugeschrieben worden, erhoben sich die gewaltigsten! Beschuldigungen; man warf ihm öffentlich vor, alle Eigenthumsrechte der Eingebornen verkannt zu haben, Afrika zu betrachten als ein braches Land, was einen wahren Schacher mit den dortigen Ländereien zur Folge hatte, und die Wurzel alles Hasses der Eingebornen wurde. In wie weit diese Anschuldigungen, welche noch neulich der National erhoben, wahr sind oder übertrieben, das ist niemals gehörig untersucht worden. Bugeaud ist ein tapferer Soldat, aber hat durch den unsinnigen Tractat an der Tafna Abd-El-Kaders Macht eigentlich gegründet. Gegen den Marschall Valée erheben sich einmüthige Stimmen, und man glaubte, unter den Colonisten und der Armee die tiefste Indisciplin zu bemerken; besonders hat sich der Courrier gegen ihn erhoben. Es heißt, der jetzige Kriegsminister soll nach Afrika gesendet werden; er würde dann im Geiste des Generals Damremont fortfahren, welcher noch am meisten Geschick in dieser höchst schwierigen Mission bewiesen haben soll. Auf alle Weise muß Frankreich die Besitznahme Algiers durchsetzen. Es ist dieß eine Nationalangelegenheit, ein großes Handelsinteresse, eine Sache der Civilisation. Dazu gehört es in die allgemeine Oekonomie der Vorsehung, welche, seit den englischen und russischen Eroberungen im Osten, gewissermaßen den Occident in den Orient hineinzukeilen bestrebt zu seyn scheint, nach höhern Planen einer allgemeinen Weltregierung, und zum Theil auch, damit der demokratische Occident nicht damit ende, sich in sich selbst zu verzehren. Da mögen nun die französischen Anticolonisten jammern wie sie wollen. „Es muß,“ dieses Wort einer providentiellen Weisheit macht ihre Kleinlautigkeit zu Schanden. Dieses Muß freilich muß verstanden und interpretirt werden, welches die Sache einer weisen Regierung ist. Denn ein solcher Ausspruch der Verhängnisse ist kein blindes Wollen. Belgien. Brüssel, 2 Junius. Gestern kam in der Repräsentantenkammer der Bericht der Centralsection über das Project der Errichtung einer Dampfschifffahrt zwischen Belgien und Nordamerika zum Vortrag. Je mehr man in der letzten Zeit diesen Gegenstand durchgesprochen und geprüft, um so günstiger hatten sich die Ansichten umgestimmt. Der Berichterstatter gesteht, eine Zeit lang habe der Widerspruch der Meinungen die Ansichten so sehr verwirrt, daß man zu keinem Schlusse habe gelangen können. Zuletzt sey man indessen dahin einig geworden, daß die Zweckmäßigkeit einer regelmäßigen Verbindung dieser Art nicht zu bestreiten sey, nur über die Mittel sie zu Werke zu stellen hat man sich mit dem Ministerium nicht verständigen können. Letzteres nämlich schlägt eine jährliche Subsidie von 400,000 Fr. an die zu errichtende Dampfschifffahrtsgesellschaft vor, wogegen dann nach vierzehn Jahren (was indessen in dem ursprünglichen Project nicht ausgesprochen war) mit dieser Gesellschaft eine Abkunft wegen Uebernahme des ganzen Geschäfts auf Rechnung des Staats zu treffen wäre. Die Centralsection dagegen ist dafür, daß man vierzehn Jahre lang eine jährliche Subsidie von 200,000 Fr. gebe, ohne jemals auf einen Rückkauf Anspruch zu machen. Diese Divergenz wird nun zu öffentlichen Debatten Anlaß geben, wobei dann immer auch noch das ganze Gesetz von mehr als einer Seite bekämpft werden wird, denn es liegen allerlei widerstreitende Interessen im Hintergrunde. So ist z. B. Ostende eifersüchtig auf Antwerpen, weil der Sitz dieser Unternehmung nur in letzterer Stadt aufgeschlagen werden kann, da der Hafen von Ostende nicht einmal für das Einlaufen größerer Dampfschiffe geeignet ist, und noch viel weniger in anderer Hinsicht mit Antwerpen in Vergleich treten darf. Ostende fürchtet also eher eine Verminderung als eine Vermehrung seiner Geschäfte durch die Realisation des Projects; die Wähler aber lassen sich durch das Localinteresse beherrschen, und von den Wählern hängen die Repräsentanten ab. Auf diese Weise drängt sich ein Conflict widerstreitender partieller Interessen in die Kammern ein, und erschwert oft, oder verhindert gar das Zustandekommen großartiger, auf das Ganze und die Zukunft gerichteter Unternehmungen. Aus demselben Localgeiste werden auch die Protestationen einiger Handelskammern hervorgehen, deren schon in der gestrigen Sitzung eine angekündigt wurde. Dagegen ist die Kammer von Verviers, im Verein mit den benachbarten, industriereichen Ortschaften entschieden zu Gunsten der Unternehmung aufgetreten, und ganz besonders interessirt sich auch der Antwerpener Handelsstand für die Sache. Was man nun auch über die Art der Mitwirkung der Regierung beschließen mag, so scheint doch jetzt das Unternehmen selbst der Zustimmung der Majorität sicher, auch wird das Gesetz ohne Zweifel noch vor dem Schlusse dieser Session zu Stande kommen. – Heute beginnen in der Repräsentantenkammer die Debatten über das von dem Ministerium vorgeschlagene Anlehen von 90 Millionen. Die Centralsection schlägt statt dieses Betrags nur ein Anlehen von 65 Millionen vor. Die Reduction soll zunächst die für die Eisenbahnen bestimmte Summe treffen. Zur Vollendung derselben sind nämlich im Ganzen noch 54 Millionen nöthig, die indessen erst im Laufe dreier Jahre zu erschöpfen wären. Die Centralsection ist daher der Meinung, es genüge einstweilen, eine Summe von 40 Millionen zu diesem Zweck aufzubringen. Sodann hält sie nicht für nöthig, von der bestehenden schwebenden Schuld einen so großen Theil zu consolidiren, als das Ministerium vorgeschlagen; auch ist sie der Meinung, die Unzulänglichkeit der Einnahmen verflossener Jahre müsse durch Steuern und nicht durch ein Anlehen gedeckt werden. Endlich rechnet sie in den nächsten Jahren auf die Realisation von Summen, welche die hiesige alte Bank dem Staate verschuldet, und bringt daneben den Verkauf von Domänenwaldungen in Vorschlag. Hiegegen wird es nun wahrscheinlich nicht an Bedenken fehlen, daher man schwerlich bei der Summe von 65 Millionen stehen bleiben wird. Thäte man dieses doch, so bliebe die Nothwendigkeit eines neuen Anlehens innerhalb zwei Jahren in Aussicht gestellt, was nachtheilig auf die Bedingungen des jetzt zu eröffnenden einwirken dürfte. Uebrigens war es keineswegs die Absicht der Regierung, wenn ihr die 90 Mill. bewilligt würden, gleich diesen ganzen Betrag zu realisiren. Was die Bedingungen des Anlehens betrifft, so wünscht die Centralsection, daß dasselbe öffentlich dem Meistbietenden zugeschlagen werde.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 162. Augsburg, 10. Juni 1840, S. 1291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_162_18400610/11>, abgerufen am 21.11.2024.