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Allgemeine Zeitung. Nr. 158. Augsburg, 6. Juni 1840.

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Deputation der ersten Kammer. Ernst Gustav v. Gersdorf. Heinrich LXIII. Fürst Reuß. Curt Robert Frhr. v. Welck, Referent. Paul August Ritterstädt. Curt Ernst v. Posern."

Preußen.

Noch ist die Stadt voll von wogendem Volke, das heute an dem Feste König Friedrichs Theil genommen. Früh schon fanden sich alle Statuen, die als Monumente unsere öffentlichen Plätze zieren, bekränzt, und es war, als freuten sie sich darüber, nun endlich auch den Würdigsten bald in ihrer Mitte zu sehen. Noch vor wenigen Tagen war man zweifelhaft, ob und wo diese Feier stattfinden werde, bis der König, seiner Krankheit vergessend, den Befehl gab, keine Rücksicht auf diese zu nehmen und dem beschlossenen Monument an dem Tage, der ein neues Jahrhundert nach Friedrichs Thronbesteigung begann, Heiligung und Weihe zu geben. Was sich in den wenigen Tagen an würdiger Ausstattung des Festes aufbieten ließ, war herbeigeschafft worden. Der Platz, auf dem alle Stände des Volkes und des Landes vertreten waren, bot einen imposanten Anblick dar. Am rührendsten aber war der Gedanke, daß der König, der alles dieß angeordnet hatte, selber nicht daran Theil nehmen konnte. Auf einen Augenblick hatte er sich an das Fenster geleiten lassen, von wo aus er den Kronprinzen, assistirt von dem Großfürsten-Thronfolger von Rußland, der in derselben Stunde hier eingetroffen war, sehen konnte, als er den ersten Hammerschlag auf den Grundstein führte. Bald darauf zog sich Se. Maj. wieder zurück, und zwar, wie man vernimmt, von dem mit dem heutigen Tage nothwendig verbundenen Geräusch sichtbar angegriffen. Die Veteranen aus der Zeit Friedrichs wurden von dem geheimen Staatsrath Stägemann angeführt. Der älteste unter ihnen war ein 94jähriger Greis aus Spandau, der noch unter den Soldaten des siebenjährigen Krieges gedient hatte. Der hundertjährige Grolman war zu seinem großen Schmerz durch körperliches Leiden verhindert, sich den etwas jüngeren Commilitonen anzuschließen.

Die Feier des heutigen Tages, dieses wahrhaften Ehrentages der preußischen Monarchie, hat auf das erfreulichste begonnen. Den König, der in Folge seiner ernsten Kränklichkeit sich anfangs weniger für das Fest zu interessiren schien, hatte nach und nach eine solche Theilnahme, ja man darf sagen, eine solche Begeisterung dafür ergriffen, daß in den letzten Tagen eine festliche Anordnung über die andere getroffen wurde, um die Feierlichkeit zu erhöhen. Das Wetter schien schon vom frühesten Morgen an günstig, denn obgleich der Himmel leicht bedeckt war, so drang doch die steigende Sonne mehr und mehr hindurch. Ich muß zuerst einer zarten Ueberraschung gedenken, welche die Stadt Berlin dem Könige gemacht. Er fand nämlich bei seinem Erwachen vor dem Bett einen Lorbeerkranz auf einem Kissen mit der Inschrift: "Dem ruhmgekrönten Könige, die treue dankbare Stadt Berlin." Einen überraschenden Eindruck machte es für die Bewohner der Hauptstadt, daß man am Morgen sowohl die Bildsäule des großen Kurfürsten, als auch die sämmtlichen preußischen Helden, deren Standbilder sich an verschiedenen Plätzen befinden, mit rischen Lorbeerkränzen geschmückt fand, zumal aber die sechs Feldherren noch aus der Zeit Friedrichs des Großen, deren Bildsäulen auf dem Wilhelmsplatz stehen, nämlich Herzog von Dessau, Keith, Schwerin, Winterfeld, Seidlitz und Ziethen. Schon vom frühen Morgen an wogte die Menge in den Straßen nach dem Platze zu, wo die Grundsteinlegung vor sich gehen sollte. Die Grube war Tages zuvor eingetieft, und mit Rasen bekleidet worden. Von beiden Seiten des Platzes, quer über den Hof des Universitätsgebäudes, und am Opernplatz waren geräumige Tribunen errichtet, mit grünen Zweigen und Draperien festlich geschmückt, und hoch von flatternden Fahnen überweht. Die Menge harrte erwartungsvoll der beginnenden Festlichkeit. Viele, zu denen auch ich gehörte, begaben sich einstweilen in den Jagor'schen Saal (wo die Stadt für den Mittag ein großes Festmahl veranstaltet hatte), um die Decorirung desselben zu betrachten. Sie war wunderschön. An der Hauptwand befand sich ein großes Gemälde, Friedrich II in Lebensgröße, unmittelbar nach der Thronbesteigung gemalt, darstellend; über demselben wölbte sich eine Strahlenglorie, in welcher der Thierkreis, und das Sternbild "Friedrichsehre" sichtbar war. Die Flöte und der Degen des Monarchen, aus dem historischen Cabinet geliefert, kreuzten sich unterhalb des Bildes. Auf der Wand gegenüber sah man auf hohem Postament die Büste des jetzigen Königs. Der ganze Saal war rings mit Säulen, auf welchen geflügelte Victorien standen, und mit allegorischen Bildern, im Pompejanischen Geschmack verziert. Dieß Alles ruhte auf einem Grunde von weißen und rosa Draperien, so daß ein rosenrother Morgenschimmer den ganzen Raum erfüllte. Blumen, Kränze und Festons waren reichlich zwischen den Säulen gruppirt. Um halb 12 Uhr ertönten im Lustgarten drei Kanonenschüsse, welche das Signal zum Beginn der Feier gaben. Der ganze Platz war im Quadrat von Truppen umstellt; jedes Regiment der Garde hatte eine Compagnie gesendet. Außerdem waren Deputationen der Gewerke mit ihren Gewerksfahnen und Fahnenschwenkern erschienen, und nahmen eine Fronte quer über den Platz ein. Aus den geöffneten Pforten des Universitätshofes schritt jetzt der Zug der Beamten hervor, die zur nähern Theilnahme an der Feier eingeladen waren. Er eröffnete sich mit den Veteranen des Civils und Militärs, die schon unter dem großen Friedrich in Diensten standen. Zu gleicher Zeit begaben sich sämmtliche Prinzen und die Generalität an den Ort des Denkmals. Alle Truppen präsentirten das Gewehr; eine Fanfarre von Trompeten und Pauken ertönte, die Banner wurden geschwenkt. Der Gouverneur, General Müssling, hielt am Grundstein eine Rede. Nach derselben nahm Se. königl. Hoheit der Kronprinz aus der Hand des Ministers, Hrn. v. Rochow, die Maurerkelle und den Hammer, um üblicherweise die ersten Handgriffe zum Werke zu thun. Ihm folgten die andern Prinzen. Während dieses Actes erschallten abermals Trommeln und Trompeten, im Lustgarten ertönten 100 Kanonenschüsse, und das Hurrah der Truppen und der Jubelruf des Volkes mischten sich in diese Klänge. Dieser Augenblick war in der That erhebend, der Ueberblick großartig. Die Zuschauer füllten alle Fenster, bedeckten alle Dächer der umliegenden Prachtgebäude, man sah sie schwindelnd auf den höchsten Dachfirsten. Auch die alten Bäume umher waren bis in die Gipfel von Knaben erklettert. Mit der Weihe des Denkmals unter dem Geläute aller Glocken, durch den Bischof Dr. Eylert an der Spitze der ganzen Geistlichkeit, beschloß sich die Feier. - Diesen Mittag gaben die städtischen Behörden ein Festmahl von 250 Gedecken im Jagor'schen Saal. Alle Minister sind geladen, und werden erscheinen, deßgleichen viele andere hochgestellte Personen. Alexander v. Humboldt hat die Einladung, weil auch zugleich die Akademie der Wissenschaften das Andenken ihres Stifters durch ein Gastmahl begeht, ablehnen müssen.

Serbien.

Fürst Michael verließ vorgestern Belgrad, um das Land zu bereisen, und die herrschende Unzufriedenheit durch seine Gegenwart zu beschwichtigen. Vor seiner Abreise ward noch der bisherige Minister des Innern, Hr. v. Protitsch, zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten

Deputation der ersten Kammer. Ernst Gustav v. Gersdorf. Heinrich LXIII. Fürst Reuß. Curt Robert Frhr. v. Welck, Referent. Paul August Ritterstädt. Curt Ernst v. Posern.“

Preußen.

Noch ist die Stadt voll von wogendem Volke, das heute an dem Feste König Friedrichs Theil genommen. Früh schon fanden sich alle Statuen, die als Monumente unsere öffentlichen Plätze zieren, bekränzt, und es war, als freuten sie sich darüber, nun endlich auch den Würdigsten bald in ihrer Mitte zu sehen. Noch vor wenigen Tagen war man zweifelhaft, ob und wo diese Feier stattfinden werde, bis der König, seiner Krankheit vergessend, den Befehl gab, keine Rücksicht auf diese zu nehmen und dem beschlossenen Monument an dem Tage, der ein neues Jahrhundert nach Friedrichs Thronbesteigung begann, Heiligung und Weihe zu geben. Was sich in den wenigen Tagen an würdiger Ausstattung des Festes aufbieten ließ, war herbeigeschafft worden. Der Platz, auf dem alle Stände des Volkes und des Landes vertreten waren, bot einen imposanten Anblick dar. Am rührendsten aber war der Gedanke, daß der König, der alles dieß angeordnet hatte, selber nicht daran Theil nehmen konnte. Auf einen Augenblick hatte er sich an das Fenster geleiten lassen, von wo aus er den Kronprinzen, assistirt von dem Großfürsten-Thronfolger von Rußland, der in derselben Stunde hier eingetroffen war, sehen konnte, als er den ersten Hammerschlag auf den Grundstein führte. Bald darauf zog sich Se. Maj. wieder zurück, und zwar, wie man vernimmt, von dem mit dem heutigen Tage nothwendig verbundenen Geräusch sichtbar angegriffen. Die Veteranen aus der Zeit Friedrichs wurden von dem geheimen Staatsrath Stägemann angeführt. Der älteste unter ihnen war ein 94jähriger Greis aus Spandau, der noch unter den Soldaten des siebenjährigen Krieges gedient hatte. Der hundertjährige Grolman war zu seinem großen Schmerz durch körperliches Leiden verhindert, sich den etwas jüngeren Commilitonen anzuschließen.

Die Feier des heutigen Tages, dieses wahrhaften Ehrentages der preußischen Monarchie, hat auf das erfreulichste begonnen. Den König, der in Folge seiner ernsten Kränklichkeit sich anfangs weniger für das Fest zu interessiren schien, hatte nach und nach eine solche Theilnahme, ja man darf sagen, eine solche Begeisterung dafür ergriffen, daß in den letzten Tagen eine festliche Anordnung über die andere getroffen wurde, um die Feierlichkeit zu erhöhen. Das Wetter schien schon vom frühesten Morgen an günstig, denn obgleich der Himmel leicht bedeckt war, so drang doch die steigende Sonne mehr und mehr hindurch. Ich muß zuerst einer zarten Ueberraschung gedenken, welche die Stadt Berlin dem Könige gemacht. Er fand nämlich bei seinem Erwachen vor dem Bett einen Lorbeerkranz auf einem Kissen mit der Inschrift: „Dem ruhmgekrönten Könige, die treue dankbare Stadt Berlin.“ Einen überraschenden Eindruck machte es für die Bewohner der Hauptstadt, daß man am Morgen sowohl die Bildsäule des großen Kurfürsten, als auch die sämmtlichen preußischen Helden, deren Standbilder sich an verschiedenen Plätzen befinden, mit rischen Lorbeerkränzen geschmückt fand, zumal aber die sechs Feldherren noch aus der Zeit Friedrichs des Großen, deren Bildsäulen auf dem Wilhelmsplatz stehen, nämlich Herzog von Dessau, Keith, Schwerin, Winterfeld, Seidlitz und Ziethen. Schon vom frühen Morgen an wogte die Menge in den Straßen nach dem Platze zu, wo die Grundsteinlegung vor sich gehen sollte. Die Grube war Tages zuvor eingetieft, und mit Rasen bekleidet worden. Von beiden Seiten des Platzes, quer über den Hof des Universitätsgebäudes, und am Opernplatz waren geräumige Tribunen errichtet, mit grünen Zweigen und Draperien festlich geschmückt, und hoch von flatternden Fahnen überweht. Die Menge harrte erwartungsvoll der beginnenden Festlichkeit. Viele, zu denen auch ich gehörte, begaben sich einstweilen in den Jagor'schen Saal (wo die Stadt für den Mittag ein großes Festmahl veranstaltet hatte), um die Decorirung desselben zu betrachten. Sie war wunderschön. An der Hauptwand befand sich ein großes Gemälde, Friedrich II in Lebensgröße, unmittelbar nach der Thronbesteigung gemalt, darstellend; über demselben wölbte sich eine Strahlenglorie, in welcher der Thierkreis, und das Sternbild „Friedrichsehre“ sichtbar war. Die Flöte und der Degen des Monarchen, aus dem historischen Cabinet geliefert, kreuzten sich unterhalb des Bildes. Auf der Wand gegenüber sah man auf hohem Postament die Büste des jetzigen Königs. Der ganze Saal war rings mit Säulen, auf welchen geflügelte Victorien standen, und mit allegorischen Bildern, im Pompejanischen Geschmack verziert. Dieß Alles ruhte auf einem Grunde von weißen und rosa Draperien, so daß ein rosenrother Morgenschimmer den ganzen Raum erfüllte. Blumen, Kränze und Festons waren reichlich zwischen den Säulen gruppirt. Um halb 12 Uhr ertönten im Lustgarten drei Kanonenschüsse, welche das Signal zum Beginn der Feier gaben. Der ganze Platz war im Quadrat von Truppen umstellt; jedes Regiment der Garde hatte eine Compagnie gesendet. Außerdem waren Deputationen der Gewerke mit ihren Gewerksfahnen und Fahnenschwenkern erschienen, und nahmen eine Fronte quer über den Platz ein. Aus den geöffneten Pforten des Universitätshofes schritt jetzt der Zug der Beamten hervor, die zur nähern Theilnahme an der Feier eingeladen waren. Er eröffnete sich mit den Veteranen des Civils und Militärs, die schon unter dem großen Friedrich in Diensten standen. Zu gleicher Zeit begaben sich sämmtliche Prinzen und die Generalität an den Ort des Denkmals. Alle Truppen präsentirten das Gewehr; eine Fanfarre von Trompeten und Pauken ertönte, die Banner wurden geschwenkt. Der Gouverneur, General Müssling, hielt am Grundstein eine Rede. Nach derselben nahm Se. königl. Hoheit der Kronprinz aus der Hand des Ministers, Hrn. v. Rochow, die Maurerkelle und den Hammer, um üblicherweise die ersten Handgriffe zum Werke zu thun. Ihm folgten die andern Prinzen. Während dieses Actes erschallten abermals Trommeln und Trompeten, im Lustgarten ertönten 100 Kanonenschüsse, und das Hurrah der Truppen und der Jubelruf des Volkes mischten sich in diese Klänge. Dieser Augenblick war in der That erhebend, der Ueberblick großartig. Die Zuschauer füllten alle Fenster, bedeckten alle Dächer der umliegenden Prachtgebäude, man sah sie schwindelnd auf den höchsten Dachfirsten. Auch die alten Bäume umher waren bis in die Gipfel von Knaben erklettert. Mit der Weihe des Denkmals unter dem Geläute aller Glocken, durch den Bischof Dr. Eylert an der Spitze der ganzen Geistlichkeit, beschloß sich die Feier. – Diesen Mittag gaben die städtischen Behörden ein Festmahl von 250 Gedecken im Jagor'schen Saal. Alle Minister sind geladen, und werden erscheinen, deßgleichen viele andere hochgestellte Personen. Alexander v. Humboldt hat die Einladung, weil auch zugleich die Akademie der Wissenschaften das Andenken ihres Stifters durch ein Gastmahl begeht, ablehnen müssen.

Serbien.

Fürst Michael verließ vorgestern Belgrad, um das Land zu bereisen, und die herrschende Unzufriedenheit durch seine Gegenwart zu beschwichtigen. Vor seiner Abreise ward noch der bisherige Minister des Innern, Hr. v. Protitsch, zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten

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Er fand nämlich bei seinem Erwachen vor dem Bett einen Lorbeerkranz auf einem Kissen mit der Inschrift: &#x201E;Dem ruhmgekrönten Könige, die treue dankbare Stadt Berlin.&#x201C; Einen überraschenden Eindruck machte es für die Bewohner der Hauptstadt, daß man am Morgen sowohl die Bildsäule des großen Kurfürsten, als auch die sämmtlichen preußischen Helden, deren Standbilder sich an verschiedenen Plätzen befinden, mit rischen Lorbeerkränzen geschmückt fand, zumal aber die sechs Feldherren noch aus der Zeit Friedrichs des Großen, deren Bildsäulen auf dem Wilhelmsplatz stehen, nämlich Herzog von Dessau, Keith, Schwerin, Winterfeld, Seidlitz und Ziethen. Schon vom frühen Morgen an wogte die Menge in den Straßen nach dem Platze zu, wo die Grundsteinlegung vor sich gehen sollte. Die Grube war Tages zuvor eingetieft, und mit Rasen bekleidet worden. Von beiden Seiten des Platzes, quer über den Hof des Universitätsgebäudes, und am Opernplatz waren geräumige Tribunen errichtet, mit grünen Zweigen und Draperien festlich geschmückt, und hoch von flatternden Fahnen überweht. Die Menge harrte erwartungsvoll der beginnenden Festlichkeit. Viele, zu denen auch ich gehörte, begaben sich einstweilen in den Jagor'schen Saal (wo die Stadt für den Mittag ein großes Festmahl veranstaltet hatte), um die Decorirung desselben zu betrachten. Sie war wunderschön. An der Hauptwand befand sich ein großes Gemälde, Friedrich II in Lebensgröße, unmittelbar nach der Thronbesteigung gemalt, darstellend; über demselben wölbte sich eine Strahlenglorie, in welcher der Thierkreis, und das Sternbild &#x201E;Friedrichsehre&#x201C; sichtbar war. Die Flöte und der Degen des Monarchen, aus dem historischen Cabinet geliefert, kreuzten sich unterhalb des Bildes. Auf der Wand gegenüber sah man auf hohem Postament die Büste des jetzigen Königs. Der ganze Saal war rings mit Säulen, auf welchen geflügelte Victorien standen, und mit allegorischen Bildern, im Pompejanischen Geschmack verziert. Dieß Alles ruhte auf einem Grunde von weißen und rosa Draperien, so daß ein rosenrother Morgenschimmer den ganzen Raum erfüllte. Blumen, Kränze und Festons waren reichlich zwischen den Säulen gruppirt. Um halb 12 Uhr ertönten im Lustgarten drei Kanonenschüsse, welche das Signal zum Beginn der Feier gaben. Der ganze Platz war im Quadrat von Truppen umstellt; jedes Regiment der Garde hatte eine Compagnie gesendet. Außerdem waren Deputationen der Gewerke mit ihren Gewerksfahnen und Fahnenschwenkern erschienen, und nahmen eine Fronte quer über den Platz ein. Aus den geöffneten Pforten des Universitätshofes schritt jetzt der Zug der Beamten hervor, die zur nähern Theilnahme an der Feier eingeladen waren. Er eröffnete sich mit den Veteranen des Civils und Militärs, die schon unter dem großen Friedrich in Diensten standen. Zu gleicher Zeit begaben sich sämmtliche Prinzen und die Generalität an den Ort des Denkmals. Alle Truppen präsentirten das Gewehr; eine Fanfarre von Trompeten und Pauken ertönte, die Banner wurden geschwenkt. Der Gouverneur, General Müssling, hielt am Grundstein eine Rede. Nach derselben nahm Se. königl. Hoheit der Kronprinz aus der Hand des Ministers, Hrn. v. Rochow, die Maurerkelle und den Hammer, um üblicherweise die ersten Handgriffe zum Werke zu thun. Ihm folgten die andern Prinzen. Während dieses Actes erschallten abermals Trommeln und Trompeten, im Lustgarten ertönten 100 Kanonenschüsse, und das Hurrah der Truppen und der Jubelruf des Volkes mischten sich in diese Klänge. Dieser Augenblick war in der That erhebend, der Ueberblick großartig. Die Zuschauer füllten alle Fenster, bedeckten alle Dächer der umliegenden Prachtgebäude, man sah sie schwindelnd auf den höchsten Dachfirsten. Auch die alten Bäume umher waren bis in die Gipfel von Knaben erklettert. Mit der Weihe des Denkmals unter dem Geläute aller Glocken, durch den Bischof Dr. Eylert an der Spitze der ganzen Geistlichkeit, beschloß sich die Feier. &#x2013; Diesen Mittag gaben die städtischen Behörden ein Festmahl von 250 Gedecken im Jagor'schen Saal. Alle Minister sind geladen, und werden erscheinen, deßgleichen viele andere hochgestellte Personen. Alexander v. Humboldt hat die Einladung, weil auch zugleich die Akademie der Wissenschaften das Andenken ihres Stifters durch ein Gastmahl begeht, ablehnen müssen.</p><lb/>
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[1263/0007] Deputation der ersten Kammer. Ernst Gustav v. Gersdorf. Heinrich LXIII. Fürst Reuß. Curt Robert Frhr. v. Welck, Referent. Paul August Ritterstädt. Curt Ernst v. Posern.“ Preußen. _ Berlin, 1 Jun. Noch ist die Stadt voll von wogendem Volke, das heute an dem Feste König Friedrichs Theil genommen. Früh schon fanden sich alle Statuen, die als Monumente unsere öffentlichen Plätze zieren, bekränzt, und es war, als freuten sie sich darüber, nun endlich auch den Würdigsten bald in ihrer Mitte zu sehen. Noch vor wenigen Tagen war man zweifelhaft, ob und wo diese Feier stattfinden werde, bis der König, seiner Krankheit vergessend, den Befehl gab, keine Rücksicht auf diese zu nehmen und dem beschlossenen Monument an dem Tage, der ein neues Jahrhundert nach Friedrichs Thronbesteigung begann, Heiligung und Weihe zu geben. Was sich in den wenigen Tagen an würdiger Ausstattung des Festes aufbieten ließ, war herbeigeschafft worden. Der Platz, auf dem alle Stände des Volkes und des Landes vertreten waren, bot einen imposanten Anblick dar. Am rührendsten aber war der Gedanke, daß der König, der alles dieß angeordnet hatte, selber nicht daran Theil nehmen konnte. Auf einen Augenblick hatte er sich an das Fenster geleiten lassen, von wo aus er den Kronprinzen, assistirt von dem Großfürsten-Thronfolger von Rußland, der in derselben Stunde hier eingetroffen war, sehen konnte, als er den ersten Hammerschlag auf den Grundstein führte. Bald darauf zog sich Se. Maj. wieder zurück, und zwar, wie man vernimmt, von dem mit dem heutigen Tage nothwendig verbundenen Geräusch sichtbar angegriffen. Die Veteranen aus der Zeit Friedrichs wurden von dem geheimen Staatsrath Stägemann angeführt. Der älteste unter ihnen war ein 94jähriger Greis aus Spandau, der noch unter den Soldaten des siebenjährigen Krieges gedient hatte. Der hundertjährige Grolman war zu seinem großen Schmerz durch körperliches Leiden verhindert, sich den etwas jüngeren Commilitonen anzuschließen. _ Berlin, 1 Jun. Die Feier des heutigen Tages, dieses wahrhaften Ehrentages der preußischen Monarchie, hat auf das erfreulichste begonnen. Den König, der in Folge seiner ernsten Kränklichkeit sich anfangs weniger für das Fest zu interessiren schien, hatte nach und nach eine solche Theilnahme, ja man darf sagen, eine solche Begeisterung dafür ergriffen, daß in den letzten Tagen eine festliche Anordnung über die andere getroffen wurde, um die Feierlichkeit zu erhöhen. Das Wetter schien schon vom frühesten Morgen an günstig, denn obgleich der Himmel leicht bedeckt war, so drang doch die steigende Sonne mehr und mehr hindurch. Ich muß zuerst einer zarten Ueberraschung gedenken, welche die Stadt Berlin dem Könige gemacht. Er fand nämlich bei seinem Erwachen vor dem Bett einen Lorbeerkranz auf einem Kissen mit der Inschrift: „Dem ruhmgekrönten Könige, die treue dankbare Stadt Berlin.“ Einen überraschenden Eindruck machte es für die Bewohner der Hauptstadt, daß man am Morgen sowohl die Bildsäule des großen Kurfürsten, als auch die sämmtlichen preußischen Helden, deren Standbilder sich an verschiedenen Plätzen befinden, mit rischen Lorbeerkränzen geschmückt fand, zumal aber die sechs Feldherren noch aus der Zeit Friedrichs des Großen, deren Bildsäulen auf dem Wilhelmsplatz stehen, nämlich Herzog von Dessau, Keith, Schwerin, Winterfeld, Seidlitz und Ziethen. Schon vom frühen Morgen an wogte die Menge in den Straßen nach dem Platze zu, wo die Grundsteinlegung vor sich gehen sollte. Die Grube war Tages zuvor eingetieft, und mit Rasen bekleidet worden. Von beiden Seiten des Platzes, quer über den Hof des Universitätsgebäudes, und am Opernplatz waren geräumige Tribunen errichtet, mit grünen Zweigen und Draperien festlich geschmückt, und hoch von flatternden Fahnen überweht. Die Menge harrte erwartungsvoll der beginnenden Festlichkeit. Viele, zu denen auch ich gehörte, begaben sich einstweilen in den Jagor'schen Saal (wo die Stadt für den Mittag ein großes Festmahl veranstaltet hatte), um die Decorirung desselben zu betrachten. Sie war wunderschön. An der Hauptwand befand sich ein großes Gemälde, Friedrich II in Lebensgröße, unmittelbar nach der Thronbesteigung gemalt, darstellend; über demselben wölbte sich eine Strahlenglorie, in welcher der Thierkreis, und das Sternbild „Friedrichsehre“ sichtbar war. Die Flöte und der Degen des Monarchen, aus dem historischen Cabinet geliefert, kreuzten sich unterhalb des Bildes. Auf der Wand gegenüber sah man auf hohem Postament die Büste des jetzigen Königs. Der ganze Saal war rings mit Säulen, auf welchen geflügelte Victorien standen, und mit allegorischen Bildern, im Pompejanischen Geschmack verziert. Dieß Alles ruhte auf einem Grunde von weißen und rosa Draperien, so daß ein rosenrother Morgenschimmer den ganzen Raum erfüllte. Blumen, Kränze und Festons waren reichlich zwischen den Säulen gruppirt. Um halb 12 Uhr ertönten im Lustgarten drei Kanonenschüsse, welche das Signal zum Beginn der Feier gaben. Der ganze Platz war im Quadrat von Truppen umstellt; jedes Regiment der Garde hatte eine Compagnie gesendet. Außerdem waren Deputationen der Gewerke mit ihren Gewerksfahnen und Fahnenschwenkern erschienen, und nahmen eine Fronte quer über den Platz ein. Aus den geöffneten Pforten des Universitätshofes schritt jetzt der Zug der Beamten hervor, die zur nähern Theilnahme an der Feier eingeladen waren. Er eröffnete sich mit den Veteranen des Civils und Militärs, die schon unter dem großen Friedrich in Diensten standen. Zu gleicher Zeit begaben sich sämmtliche Prinzen und die Generalität an den Ort des Denkmals. Alle Truppen präsentirten das Gewehr; eine Fanfarre von Trompeten und Pauken ertönte, die Banner wurden geschwenkt. Der Gouverneur, General Müssling, hielt am Grundstein eine Rede. Nach derselben nahm Se. königl. Hoheit der Kronprinz aus der Hand des Ministers, Hrn. v. Rochow, die Maurerkelle und den Hammer, um üblicherweise die ersten Handgriffe zum Werke zu thun. Ihm folgten die andern Prinzen. Während dieses Actes erschallten abermals Trommeln und Trompeten, im Lustgarten ertönten 100 Kanonenschüsse, und das Hurrah der Truppen und der Jubelruf des Volkes mischten sich in diese Klänge. Dieser Augenblick war in der That erhebend, der Ueberblick großartig. Die Zuschauer füllten alle Fenster, bedeckten alle Dächer der umliegenden Prachtgebäude, man sah sie schwindelnd auf den höchsten Dachfirsten. Auch die alten Bäume umher waren bis in die Gipfel von Knaben erklettert. Mit der Weihe des Denkmals unter dem Geläute aller Glocken, durch den Bischof Dr. Eylert an der Spitze der ganzen Geistlichkeit, beschloß sich die Feier. – Diesen Mittag gaben die städtischen Behörden ein Festmahl von 250 Gedecken im Jagor'schen Saal. Alle Minister sind geladen, und werden erscheinen, deßgleichen viele andere hochgestellte Personen. Alexander v. Humboldt hat die Einladung, weil auch zugleich die Akademie der Wissenschaften das Andenken ihres Stifters durch ein Gastmahl begeht, ablehnen müssen. Serbien. _ Semlin, 20 Mai. Fürst Michael verließ vorgestern Belgrad, um das Land zu bereisen, und die herrschende Unzufriedenheit durch seine Gegenwart zu beschwichtigen. Vor seiner Abreise ward noch der bisherige Minister des Innern, Hr. v. Protitsch, zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 158. Augsburg, 6. Juni 1840, S. 1263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_158_18400606/7>, abgerufen am 19.04.2024.