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Allgemeine Zeitung. Nr. 141. Augsburg, 20. Mai 1840.

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Wenn die ägyptische Regierung aufrichtig wünscht, sich über diese seltsamen Vorfälle zu unterrichten, so braucht sie nur sämmtliche Angeklagte von hier abholen zu lassen. Möge sie dieselben dann einer neuen, natürlich strengen, jedoch den Gebräuchen civilisirter Völker mehr entsprechenden Untersuchung unterwerfen; sonst wird nach meiner bescheidenen Meinung tiefe Finsterniß die Wahrheit sowohl den Zeitgenossen als den künftigen Geschlechtern verhüllen."

Aus einem zweiten Berichte desselben Agenten theilt Hr. Cremieux Folgendes mit: "Die Israeliten haben in dieser Stadt Qualen ausgestanden, die nur von diesen Parias der Erde ohne eine furchtbare Reaction zu ertragen sind. Zu jeder Stunde dringt der französische Consul mit den hochfahrendsten Manieren in jedes Haus. Die geachtetsten Namen unter den Juden, ein Vermögen, das aus der reinsten Quelle herrührt, die des Mitleids würdigste Schwäche, nichts wird geachtet. Mehrere Tage lang waren 63 Kinder im Gefängniß, Frauen werden vorgefordert und verhört. Auf den ersten Verdacht hin ergreifen die achtungswürdigsten Juden die Flucht, wenn sie noch nicht verhaftet sind; andere verbergen sich im Innern ihrer Wohnungen vor den Beleidigungen der Christen. In ihrer Aufregung erzählen sich die Christen bei öffentlichen Zusammenkünften die gränzenlosesten Albernheiten von dieser verabscheuten Secte. Der französische Consul hat dem großen Haufen eine arabische Uebersetzung einiger scheußlichen Grundsätze übergeben, die den Juden zugeschrieben werden, und aus einem lateinischen Buche, "Prompta bibliotheca," genommen sind. Der Eifer unserer christlichen Missionäre im heiligen Lande hat dieses Buch herbeigeschafft; ein Exemplar davon ist an Ibrahim Pascha eingesendet."

Aus einem dritten Berichte des Hrn. Merlato hebt der Advocat Cremieux Folgendes hervor: "Ein Regierungsbeamter entdeckte vorgestern das Versteck von Moses Farchi, Meir's Sohn. Dieser wurde vor den Pascha geführt, man fragte, wo sein Vater sey, und auf die Antwort, daß er es nicht wisse, erhielt er sogleich die Bastonnade. Das Kind, von schwacher und hinfälliger Constitution, bat bald, daß man seine Mutter holen lasse; dieß geschah. Auch sie entdeckte nichts; als aber der junge Mensch von neuem geschlagen wurde, gestand die unglückliche Mutter aus Verzweiflung das Versteck ihres Mannes. Ich erkläre Ihnen, Hr. Rath, daß es mir unmöglich ist, noch länger den Anblick dieser Scheußlichkeiten zu ertragen, an denen sowohl der französische Consul als auch im Geheimen die lateinische Brüderschaft sammt einigen christlichen Mönchen des Landes, unterstützt durch den Fanatismus eines blinden Haufens, der seinen Eifer für Christenthum hält, einen thätigen Antheil nehmen. Die Angeberei ist öffentlich organisirt, und wird durch Geldverheißungen angeregt; das Mitleid schwindet aus Aller Herzen, Jeder fürchtet selbst das Elend, dessen Zeuge er ist. Dringend bitte ich um höheres Einschreiten." Aus einem Schreiben des Generalconsuls in Alexandria, Hrn. Laurin, fügt der Advocat Cremieux dann noch hinzu: "Die Anklage ermangelt einer gesetzlichen Unterlage; die Geständnisse sind entweder durch den Schmerz der Tortur erpreßt oder durch Einschüchterung oder durch List. Im Interesse der Menschlichkeit, wie auch besonders in dem unserer dortigen Unterthanen, die in Gefahr schweben unschuldigerweise den Tod zu leiden, thue ich alles Mögliche, um bei Mehemed Ali den Befehl zu erwirken, daß man bei den Proceßformen menschlich zu Werke gehe und das Urtheil durch vorurtheilsfreie, gebildete und unabhängige Richter sprechen lasse. Hr. Merlato verdient alles Lob und jede Unterstützung bei seinen muthvollen Schritten zur Rettung der Unschuldigen. Ich bin überzeugt, daß die Presse einen Schrei des Abscheues ausstoßen wird über die zahllosen Grausamkeiten, die begangen wurden, um diesen armen Schlachtopfern in einem Lande, wo Mehemed Ali herrscht, und der Hattischerif von Gülhaneh verkündet ist, unbegründete Geständnisse zu entreißen. Das erwiesene Alibi Hrn. Piccioto's mußte genügen, um die Geständnisse der Angeklagten zu entkräften und die Rechtswidrigkeit des ganzen Verfahrens zu erweisen." - Zum Schlusse fügt der Advocat Cremieux hinzu, daß Hr. Laurin, "dessen Name so wie der Merlato's in unserer dankbaren Erinnerung nie verlöschen wird," die erbetenen Befehle am 6 April von Mehemed Ali erhalten habe. "Seit dem 18 April hat die furchtbare Procedur ein Ende, allein erst in 18 bis 20 Tagen können wir die Zahl der Schlachtopfer und die schließliche Lage der Verfolgung erfahren."

[115]

Aufruf.

Die Unterzeichneten, theils auf Anregen der in Nachbarländern gebildeten Vereine, theils aus eigenem Interesse für eine, allen deutschen Volksstämmen gleich wichtige Angelegenheit, sind mit höchster Genehmigung zusammengetreten, um auch ihre würtembergischen Landsleute zur Theilnahme an der bekannten Errichtung eines Denkmals zu Ehren des Cheruskerfürsten Arnim im Fürstenthum Lippe-Detmold einzuladen und sich ihnen zum Empfang und zur Einsendung der hiefür bestimmten Beiträge anzubieten.

Aus allen Theilen Deutschlands und von Deutschen, welche in fremden Ländern und sogar in andern Welttheilen wohnen, sind bis jetzt Gaben für diesen schönen Zweck zusammengeflossen. Auch haben Seine Majestät unser gnädigster König eine ansehnliche Summe längst hiezu übersendet. Es liegt aber in der Idee dieses Denkmals, daß mit seinen Fürsten das gesammte Vaterland an dessen Verwirklichung Theil habe; und wie anderorten alle Stände darin gewetteifert haben, ihre Zusammengehörigkeit mit dem einigen, und ihre Freude an dem selbstständigen deutschen Volke zu bethätigen, so versehen sich die Unterzeichneten zu dem gleichen patriotischen Sinn ihrer Mitbürger und machen sich zur pünktlichen Besorgung der ihnen anzuvertrauenden oder unmittelbar an die I. G. Cotta'sche Verlagshandlung in Stuttgart einzusendenden Beiträge anheischig.

Helfer Abel in Leonberg.

Ober-Justizrath Bandel in Ulm.

Freiherr v. Gotta.

Hofprediger Dr. Grüneisen in Stuttgart.

Freiherr vom Holz, dienstthuender Kammerherr I. Maj. der Königin.

Oberhelfer Moser am Münster in Ulm.

Stuttgart, im Mai 1840.

[1572-74]

Einladung an alle Künstler ersten Ranges.

Zu Grätz in Steyermark erbaute ich ein Coliseum, in dessen Mitte ein eilf Klafter hohes Tagstheater besteht. Dieses Rundgebäude, logenartig vollkommen akustisch gebaut, enthält 4 Galerien, jede mit einem Raum auf 450 Personen, und eignet sich deßhalb besonders für große musikalische Productionen, für Kunstreiter, Seiltänzer, Panoramen, Wachsfiguren-Cabinette etc., wozu, wie auch für andere Gegenstände noch mehrere außergewöhnliche sehr große Nebensäle vorhanden sind. Indem auch für die billigste Unterkunft ganzer Gesellschaften im nämlichen Gebäude bestens gesorgt ist, so lade ich hierdurch derlei Künstler ein, sich der Bedingungen wegen an mich zu wenden. - Grätz, im März 1840.

Jos. Bened. Withalm, Coliseums-Inhaber.

Wenn die ägyptische Regierung aufrichtig wünscht, sich über diese seltsamen Vorfälle zu unterrichten, so braucht sie nur sämmtliche Angeklagte von hier abholen zu lassen. Möge sie dieselben dann einer neuen, natürlich strengen, jedoch den Gebräuchen civilisirter Völker mehr entsprechenden Untersuchung unterwerfen; sonst wird nach meiner bescheidenen Meinung tiefe Finsterniß die Wahrheit sowohl den Zeitgenossen als den künftigen Geschlechtern verhüllen.“

Aus einem zweiten Berichte desselben Agenten theilt Hr. Cremieux Folgendes mit: „Die Israeliten haben in dieser Stadt Qualen ausgestanden, die nur von diesen Parias der Erde ohne eine furchtbare Reaction zu ertragen sind. Zu jeder Stunde dringt der französische Consul mit den hochfahrendsten Manieren in jedes Haus. Die geachtetsten Namen unter den Juden, ein Vermögen, das aus der reinsten Quelle herrührt, die des Mitleids würdigste Schwäche, nichts wird geachtet. Mehrere Tage lang waren 63 Kinder im Gefängniß, Frauen werden vorgefordert und verhört. Auf den ersten Verdacht hin ergreifen die achtungswürdigsten Juden die Flucht, wenn sie noch nicht verhaftet sind; andere verbergen sich im Innern ihrer Wohnungen vor den Beleidigungen der Christen. In ihrer Aufregung erzählen sich die Christen bei öffentlichen Zusammenkünften die gränzenlosesten Albernheiten von dieser verabscheuten Secte. Der französische Consul hat dem großen Haufen eine arabische Uebersetzung einiger scheußlichen Grundsätze übergeben, die den Juden zugeschrieben werden, und aus einem lateinischen Buche, „Prompta bibliotheca,“ genommen sind. Der Eifer unserer christlichen Missionäre im heiligen Lande hat dieses Buch herbeigeschafft; ein Exemplar davon ist an Ibrahim Pascha eingesendet.“

Aus einem dritten Berichte des Hrn. Merlato hebt der Advocat Cremieux Folgendes hervor: „Ein Regierungsbeamter entdeckte vorgestern das Versteck von Moses Farchi, Meir's Sohn. Dieser wurde vor den Pascha geführt, man fragte, wo sein Vater sey, und auf die Antwort, daß er es nicht wisse, erhielt er sogleich die Bastonnade. Das Kind, von schwacher und hinfälliger Constitution, bat bald, daß man seine Mutter holen lasse; dieß geschah. Auch sie entdeckte nichts; als aber der junge Mensch von neuem geschlagen wurde, gestand die unglückliche Mutter aus Verzweiflung das Versteck ihres Mannes. Ich erkläre Ihnen, Hr. Rath, daß es mir unmöglich ist, noch länger den Anblick dieser Scheußlichkeiten zu ertragen, an denen sowohl der französische Consul als auch im Geheimen die lateinische Brüderschaft sammt einigen christlichen Mönchen des Landes, unterstützt durch den Fanatismus eines blinden Haufens, der seinen Eifer für Christenthum hält, einen thätigen Antheil nehmen. Die Angeberei ist öffentlich organisirt, und wird durch Geldverheißungen angeregt; das Mitleid schwindet aus Aller Herzen, Jeder fürchtet selbst das Elend, dessen Zeuge er ist. Dringend bitte ich um höheres Einschreiten.“ Aus einem Schreiben des Generalconsuls in Alexandria, Hrn. Laurin, fügt der Advocat Cremieux dann noch hinzu: „Die Anklage ermangelt einer gesetzlichen Unterlage; die Geständnisse sind entweder durch den Schmerz der Tortur erpreßt oder durch Einschüchterung oder durch List. Im Interesse der Menschlichkeit, wie auch besonders in dem unserer dortigen Unterthanen, die in Gefahr schweben unschuldigerweise den Tod zu leiden, thue ich alles Mögliche, um bei Mehemed Ali den Befehl zu erwirken, daß man bei den Proceßformen menschlich zu Werke gehe und das Urtheil durch vorurtheilsfreie, gebildete und unabhängige Richter sprechen lasse. Hr. Merlato verdient alles Lob und jede Unterstützung bei seinen muthvollen Schritten zur Rettung der Unschuldigen. Ich bin überzeugt, daß die Presse einen Schrei des Abscheues ausstoßen wird über die zahllosen Grausamkeiten, die begangen wurden, um diesen armen Schlachtopfern in einem Lande, wo Mehemed Ali herrscht, und der Hattischerif von Gülhaneh verkündet ist, unbegründete Geständnisse zu entreißen. Das erwiesene Alibi Hrn. Piccioto's mußte genügen, um die Geständnisse der Angeklagten zu entkräften und die Rechtswidrigkeit des ganzen Verfahrens zu erweisen.“ – Zum Schlusse fügt der Advocat Cremieux hinzu, daß Hr. Laurin, „dessen Name so wie der Merlato's in unserer dankbaren Erinnerung nie verlöschen wird,“ die erbetenen Befehle am 6 April von Mehemed Ali erhalten habe. „Seit dem 18 April hat die furchtbare Procedur ein Ende, allein erst in 18 bis 20 Tagen können wir die Zahl der Schlachtopfer und die schließliche Lage der Verfolgung erfahren.“

[115]

Aufruf.

Die Unterzeichneten, theils auf Anregen der in Nachbarländern gebildeten Vereine, theils aus eigenem Interesse für eine, allen deutschen Volksstämmen gleich wichtige Angelegenheit, sind mit höchster Genehmigung zusammengetreten, um auch ihre würtembergischen Landsleute zur Theilnahme an der bekannten Errichtung eines Denkmals zu Ehren des Cheruskerfürsten Arnim im Fürstenthum Lippe-Detmold einzuladen und sich ihnen zum Empfang und zur Einsendung der hiefür bestimmten Beiträge anzubieten.

Aus allen Theilen Deutschlands und von Deutschen, welche in fremden Ländern und sogar in andern Welttheilen wohnen, sind bis jetzt Gaben für diesen schönen Zweck zusammengeflossen. Auch haben Seine Majestät unser gnädigster König eine ansehnliche Summe längst hiezu übersendet. Es liegt aber in der Idee dieses Denkmals, daß mit seinen Fürsten das gesammte Vaterland an dessen Verwirklichung Theil habe; und wie anderorten alle Stände darin gewetteifert haben, ihre Zusammengehörigkeit mit dem einigen, und ihre Freude an dem selbstständigen deutschen Volke zu bethätigen, so versehen sich die Unterzeichneten zu dem gleichen patriotischen Sinn ihrer Mitbürger und machen sich zur pünktlichen Besorgung der ihnen anzuvertrauenden oder unmittelbar an die I. G. Cotta'sche Verlagshandlung in Stuttgart einzusendenden Beiträge anheischig.

Helfer Abel in Leonberg.

Ober-Justizrath Bandel in Ulm.

Freiherr v. Gotta.

Hofprediger Dr. Grüneisen in Stuttgart.

Freiherr vom Holz, dienstthuender Kammerherr I. Maj. der Königin.

Oberhelfer Moser am Münster in Ulm.

Stuttgart, im Mai 1840.

[1572-74]

Einladung an alle Künstler ersten Ranges.

Zu Grätz in Steyermark erbaute ich ein Coliseum, in dessen Mitte ein eilf Klafter hohes Tagstheater besteht. Dieses Rundgebäude, logenartig vollkommen akustisch gebaut, enthält 4 Galerien, jede mit einem Raum auf 450 Personen, und eignet sich deßhalb besonders für große musikalische Productionen, für Kunstreiter, Seiltänzer, Panoramen, Wachsfiguren-Cabinette etc., wozu, wie auch für andere Gegenstände noch mehrere außergewöhnliche sehr große Nebensäle vorhanden sind. Indem auch für die billigste Unterkunft ganzer Gesellschaften im nämlichen Gebäude bestens gesorgt ist, so lade ich hierdurch derlei Künstler ein, sich der Bedingungen wegen an mich zu wenden. – Grätz, im März 1840.

Jos. Bened. Withalm, Coliseums-Inhaber.

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[1126/0014] Wenn die ägyptische Regierung aufrichtig wünscht, sich über diese seltsamen Vorfälle zu unterrichten, so braucht sie nur sämmtliche Angeklagte von hier abholen zu lassen. Möge sie dieselben dann einer neuen, natürlich strengen, jedoch den Gebräuchen civilisirter Völker mehr entsprechenden Untersuchung unterwerfen; sonst wird nach meiner bescheidenen Meinung tiefe Finsterniß die Wahrheit sowohl den Zeitgenossen als den künftigen Geschlechtern verhüllen.“ Aus einem zweiten Berichte desselben Agenten theilt Hr. Cremieux Folgendes mit: „Die Israeliten haben in dieser Stadt Qualen ausgestanden, die nur von diesen Parias der Erde ohne eine furchtbare Reaction zu ertragen sind. Zu jeder Stunde dringt der französische Consul mit den hochfahrendsten Manieren in jedes Haus. Die geachtetsten Namen unter den Juden, ein Vermögen, das aus der reinsten Quelle herrührt, die des Mitleids würdigste Schwäche, nichts wird geachtet. Mehrere Tage lang waren 63 Kinder im Gefängniß, Frauen werden vorgefordert und verhört. Auf den ersten Verdacht hin ergreifen die achtungswürdigsten Juden die Flucht, wenn sie noch nicht verhaftet sind; andere verbergen sich im Innern ihrer Wohnungen vor den Beleidigungen der Christen. In ihrer Aufregung erzählen sich die Christen bei öffentlichen Zusammenkünften die gränzenlosesten Albernheiten von dieser verabscheuten Secte. Der französische Consul hat dem großen Haufen eine arabische Uebersetzung einiger scheußlichen Grundsätze übergeben, die den Juden zugeschrieben werden, und aus einem lateinischen Buche, „Prompta bibliotheca,“ genommen sind. Der Eifer unserer christlichen Missionäre im heiligen Lande hat dieses Buch herbeigeschafft; ein Exemplar davon ist an Ibrahim Pascha eingesendet.“ Aus einem dritten Berichte des Hrn. Merlato hebt der Advocat Cremieux Folgendes hervor: „Ein Regierungsbeamter entdeckte vorgestern das Versteck von Moses Farchi, Meir's Sohn. Dieser wurde vor den Pascha geführt, man fragte, wo sein Vater sey, und auf die Antwort, daß er es nicht wisse, erhielt er sogleich die Bastonnade. Das Kind, von schwacher und hinfälliger Constitution, bat bald, daß man seine Mutter holen lasse; dieß geschah. Auch sie entdeckte nichts; als aber der junge Mensch von neuem geschlagen wurde, gestand die unglückliche Mutter aus Verzweiflung das Versteck ihres Mannes. Ich erkläre Ihnen, Hr. Rath, daß es mir unmöglich ist, noch länger den Anblick dieser Scheußlichkeiten zu ertragen, an denen sowohl der französische Consul als auch im Geheimen die lateinische Brüderschaft sammt einigen christlichen Mönchen des Landes, unterstützt durch den Fanatismus eines blinden Haufens, der seinen Eifer für Christenthum hält, einen thätigen Antheil nehmen. Die Angeberei ist öffentlich organisirt, und wird durch Geldverheißungen angeregt; das Mitleid schwindet aus Aller Herzen, Jeder fürchtet selbst das Elend, dessen Zeuge er ist. Dringend bitte ich um höheres Einschreiten.“ Aus einem Schreiben des Generalconsuls in Alexandria, Hrn. Laurin, fügt der Advocat Cremieux dann noch hinzu: „Die Anklage ermangelt einer gesetzlichen Unterlage; die Geständnisse sind entweder durch den Schmerz der Tortur erpreßt oder durch Einschüchterung oder durch List. Im Interesse der Menschlichkeit, wie auch besonders in dem unserer dortigen Unterthanen, die in Gefahr schweben unschuldigerweise den Tod zu leiden, thue ich alles Mögliche, um bei Mehemed Ali den Befehl zu erwirken, daß man bei den Proceßformen menschlich zu Werke gehe und das Urtheil durch vorurtheilsfreie, gebildete und unabhängige Richter sprechen lasse. Hr. Merlato verdient alles Lob und jede Unterstützung bei seinen muthvollen Schritten zur Rettung der Unschuldigen. Ich bin überzeugt, daß die Presse einen Schrei des Abscheues ausstoßen wird über die zahllosen Grausamkeiten, die begangen wurden, um diesen armen Schlachtopfern in einem Lande, wo Mehemed Ali herrscht, und der Hattischerif von Gülhaneh verkündet ist, unbegründete Geständnisse zu entreißen. Das erwiesene Alibi Hrn. Piccioto's mußte genügen, um die Geständnisse der Angeklagten zu entkräften und die Rechtswidrigkeit des ganzen Verfahrens zu erweisen.“ – Zum Schlusse fügt der Advocat Cremieux hinzu, daß Hr. Laurin, „dessen Name so wie der Merlato's in unserer dankbaren Erinnerung nie verlöschen wird,“ die erbetenen Befehle am 6 April von Mehemed Ali erhalten habe. „Seit dem 18 April hat die furchtbare Procedur ein Ende, allein erst in 18 bis 20 Tagen können wir die Zahl der Schlachtopfer und die schließliche Lage der Verfolgung erfahren.“ [115] Aufruf. Die Unterzeichneten, theils auf Anregen der in Nachbarländern gebildeten Vereine, theils aus eigenem Interesse für eine, allen deutschen Volksstämmen gleich wichtige Angelegenheit, sind mit höchster Genehmigung zusammengetreten, um auch ihre würtembergischen Landsleute zur Theilnahme an der bekannten Errichtung eines Denkmals zu Ehren des Cheruskerfürsten Arnim im Fürstenthum Lippe-Detmold einzuladen und sich ihnen zum Empfang und zur Einsendung der hiefür bestimmten Beiträge anzubieten. Aus allen Theilen Deutschlands und von Deutschen, welche in fremden Ländern und sogar in andern Welttheilen wohnen, sind bis jetzt Gaben für diesen schönen Zweck zusammengeflossen. Auch haben Seine Majestät unser gnädigster König eine ansehnliche Summe längst hiezu übersendet. Es liegt aber in der Idee dieses Denkmals, daß mit seinen Fürsten das gesammte Vaterland an dessen Verwirklichung Theil habe; und wie anderorten alle Stände darin gewetteifert haben, ihre Zusammengehörigkeit mit dem einigen, und ihre Freude an dem selbstständigen deutschen Volke zu bethätigen, so versehen sich die Unterzeichneten zu dem gleichen patriotischen Sinn ihrer Mitbürger und machen sich zur pünktlichen Besorgung der ihnen anzuvertrauenden oder unmittelbar an die I. G. Cotta'sche Verlagshandlung in Stuttgart einzusendenden Beiträge anheischig. Helfer Abel in Leonberg. Ober-Justizrath Bandel in Ulm. Freiherr v. Gotta. Hofprediger Dr. Grüneisen in Stuttgart. Freiherr vom Holz, dienstthuender Kammerherr I. Maj. der Königin. Oberhelfer Moser am Münster in Ulm. Stuttgart, im Mai 1840. [1572-74] Einladung an alle Künstler ersten Ranges. Zu Grätz in Steyermark erbaute ich ein Coliseum, in dessen Mitte ein eilf Klafter hohes Tagstheater besteht. Dieses Rundgebäude, logenartig vollkommen akustisch gebaut, enthält 4 Galerien, jede mit einem Raum auf 450 Personen, und eignet sich deßhalb besonders für große musikalische Productionen, für Kunstreiter, Seiltänzer, Panoramen, Wachsfiguren-Cabinette etc., wozu, wie auch für andere Gegenstände noch mehrere außergewöhnliche sehr große Nebensäle vorhanden sind. Indem auch für die billigste Unterkunft ganzer Gesellschaften im nämlichen Gebäude bestens gesorgt ist, so lade ich hierdurch derlei Künstler ein, sich der Bedingungen wegen an mich zu wenden. – Grätz, im März 1840. Jos. Bened. Withalm, Coliseums-Inhaber.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 141. Augsburg, 20. Mai 1840, S. 1126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_141_18400520/14>, abgerufen am 21.11.2024.