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Allgemeine Zeitung. Nr. 135. Augsburg, 14. Mai 1840.

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Amendement zu neigen, verlangte aber eine Modification. Der Berichterstatter, General Bugeaud, erklärte, die Commission sey durch die glänzende Rede des Conseilpräsidenten befriedigt, da diese dem einheimischen Zucker Hoffnungen gewähre. Uebrigens wünscht er, das Cabinet möge sich noch zu größern Zugeständnissen für den einheimischen Zucker verstehen. Endlich kam es unter dem ungeduldigen Geschrei der Kammer zur Abstimmung. Das Amendement des Hrn. Lacave Laplagne wurde mit großer Majorität verworfen. Das gleiche Schicksal hatte ein Amendement des Hrn. Billaudel, der eine starke Herabsetzung der Colonialzuckerzölle in Vorschlag brachte. Die Post ging ab, ehe weitere Beschlüsse gefaßt waren.

(Commerce.) Man hat uns noch nicht gesagt, daß die Asche Napoleons von England zurückgefordert worden sey, und doch spricht man schon in gewissen Cirkeln von der Abholung. Man wolle, wird beigefügt, dieser späten Genugthuung eine große Feierlichkeit ertheilen, und es heißt, ein Prinz der k. Familie werde das mit der Abholung der glorreichen Ueberreste beauftragte Linienschiff befehligen.

Die Pocken herrschen gegenwärtig in Paris sehr heftig. Die Maires haben bekannt gemacht, daß die Kinder nicht nur unentgeltlich geimpft werden, sondern auch jedes 3 Fr. Belohnung erhalten solle.

Ministerielle französische Blätter enthalten Folgendes über die Lage der ausgewanderten Polen: "Wir haben über die Lage der ausgewanderten Polen in Frankreich officielle Berichte eingezogen, welche das höchste Interesse darbieten. Seit dem Zeitpunkt der Auswanderung bis zum 1 Jan. 1840 waren in Frankreich 4972 Polen eingetreten. Von dieser Zahl hat der Tod 674 weggerafft, wovon 476 an der Schwindsucht, 107 durch Selbstmord und 89 an verschiedenen Krankheiten gestorben sind. Die Emigration zählt demnach nur noch 4292 Mitglieder, welche auf folgende Weise unter die französische Gesellschaft vertheilt sind: Studirende der Medicin, der Pharmaceutik, des Rechts, der landwirthschaftlichen und Forstschulen, der schönen Künste 700; verschiedene Gewerbtreibende, in Fabriken angestellt 2000; in Frankreich Verheirathete 447; Greise, Frauen und Kinder, die ihre Güter behalten haben 153. Die letzte Rubrik, nämlich die Greise, Frauen und Kinder oder die Emigranten, welche die Trümmer ihres Vermögens gerettet haben, ausgenommen, gibt es unter 4298 Polen 3147, die beschäftigt sind, und die das Beispiel der löblichsten Thätigkeit geben. Wenn die Zahl der arbeitenden Polen erfreulich ist, so kann man nur mit tiefer Wehmuth die Zahl der Sterblichkeit und besonders die Todesart betrachten, wenn man bedenkt, daß die Schwindsucht, welche so grausam die Reihen der emigrirten Polen gelichtet, keine andere Ursache hat, als den Kummer der Verbannung. Es scheint uns demnach, daß wenn dieses an sich so beredte Verzeichniß, das uns jedes weitern Commentars überhebt, dem Kaiser von Rußland zu Gesicht käme, es unmöglich wäre, daß nicht ein menschliches Gefühl in seinem Herzen sich regen, und er sich, wie der König der Franzosen und der Kaiser von Oesterreich, bewogen fühlen sollte, ebenfalls eine Amnestie zu proclamiren. Es wäre dieß eine um so zweckmäßigere und vernünftig politischere Handlung, da sie einer großen Anzahl Personen die Thore Polens eröffnen würde, die sich in unserm Lande immer von den politischen Unruhen entfernt gehalten, und sich der Ordnung und Arbeit beflissen haben; sie wäre um so hochherziger, da sie sich auf Greise, Frauen und Kinder erstrecken würde, und auch auf viele Unglückliche, deren Sehnsucht nach dem fernen Vaterlande vielleicht bald die letzten Tage untergraben haben wird."

Die Todtenfeier des 5 Mai ist dieses Jahr mit besonderer Andacht begangen worden. Das ganze Gitter, welches die Vendome-Säule einschließt, jeder einzelne eiserne Stab dieses Gitters war mit einem Todtenkranz behängt, ohne von den unzähligen andern zu reden, die das Fußgestell, die Vorderseite der Säule und die Adler schmückten, ohne der Schaar von Blumentöpfen zu gedenken, die der Wächter vor dem Eingange des Monuments in Reih und Glied gestellt hatte. Ich kann nicht beschreiben, welche Rührung dieser unerwartete Anblick - ich hatte nicht an die Bedeutung des Tages gedacht - in mir hervorgebracht hat. Unstreitig ist die Masse der Bevölkerung, wie wir alle, nicht Napoleonisch gesinnt; ein neuer Versuch, Frankreich unter die Herrschaft der Bonapart'schen Familie, unter die Herrschaft der Ideen ihres großen Hauptes zurückzuführen, würde eben so sehr fehlschlagen als der erste, der vor vier Jahren in Straßburg stattgehabt hat. Dieß ist unsere feste Ueberzeugung, in der uns jeder Tag des öffentlichen und politischen Lebens in Frankreich mehr bestärkt. Aber es liegt in jener schnell verschwundenen Größe, die an das Höchste im Alterthum erinnert und es vielleicht übertrifft, etwas so Achtunggebietendes und für die Nation, der übrigen Welt gegenüber, so Glorreiches, es hat sich schon jetzt in die Erinnerung an jene außerordentliche Zeit so viel Sage und geheimnißvolle Poesie verwebt, daß vor dem Namen, der ihr Stern und Führer war, jedes andere Gefühl als das der ehrfurchtsvollen Bewunderung, vor seinem großartigen Untergang jede andere Empfindung als die der Pietät verstummt. Wann endlich wird diesem stolzen Denkmale seine wahre Bedeutung verliehen werden? Wann wird es, wie die Juliussäule den Kämpfern von 1830, der Asche des großen Todten zur geschichtlichen Ruhestätte dienen? Seine Werke leben überall, jeder Schritt in seiner ehemaligen Hauptstadt erinnert uns an seinen Namen, die Nation ist stolz auf seine Institutionen und Gesetze, nur seine Gebeine sind vom vaterländischen Boden verbannt, und was seine Feinde in angstvoller Rache über ihn verhängt, genehmigt Frankreich stillschweigend, indem es nicht mit allem Nachdruck und unaufhörlich verlangt, daß die Reste des Kaisers nach dem Vendomeplatz verbracht werden, wo sodann das eherne Denkmal von der ihr inwohnenden Seele belebt als moderne Memnonssäule in jedem Augenblick von Gefahr und patriotischem Kampfe dem Lande seine Größe und seine Pflichten ins Gedächtniß rufen möge.

Der Mangel eines energischen Willens seit dem Tode Casimir Periers hatte zur Folge, daß die um die oberste Gewalt buhlenden Männer seit langem kein anderes Schauspiel dargeboten hatten, als das einer inextricabeln Cabale - Thiers, Guizot, Mole mit ihren Doubluren. Regieren war seit dem Tode Periers nichts als Cabaliren. Einer suchte dem andern die Gewalt vor dem Munde wegzuschnappen. Guizot fing das Ding allzufein an, er glaubte von oben herab, durch den Thron siegen zu können; aber da gewann ihm Mole den Vorsprung ab, und so verband sich Guizot mit Thiers in der Coalition. Thiers, welcher den Instinct des Landes auf das vollkommenste besitzt, und die seltene Gabe hat seine Fehler zu verbessern, stellte sich halb und halb zwischen Regierung und Opposition, und ging, um mit heutiger Sprache zu reden, als Mann der Situation aus derselben hervor. Heute nimmt er die stärkste Stellung seit dem Abgange Casimir Periers ein. Seine Absicht ist offenbar zu laviren, bis er sich besser befestigt hat; eben das fürchten diejenigen seiner Vorgänger, welche von ihm aus dem Felde geschlagen worden sind, und deßwegen sind sie bemüht, ihn als ein Organ der Linken oder der puren Revolution hinzustellen. Die Linke ist

Amendement zu neigen, verlangte aber eine Modification. Der Berichterstatter, General Bugeaud, erklärte, die Commission sey durch die glänzende Rede des Conseilpräsidenten befriedigt, da diese dem einheimischen Zucker Hoffnungen gewähre. Uebrigens wünscht er, das Cabinet möge sich noch zu größern Zugeständnissen für den einheimischen Zucker verstehen. Endlich kam es unter dem ungeduldigen Geschrei der Kammer zur Abstimmung. Das Amendement des Hrn. Lacave Laplagne wurde mit großer Majorität verworfen. Das gleiche Schicksal hatte ein Amendement des Hrn. Billaudel, der eine starke Herabsetzung der Colonialzuckerzölle in Vorschlag brachte. Die Post ging ab, ehe weitere Beschlüsse gefaßt waren.

(Commerce.) Man hat uns noch nicht gesagt, daß die Asche Napoleons von England zurückgefordert worden sey, und doch spricht man schon in gewissen Cirkeln von der Abholung. Man wolle, wird beigefügt, dieser späten Genugthuung eine große Feierlichkeit ertheilen, und es heißt, ein Prinz der k. Familie werde das mit der Abholung der glorreichen Ueberreste beauftragte Linienschiff befehligen.

Die Pocken herrschen gegenwärtig in Paris sehr heftig. Die Maires haben bekannt gemacht, daß die Kinder nicht nur unentgeltlich geimpft werden, sondern auch jedes 3 Fr. Belohnung erhalten solle.

Ministerielle französische Blätter enthalten Folgendes über die Lage der ausgewanderten Polen: „Wir haben über die Lage der ausgewanderten Polen in Frankreich officielle Berichte eingezogen, welche das höchste Interesse darbieten. Seit dem Zeitpunkt der Auswanderung bis zum 1 Jan. 1840 waren in Frankreich 4972 Polen eingetreten. Von dieser Zahl hat der Tod 674 weggerafft, wovon 476 an der Schwindsucht, 107 durch Selbstmord und 89 an verschiedenen Krankheiten gestorben sind. Die Emigration zählt demnach nur noch 4292 Mitglieder, welche auf folgende Weise unter die französische Gesellschaft vertheilt sind: Studirende der Medicin, der Pharmaceutik, des Rechts, der landwirthschaftlichen und Forstschulen, der schönen Künste 700; verschiedene Gewerbtreibende, in Fabriken angestellt 2000; in Frankreich Verheirathete 447; Greise, Frauen und Kinder, die ihre Güter behalten haben 153. Die letzte Rubrik, nämlich die Greise, Frauen und Kinder oder die Emigranten, welche die Trümmer ihres Vermögens gerettet haben, ausgenommen, gibt es unter 4298 Polen 3147, die beschäftigt sind, und die das Beispiel der löblichsten Thätigkeit geben. Wenn die Zahl der arbeitenden Polen erfreulich ist, so kann man nur mit tiefer Wehmuth die Zahl der Sterblichkeit und besonders die Todesart betrachten, wenn man bedenkt, daß die Schwindsucht, welche so grausam die Reihen der emigrirten Polen gelichtet, keine andere Ursache hat, als den Kummer der Verbannung. Es scheint uns demnach, daß wenn dieses an sich so beredte Verzeichniß, das uns jedes weitern Commentars überhebt, dem Kaiser von Rußland zu Gesicht käme, es unmöglich wäre, daß nicht ein menschliches Gefühl in seinem Herzen sich regen, und er sich, wie der König der Franzosen und der Kaiser von Oesterreich, bewogen fühlen sollte, ebenfalls eine Amnestie zu proclamiren. Es wäre dieß eine um so zweckmäßigere und vernünftig politischere Handlung, da sie einer großen Anzahl Personen die Thore Polens eröffnen würde, die sich in unserm Lande immer von den politischen Unruhen entfernt gehalten, und sich der Ordnung und Arbeit beflissen haben; sie wäre um so hochherziger, da sie sich auf Greise, Frauen und Kinder erstrecken würde, und auch auf viele Unglückliche, deren Sehnsucht nach dem fernen Vaterlande vielleicht bald die letzten Tage untergraben haben wird.“

Die Todtenfeier des 5 Mai ist dieses Jahr mit besonderer Andacht begangen worden. Das ganze Gitter, welches die Vendome-Säule einschließt, jeder einzelne eiserne Stab dieses Gitters war mit einem Todtenkranz behängt, ohne von den unzähligen andern zu reden, die das Fußgestell, die Vorderseite der Säule und die Adler schmückten, ohne der Schaar von Blumentöpfen zu gedenken, die der Wächter vor dem Eingange des Monuments in Reih und Glied gestellt hatte. Ich kann nicht beschreiben, welche Rührung dieser unerwartete Anblick – ich hatte nicht an die Bedeutung des Tages gedacht – in mir hervorgebracht hat. Unstreitig ist die Masse der Bevölkerung, wie wir alle, nicht Napoleonisch gesinnt; ein neuer Versuch, Frankreich unter die Herrschaft der Bonapart'schen Familie, unter die Herrschaft der Ideen ihres großen Hauptes zurückzuführen, würde eben so sehr fehlschlagen als der erste, der vor vier Jahren in Straßburg stattgehabt hat. Dieß ist unsere feste Ueberzeugung, in der uns jeder Tag des öffentlichen und politischen Lebens in Frankreich mehr bestärkt. Aber es liegt in jener schnell verschwundenen Größe, die an das Höchste im Alterthum erinnert und es vielleicht übertrifft, etwas so Achtunggebietendes und für die Nation, der übrigen Welt gegenüber, so Glorreiches, es hat sich schon jetzt in die Erinnerung an jene außerordentliche Zeit so viel Sage und geheimnißvolle Poesie verwebt, daß vor dem Namen, der ihr Stern und Führer war, jedes andere Gefühl als das der ehrfurchtsvollen Bewunderung, vor seinem großartigen Untergang jede andere Empfindung als die der Pietät verstummt. Wann endlich wird diesem stolzen Denkmale seine wahre Bedeutung verliehen werden? Wann wird es, wie die Juliussäule den Kämpfern von 1830, der Asche des großen Todten zur geschichtlichen Ruhestätte dienen? Seine Werke leben überall, jeder Schritt in seiner ehemaligen Hauptstadt erinnert uns an seinen Namen, die Nation ist stolz auf seine Institutionen und Gesetze, nur seine Gebeine sind vom vaterländischen Boden verbannt, und was seine Feinde in angstvoller Rache über ihn verhängt, genehmigt Frankreich stillschweigend, indem es nicht mit allem Nachdruck und unaufhörlich verlangt, daß die Reste des Kaisers nach dem Vendomeplatz verbracht werden, wo sodann das eherne Denkmal von der ihr inwohnenden Seele belebt als moderne Memnonssäule in jedem Augenblick von Gefahr und patriotischem Kampfe dem Lande seine Größe und seine Pflichten ins Gedächtniß rufen möge.

Der Mangel eines energischen Willens seit dem Tode Casimir Periers hatte zur Folge, daß die um die oberste Gewalt buhlenden Männer seit langem kein anderes Schauspiel dargeboten hatten, als das einer inextricabeln Cabale – Thiers, Guizot, Molé mit ihren Doubluren. Regieren war seit dem Tode Periers nichts als Cabaliren. Einer suchte dem andern die Gewalt vor dem Munde wegzuschnappen. Guizot fing das Ding allzufein an, er glaubte von oben herab, durch den Thron siegen zu können; aber da gewann ihm Molé den Vorsprung ab, und so verband sich Guizot mit Thiers in der Coalition. Thiers, welcher den Instinct des Landes auf das vollkommenste besitzt, und die seltene Gabe hat seine Fehler zu verbessern, stellte sich halb und halb zwischen Regierung und Opposition, und ging, um mit heutiger Sprache zu reden, als Mann der Situation aus derselben hervor. Heute nimmt er die stärkste Stellung seit dem Abgange Casimir Periers ein. Seine Absicht ist offenbar zu laviren, bis er sich besser befestigt hat; eben das fürchten diejenigen seiner Vorgänger, welche von ihm aus dem Felde geschlagen worden sind, und deßwegen sind sie bemüht, ihn als ein Organ der Linken oder der puren Revolution hinzustellen. Die Linke ist

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[1077/0005] Amendement zu neigen, verlangte aber eine Modification. Der Berichterstatter, General Bugeaud, erklärte, die Commission sey durch die glänzende Rede des Conseilpräsidenten befriedigt, da diese dem einheimischen Zucker Hoffnungen gewähre. Uebrigens wünscht er, das Cabinet möge sich noch zu größern Zugeständnissen für den einheimischen Zucker verstehen. Endlich kam es unter dem ungeduldigen Geschrei der Kammer zur Abstimmung. Das Amendement des Hrn. Lacave Laplagne wurde mit großer Majorität verworfen. Das gleiche Schicksal hatte ein Amendement des Hrn. Billaudel, der eine starke Herabsetzung der Colonialzuckerzölle in Vorschlag brachte. Die Post ging ab, ehe weitere Beschlüsse gefaßt waren. (Commerce.) Man hat uns noch nicht gesagt, daß die Asche Napoleons von England zurückgefordert worden sey, und doch spricht man schon in gewissen Cirkeln von der Abholung. Man wolle, wird beigefügt, dieser späten Genugthuung eine große Feierlichkeit ertheilen, und es heißt, ein Prinz der k. Familie werde das mit der Abholung der glorreichen Ueberreste beauftragte Linienschiff befehligen. Die Pocken herrschen gegenwärtig in Paris sehr heftig. Die Maires haben bekannt gemacht, daß die Kinder nicht nur unentgeltlich geimpft werden, sondern auch jedes 3 Fr. Belohnung erhalten solle. Ministerielle französische Blätter enthalten Folgendes über die Lage der ausgewanderten Polen: „Wir haben über die Lage der ausgewanderten Polen in Frankreich officielle Berichte eingezogen, welche das höchste Interesse darbieten. Seit dem Zeitpunkt der Auswanderung bis zum 1 Jan. 1840 waren in Frankreich 4972 Polen eingetreten. Von dieser Zahl hat der Tod 674 weggerafft, wovon 476 an der Schwindsucht, 107 durch Selbstmord und 89 an verschiedenen Krankheiten gestorben sind. Die Emigration zählt demnach nur noch 4292 Mitglieder, welche auf folgende Weise unter die französische Gesellschaft vertheilt sind: Studirende der Medicin, der Pharmaceutik, des Rechts, der landwirthschaftlichen und Forstschulen, der schönen Künste 700; verschiedene Gewerbtreibende, in Fabriken angestellt 2000; in Frankreich Verheirathete 447; Greise, Frauen und Kinder, die ihre Güter behalten haben 153. Die letzte Rubrik, nämlich die Greise, Frauen und Kinder oder die Emigranten, welche die Trümmer ihres Vermögens gerettet haben, ausgenommen, gibt es unter 4298 Polen 3147, die beschäftigt sind, und die das Beispiel der löblichsten Thätigkeit geben. Wenn die Zahl der arbeitenden Polen erfreulich ist, so kann man nur mit tiefer Wehmuth die Zahl der Sterblichkeit und besonders die Todesart betrachten, wenn man bedenkt, daß die Schwindsucht, welche so grausam die Reihen der emigrirten Polen gelichtet, keine andere Ursache hat, als den Kummer der Verbannung. Es scheint uns demnach, daß wenn dieses an sich so beredte Verzeichniß, das uns jedes weitern Commentars überhebt, dem Kaiser von Rußland zu Gesicht käme, es unmöglich wäre, daß nicht ein menschliches Gefühl in seinem Herzen sich regen, und er sich, wie der König der Franzosen und der Kaiser von Oesterreich, bewogen fühlen sollte, ebenfalls eine Amnestie zu proclamiren. Es wäre dieß eine um so zweckmäßigere und vernünftig politischere Handlung, da sie einer großen Anzahl Personen die Thore Polens eröffnen würde, die sich in unserm Lande immer von den politischen Unruhen entfernt gehalten, und sich der Ordnung und Arbeit beflissen haben; sie wäre um so hochherziger, da sie sich auf Greise, Frauen und Kinder erstrecken würde, und auch auf viele Unglückliche, deren Sehnsucht nach dem fernen Vaterlande vielleicht bald die letzten Tage untergraben haben wird.“ _ Paris, 8 Mai. Die Todtenfeier des 5 Mai ist dieses Jahr mit besonderer Andacht begangen worden. Das ganze Gitter, welches die Vendome-Säule einschließt, jeder einzelne eiserne Stab dieses Gitters war mit einem Todtenkranz behängt, ohne von den unzähligen andern zu reden, die das Fußgestell, die Vorderseite der Säule und die Adler schmückten, ohne der Schaar von Blumentöpfen zu gedenken, die der Wächter vor dem Eingange des Monuments in Reih und Glied gestellt hatte. Ich kann nicht beschreiben, welche Rührung dieser unerwartete Anblick – ich hatte nicht an die Bedeutung des Tages gedacht – in mir hervorgebracht hat. Unstreitig ist die Masse der Bevölkerung, wie wir alle, nicht Napoleonisch gesinnt; ein neuer Versuch, Frankreich unter die Herrschaft der Bonapart'schen Familie, unter die Herrschaft der Ideen ihres großen Hauptes zurückzuführen, würde eben so sehr fehlschlagen als der erste, der vor vier Jahren in Straßburg stattgehabt hat. Dieß ist unsere feste Ueberzeugung, in der uns jeder Tag des öffentlichen und politischen Lebens in Frankreich mehr bestärkt. Aber es liegt in jener schnell verschwundenen Größe, die an das Höchste im Alterthum erinnert und es vielleicht übertrifft, etwas so Achtunggebietendes und für die Nation, der übrigen Welt gegenüber, so Glorreiches, es hat sich schon jetzt in die Erinnerung an jene außerordentliche Zeit so viel Sage und geheimnißvolle Poesie verwebt, daß vor dem Namen, der ihr Stern und Führer war, jedes andere Gefühl als das der ehrfurchtsvollen Bewunderung, vor seinem großartigen Untergang jede andere Empfindung als die der Pietät verstummt. Wann endlich wird diesem stolzen Denkmale seine wahre Bedeutung verliehen werden? Wann wird es, wie die Juliussäule den Kämpfern von 1830, der Asche des großen Todten zur geschichtlichen Ruhestätte dienen? Seine Werke leben überall, jeder Schritt in seiner ehemaligen Hauptstadt erinnert uns an seinen Namen, die Nation ist stolz auf seine Institutionen und Gesetze, nur seine Gebeine sind vom vaterländischen Boden verbannt, und was seine Feinde in angstvoller Rache über ihn verhängt, genehmigt Frankreich stillschweigend, indem es nicht mit allem Nachdruck und unaufhörlich verlangt, daß die Reste des Kaisers nach dem Vendomeplatz verbracht werden, wo sodann das eherne Denkmal von der ihr inwohnenden Seele belebt als moderne Memnonssäule in jedem Augenblick von Gefahr und patriotischem Kampfe dem Lande seine Größe und seine Pflichten ins Gedächtniß rufen möge. _ Paris, 2 Mai. Der Mangel eines energischen Willens seit dem Tode Casimir Periers hatte zur Folge, daß die um die oberste Gewalt buhlenden Männer seit langem kein anderes Schauspiel dargeboten hatten, als das einer inextricabeln Cabale – Thiers, Guizot, Molé mit ihren Doubluren. Regieren war seit dem Tode Periers nichts als Cabaliren. Einer suchte dem andern die Gewalt vor dem Munde wegzuschnappen. Guizot fing das Ding allzufein an, er glaubte von oben herab, durch den Thron siegen zu können; aber da gewann ihm Molé den Vorsprung ab, und so verband sich Guizot mit Thiers in der Coalition. Thiers, welcher den Instinct des Landes auf das vollkommenste besitzt, und die seltene Gabe hat seine Fehler zu verbessern, stellte sich halb und halb zwischen Regierung und Opposition, und ging, um mit heutiger Sprache zu reden, als Mann der Situation aus derselben hervor. Heute nimmt er die stärkste Stellung seit dem Abgange Casimir Periers ein. Seine Absicht ist offenbar zu laviren, bis er sich besser befestigt hat; eben das fürchten diejenigen seiner Vorgänger, welche von ihm aus dem Felde geschlagen worden sind, und deßwegen sind sie bemüht, ihn als ein Organ der Linken oder der puren Revolution hinzustellen. Die Linke ist

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 135. Augsburg, 14. Mai 1840, S. 1077. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_135_18400514/5>, abgerufen am 21.11.2024.