Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 133. Augsburg, 12. Mai 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

der Anführer. Lord Melbourne antwortet, daß man den Oberbefehl der ganzen Unternehmung wahrscheinlich dem Generalgouverneur von Indien anvertrauen werde; da jedoch dieser leider die Unternehmung nicht selbst begleiten könne, so werde die unmittelbare Leitung der Kriegsoperationen so wie auch der Unterhandlungen vermuthlich dem Capitän Elliot überlassen bleiben müssen. Graf Fitzwilliam kündigt eine Motion über diesen Gegenstand für den 27 an.

Das M. Chronicle (4 Mai) gibt aus den kürzlich in London eingetroffenen und bis zum 10 Oct. 1839 herabgehenden Depeschen des Obristen Wakefield, Hauptagenten der Neu-Seelands-Gesellschaft, die wichtige Nachricht vom Ankaufe des Nicholson-Hafens, an der Cookstraße, sammt angränzenden beinahe eine Million Acres begreifenden Ländereien. Der Hafen selbst, ungefähr 30 M. von Charlottens Sund, an der westlichen Küste, ist sehr geräumig, überall auch für Schiffe von mehr als 100 Tonnen ankerbar und in seiner innersten Bucht vollkommen windsicher; anmuthige frisch belaubte Hügel, von denen die entfernteren dem Edgecumbe in Devonshire ähnlich sehen, umgeben ihn, und ein schiffbarer Fluß, den Obrist Wakefield 7 Meilen weit aufwärts verfolgte, und überall von mächtiger, zu Häuser- und Schiffsbau tauglicher Waldung besetzt fand, nimmt darin seine Mündung. Der Boden des Landes ist schwarz-lehmig und, besonders wenn er etwas entwässert seyn wird, vortrefflich zum Anbau. Die Einwohner zeigten sich freundlich und noch ganz unverdorben vom Verkehr mit Fremden. Die gegen Westen gerichtete Lage des Hafens sichert ihm seinen Werth als dereinstigen Hauptpunktes des neu-seeländischen Handels mit Europa, so wie als eines bequemen Ausrüstungsplatzes für Wallfischfahrer und als eines äußerst holzreichen Schiffwerftes.

Daß die Politik des englischen Cabinets seit dem 1 März eine neue Phase eingegangen - sey es im Wesen der Verhältnisse oder nur im äußern Benehmen - läßt sich von denjenigen kaum verkennen, die den Gang der seither gepflogenen diplomatischen Verhandlungen, der von Lord Palmerston und Hrn. Thiers beobachteten wechselseitigen Haltung mit aufmerksamem Blick gefolgt sind. Man fragt sich unwillkürlich: hat das britische Cabinet seine bisherigen Grundsätze geändert oder hat Thiers eine andere, von der in Frankreich unter dem Ministerium Soult befolgten verschiedene Bahn eingeschlagen? Oder sucht England durch ein rücksichtsvolles Benehmen Hrn. Thiers zu ködern und zur Nachgiebigkeit zu stimmen? Oder endlich: spannt England andere Saiten auf, eingeschüchtert durch Frankreichs drohende Haltung und durch seine übermäßigen Rüstungen? Es ist schwer zu entscheiden, ob etwa Lord Palmerston und das brittische Ministerconseil das, was sie im Orient für die Pforte gegen den Pascha von Aegypten zu vindiciren gesonnen sind, in der letzten Zeit so bedeutend modificirt haben, daß sie sich mit Grund die Zustimmung des Cabinets der Tuilerien zu einem noch in petto behaltenen Ultimatum versprechen dürfen. Dem Anschein nach bleibt England noch immer bei seinen in dieser Hinsicht von Anbeginn geäußerten Ansichten; Lord Palmerston versichert dieß den andern Mächten ohne Unterlaß, und sucht noch immer die zu diesem Zweck eingegangenen Verbindungen aufrecht zu halten. Die Demüthigung des feindlich gesinnten Vicekönigs liegt im Interesse Englands, die Rechtsansprüche der Pforte sind durch England verbürgt, der ernste Wunsch Englands, Syrien der Pforte wieder zu geben, läßt sich kaum bezweifeln. Ob aber der Muth, dieses zu verwirklichen, eine Erschütterung erfahren, wird die nächste Zukunft lehren. Eben so gewiß ist andererseits, daß das Ministerium Thiers keine andere Politik befolgen will, als das Ministerium Soult befolgt hatte. Dieses suchte im verwichenen Jahre um jeden Preis der Nothwendigkeit einer förmlichen Conferenz unter den fünf Großmächten zu entgehen, auf daß die in einer solchen Conferenz isolirte Stimme Frankreichs nicht in Mißachtung gerathe und der Wunsch, die Beschlüsse der übrigen Mächte bei günstiger Gelegenheit zu vereiteln, nicht durch Rücksichten einer aufgedrungenen Collegialität gefesselt werde, durch plötzliche und scharfe Abtrennung von den übrigen der Bruch nicht greller hervortrete, der moralisch zwischen den Ansichten Frankreichs und des übrigen Europa's hinsichtlich des Orients lange schon zu bestehen scheint. Was thut nun Thiers? Er erklärt, daß die Idee einer förmlichen Conferenz über die Verhältnisse der Türkei und Aegyptens, im Fall eine solche beabsichtigt werde, von der französischen Regierung für den Augenblick weder gutgeheißen noch unbedingt verworfen werde, sondern den Gegenstand einer reiflichern Erwägung bilden müßte. Daß diese Erklärung sich als rein evasiv darstellt, ist augenfällig, da ja der Gedanke einer solchen Conferenz nicht neu, sondern seit einem Jahre von Regierungen und Publicisten nach allen Richtungen geprüft und discutirt worden, folglich nicht nur Hr. Thiers sondern noch höhere Autoritäten, an die der französische Minister in diesem Fall appelliren zu wollen vorgibt, längst schon darüber im Reinen sind. Thiers wird sich wie seine Vorgänger jeder förmlichen Conferenz entziehen. In seinem Innern scheint er überzeugt, freie Verhandlungen auf den gewöhnlichen diplomatischen Communicationswegen mittelst der gewöhnlichen politischen Organe für sich ansprechen zu müssen, denn da behält er volle Freiheit, seine Sprache nach den Eingebungen des Augenblicks einzurichten, sich an die übrigen anzuschließen, oder sich zurückzuziehen und mittelst der allgemeinen Phrase, "die Interessen und die Ehre seines Landes erheischen ein verändertes Benehmen," Alles ohne Gene zu unternehmen, ohne gerade besorgen zu müssen, daß man ihn directen Widerspruchs mit bereits geäußerten Ansichten zu zeihen suche, und ohne sich jener Consequenz zu unterwerfen, deren man sich in einer länger anhaltenden, regelmäßig geführten Conferenz nicht gänzlich entschlagen kann. Auch in dieser Hinsicht waren die Vorgänger des Hrn. Thiers ganz derselben Meinung. Auch sie widerriethen ferner, Maaßregeln der Gewalt gegen den Vicekönig zu gebrauchen, indem solche Maaßregeln schwer auszuführen wären, ja fast gewiß an den Mitteln und an der unbeugsamen Kraft Mehemed Ali's scheitern müßten. Dieß sey unter andern auch einer der Gründe, warum Frankreich sich immer von jeder Anwendung von Gewalt gegen den Vicekönig entfernt halten werde. Gerade wie Thiers machten auch seine Vorgänger auf die Gefahren aufmerksam, denen man sich durch Ergreifung von Coercitivmitteln aussetze, unter denen zu oberst das Einrücken von wenigstens 80,000 Russen in Kleinasien und das Einbüßen alles politischen Gewichts in Asien durch unersprießliche Unternehmungen an den ägyptischen Küsten stehen solle, so daß selbst Palmerston in die größte Verlegenheit gerathen dürfte, wenn er ernstlich aufgefordert würde, ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Politik und der Sprache, die Frankreich vor und nach dem ersten März geführt, anzugeben. Woher also die ganz geänderte Haltung des brittischen Conseils gegen das gegenwärtige Cabinet der Tuilerien? Sollte man wirklich durch solche Mittel auf das Gemüth des französischen Premiers einzuwirken suchen? Es ist kaum glaublich, da dieser viel zu klug ist, um sich durch derartige Kleinigkeiten in dem einmal gewählten Gange beirren zu lassen. Es bleibt daher keine andere Erklärungsweise für die mit so viel Eifer versuchte Annäherung an Frankreich übrig, als der Eindruck, den die Rüstungen dieses Staats auf das

der Anführer. Lord Melbourne antwortet, daß man den Oberbefehl der ganzen Unternehmung wahrscheinlich dem Generalgouverneur von Indien anvertrauen werde; da jedoch dieser leider die Unternehmung nicht selbst begleiten könne, so werde die unmittelbare Leitung der Kriegsoperationen so wie auch der Unterhandlungen vermuthlich dem Capitän Elliot überlassen bleiben müssen. Graf Fitzwilliam kündigt eine Motion über diesen Gegenstand für den 27 an.

Das M. Chronicle (4 Mai) gibt aus den kürzlich in London eingetroffenen und bis zum 10 Oct. 1839 herabgehenden Depeschen des Obristen Wakefield, Hauptagenten der Neu-Seelands-Gesellschaft, die wichtige Nachricht vom Ankaufe des Nicholson-Hafens, an der Cookstraße, sammt angränzenden beinahe eine Million Acres begreifenden Ländereien. Der Hafen selbst, ungefähr 30 M. von Charlottens Sund, an der westlichen Küste, ist sehr geräumig, überall auch für Schiffe von mehr als 100 Tonnen ankerbar und in seiner innersten Bucht vollkommen windsicher; anmuthige frisch belaubte Hügel, von denen die entfernteren dem Edgecumbe in Devonshire ähnlich sehen, umgeben ihn, und ein schiffbarer Fluß, den Obrist Wakefield 7 Meilen weit aufwärts verfolgte, und überall von mächtiger, zu Häuser- und Schiffsbau tauglicher Waldung besetzt fand, nimmt darin seine Mündung. Der Boden des Landes ist schwarz-lehmig und, besonders wenn er etwas entwässert seyn wird, vortrefflich zum Anbau. Die Einwohner zeigten sich freundlich und noch ganz unverdorben vom Verkehr mit Fremden. Die gegen Westen gerichtete Lage des Hafens sichert ihm seinen Werth als dereinstigen Hauptpunktes des neu-seeländischen Handels mit Europa, so wie als eines bequemen Ausrüstungsplatzes für Wallfischfahrer und als eines äußerst holzreichen Schiffwerftes.

Daß die Politik des englischen Cabinets seit dem 1 März eine neue Phase eingegangen – sey es im Wesen der Verhältnisse oder nur im äußern Benehmen – läßt sich von denjenigen kaum verkennen, die den Gang der seither gepflogenen diplomatischen Verhandlungen, der von Lord Palmerston und Hrn. Thiers beobachteten wechselseitigen Haltung mit aufmerksamem Blick gefolgt sind. Man fragt sich unwillkürlich: hat das britische Cabinet seine bisherigen Grundsätze geändert oder hat Thiers eine andere, von der in Frankreich unter dem Ministerium Soult befolgten verschiedene Bahn eingeschlagen? Oder sucht England durch ein rücksichtsvolles Benehmen Hrn. Thiers zu ködern und zur Nachgiebigkeit zu stimmen? Oder endlich: spannt England andere Saiten auf, eingeschüchtert durch Frankreichs drohende Haltung und durch seine übermäßigen Rüstungen? Es ist schwer zu entscheiden, ob etwa Lord Palmerston und das brittische Ministerconseil das, was sie im Orient für die Pforte gegen den Pascha von Aegypten zu vindiciren gesonnen sind, in der letzten Zeit so bedeutend modificirt haben, daß sie sich mit Grund die Zustimmung des Cabinets der Tuilerien zu einem noch in petto behaltenen Ultimatum versprechen dürfen. Dem Anschein nach bleibt England noch immer bei seinen in dieser Hinsicht von Anbeginn geäußerten Ansichten; Lord Palmerston versichert dieß den andern Mächten ohne Unterlaß, und sucht noch immer die zu diesem Zweck eingegangenen Verbindungen aufrecht zu halten. Die Demüthigung des feindlich gesinnten Vicekönigs liegt im Interesse Englands, die Rechtsansprüche der Pforte sind durch England verbürgt, der ernste Wunsch Englands, Syrien der Pforte wieder zu geben, läßt sich kaum bezweifeln. Ob aber der Muth, dieses zu verwirklichen, eine Erschütterung erfahren, wird die nächste Zukunft lehren. Eben so gewiß ist andererseits, daß das Ministerium Thiers keine andere Politik befolgen will, als das Ministerium Soult befolgt hatte. Dieses suchte im verwichenen Jahre um jeden Preis der Nothwendigkeit einer förmlichen Conferenz unter den fünf Großmächten zu entgehen, auf daß die in einer solchen Conferenz isolirte Stimme Frankreichs nicht in Mißachtung gerathe und der Wunsch, die Beschlüsse der übrigen Mächte bei günstiger Gelegenheit zu vereiteln, nicht durch Rücksichten einer aufgedrungenen Collegialität gefesselt werde, durch plötzliche und scharfe Abtrennung von den übrigen der Bruch nicht greller hervortrete, der moralisch zwischen den Ansichten Frankreichs und des übrigen Europa's hinsichtlich des Orients lange schon zu bestehen scheint. Was thut nun Thiers? Er erklärt, daß die Idee einer förmlichen Conferenz über die Verhältnisse der Türkei und Aegyptens, im Fall eine solche beabsichtigt werde, von der französischen Regierung für den Augenblick weder gutgeheißen noch unbedingt verworfen werde, sondern den Gegenstand einer reiflichern Erwägung bilden müßte. Daß diese Erklärung sich als rein evasiv darstellt, ist augenfällig, da ja der Gedanke einer solchen Conferenz nicht neu, sondern seit einem Jahre von Regierungen und Publicisten nach allen Richtungen geprüft und discutirt worden, folglich nicht nur Hr. Thiers sondern noch höhere Autoritäten, an die der französische Minister in diesem Fall appelliren zu wollen vorgibt, längst schon darüber im Reinen sind. Thiers wird sich wie seine Vorgänger jeder förmlichen Conferenz entziehen. In seinem Innern scheint er überzeugt, freie Verhandlungen auf den gewöhnlichen diplomatischen Communicationswegen mittelst der gewöhnlichen politischen Organe für sich ansprechen zu müssen, denn da behält er volle Freiheit, seine Sprache nach den Eingebungen des Augenblicks einzurichten, sich an die übrigen anzuschließen, oder sich zurückzuziehen und mittelst der allgemeinen Phrase, „die Interessen und die Ehre seines Landes erheischen ein verändertes Benehmen,“ Alles ohne Gêne zu unternehmen, ohne gerade besorgen zu müssen, daß man ihn directen Widerspruchs mit bereits geäußerten Ansichten zu zeihen suche, und ohne sich jener Consequenz zu unterwerfen, deren man sich in einer länger anhaltenden, regelmäßig geführten Conferenz nicht gänzlich entschlagen kann. Auch in dieser Hinsicht waren die Vorgänger des Hrn. Thiers ganz derselben Meinung. Auch sie widerriethen ferner, Maaßregeln der Gewalt gegen den Vicekönig zu gebrauchen, indem solche Maaßregeln schwer auszuführen wären, ja fast gewiß an den Mitteln und an der unbeugsamen Kraft Mehemed Ali's scheitern müßten. Dieß sey unter andern auch einer der Gründe, warum Frankreich sich immer von jeder Anwendung von Gewalt gegen den Vicekönig entfernt halten werde. Gerade wie Thiers machten auch seine Vorgänger auf die Gefahren aufmerksam, denen man sich durch Ergreifung von Coërcitivmitteln aussetze, unter denen zu oberst das Einrücken von wenigstens 80,000 Russen in Kleinasien und das Einbüßen alles politischen Gewichts in Asien durch unersprießliche Unternehmungen an den ägyptischen Küsten stehen solle, so daß selbst Palmerston in die größte Verlegenheit gerathen dürfte, wenn er ernstlich aufgefordert würde, ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Politik und der Sprache, die Frankreich vor und nach dem ersten März geführt, anzugeben. Woher also die ganz geänderte Haltung des brittischen Conseils gegen das gegenwärtige Cabinet der Tuilerien? Sollte man wirklich durch solche Mittel auf das Gemüth des französischen Premiers einzuwirken suchen? Es ist kaum glaublich, da dieser viel zu klug ist, um sich durch derartige Kleinigkeiten in dem einmal gewählten Gange beirren zu lassen. Es bleibt daher keine andere Erklärungsweise für die mit so viel Eifer versuchte Annäherung an Frankreich übrig, als der Eindruck, den die Rüstungen dieses Staats auf das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0003" n="1059"/>
der Anführer. Lord <hi rendition="#g">Melbourne</hi> antwortet, daß man den Oberbefehl der ganzen Unternehmung wahrscheinlich dem Generalgouverneur von Indien anvertrauen werde; da jedoch dieser leider die Unternehmung nicht selbst begleiten könne, so werde die unmittelbare Leitung der Kriegsoperationen so wie auch der Unterhandlungen vermuthlich dem Capitän Elliot überlassen bleiben müssen. Graf <hi rendition="#g">Fitzwilliam</hi> kündigt eine Motion über diesen Gegenstand für den 27 an.</p><lb/>
          <p>Das M. <hi rendition="#g">Chronicle</hi> (4 Mai) gibt aus den kürzlich in London eingetroffenen und bis zum 10 Oct. 1839 herabgehenden Depeschen des Obristen Wakefield, Hauptagenten der Neu-Seelands-Gesellschaft, die wichtige Nachricht vom Ankaufe des Nicholson-Hafens, an der Cookstraße, sammt angränzenden beinahe eine Million Acres begreifenden Ländereien. Der Hafen selbst, ungefähr 30 M. von Charlottens Sund, an der westlichen Küste, ist sehr geräumig, überall auch für Schiffe von mehr als 100 Tonnen ankerbar und in seiner innersten Bucht vollkommen windsicher; anmuthige frisch belaubte Hügel, von denen die entfernteren dem Edgecumbe in Devonshire ähnlich sehen, umgeben ihn, und ein schiffbarer Fluß, den Obrist Wakefield 7 Meilen weit aufwärts verfolgte, und überall von mächtiger, zu Häuser- und Schiffsbau tauglicher Waldung besetzt fand, nimmt darin seine Mündung. Der Boden des Landes ist schwarz-lehmig und, besonders wenn er etwas entwässert seyn wird, vortrefflich zum Anbau. Die Einwohner zeigten sich freundlich und noch ganz unverdorben vom Verkehr mit Fremden. Die gegen Westen gerichtete Lage des Hafens sichert ihm seinen Werth als dereinstigen Hauptpunktes des neu-seeländischen Handels mit Europa, so wie als eines bequemen Ausrüstungsplatzes für Wallfischfahrer und als eines äußerst holzreichen Schiffwerftes.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <gap reason="insignificant" unit="chars" quantity="1"/>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 3 Mai.</dateline>
          <p> Daß die Politik des englischen Cabinets seit dem 1 März eine neue Phase eingegangen &#x2013; sey es im Wesen der Verhältnisse oder nur im äußern Benehmen &#x2013; läßt sich von denjenigen kaum verkennen, die den Gang der seither gepflogenen diplomatischen Verhandlungen, der von Lord Palmerston und Hrn. Thiers beobachteten wechselseitigen Haltung mit aufmerksamem Blick gefolgt sind. Man fragt sich unwillkürlich: hat das britische Cabinet seine bisherigen Grundsätze geändert oder hat Thiers eine andere, von der in Frankreich unter dem Ministerium Soult befolgten verschiedene Bahn eingeschlagen? Oder sucht England durch ein rücksichtsvolles Benehmen Hrn. Thiers zu ködern und zur Nachgiebigkeit zu stimmen? Oder endlich: spannt England andere Saiten auf, eingeschüchtert durch Frankreichs drohende Haltung und durch seine übermäßigen Rüstungen? Es ist schwer zu entscheiden, ob etwa Lord Palmerston und das brittische Ministerconseil das, was sie im Orient für die Pforte gegen den Pascha von Aegypten zu vindiciren gesonnen sind, in der letzten Zeit so bedeutend modificirt haben, daß sie sich mit Grund die Zustimmung des Cabinets der Tuilerien zu einem noch in petto behaltenen Ultimatum versprechen dürfen. Dem Anschein nach bleibt England noch immer bei seinen in dieser Hinsicht von Anbeginn geäußerten Ansichten; Lord Palmerston versichert dieß den andern Mächten ohne Unterlaß, und sucht noch immer die zu diesem Zweck eingegangenen Verbindungen aufrecht zu halten. Die Demüthigung des feindlich gesinnten Vicekönigs liegt im Interesse Englands, die Rechtsansprüche der Pforte sind durch England verbürgt, der ernste Wunsch Englands, Syrien der Pforte wieder zu geben, läßt sich kaum bezweifeln. Ob aber der Muth, dieses zu verwirklichen, eine Erschütterung erfahren, wird die nächste Zukunft lehren. Eben so gewiß ist andererseits, daß das Ministerium Thiers keine andere Politik befolgen will, als das Ministerium Soult befolgt hatte. Dieses suchte im verwichenen Jahre um jeden Preis der Nothwendigkeit einer förmlichen Conferenz unter den fünf Großmächten zu entgehen, auf daß die in einer solchen Conferenz isolirte Stimme Frankreichs nicht in Mißachtung gerathe und der Wunsch, die Beschlüsse der übrigen Mächte bei günstiger Gelegenheit zu vereiteln, nicht durch Rücksichten einer aufgedrungenen Collegialität gefesselt werde, durch plötzliche und scharfe Abtrennung von den übrigen der Bruch nicht greller hervortrete, der moralisch zwischen den Ansichten Frankreichs und des übrigen Europa's hinsichtlich des Orients lange schon zu bestehen scheint. Was thut nun Thiers? Er erklärt, daß die Idee einer förmlichen Conferenz über die Verhältnisse der Türkei und Aegyptens, im Fall eine solche beabsichtigt werde, von der französischen Regierung für den Augenblick weder gutgeheißen noch unbedingt verworfen werde, sondern den Gegenstand einer reiflichern Erwägung bilden müßte. Daß diese Erklärung sich als rein evasiv darstellt, ist augenfällig, da ja der Gedanke einer solchen Conferenz nicht neu, sondern seit einem Jahre von Regierungen und Publicisten nach allen Richtungen geprüft und discutirt worden, folglich nicht nur Hr. Thiers sondern noch höhere Autoritäten, an die der französische Minister in diesem Fall appelliren zu wollen vorgibt, längst schon darüber im Reinen sind. Thiers wird sich wie seine Vorgänger jeder förmlichen Conferenz entziehen. In seinem Innern scheint er überzeugt, freie Verhandlungen auf den gewöhnlichen diplomatischen Communicationswegen mittelst der gewöhnlichen politischen Organe für sich ansprechen zu müssen, denn da behält er volle Freiheit, seine Sprache nach den Eingebungen des Augenblicks einzurichten, sich an die übrigen anzuschließen, oder sich zurückzuziehen und mittelst der allgemeinen Phrase, &#x201E;die Interessen und die Ehre seines Landes erheischen ein verändertes Benehmen,&#x201C; Alles ohne Gêne zu unternehmen, ohne gerade besorgen zu müssen, daß man ihn directen Widerspruchs mit bereits geäußerten Ansichten zu zeihen suche, und ohne sich jener Consequenz zu unterwerfen, deren man sich in einer länger anhaltenden, regelmäßig geführten Conferenz nicht gänzlich entschlagen kann. Auch in dieser Hinsicht waren die Vorgänger des Hrn. Thiers ganz derselben Meinung. Auch sie widerriethen ferner, Maaßregeln der Gewalt gegen den Vicekönig zu gebrauchen, indem solche Maaßregeln schwer auszuführen wären, ja fast gewiß an den Mitteln und an der unbeugsamen Kraft Mehemed Ali's scheitern müßten. Dieß sey unter andern auch einer der Gründe, warum Frankreich sich immer von jeder Anwendung von Gewalt gegen den Vicekönig entfernt halten werde. Gerade wie Thiers machten auch seine Vorgänger auf die Gefahren aufmerksam, denen man sich durch Ergreifung von Coërcitivmitteln aussetze, unter denen zu oberst das Einrücken von wenigstens 80,000 Russen in Kleinasien und das Einbüßen alles politischen Gewichts in Asien durch unersprießliche Unternehmungen an den ägyptischen Küsten stehen solle, so daß selbst Palmerston in die größte Verlegenheit gerathen dürfte, wenn er ernstlich aufgefordert würde, ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Politik und der Sprache, die Frankreich vor und nach dem ersten März geführt, anzugeben. Woher also die ganz geänderte Haltung des brittischen Conseils gegen das gegenwärtige Cabinet der Tuilerien? Sollte man wirklich durch solche Mittel auf das Gemüth des französischen Premiers einzuwirken suchen? Es ist kaum glaublich, da dieser viel zu klug ist, um sich durch derartige Kleinigkeiten in dem einmal gewählten Gange beirren zu lassen. Es bleibt daher keine andere Erklärungsweise für die mit so viel Eifer versuchte Annäherung an Frankreich übrig, als der Eindruck, den die Rüstungen dieses Staats auf das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1059/0003] der Anführer. Lord Melbourne antwortet, daß man den Oberbefehl der ganzen Unternehmung wahrscheinlich dem Generalgouverneur von Indien anvertrauen werde; da jedoch dieser leider die Unternehmung nicht selbst begleiten könne, so werde die unmittelbare Leitung der Kriegsoperationen so wie auch der Unterhandlungen vermuthlich dem Capitän Elliot überlassen bleiben müssen. Graf Fitzwilliam kündigt eine Motion über diesen Gegenstand für den 27 an. Das M. Chronicle (4 Mai) gibt aus den kürzlich in London eingetroffenen und bis zum 10 Oct. 1839 herabgehenden Depeschen des Obristen Wakefield, Hauptagenten der Neu-Seelands-Gesellschaft, die wichtige Nachricht vom Ankaufe des Nicholson-Hafens, an der Cookstraße, sammt angränzenden beinahe eine Million Acres begreifenden Ländereien. Der Hafen selbst, ungefähr 30 M. von Charlottens Sund, an der westlichen Küste, ist sehr geräumig, überall auch für Schiffe von mehr als 100 Tonnen ankerbar und in seiner innersten Bucht vollkommen windsicher; anmuthige frisch belaubte Hügel, von denen die entfernteren dem Edgecumbe in Devonshire ähnlich sehen, umgeben ihn, und ein schiffbarer Fluß, den Obrist Wakefield 7 Meilen weit aufwärts verfolgte, und überall von mächtiger, zu Häuser- und Schiffsbau tauglicher Waldung besetzt fand, nimmt darin seine Mündung. Der Boden des Landes ist schwarz-lehmig und, besonders wenn er etwas entwässert seyn wird, vortrefflich zum Anbau. Die Einwohner zeigten sich freundlich und noch ganz unverdorben vom Verkehr mit Fremden. Die gegen Westen gerichtete Lage des Hafens sichert ihm seinen Werth als dereinstigen Hauptpunktes des neu-seeländischen Handels mit Europa, so wie als eines bequemen Ausrüstungsplatzes für Wallfischfahrer und als eines äußerst holzreichen Schiffwerftes. _ London, 3 Mai. Daß die Politik des englischen Cabinets seit dem 1 März eine neue Phase eingegangen – sey es im Wesen der Verhältnisse oder nur im äußern Benehmen – läßt sich von denjenigen kaum verkennen, die den Gang der seither gepflogenen diplomatischen Verhandlungen, der von Lord Palmerston und Hrn. Thiers beobachteten wechselseitigen Haltung mit aufmerksamem Blick gefolgt sind. Man fragt sich unwillkürlich: hat das britische Cabinet seine bisherigen Grundsätze geändert oder hat Thiers eine andere, von der in Frankreich unter dem Ministerium Soult befolgten verschiedene Bahn eingeschlagen? Oder sucht England durch ein rücksichtsvolles Benehmen Hrn. Thiers zu ködern und zur Nachgiebigkeit zu stimmen? Oder endlich: spannt England andere Saiten auf, eingeschüchtert durch Frankreichs drohende Haltung und durch seine übermäßigen Rüstungen? Es ist schwer zu entscheiden, ob etwa Lord Palmerston und das brittische Ministerconseil das, was sie im Orient für die Pforte gegen den Pascha von Aegypten zu vindiciren gesonnen sind, in der letzten Zeit so bedeutend modificirt haben, daß sie sich mit Grund die Zustimmung des Cabinets der Tuilerien zu einem noch in petto behaltenen Ultimatum versprechen dürfen. Dem Anschein nach bleibt England noch immer bei seinen in dieser Hinsicht von Anbeginn geäußerten Ansichten; Lord Palmerston versichert dieß den andern Mächten ohne Unterlaß, und sucht noch immer die zu diesem Zweck eingegangenen Verbindungen aufrecht zu halten. Die Demüthigung des feindlich gesinnten Vicekönigs liegt im Interesse Englands, die Rechtsansprüche der Pforte sind durch England verbürgt, der ernste Wunsch Englands, Syrien der Pforte wieder zu geben, läßt sich kaum bezweifeln. Ob aber der Muth, dieses zu verwirklichen, eine Erschütterung erfahren, wird die nächste Zukunft lehren. Eben so gewiß ist andererseits, daß das Ministerium Thiers keine andere Politik befolgen will, als das Ministerium Soult befolgt hatte. Dieses suchte im verwichenen Jahre um jeden Preis der Nothwendigkeit einer förmlichen Conferenz unter den fünf Großmächten zu entgehen, auf daß die in einer solchen Conferenz isolirte Stimme Frankreichs nicht in Mißachtung gerathe und der Wunsch, die Beschlüsse der übrigen Mächte bei günstiger Gelegenheit zu vereiteln, nicht durch Rücksichten einer aufgedrungenen Collegialität gefesselt werde, durch plötzliche und scharfe Abtrennung von den übrigen der Bruch nicht greller hervortrete, der moralisch zwischen den Ansichten Frankreichs und des übrigen Europa's hinsichtlich des Orients lange schon zu bestehen scheint. Was thut nun Thiers? Er erklärt, daß die Idee einer förmlichen Conferenz über die Verhältnisse der Türkei und Aegyptens, im Fall eine solche beabsichtigt werde, von der französischen Regierung für den Augenblick weder gutgeheißen noch unbedingt verworfen werde, sondern den Gegenstand einer reiflichern Erwägung bilden müßte. Daß diese Erklärung sich als rein evasiv darstellt, ist augenfällig, da ja der Gedanke einer solchen Conferenz nicht neu, sondern seit einem Jahre von Regierungen und Publicisten nach allen Richtungen geprüft und discutirt worden, folglich nicht nur Hr. Thiers sondern noch höhere Autoritäten, an die der französische Minister in diesem Fall appelliren zu wollen vorgibt, längst schon darüber im Reinen sind. Thiers wird sich wie seine Vorgänger jeder förmlichen Conferenz entziehen. In seinem Innern scheint er überzeugt, freie Verhandlungen auf den gewöhnlichen diplomatischen Communicationswegen mittelst der gewöhnlichen politischen Organe für sich ansprechen zu müssen, denn da behält er volle Freiheit, seine Sprache nach den Eingebungen des Augenblicks einzurichten, sich an die übrigen anzuschließen, oder sich zurückzuziehen und mittelst der allgemeinen Phrase, „die Interessen und die Ehre seines Landes erheischen ein verändertes Benehmen,“ Alles ohne Gêne zu unternehmen, ohne gerade besorgen zu müssen, daß man ihn directen Widerspruchs mit bereits geäußerten Ansichten zu zeihen suche, und ohne sich jener Consequenz zu unterwerfen, deren man sich in einer länger anhaltenden, regelmäßig geführten Conferenz nicht gänzlich entschlagen kann. Auch in dieser Hinsicht waren die Vorgänger des Hrn. Thiers ganz derselben Meinung. Auch sie widerriethen ferner, Maaßregeln der Gewalt gegen den Vicekönig zu gebrauchen, indem solche Maaßregeln schwer auszuführen wären, ja fast gewiß an den Mitteln und an der unbeugsamen Kraft Mehemed Ali's scheitern müßten. Dieß sey unter andern auch einer der Gründe, warum Frankreich sich immer von jeder Anwendung von Gewalt gegen den Vicekönig entfernt halten werde. Gerade wie Thiers machten auch seine Vorgänger auf die Gefahren aufmerksam, denen man sich durch Ergreifung von Coërcitivmitteln aussetze, unter denen zu oberst das Einrücken von wenigstens 80,000 Russen in Kleinasien und das Einbüßen alles politischen Gewichts in Asien durch unersprießliche Unternehmungen an den ägyptischen Küsten stehen solle, so daß selbst Palmerston in die größte Verlegenheit gerathen dürfte, wenn er ernstlich aufgefordert würde, ein charakteristisches Unterscheidungsmerkmal zwischen der Politik und der Sprache, die Frankreich vor und nach dem ersten März geführt, anzugeben. Woher also die ganz geänderte Haltung des brittischen Conseils gegen das gegenwärtige Cabinet der Tuilerien? Sollte man wirklich durch solche Mittel auf das Gemüth des französischen Premiers einzuwirken suchen? Es ist kaum glaublich, da dieser viel zu klug ist, um sich durch derartige Kleinigkeiten in dem einmal gewählten Gange beirren zu lassen. Es bleibt daher keine andere Erklärungsweise für die mit so viel Eifer versuchte Annäherung an Frankreich übrig, als der Eindruck, den die Rüstungen dieses Staats auf das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (?): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_133_18400512
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_133_18400512/3
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 133. Augsburg, 12. Mai 1840, S. 1059. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_133_18400512/3>, abgerufen am 23.11.2024.