Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 134. Augsburg, 13. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Angabe, Lord Melbourne habe den Capitän Elliot als den genannt, der mit der Leitung der chinesischen Unternehmung beauftragt werden müsse, sich heute, nach den Mittheilungen aller Blätter - mit Ausnahme des Sun - dahin berichtiget, daß vielmehr Lord Melbourne, als Lord Ashburton ihn fragte, ob vielleicht Capitän Elliot der zu ernennende Befehlshaber sey, mit Nein antwortete; eine Erklärung, die jedenfalls mit den übrigen Worten Lord Melbourne's so wie mit dem Sich beruhigen des Hauses bei seiner Antwort in vernünftigem Einklang steht. - Nachdem hierauf mehrere Bittschriften theils gegen den Opiumhandel und chinesischen Krieg, theils gegen die Korngesetze (bei deren Anblick mehrere edle Lords große Ungeduld zeigten) eingereicht worden sind, bringt Lord Aberdeen seine Bill über die schottische Kirche, nämlich über die Art wie Presbyterien bei Annahme oder Zurückweisung eines vom Kirchenpatron ihnen vorgeschlagenen Pfarrers zu verfahren haben. Der edle Lord schlägt vor, daß das Presbyterium, nachdem es den Vorgeschlagenen habe predigen lassen, und sich dann mit dem Kirchenausschuß über ihn berathen und die etwaigen Einsprüche aller volljährigen Gemeindemitglieder in Erwägung gezogen habe, im Falle triftiger Gründe gegen ihn, solche dem obersten Kirchengerichtshofe (supreme ecclesiastical court) vorzulegen, beim Mangel triftiger Einwendungen aber, den Vorgeschlagenen ohne weiters anzunehmen befugt seyn solle; dem Patron und Vorgeschlagenen aber solle gegen ein ablehnendes Erkenntniß des Presbyteriums bei demselben obersten Gerichtshof der Appell offen stehen. Diesen seinen eigentlichen Vorschlag bevorwortet der edle Lord mit einer langen Einleitung, in welcher er die hier berührte Frage als eine für die Wohlfahrt und Ruhe Schottlands und Englands höchst wichtige Angelegenheit darstellt, und zugleich die Regierung tadelt, daß sie bis jetzt für Schlichtung derselben noch keine Maaßregeln getroffen habe. Lord Melbourne antwortet, daß das kluge Betragen der Regierung in dieser Hinsicht sich binnen kurzem aufs deutlichste offenbaren werde, daß er jetzt aber um so weniger darauf eingehen könne, jenes Betragen zu vertheidigen, als er sich sonst genöthigt sehen würde, die vom edlen Lord vorgeschlagene Maaßregel unmittelbar anzugreifen, während er sie doch, zum Besten der ganzen Frage, einer offnen Discussion nicht entziehen möge. - Die Bill ward dann zum erstenmal verlesen, worauf sich das Haus bis zum 7 vertagte.

Haus der Gemeinen, Sitzung vom 6 Mai. Ein unerwartetes schreckliches Ereigniß, nämlich der gewaltsame Tod Lord William Russells, des 72jährigen Onkels von Lord John Russell, der am Mittwoch Morgen (6 Mai) ermordet - offenbar von Räubern - in seinem Bette gefunden wurde, gab die Veranlassung zum baldigen Aufheben der heutigen Sitzung. Weil nämlich heute die irische Wählerbill Lord Stanley's zur Discussion kommen sollte, und dabei die Anwesenheit Lord John Russells wesentlich erforderlich war, so richtete Lord Morpeth, selbst vom Eindruck jenes Ereignisses aufs sichtbarste ergriffen, an Lord Stanley die Bitte, daß er in die Verschiebung der Discussion seiner Bill auf keinen andern Tag, wo sein edler Freund, Lord John Russell, wieder gegenwärtig seyn könne, willigen möge; und Lord Stanley, obwohl nicht ohne zugleich noch einmal auf die hohe Wichtigkeit seiner Bill aufmerksam zu machen, gab diese Einwilligung. Als Tag für die bevorstehende Discussion ward der nächste Montag (11 Mai) festgesetzt. Das Haus ging um 6 Uhr auseinander.

Der ausgebrochene lächerliche Krieg zwischen Hrn. Laporte und dem Londoner Publicum des italienischen Theaters ist endlich so beschwichtigt worden, daß Hr. Laporte den Sänger Tamburini nun wirklich engagirt hat.

Letzten Freitag gab das Gericht der königlichen Bank eine Entscheidung, welche, wenn anders das Oberhaus solche nicht als Appellationsgericht umstößt, der Kirchensteuer, wenigstens in den größeren Städten, bald ein praktisches Ende machen muß. Die Entscheidung lautete nämlich dahin, daß außer der versammelten Gemeinde (Vestry) keine Autorität das Recht habe, in einem Kirchspiel eine Kirchensteuer anzulegen. Diese Erklärung werden sich natürlich alle Gemeinden, wo Nonconformisten oder kirchliche Protestanten von der Whigpartei das Uebergewicht haben, zu Nutze machen, um ein Jahr nach dem andern diese Steuer zu verweigern. Freilich kann man zugleich die Kirchenvorsteher gesetzmäßig zwingen, nicht nur alles was zum Gottesdienst nothwendig ist herbeizuschaffen, sondern selbst das Kirchengebäude in gutem Stande zu erhalten. Und da jeder, welcher von einer Gemeinde in seinem Kirchspiel zu diesem Amte gewählt wird (gleichviel ob er ein Mitglied der Kirchengemeinde sey oder nicht) unter Geldstrafe verpflichtet ist, sein Jahr zu dienen, so würde es bald individuelle Klagen genug geben, wenn man die Thorheit begehen wollte, Einzelne zu zwingen, diese öffentliche Last zu tragen. Die Kirche selbst würde also wohl darauf dringen müssen, einem solchen Skandal ein Ende zu machen, und würde am Ende froh seyn, selbst zu dem Mittel einer vortheilhafteren Verwaltung der Stiftsgüter greifen zu können, um daraus die abgehende Kirchensteuer zu ersetzen, wenn sie auch den Vorschlag, da er von den Whigs kam, als eine Art von Kirchenraub verschrien. Die Richter sind aber zu einer beinahe noch wichtigeren Entscheidung gekommen, die sie gestern Abend durch den Oberrichter Tindal dem Oberhause mittheilen ließen. Sie haben nämlich einstimmig gefunden, daß unter dem Ausdruck: protestantische Geistlichkeit, welcher unter Georg III der siebente Theil aller Ländereien in Ober-Canada zuertheilt worden, nicht nur die Geistlichkeit der anglicanischen, sondern auch der schottischen, gemeint sey. Dieß muß für unsere Neu-Hildebrandisten, welche die schottische Kirche gar nicht als eine Kirche gelten lassen wollen, Galle und Wermuth seyn. Selbst die gemäßigten Anglicaner werden sich nur insofern darüber trösten können, als die Richter zugleich erklärt haben, die obercanadische Legislatur habe in der herübergeschickten Bill ihre Befugnisse überschritten (was indessen auch bereits die Rechtsgelehrten der Krone gefunden hatten und vom Ministerium anerkannt worden war). Dieß muß natürlich beide Theile zu einer Uebereinkunft geneigt machen, und der Regierung die Schlichtung der canadischen Streitigkeiten erleichtern. Auf das Verhältniß der anglicanischen Kirche zu den Colonien aber muß die richterliche Entscheidung einen folgereichen Einfluß haben, da die Schottländer nicht verfehlen werden, alle ihre Rechte als Staatskirche eines mitunirten Reiches geltend zu machen, und darauf zu bestehen, daß wenn die Königin Bischöfe und Geistliche dahin sendet und dort besoldet, ihre presbyterische Kirche gleichfalls begründet werde. So hätte der bischöfliche Eifer des Dr. Phillpots, von welchem jene Fragen an die Richter dem Oberhaus aufgedrungen wurden, sich einmal wieder selbst gestraft, wie es so oft im Leben geschieht, wenn man nach Allem greift.

Frankreich.

Die Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai war viel belebter als die vorhergehenden. Man erwartete, daß die Anhänger der Colonien und die des Rübenzuckers bei Anlaß des Amendements des Hrn. Lacave-Laplagne zum erstenmal

Angabe, Lord Melbourne habe den Capitän Elliot als den genannt, der mit der Leitung der chinesischen Unternehmung beauftragt werden müsse, sich heute, nach den Mittheilungen aller Blätter – mit Ausnahme des Sun – dahin berichtiget, daß vielmehr Lord Melbourne, als Lord Ashburton ihn fragte, ob vielleicht Capitän Elliot der zu ernennende Befehlshaber sey, mit Nein antwortete; eine Erklärung, die jedenfalls mit den übrigen Worten Lord Melbourne's so wie mit dem Sich beruhigen des Hauses bei seiner Antwort in vernünftigem Einklang steht. – Nachdem hierauf mehrere Bittschriften theils gegen den Opiumhandel und chinesischen Krieg, theils gegen die Korngesetze (bei deren Anblick mehrere edle Lords große Ungeduld zeigten) eingereicht worden sind, bringt Lord Aberdeen seine Bill über die schottische Kirche, nämlich über die Art wie Presbyterien bei Annahme oder Zurückweisung eines vom Kirchenpatron ihnen vorgeschlagenen Pfarrers zu verfahren haben. Der edle Lord schlägt vor, daß das Presbyterium, nachdem es den Vorgeschlagenen habe predigen lassen, und sich dann mit dem Kirchenausschuß über ihn berathen und die etwaigen Einsprüche aller volljährigen Gemeindemitglieder in Erwägung gezogen habe, im Falle triftiger Gründe gegen ihn, solche dem obersten Kirchengerichtshofe (supreme ecclesiastical court) vorzulegen, beim Mangel triftiger Einwendungen aber, den Vorgeschlagenen ohne weiters anzunehmen befugt seyn solle; dem Patron und Vorgeschlagenen aber solle gegen ein ablehnendes Erkenntniß des Presbyteriums bei demselben obersten Gerichtshof der Appell offen stehen. Diesen seinen eigentlichen Vorschlag bevorwortet der edle Lord mit einer langen Einleitung, in welcher er die hier berührte Frage als eine für die Wohlfahrt und Ruhe Schottlands und Englands höchst wichtige Angelegenheit darstellt, und zugleich die Regierung tadelt, daß sie bis jetzt für Schlichtung derselben noch keine Maaßregeln getroffen habe. Lord Melbourne antwortet, daß das kluge Betragen der Regierung in dieser Hinsicht sich binnen kurzem aufs deutlichste offenbaren werde, daß er jetzt aber um so weniger darauf eingehen könne, jenes Betragen zu vertheidigen, als er sich sonst genöthigt sehen würde, die vom edlen Lord vorgeschlagene Maaßregel unmittelbar anzugreifen, während er sie doch, zum Besten der ganzen Frage, einer offnen Discussion nicht entziehen möge. – Die Bill ward dann zum erstenmal verlesen, worauf sich das Haus bis zum 7 vertagte.

Haus der Gemeinen, Sitzung vom 6 Mai. Ein unerwartetes schreckliches Ereigniß, nämlich der gewaltsame Tod Lord William Russells, des 72jährigen Onkels von Lord John Russell, der am Mittwoch Morgen (6 Mai) ermordet – offenbar von Räubern – in seinem Bette gefunden wurde, gab die Veranlassung zum baldigen Aufheben der heutigen Sitzung. Weil nämlich heute die irische Wählerbill Lord Stanley's zur Discussion kommen sollte, und dabei die Anwesenheit Lord John Russells wesentlich erforderlich war, so richtete Lord Morpeth, selbst vom Eindruck jenes Ereignisses aufs sichtbarste ergriffen, an Lord Stanley die Bitte, daß er in die Verschiebung der Discussion seiner Bill auf keinen andern Tag, wo sein edler Freund, Lord John Russell, wieder gegenwärtig seyn könne, willigen möge; und Lord Stanley, obwohl nicht ohne zugleich noch einmal auf die hohe Wichtigkeit seiner Bill aufmerksam zu machen, gab diese Einwilligung. Als Tag für die bevorstehende Discussion ward der nächste Montag (11 Mai) festgesetzt. Das Haus ging um 6 Uhr auseinander.

Der ausgebrochene lächerliche Krieg zwischen Hrn. Laporte und dem Londoner Publicum des italienischen Theaters ist endlich so beschwichtigt worden, daß Hr. Laporte den Sänger Tamburini nun wirklich engagirt hat.

Letzten Freitag gab das Gericht der königlichen Bank eine Entscheidung, welche, wenn anders das Oberhaus solche nicht als Appellationsgericht umstößt, der Kirchensteuer, wenigstens in den größeren Städten, bald ein praktisches Ende machen muß. Die Entscheidung lautete nämlich dahin, daß außer der versammelten Gemeinde (Vestry) keine Autorität das Recht habe, in einem Kirchspiel eine Kirchensteuer anzulegen. Diese Erklärung werden sich natürlich alle Gemeinden, wo Nonconformisten oder kirchliche Protestanten von der Whigpartei das Uebergewicht haben, zu Nutze machen, um ein Jahr nach dem andern diese Steuer zu verweigern. Freilich kann man zugleich die Kirchenvorsteher gesetzmäßig zwingen, nicht nur alles was zum Gottesdienst nothwendig ist herbeizuschaffen, sondern selbst das Kirchengebäude in gutem Stande zu erhalten. Und da jeder, welcher von einer Gemeinde in seinem Kirchspiel zu diesem Amte gewählt wird (gleichviel ob er ein Mitglied der Kirchengemeinde sey oder nicht) unter Geldstrafe verpflichtet ist, sein Jahr zu dienen, so würde es bald individuelle Klagen genug geben, wenn man die Thorheit begehen wollte, Einzelne zu zwingen, diese öffentliche Last zu tragen. Die Kirche selbst würde also wohl darauf dringen müssen, einem solchen Skandal ein Ende zu machen, und würde am Ende froh seyn, selbst zu dem Mittel einer vortheilhafteren Verwaltung der Stiftsgüter greifen zu können, um daraus die abgehende Kirchensteuer zu ersetzen, wenn sie auch den Vorschlag, da er von den Whigs kam, als eine Art von Kirchenraub verschrien. Die Richter sind aber zu einer beinahe noch wichtigeren Entscheidung gekommen, die sie gestern Abend durch den Oberrichter Tindal dem Oberhause mittheilen ließen. Sie haben nämlich einstimmig gefunden, daß unter dem Ausdruck: protestantische Geistlichkeit, welcher unter Georg III der siebente Theil aller Ländereien in Ober-Canada zuertheilt worden, nicht nur die Geistlichkeit der anglicanischen, sondern auch der schottischen, gemeint sey. Dieß muß für unsere Neu-Hildebrandisten, welche die schottische Kirche gar nicht als eine Kirche gelten lassen wollen, Galle und Wermuth seyn. Selbst die gemäßigten Anglicaner werden sich nur insofern darüber trösten können, als die Richter zugleich erklärt haben, die obercanadische Legislatur habe in der herübergeschickten Bill ihre Befugnisse überschritten (was indessen auch bereits die Rechtsgelehrten der Krone gefunden hatten und vom Ministerium anerkannt worden war). Dieß muß natürlich beide Theile zu einer Uebereinkunft geneigt machen, und der Regierung die Schlichtung der canadischen Streitigkeiten erleichtern. Auf das Verhältniß der anglicanischen Kirche zu den Colonien aber muß die richterliche Entscheidung einen folgereichen Einfluß haben, da die Schottländer nicht verfehlen werden, alle ihre Rechte als Staatskirche eines mitunirten Reiches geltend zu machen, und darauf zu bestehen, daß wenn die Königin Bischöfe und Geistliche dahin sendet und dort besoldet, ihre presbyterische Kirche gleichfalls begründet werde. So hätte der bischöfliche Eifer des Dr. Phillpots, von welchem jene Fragen an die Richter dem Oberhaus aufgedrungen wurden, sich einmal wieder selbst gestraft, wie es so oft im Leben geschieht, wenn man nach Allem greift.

Frankreich.

Die Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai war viel belebter als die vorhergehenden. Man erwartete, daß die Anhänger der Colonien und die des Rübenzuckers bei Anlaß des Amendements des Hrn. Lacave-Laplagne zum erstenmal

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0002" n="1066"/>
Angabe, Lord Melbourne habe den Capitän <hi rendition="#g">Elliot</hi> als den genannt, der mit der Leitung der chinesischen Unternehmung beauftragt werden müsse, sich heute, nach den Mittheilungen aller Blätter &#x2013; mit Ausnahme des Sun &#x2013; dahin berichtiget, daß vielmehr Lord Melbourne, als Lord Ashburton ihn fragte, ob vielleicht Capitän Elliot der zu ernennende Befehlshaber sey, mit <hi rendition="#g">Nein</hi> antwortete; eine Erklärung, die jedenfalls mit den übrigen Worten Lord Melbourne's so wie mit dem Sich beruhigen des Hauses bei seiner Antwort in vernünftigem Einklang steht. &#x2013; Nachdem hierauf mehrere Bittschriften theils gegen den Opiumhandel und chinesischen Krieg, theils gegen die Korngesetze (bei deren Anblick mehrere edle Lords große Ungeduld zeigten) eingereicht worden sind, bringt Lord <hi rendition="#g">Aberdeen</hi> seine Bill über die schottische Kirche, nämlich über die Art wie Presbyterien bei Annahme oder Zurückweisung eines vom Kirchenpatron ihnen vorgeschlagenen Pfarrers zu verfahren haben. Der edle Lord schlägt vor, daß das Presbyterium, nachdem es den Vorgeschlagenen habe predigen lassen, und sich dann mit dem Kirchenausschuß über ihn berathen und die etwaigen Einsprüche aller volljährigen Gemeindemitglieder in Erwägung gezogen habe, im Falle triftiger Gründe gegen ihn, solche dem obersten Kirchengerichtshofe (supreme ecclesiastical court) vorzulegen, beim Mangel triftiger Einwendungen aber, den Vorgeschlagenen ohne weiters anzunehmen befugt seyn solle; dem Patron und Vorgeschlagenen aber solle gegen ein ablehnendes Erkenntniß des Presbyteriums bei demselben obersten Gerichtshof der Appell offen stehen. Diesen seinen eigentlichen Vorschlag bevorwortet der edle Lord mit einer langen Einleitung, in welcher er die hier berührte Frage als eine für die Wohlfahrt und Ruhe Schottlands und Englands höchst wichtige Angelegenheit darstellt, und zugleich die Regierung tadelt, daß sie bis jetzt für Schlichtung derselben noch keine Maaßregeln getroffen habe. Lord <hi rendition="#g">Melbourne</hi> antwortet, daß das kluge Betragen der Regierung in dieser Hinsicht sich binnen kurzem aufs deutlichste offenbaren werde, daß er jetzt aber um so weniger darauf eingehen könne, jenes Betragen zu vertheidigen, als er sich sonst genöthigt sehen würde, die vom edlen Lord vorgeschlagene Maaßregel unmittelbar anzugreifen, während er sie doch, zum Besten der ganzen Frage, einer offnen Discussion nicht entziehen möge. &#x2013; Die Bill ward dann zum erstenmal verlesen, worauf sich das Haus bis zum 7 vertagte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Haus der Gemeinen</hi>, Sitzung vom 6 Mai. Ein unerwartetes schreckliches Ereigniß, nämlich der gewaltsame Tod Lord William Russells, des 72jährigen Onkels von Lord John Russell, der am Mittwoch Morgen (6 Mai) ermordet &#x2013; offenbar von Räubern &#x2013; in seinem Bette gefunden wurde, gab die Veranlassung zum baldigen Aufheben der heutigen Sitzung. Weil nämlich heute die irische Wählerbill Lord Stanley's zur Discussion kommen sollte, und dabei die Anwesenheit Lord John Russells wesentlich erforderlich war, so richtete Lord <hi rendition="#g">Morpeth</hi>, selbst vom Eindruck jenes Ereignisses aufs sichtbarste ergriffen, an Lord Stanley die Bitte, daß er in die Verschiebung der Discussion seiner Bill auf keinen andern Tag, wo sein edler Freund, Lord John Russell, wieder gegenwärtig seyn könne, willigen möge; und Lord <hi rendition="#g">Stanley</hi>, obwohl nicht ohne zugleich noch einmal auf die hohe Wichtigkeit seiner Bill aufmerksam zu machen, gab diese Einwilligung. Als Tag für die bevorstehende Discussion ward der nächste Montag (11 Mai) festgesetzt. Das Haus ging um 6 Uhr auseinander.</p><lb/>
          <p>Der ausgebrochene lächerliche Krieg zwischen Hrn. Laporte und dem Londoner Publicum des italienischen Theaters ist endlich so beschwichtigt worden, daß Hr. Laporte den Sänger Tamburini nun wirklich engagirt hat.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 5 Mai.</dateline>
          <p> Letzten Freitag gab das Gericht der königlichen Bank eine Entscheidung, welche, wenn anders das Oberhaus solche nicht als Appellationsgericht umstößt, der Kirchensteuer, wenigstens in den größeren Städten, bald ein praktisches Ende machen muß. Die Entscheidung lautete nämlich dahin, daß außer der versammelten Gemeinde (Vestry) keine Autorität das Recht habe, in einem Kirchspiel eine Kirchensteuer anzulegen. Diese Erklärung werden sich natürlich alle Gemeinden, wo Nonconformisten oder kirchliche Protestanten von der Whigpartei das Uebergewicht haben, zu Nutze machen, um ein Jahr nach dem andern diese Steuer zu verweigern. Freilich kann man zugleich die Kirchenvorsteher <hi rendition="#g">gesetzmäßig</hi> zwingen, nicht nur alles was zum Gottesdienst nothwendig ist herbeizuschaffen, sondern selbst das Kirchengebäude in gutem Stande zu erhalten. Und da jeder, welcher von einer Gemeinde in seinem Kirchspiel zu diesem Amte gewählt wird (gleichviel ob er ein Mitglied der Kirchengemeinde sey oder nicht) unter Geldstrafe verpflichtet ist, sein Jahr zu dienen, so würde es bald individuelle Klagen genug geben, wenn man die Thorheit begehen wollte, Einzelne zu zwingen, diese öffentliche Last zu tragen. Die Kirche selbst würde also wohl darauf dringen müssen, einem solchen Skandal ein Ende zu machen, und würde am Ende froh seyn, selbst zu dem Mittel einer vortheilhafteren Verwaltung der Stiftsgüter greifen zu können, um daraus die abgehende Kirchensteuer zu ersetzen, wenn sie auch den Vorschlag, da er von den Whigs kam, als eine Art von Kirchenraub verschrien. Die Richter sind aber zu einer beinahe noch wichtigeren Entscheidung gekommen, die sie gestern Abend durch den Oberrichter Tindal dem Oberhause mittheilen ließen. Sie haben nämlich einstimmig gefunden, daß unter dem Ausdruck: protestantische Geistlichkeit, welcher unter Georg III der siebente Theil aller Ländereien in Ober-Canada zuertheilt worden, nicht nur die Geistlichkeit der anglicanischen, sondern auch der schottischen, gemeint sey. Dieß muß für unsere Neu-Hildebrandisten, welche die schottische Kirche gar nicht als eine Kirche gelten lassen wollen, Galle und Wermuth seyn. Selbst die gemäßigten Anglicaner werden sich nur insofern darüber trösten können, als die Richter zugleich erklärt haben, die obercanadische Legislatur habe in der herübergeschickten Bill ihre Befugnisse überschritten (was indessen auch bereits die Rechtsgelehrten der Krone gefunden hatten und vom Ministerium anerkannt worden war). Dieß muß natürlich beide Theile zu einer Uebereinkunft geneigt machen, und der Regierung die Schlichtung der canadischen Streitigkeiten erleichtern. Auf das Verhältniß der anglicanischen Kirche zu den Colonien aber muß die richterliche Entscheidung einen folgereichen Einfluß haben, da die Schottländer nicht verfehlen werden, alle ihre Rechte als Staatskirche eines mitunirten Reiches geltend zu machen, und darauf zu bestehen, daß wenn die Königin Bischöfe und Geistliche dahin sendet und dort besoldet, ihre presbyterische Kirche gleichfalls begründet werde. So hätte der bischöfliche Eifer des Dr. Phillpots, von welchem jene Fragen an die Richter dem Oberhaus aufgedrungen wurden, sich einmal wieder selbst gestraft, wie es so oft im Leben geschieht, wenn man nach Allem greift.</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Frankreich.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 8 Mai.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p>Die Sitzung der <hi rendition="#g">Deputirtenkammer</hi> vom 8 Mai war viel belebter als die vorhergehenden. Man erwartete, daß die Anhänger der Colonien und die des Rübenzuckers bei Anlaß des Amendements des Hrn. Lacave-Laplagne zum erstenmal<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1066/0002] Angabe, Lord Melbourne habe den Capitän Elliot als den genannt, der mit der Leitung der chinesischen Unternehmung beauftragt werden müsse, sich heute, nach den Mittheilungen aller Blätter – mit Ausnahme des Sun – dahin berichtiget, daß vielmehr Lord Melbourne, als Lord Ashburton ihn fragte, ob vielleicht Capitän Elliot der zu ernennende Befehlshaber sey, mit Nein antwortete; eine Erklärung, die jedenfalls mit den übrigen Worten Lord Melbourne's so wie mit dem Sich beruhigen des Hauses bei seiner Antwort in vernünftigem Einklang steht. – Nachdem hierauf mehrere Bittschriften theils gegen den Opiumhandel und chinesischen Krieg, theils gegen die Korngesetze (bei deren Anblick mehrere edle Lords große Ungeduld zeigten) eingereicht worden sind, bringt Lord Aberdeen seine Bill über die schottische Kirche, nämlich über die Art wie Presbyterien bei Annahme oder Zurückweisung eines vom Kirchenpatron ihnen vorgeschlagenen Pfarrers zu verfahren haben. Der edle Lord schlägt vor, daß das Presbyterium, nachdem es den Vorgeschlagenen habe predigen lassen, und sich dann mit dem Kirchenausschuß über ihn berathen und die etwaigen Einsprüche aller volljährigen Gemeindemitglieder in Erwägung gezogen habe, im Falle triftiger Gründe gegen ihn, solche dem obersten Kirchengerichtshofe (supreme ecclesiastical court) vorzulegen, beim Mangel triftiger Einwendungen aber, den Vorgeschlagenen ohne weiters anzunehmen befugt seyn solle; dem Patron und Vorgeschlagenen aber solle gegen ein ablehnendes Erkenntniß des Presbyteriums bei demselben obersten Gerichtshof der Appell offen stehen. Diesen seinen eigentlichen Vorschlag bevorwortet der edle Lord mit einer langen Einleitung, in welcher er die hier berührte Frage als eine für die Wohlfahrt und Ruhe Schottlands und Englands höchst wichtige Angelegenheit darstellt, und zugleich die Regierung tadelt, daß sie bis jetzt für Schlichtung derselben noch keine Maaßregeln getroffen habe. Lord Melbourne antwortet, daß das kluge Betragen der Regierung in dieser Hinsicht sich binnen kurzem aufs deutlichste offenbaren werde, daß er jetzt aber um so weniger darauf eingehen könne, jenes Betragen zu vertheidigen, als er sich sonst genöthigt sehen würde, die vom edlen Lord vorgeschlagene Maaßregel unmittelbar anzugreifen, während er sie doch, zum Besten der ganzen Frage, einer offnen Discussion nicht entziehen möge. – Die Bill ward dann zum erstenmal verlesen, worauf sich das Haus bis zum 7 vertagte. Haus der Gemeinen, Sitzung vom 6 Mai. Ein unerwartetes schreckliches Ereigniß, nämlich der gewaltsame Tod Lord William Russells, des 72jährigen Onkels von Lord John Russell, der am Mittwoch Morgen (6 Mai) ermordet – offenbar von Räubern – in seinem Bette gefunden wurde, gab die Veranlassung zum baldigen Aufheben der heutigen Sitzung. Weil nämlich heute die irische Wählerbill Lord Stanley's zur Discussion kommen sollte, und dabei die Anwesenheit Lord John Russells wesentlich erforderlich war, so richtete Lord Morpeth, selbst vom Eindruck jenes Ereignisses aufs sichtbarste ergriffen, an Lord Stanley die Bitte, daß er in die Verschiebung der Discussion seiner Bill auf keinen andern Tag, wo sein edler Freund, Lord John Russell, wieder gegenwärtig seyn könne, willigen möge; und Lord Stanley, obwohl nicht ohne zugleich noch einmal auf die hohe Wichtigkeit seiner Bill aufmerksam zu machen, gab diese Einwilligung. Als Tag für die bevorstehende Discussion ward der nächste Montag (11 Mai) festgesetzt. Das Haus ging um 6 Uhr auseinander. Der ausgebrochene lächerliche Krieg zwischen Hrn. Laporte und dem Londoner Publicum des italienischen Theaters ist endlich so beschwichtigt worden, daß Hr. Laporte den Sänger Tamburini nun wirklich engagirt hat. _ London, 5 Mai. Letzten Freitag gab das Gericht der königlichen Bank eine Entscheidung, welche, wenn anders das Oberhaus solche nicht als Appellationsgericht umstößt, der Kirchensteuer, wenigstens in den größeren Städten, bald ein praktisches Ende machen muß. Die Entscheidung lautete nämlich dahin, daß außer der versammelten Gemeinde (Vestry) keine Autorität das Recht habe, in einem Kirchspiel eine Kirchensteuer anzulegen. Diese Erklärung werden sich natürlich alle Gemeinden, wo Nonconformisten oder kirchliche Protestanten von der Whigpartei das Uebergewicht haben, zu Nutze machen, um ein Jahr nach dem andern diese Steuer zu verweigern. Freilich kann man zugleich die Kirchenvorsteher gesetzmäßig zwingen, nicht nur alles was zum Gottesdienst nothwendig ist herbeizuschaffen, sondern selbst das Kirchengebäude in gutem Stande zu erhalten. Und da jeder, welcher von einer Gemeinde in seinem Kirchspiel zu diesem Amte gewählt wird (gleichviel ob er ein Mitglied der Kirchengemeinde sey oder nicht) unter Geldstrafe verpflichtet ist, sein Jahr zu dienen, so würde es bald individuelle Klagen genug geben, wenn man die Thorheit begehen wollte, Einzelne zu zwingen, diese öffentliche Last zu tragen. Die Kirche selbst würde also wohl darauf dringen müssen, einem solchen Skandal ein Ende zu machen, und würde am Ende froh seyn, selbst zu dem Mittel einer vortheilhafteren Verwaltung der Stiftsgüter greifen zu können, um daraus die abgehende Kirchensteuer zu ersetzen, wenn sie auch den Vorschlag, da er von den Whigs kam, als eine Art von Kirchenraub verschrien. Die Richter sind aber zu einer beinahe noch wichtigeren Entscheidung gekommen, die sie gestern Abend durch den Oberrichter Tindal dem Oberhause mittheilen ließen. Sie haben nämlich einstimmig gefunden, daß unter dem Ausdruck: protestantische Geistlichkeit, welcher unter Georg III der siebente Theil aller Ländereien in Ober-Canada zuertheilt worden, nicht nur die Geistlichkeit der anglicanischen, sondern auch der schottischen, gemeint sey. Dieß muß für unsere Neu-Hildebrandisten, welche die schottische Kirche gar nicht als eine Kirche gelten lassen wollen, Galle und Wermuth seyn. Selbst die gemäßigten Anglicaner werden sich nur insofern darüber trösten können, als die Richter zugleich erklärt haben, die obercanadische Legislatur habe in der herübergeschickten Bill ihre Befugnisse überschritten (was indessen auch bereits die Rechtsgelehrten der Krone gefunden hatten und vom Ministerium anerkannt worden war). Dieß muß natürlich beide Theile zu einer Uebereinkunft geneigt machen, und der Regierung die Schlichtung der canadischen Streitigkeiten erleichtern. Auf das Verhältniß der anglicanischen Kirche zu den Colonien aber muß die richterliche Entscheidung einen folgereichen Einfluß haben, da die Schottländer nicht verfehlen werden, alle ihre Rechte als Staatskirche eines mitunirten Reiches geltend zu machen, und darauf zu bestehen, daß wenn die Königin Bischöfe und Geistliche dahin sendet und dort besoldet, ihre presbyterische Kirche gleichfalls begründet werde. So hätte der bischöfliche Eifer des Dr. Phillpots, von welchem jene Fragen an die Richter dem Oberhaus aufgedrungen wurden, sich einmal wieder selbst gestraft, wie es so oft im Leben geschieht, wenn man nach Allem greift. Frankreich. _ Paris, 8 Mai. Die Sitzung der Deputirtenkammer vom 8 Mai war viel belebter als die vorhergehenden. Man erwartete, daß die Anhänger der Colonien und die des Rübenzuckers bei Anlaß des Amendements des Hrn. Lacave-Laplagne zum erstenmal

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_134_18400513
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_134_18400513/2
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 134. Augsburg, 13. Mai 1840, S. 1066. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_134_18400513/2>, abgerufen am 23.11.2024.