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Allgemeine Zeitung. Nr. 146. Augsburg, 25. Mai 1840.

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Braut und der akatholische Bräutigam freiwillig und aus eigenem Antriebe wünschen, daß die Ehe vor dem katholischen Seelsorger geschlossen werde, und wenn sie, um des Segens theilhaftig zu werden, sich freiwillig und aus eigenem Antriebe zugleich dahin erklären, daß sie die Grundsätze und Vorschriften der katholischen Kirche hinsichtlich der gemischten Ehen befolgen wollen. Die Protestanten aber und die mit ihnen stimmenden katholischen Magnaten sind auf diesen Antrag des Fürsten-Primas nicht eingegangen.

Griechenland.

Mehr als je zeigen sich dieses Jahr die Klephten und beunruhigen das Land. Die Regierung hat auf die Köpfe verschiedener Klephten-Häuptlinge nicht unbedeutende Summen gesetzt. Schon mehrere dieser Preise wurden verdient. Erst vor wenigen Wochen attakirten die Landleute bei Theben drei Räuber. Einem gelang es, zu entfliehen; ein zweiter wurde gefangen und der dritte im Kampfe getödtet. Dem Gefangenen gaben die Bauern den Kopf seines todten Cameraden in die Hand und transportirten ihn so nach der Hauptstadt. Daß diese grelle Scene in den Straßen Athens großes Aufsehen machte, kann man sich denken. - Der von unserm Minister des Aeußern, Hrn. Zographos, dem König zur Unterzeichnung vorgelegte Freundschafts- und Handelstractat zwischen Griechenland und der Pforte wurde von Sr. Maj. nicht genehmigt. Derselbe enthält Punkte, die zum großen Nachtheil für das neue hellenische Reich gereichen würden. Unsere Zeitungen fallen arg über Hrn. Zographos her, und man spricht schon von seiner Entlassung. Während dieses Sturmes, der über Hrn. Zographos ausbrach, hat sich dieser in den Hafen der Ehe geflüchtet. Er heirathete vor wenigen Tagen eine Tochter des Hrn. M. Soutzo, frühern Gesandten am St. Petersburger Hofe. - Der Hofmarschall und Obersthofmeister der Königin, Hr. Karl Soutzo, hat einen viermonatlichen Urlaub erhalten, um auf seine Güter in der Wallachei zu gehen. Dessen Function wurde einstweilen dem Obrist und Adjutanten des Königs, v. Heß übertragen. - Ihre Majestäten verließen am 9 d. die Hauptstadt, um mit dem Dampfschiff Otto nach dem Isthmus von Corinth zu fahren. Von dort unternehmen die Majestäten eine Landreise in den Peloponnes, die sich auf einen Monat erstrecken dürfte. In dem Gefolge befinden sich Professor Dr. Roß und Architekt Hansen. Der königliche Zug bei einer solchen Reise ist stets interessant, da er aus einem großen Gefolge nebst 60 bis 70 Saumthieren, von einer starken berittenen Militär-Escorte begleitet, besteht. - Mit dem heutigen österreichischen Dampfschiffe verläßt uns der königlich bayerische Gesandte Graf Waldkirch und der preußische, Brassier de St. Simon. Letzterer geht nur in Urlaub. Der berühmte Archäolog Ottfried Müller, der sich mit Dr. Schöll schon einige Wochen hier aufhält, hat mit letzterem ebenfalls eine Reise nach dem Peloponnes unternommen.

Türkei.

Die griechischen Osterfeiertage sind vorüber, ohne daß die angekündigte Bewegung der Christen stattgefunden hätte. Weder in Adrianopel, noch in irgend einer andern Stadt sind, so weit die Nachrichten reichen, Unruhen ausgebrochen. Auch die türkische Bevölkerung verhielt sich überall ruhig. Natürlich konnte die herrschende Spannung nicht plötzlich aufhören; sie besteht noch immer und hat vielleicht eine noch größere Ausdehnung gewonnen; allein ihre Intensität hat sich zuverlässig vermindert, so daß man mit Grund annehmen darf, daß sobald ein Theil der am meisten compromittirten Paschas von ihren Posten entfernt seyn wird, auch die Ruhe nicht weiter bedroht seyn dürfte. Tahir Pascha von Aydin ward abgesetzt, ihm der Nischan abgenommen, und eine in ungnädigen Ausdrücken abgefaßte Mißbilligung seines Benehmens von der Pforte zugestellt. Tahir Pascha begann seine Laufbahn in der Marine, stieg nach und nach zum Range eines Kapudan-Beg, kämpfte als solcher mit in der Schlacht von Navarin und ward später zum Kapudan Pascha ernannt, dann abgesetzt, in der Folge zum Muschir von Aydin erhoben und jetzt wieder seines Amtes entsetzt. Er ist nach dem unparteiischen Urtheil der Osmanen und der Europäer, die ihn genauer kennen, der ausgezeichnetste Seemann der türkischen Marine, empfänglich für jede Verbesserung, überzeugt von den großen Mängeln, an denen das türkische Seewesen leidet, Anhänger der Reform, tapfer, einsichtsvoll, entschlossen. Wie er dem verstorbenen Kaiser unter allen Verhältnissen ein treuer Diener war, ebenso zeichnete er sich durch seine loyalen Gesinnungen gegen den jetzt regierenden Monarchen aus. Als Mahmud vor ungefähr anderthalb Jahren der großen, durch unerhörte Anstrengungen erbauten Flotte Ahmed Fewzi als Kapudan Pascha vorgesetzt hatte, erhoben sich alle Stimmen gegen diese Wahl. Ahmed Fewzi war ein feiner, polirter Hofmann, unfähig auch nur das kleinste Kriegsschiff zu commandiren; das damals herrschende dunkle Vorgefühl von herannahenden großen Ereignissen, von einem bevorstehenden Conflict mit Aegypten gab diese Wahl der allgemeinen, unverhohlenen Mißbilligung frei. Man schrie nach Tahir Pascha, dem abgesetzten Kapudan Pascha; ihn allein hielt man für fähig, die Flotte zum Sieg zu führen, und obwohl damals Niemand eine Ahnung hatte weder von dem verrätherischen Geiste Ahmed Fewzi's, noch von der Gefahr, die dem Leben des Sultans drohte, so brachte doch diese Ernennung eine allgemeine Verstimmung hervor. Das Selbstgefühl Tahirs mußte bei dieser Gelegenheit einen Sieg feiern; doch der Pascha ward vom Sultan selbst nicht beachtet und vergessen, vielleicht nicht mit Unrecht. Denn dieser sonst ausgezeichnete Mann ist von einem Laster befleckt, das, wir müssen es gestehen, geeignet ist, alle seine guten Seiten zu verdunkeln. Er, der vielleicht bestimmt war, der Pforte die sicherste Stütze gegen den übermächtigen Vicekönig zu gewähren, dessen Ernennung zum Großadmiral zum wenigsten den empfindlichsten Verlust, den Verlust der osmanischen Kriegsmarine, verhindert hätte, unterscheidet sich in seiner barbarischen Grausamkeit kaum von den reißenden Thieren der Wüste. Wenn Tahir Pascha in Wuth geräth, und dieß geschieht nur zu oft, kennt er keine Gränzen, kein menschliches Gefühl, und seine Opfer fallen unter ausgesuchten Martern. Wiederholte Anfälle dieser Wuth auf der Flotte nöthigten den verstorbenen Kaiser zu dessen Absetzung, und obwohl er nun sich bedeutend gemäßigt haben soll, ward er doch der Grausamkeit angeklagt, schuldig befunden und abgesetzt. Man kann sich eines tiefen Bedauerns nicht erwehren, daß eine sonst so ausgezeichnete Persönlichkeit durch ihre Härte und Unmenschlichkeit für die Pforte ganz ohne Nutzen bleiben und von jedem öffentlichen Amte entfernt werden soll. Auf keinen Fall steht übrigens Tahirs Abdankung mit der jetzt herrschenden Bewegung in Verbindung, es wäre denn, daß man Furcht hegte, daß der Muschir durch sein Benehmen die herrschende Unzufriedenheit vermehren dürfte. Man will wissen, daß Tahir Pascha in der Folge beim Divan verwendet werden solle; es scheint aber die unbedingte Ungnade, in die er verfallen, mit dieser Vermuthung in Widerspruch zu stehen. - Aus Alexandrien wird gemeldet, daß auf das energische Einschreiten des österreichischen Consuls Mehemed Ali den Befehl nach Damaskus ergehen ließ, daß die Untersuchung gegen die des Mordes

Braut und der akatholische Bräutigam freiwillig und aus eigenem Antriebe wünschen, daß die Ehe vor dem katholischen Seelsorger geschlossen werde, und wenn sie, um des Segens theilhaftig zu werden, sich freiwillig und aus eigenem Antriebe zugleich dahin erklären, daß sie die Grundsätze und Vorschriften der katholischen Kirche hinsichtlich der gemischten Ehen befolgen wollen. Die Protestanten aber und die mit ihnen stimmenden katholischen Magnaten sind auf diesen Antrag des Fürsten-Primas nicht eingegangen.

Griechenland.

Mehr als je zeigen sich dieses Jahr die Klephten und beunruhigen das Land. Die Regierung hat auf die Köpfe verschiedener Klephten-Häuptlinge nicht unbedeutende Summen gesetzt. Schon mehrere dieser Preise wurden verdient. Erst vor wenigen Wochen attakirten die Landleute bei Theben drei Räuber. Einem gelang es, zu entfliehen; ein zweiter wurde gefangen und der dritte im Kampfe getödtet. Dem Gefangenen gaben die Bauern den Kopf seines todten Cameraden in die Hand und transportirten ihn so nach der Hauptstadt. Daß diese grelle Scene in den Straßen Athens großes Aufsehen machte, kann man sich denken. – Der von unserm Minister des Aeußern, Hrn. Zographos, dem König zur Unterzeichnung vorgelegte Freundschafts- und Handelstractat zwischen Griechenland und der Pforte wurde von Sr. Maj. nicht genehmigt. Derselbe enthält Punkte, die zum großen Nachtheil für das neue hellenische Reich gereichen würden. Unsere Zeitungen fallen arg über Hrn. Zographos her, und man spricht schon von seiner Entlassung. Während dieses Sturmes, der über Hrn. Zographos ausbrach, hat sich dieser in den Hafen der Ehe geflüchtet. Er heirathete vor wenigen Tagen eine Tochter des Hrn. M. Soutzo, frühern Gesandten am St. Petersburger Hofe. – Der Hofmarschall und Obersthofmeister der Königin, Hr. Karl Soutzo, hat einen viermonatlichen Urlaub erhalten, um auf seine Güter in der Wallachei zu gehen. Dessen Function wurde einstweilen dem Obrist und Adjutanten des Königs, v. Heß übertragen. – Ihre Majestäten verließen am 9 d. die Hauptstadt, um mit dem Dampfschiff Otto nach dem Isthmus von Corinth zu fahren. Von dort unternehmen die Majestäten eine Landreise in den Peloponnes, die sich auf einen Monat erstrecken dürfte. In dem Gefolge befinden sich Professor Dr. Roß und Architekt Hansen. Der königliche Zug bei einer solchen Reise ist stets interessant, da er aus einem großen Gefolge nebst 60 bis 70 Saumthieren, von einer starken berittenen Militär-Escorte begleitet, besteht. – Mit dem heutigen österreichischen Dampfschiffe verläßt uns der königlich bayerische Gesandte Graf Waldkirch und der preußische, Brassier de St. Simon. Letzterer geht nur in Urlaub. Der berühmte Archäolog Ottfried Müller, der sich mit Dr. Schöll schon einige Wochen hier aufhält, hat mit letzterem ebenfalls eine Reise nach dem Peloponnes unternommen.

Türkei.

Die griechischen Osterfeiertage sind vorüber, ohne daß die angekündigte Bewegung der Christen stattgefunden hätte. Weder in Adrianopel, noch in irgend einer andern Stadt sind, so weit die Nachrichten reichen, Unruhen ausgebrochen. Auch die türkische Bevölkerung verhielt sich überall ruhig. Natürlich konnte die herrschende Spannung nicht plötzlich aufhören; sie besteht noch immer und hat vielleicht eine noch größere Ausdehnung gewonnen; allein ihre Intensität hat sich zuverlässig vermindert, so daß man mit Grund annehmen darf, daß sobald ein Theil der am meisten compromittirten Paschas von ihren Posten entfernt seyn wird, auch die Ruhe nicht weiter bedroht seyn dürfte. Tahir Pascha von Aydin ward abgesetzt, ihm der Nischan abgenommen, und eine in ungnädigen Ausdrücken abgefaßte Mißbilligung seines Benehmens von der Pforte zugestellt. Tahir Pascha begann seine Laufbahn in der Marine, stieg nach und nach zum Range eines Kapudan-Beg, kämpfte als solcher mit in der Schlacht von Navarin und ward später zum Kapudan Pascha ernannt, dann abgesetzt, in der Folge zum Muschir von Aydin erhoben und jetzt wieder seines Amtes entsetzt. Er ist nach dem unparteiischen Urtheil der Osmanen und der Europäer, die ihn genauer kennen, der ausgezeichnetste Seemann der türkischen Marine, empfänglich für jede Verbesserung, überzeugt von den großen Mängeln, an denen das türkische Seewesen leidet, Anhänger der Reform, tapfer, einsichtsvoll, entschlossen. Wie er dem verstorbenen Kaiser unter allen Verhältnissen ein treuer Diener war, ebenso zeichnete er sich durch seine loyalen Gesinnungen gegen den jetzt regierenden Monarchen aus. Als Mahmud vor ungefähr anderthalb Jahren der großen, durch unerhörte Anstrengungen erbauten Flotte Ahmed Fewzi als Kapudan Pascha vorgesetzt hatte, erhoben sich alle Stimmen gegen diese Wahl. Ahmed Fewzi war ein feiner, polirter Hofmann, unfähig auch nur das kleinste Kriegsschiff zu commandiren; das damals herrschende dunkle Vorgefühl von herannahenden großen Ereignissen, von einem bevorstehenden Conflict mit Aegypten gab diese Wahl der allgemeinen, unverhohlenen Mißbilligung frei. Man schrie nach Tahir Pascha, dem abgesetzten Kapudan Pascha; ihn allein hielt man für fähig, die Flotte zum Sieg zu führen, und obwohl damals Niemand eine Ahnung hatte weder von dem verrätherischen Geiste Ahmed Fewzi's, noch von der Gefahr, die dem Leben des Sultans drohte, so brachte doch diese Ernennung eine allgemeine Verstimmung hervor. Das Selbstgefühl Tahirs mußte bei dieser Gelegenheit einen Sieg feiern; doch der Pascha ward vom Sultan selbst nicht beachtet und vergessen, vielleicht nicht mit Unrecht. Denn dieser sonst ausgezeichnete Mann ist von einem Laster befleckt, das, wir müssen es gestehen, geeignet ist, alle seine guten Seiten zu verdunkeln. Er, der vielleicht bestimmt war, der Pforte die sicherste Stütze gegen den übermächtigen Vicekönig zu gewähren, dessen Ernennung zum Großadmiral zum wenigsten den empfindlichsten Verlust, den Verlust der osmanischen Kriegsmarine, verhindert hätte, unterscheidet sich in seiner barbarischen Grausamkeit kaum von den reißenden Thieren der Wüste. Wenn Tahir Pascha in Wuth geräth, und dieß geschieht nur zu oft, kennt er keine Gränzen, kein menschliches Gefühl, und seine Opfer fallen unter ausgesuchten Martern. Wiederholte Anfälle dieser Wuth auf der Flotte nöthigten den verstorbenen Kaiser zu dessen Absetzung, und obwohl er nun sich bedeutend gemäßigt haben soll, ward er doch der Grausamkeit angeklagt, schuldig befunden und abgesetzt. Man kann sich eines tiefen Bedauerns nicht erwehren, daß eine sonst so ausgezeichnete Persönlichkeit durch ihre Härte und Unmenschlichkeit für die Pforte ganz ohne Nutzen bleiben und von jedem öffentlichen Amte entfernt werden soll. Auf keinen Fall steht übrigens Tahirs Abdankung mit der jetzt herrschenden Bewegung in Verbindung, es wäre denn, daß man Furcht hegte, daß der Muschir durch sein Benehmen die herrschende Unzufriedenheit vermehren dürfte. Man will wissen, daß Tahir Pascha in der Folge beim Divan verwendet werden solle; es scheint aber die unbedingte Ungnade, in die er verfallen, mit dieser Vermuthung in Widerspruch zu stehen. – Aus Alexandrien wird gemeldet, daß auf das energische Einschreiten des österreichischen Consuls Mehemed Ali den Befehl nach Damaskus ergehen ließ, daß die Untersuchung gegen die des Mordes

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[1167/0007] Braut und der akatholische Bräutigam freiwillig und aus eigenem Antriebe wünschen, daß die Ehe vor dem katholischen Seelsorger geschlossen werde, und wenn sie, um des Segens theilhaftig zu werden, sich freiwillig und aus eigenem Antriebe zugleich dahin erklären, daß sie die Grundsätze und Vorschriften der katholischen Kirche hinsichtlich der gemischten Ehen befolgen wollen. Die Protestanten aber und die mit ihnen stimmenden katholischen Magnaten sind auf diesen Antrag des Fürsten-Primas nicht eingegangen. Griechenland. _ Athen, 12 Mai. Mehr als je zeigen sich dieses Jahr die Klephten und beunruhigen das Land. Die Regierung hat auf die Köpfe verschiedener Klephten-Häuptlinge nicht unbedeutende Summen gesetzt. Schon mehrere dieser Preise wurden verdient. Erst vor wenigen Wochen attakirten die Landleute bei Theben drei Räuber. Einem gelang es, zu entfliehen; ein zweiter wurde gefangen und der dritte im Kampfe getödtet. Dem Gefangenen gaben die Bauern den Kopf seines todten Cameraden in die Hand und transportirten ihn so nach der Hauptstadt. Daß diese grelle Scene in den Straßen Athens großes Aufsehen machte, kann man sich denken. – Der von unserm Minister des Aeußern, Hrn. Zographos, dem König zur Unterzeichnung vorgelegte Freundschafts- und Handelstractat zwischen Griechenland und der Pforte wurde von Sr. Maj. nicht genehmigt. Derselbe enthält Punkte, die zum großen Nachtheil für das neue hellenische Reich gereichen würden. Unsere Zeitungen fallen arg über Hrn. Zographos her, und man spricht schon von seiner Entlassung. Während dieses Sturmes, der über Hrn. Zographos ausbrach, hat sich dieser in den Hafen der Ehe geflüchtet. Er heirathete vor wenigen Tagen eine Tochter des Hrn. M. Soutzo, frühern Gesandten am St. Petersburger Hofe. – Der Hofmarschall und Obersthofmeister der Königin, Hr. Karl Soutzo, hat einen viermonatlichen Urlaub erhalten, um auf seine Güter in der Wallachei zu gehen. Dessen Function wurde einstweilen dem Obrist und Adjutanten des Königs, v. Heß übertragen. – Ihre Majestäten verließen am 9 d. die Hauptstadt, um mit dem Dampfschiff Otto nach dem Isthmus von Corinth zu fahren. Von dort unternehmen die Majestäten eine Landreise in den Peloponnes, die sich auf einen Monat erstrecken dürfte. In dem Gefolge befinden sich Professor Dr. Roß und Architekt Hansen. Der königliche Zug bei einer solchen Reise ist stets interessant, da er aus einem großen Gefolge nebst 60 bis 70 Saumthieren, von einer starken berittenen Militär-Escorte begleitet, besteht. – Mit dem heutigen österreichischen Dampfschiffe verläßt uns der königlich bayerische Gesandte Graf Waldkirch und der preußische, Brassier de St. Simon. Letzterer geht nur in Urlaub. Der berühmte Archäolog Ottfried Müller, der sich mit Dr. Schöll schon einige Wochen hier aufhält, hat mit letzterem ebenfalls eine Reise nach dem Peloponnes unternommen. Türkei. _ Konstantinopel, 6 Mai. Die griechischen Osterfeiertage sind vorüber, ohne daß die angekündigte Bewegung der Christen stattgefunden hätte. Weder in Adrianopel, noch in irgend einer andern Stadt sind, so weit die Nachrichten reichen, Unruhen ausgebrochen. Auch die türkische Bevölkerung verhielt sich überall ruhig. Natürlich konnte die herrschende Spannung nicht plötzlich aufhören; sie besteht noch immer und hat vielleicht eine noch größere Ausdehnung gewonnen; allein ihre Intensität hat sich zuverlässig vermindert, so daß man mit Grund annehmen darf, daß sobald ein Theil der am meisten compromittirten Paschas von ihren Posten entfernt seyn wird, auch die Ruhe nicht weiter bedroht seyn dürfte. Tahir Pascha von Aydin ward abgesetzt, ihm der Nischan abgenommen, und eine in ungnädigen Ausdrücken abgefaßte Mißbilligung seines Benehmens von der Pforte zugestellt. Tahir Pascha begann seine Laufbahn in der Marine, stieg nach und nach zum Range eines Kapudan-Beg, kämpfte als solcher mit in der Schlacht von Navarin und ward später zum Kapudan Pascha ernannt, dann abgesetzt, in der Folge zum Muschir von Aydin erhoben und jetzt wieder seines Amtes entsetzt. Er ist nach dem unparteiischen Urtheil der Osmanen und der Europäer, die ihn genauer kennen, der ausgezeichnetste Seemann der türkischen Marine, empfänglich für jede Verbesserung, überzeugt von den großen Mängeln, an denen das türkische Seewesen leidet, Anhänger der Reform, tapfer, einsichtsvoll, entschlossen. Wie er dem verstorbenen Kaiser unter allen Verhältnissen ein treuer Diener war, ebenso zeichnete er sich durch seine loyalen Gesinnungen gegen den jetzt regierenden Monarchen aus. Als Mahmud vor ungefähr anderthalb Jahren der großen, durch unerhörte Anstrengungen erbauten Flotte Ahmed Fewzi als Kapudan Pascha vorgesetzt hatte, erhoben sich alle Stimmen gegen diese Wahl. Ahmed Fewzi war ein feiner, polirter Hofmann, unfähig auch nur das kleinste Kriegsschiff zu commandiren; das damals herrschende dunkle Vorgefühl von herannahenden großen Ereignissen, von einem bevorstehenden Conflict mit Aegypten gab diese Wahl der allgemeinen, unverhohlenen Mißbilligung frei. Man schrie nach Tahir Pascha, dem abgesetzten Kapudan Pascha; ihn allein hielt man für fähig, die Flotte zum Sieg zu führen, und obwohl damals Niemand eine Ahnung hatte weder von dem verrätherischen Geiste Ahmed Fewzi's, noch von der Gefahr, die dem Leben des Sultans drohte, so brachte doch diese Ernennung eine allgemeine Verstimmung hervor. Das Selbstgefühl Tahirs mußte bei dieser Gelegenheit einen Sieg feiern; doch der Pascha ward vom Sultan selbst nicht beachtet und vergessen, vielleicht nicht mit Unrecht. Denn dieser sonst ausgezeichnete Mann ist von einem Laster befleckt, das, wir müssen es gestehen, geeignet ist, alle seine guten Seiten zu verdunkeln. Er, der vielleicht bestimmt war, der Pforte die sicherste Stütze gegen den übermächtigen Vicekönig zu gewähren, dessen Ernennung zum Großadmiral zum wenigsten den empfindlichsten Verlust, den Verlust der osmanischen Kriegsmarine, verhindert hätte, unterscheidet sich in seiner barbarischen Grausamkeit kaum von den reißenden Thieren der Wüste. Wenn Tahir Pascha in Wuth geräth, und dieß geschieht nur zu oft, kennt er keine Gränzen, kein menschliches Gefühl, und seine Opfer fallen unter ausgesuchten Martern. Wiederholte Anfälle dieser Wuth auf der Flotte nöthigten den verstorbenen Kaiser zu dessen Absetzung, und obwohl er nun sich bedeutend gemäßigt haben soll, ward er doch der Grausamkeit angeklagt, schuldig befunden und abgesetzt. Man kann sich eines tiefen Bedauerns nicht erwehren, daß eine sonst so ausgezeichnete Persönlichkeit durch ihre Härte und Unmenschlichkeit für die Pforte ganz ohne Nutzen bleiben und von jedem öffentlichen Amte entfernt werden soll. Auf keinen Fall steht übrigens Tahirs Abdankung mit der jetzt herrschenden Bewegung in Verbindung, es wäre denn, daß man Furcht hegte, daß der Muschir durch sein Benehmen die herrschende Unzufriedenheit vermehren dürfte. Man will wissen, daß Tahir Pascha in der Folge beim Divan verwendet werden solle; es scheint aber die unbedingte Ungnade, in die er verfallen, mit dieser Vermuthung in Widerspruch zu stehen. – Aus Alexandrien wird gemeldet, daß auf das energische Einschreiten des österreichischen Consuls Mehemed Ali den Befehl nach Damaskus ergehen ließ, daß die Untersuchung gegen die des Mordes

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 146. Augsburg, 25. Mai 1840, S. 1167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_146_18400525/7>, abgerufen am 02.05.2024.