Allgemeine Zeitung. Nr. 119. Augsburg, 28. April 1840.erreichte in den letzten zehn Tagen eine Lebhaftigkeit, zuletzt einen Charakter von Bitterkeit, der besorgen läßt, daß das brittische sowohl als das russische Cabinet sich zu Gewaltschritten veranlaßt sehen dürften, um ihre Nationalehre in Aegypten zu retten. Hr. v. Medem, der mit Obrist Hodges im engsten Einverständniß handelt, und bei allen Conferenzen, die der brittische Generalconsul mit dem Pascha gepflogen, zugegen war, hat seine Sprache mehr als der englische innerhalb gewisser Schranken gehalten. Indessen äußert der Vicekönig eine berechnete Verachtung gegen alle europäischen Agenten, seitdem die letzten Mittheilungen aus Frankreich seinen Muth wieder angefacht haben. Hr. Thiers hat für gut gefunden, die von ihm kaum erst getadelte Politik seiner Vorgänger nun selbst bis aufs Aeußerste zu treiben; er räth Mehemed Ali ein Verfahren, das ihn unvermeidlich mit Europa in einen verderblichen Krieg verwickeln muß. Sollte der Vicekönig nicht fühlen, daß er Va banque spielt? Kann er nicht mit seiner Standhaftigkeit, mit seinem Trotz wenigstens minder anstößige Formen verbinden? Mehemed Ali hält dieß für überflüssig; er hat ja die "mächtigste Nation" für sich! In einem etwas gebieterischen Ton wirft Obrist Hodges dem Pascha die Umtriebe in Albanien vor; er macht ihn auf das Gesetzwidrige seiner Werbungen in dieser osmanischen Provinz aufmerksam, bemerkt ihm, der wahre Verhalt der Sache könne nicht in Abrede gestellt werden, da das Gouvernement der jonischen Inseln nicht nur eine Menge von ägyptischen Emissären, welche auf der That ertappt wurden, festgenommen, sondern auch einige Corvetten, die albanische Recruten an Bord führten, aufgebracht habe, die sämmtlich die nöthigen Aufschlüsse über das Benehmen des Vicekönigs gegeben hätten. Mehemed Ali wirft einen verächtlichen Blick auf den brittischen Generalconsul, und erwiedert mit Hohnlächeln: "es sey ihm nie eingefallen, aus seinen Werbungen in Albanien ein Geheimniß zu machen. Er selbst sey ein Albanese und kenne zu gut die Gesinnungen seiner Landsleute, um sich ein Gewissen aus seinem Verfahren zu machen. Er habe Niemand verführt oder zu verführen gesucht; mehr als 20,000 Mann stark sey sein albanesisches Corps; Hr. v. Hodges komme auf jeden Fall zu spät mit seinen Vorstellungen; wolle er 40,000 weitere Albanesen, so werde ihn England nicht hindern, überhaupt wisse er nicht, was sein Benehmen in Albanien das Cabinet von St. James interessiren könne." Obrist Hodges sagt dem Vicekönig in Auftrag seiner Regierung, den Officieren der osmanischen Flotte müsse kundgemacht werden, daß einem jeden die Wahl überlassen sey, in Aegypten zu bleiben oder nach Konstantinopel zurückzukehren, daß er, Hodges, Sorge tragen werde, die nöthigen Transportmittel zu ihrer Ueberschiffung herbeizuschaffen. Der Vicekönig gibt ihm keine Antwort darauf, sondern wendet sich rasch an einen seinen Vertrauten und gibt den Befehl, daß Jeder, der auch nur einen entfernten Versuch zur Rückkehr nach der Türkei machen sollte, sofort erschossen werde, und läßt durch den anwesenden Dragoman den Befehl in französischer Sprache wiederholen. Ein Glück für die fünfzig türkischen Matrosen, daß sie gerade den Tag vor dieser Scene gefangen wurden, als sie bereits auf einer Schaluppe im Begriffe waren, die hohe See zu gewinnen, um nach Konstantinopel zurückzukehren! Hätten sie mit der Ausführung ihres Versuches 24 Stunden gesäumt, so würde man sie ohne weiteres füsilirt haben; so kamen sie zwar übelzugerichtet von den Stockschlägen, mit denen sie gestraft wurden, aber doch wenigstens mit dem Leben davon. Die letzte Conferenz des englischen Consuls mit dem Vicekönig wurde in einem noch bitterern Tone geführt. Hr. Hodges schloß dieselbe mit einer energischen Darstellung der Gefahren, denen sich Mehemed Ali aussetze, wenn er auf der Bahn, die er betreten, fortfahren sollte. Er gab ihm auf eine geschickte Art zu verstehen, daß er sich doch am Ende in seinem übergreifenden Vorgehen isolirt und plötzlich ohne alle Stütze finden könnte; er möge nicht vergessen, daß er keine Rechtsansprüche auf die Stellung besitze, die er mit Ungestüm für sich verlange; übrigens werde er (Hodges) sein letztes Wort erst dann aussprechen, wenn die englische Escadre im Angesicht von Alexandria stehe. In diesem Augenblick soll Mehemed Ali seine Haltung verloren haben. Urtheilen Sie selbst, ob die Wendung, die seine Antwort nahm, nicht Besorgniß oder einige Befangenheit verräth. Der Vicekönig klagte nämlich, daß er von allen verkannt werde, von allen verrathen sey, und ging auf Chosrew Pascha über, gegen den er heftige Klagen erhob, insbesondere hinsichtlich seines Benehmens in der Angelegenheit eines Arrangements mit der Pforte ohne fremde Intervention etc. Den Tag darauf ward Hr. v. Cochelet zweimal zum Pascha berufen; in Folge dieser zweimaligen Unterredung wurden Tataren nach Kahira und Syrien expedirt. erreichte in den letzten zehn Tagen eine Lebhaftigkeit, zuletzt einen Charakter von Bitterkeit, der besorgen läßt, daß das brittische sowohl als das russische Cabinet sich zu Gewaltschritten veranlaßt sehen dürften, um ihre Nationalehre in Aegypten zu retten. Hr. v. Medem, der mit Obrist Hodges im engsten Einverständniß handelt, und bei allen Conferenzen, die der brittische Generalconsul mit dem Pascha gepflogen, zugegen war, hat seine Sprache mehr als der englische innerhalb gewisser Schranken gehalten. Indessen äußert der Vicekönig eine berechnete Verachtung gegen alle europäischen Agenten, seitdem die letzten Mittheilungen aus Frankreich seinen Muth wieder angefacht haben. Hr. Thiers hat für gut gefunden, die von ihm kaum erst getadelte Politik seiner Vorgänger nun selbst bis aufs Aeußerste zu treiben; er räth Mehemed Ali ein Verfahren, das ihn unvermeidlich mit Europa in einen verderblichen Krieg verwickeln muß. Sollte der Vicekönig nicht fühlen, daß er Va banque spielt? Kann er nicht mit seiner Standhaftigkeit, mit seinem Trotz wenigstens minder anstößige Formen verbinden? Mehemed Ali hält dieß für überflüssig; er hat ja die „mächtigste Nation“ für sich! In einem etwas gebieterischen Ton wirft Obrist Hodges dem Pascha die Umtriebe in Albanien vor; er macht ihn auf das Gesetzwidrige seiner Werbungen in dieser osmanischen Provinz aufmerksam, bemerkt ihm, der wahre Verhalt der Sache könne nicht in Abrede gestellt werden, da das Gouvernement der jonischen Inseln nicht nur eine Menge von ägyptischen Emissären, welche auf der That ertappt wurden, festgenommen, sondern auch einige Corvetten, die albanische Recruten an Bord führten, aufgebracht habe, die sämmtlich die nöthigen Aufschlüsse über das Benehmen des Vicekönigs gegeben hätten. Mehemed Ali wirft einen verächtlichen Blick auf den brittischen Generalconsul, und erwiedert mit Hohnlächeln: „es sey ihm nie eingefallen, aus seinen Werbungen in Albanien ein Geheimniß zu machen. Er selbst sey ein Albanese und kenne zu gut die Gesinnungen seiner Landsleute, um sich ein Gewissen aus seinem Verfahren zu machen. Er habe Niemand verführt oder zu verführen gesucht; mehr als 20,000 Mann stark sey sein albanesisches Corps; Hr. v. Hodges komme auf jeden Fall zu spät mit seinen Vorstellungen; wolle er 40,000 weitere Albanesen, so werde ihn England nicht hindern, überhaupt wisse er nicht, was sein Benehmen in Albanien das Cabinet von St. James interessiren könne.“ Obrist Hodges sagt dem Vicekönig in Auftrag seiner Regierung, den Officieren der osmanischen Flotte müsse kundgemacht werden, daß einem jeden die Wahl überlassen sey, in Aegypten zu bleiben oder nach Konstantinopel zurückzukehren, daß er, Hodges, Sorge tragen werde, die nöthigen Transportmittel zu ihrer Ueberschiffung herbeizuschaffen. Der Vicekönig gibt ihm keine Antwort darauf, sondern wendet sich rasch an einen seinen Vertrauten und gibt den Befehl, daß Jeder, der auch nur einen entfernten Versuch zur Rückkehr nach der Türkei machen sollte, sofort erschossen werde, und läßt durch den anwesenden Dragoman den Befehl in französischer Sprache wiederholen. Ein Glück für die fünfzig türkischen Matrosen, daß sie gerade den Tag vor dieser Scene gefangen wurden, als sie bereits auf einer Schaluppe im Begriffe waren, die hohe See zu gewinnen, um nach Konstantinopel zurückzukehren! Hätten sie mit der Ausführung ihres Versuches 24 Stunden gesäumt, so würde man sie ohne weiteres füsilirt haben; so kamen sie zwar übelzugerichtet von den Stockschlägen, mit denen sie gestraft wurden, aber doch wenigstens mit dem Leben davon. Die letzte Conferenz des englischen Consuls mit dem Vicekönig wurde in einem noch bitterern Tone geführt. Hr. Hodges schloß dieselbe mit einer energischen Darstellung der Gefahren, denen sich Mehemed Ali aussetze, wenn er auf der Bahn, die er betreten, fortfahren sollte. Er gab ihm auf eine geschickte Art zu verstehen, daß er sich doch am Ende in seinem übergreifenden Vorgehen isolirt und plötzlich ohne alle Stütze finden könnte; er möge nicht vergessen, daß er keine Rechtsansprüche auf die Stellung besitze, die er mit Ungestüm für sich verlange; übrigens werde er (Hodges) sein letztes Wort erst dann aussprechen, wenn die englische Escadre im Angesicht von Alexandria stehe. In diesem Augenblick soll Mehemed Ali seine Haltung verloren haben. Urtheilen Sie selbst, ob die Wendung, die seine Antwort nahm, nicht Besorgniß oder einige Befangenheit verräth. Der Vicekönig klagte nämlich, daß er von allen verkannt werde, von allen verrathen sey, und ging auf Chosrew Pascha über, gegen den er heftige Klagen erhob, insbesondere hinsichtlich seines Benehmens in der Angelegenheit eines Arrangements mit der Pforte ohne fremde Intervention etc. Den Tag darauf ward Hr. v. Cochelet zweimal zum Pascha berufen; in Folge dieser zweimaligen Unterredung wurden Tataren nach Kahira und Syrien expedirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="0952"/> erreichte in den letzten zehn Tagen eine Lebhaftigkeit, zuletzt einen Charakter von Bitterkeit, der besorgen läßt, daß das brittische sowohl als das russische Cabinet sich zu Gewaltschritten veranlaßt sehen dürften, um ihre Nationalehre in Aegypten zu retten. Hr. v. Medem, der mit Obrist Hodges im engsten Einverständniß handelt, und bei allen Conferenzen, die der brittische Generalconsul mit dem Pascha gepflogen, zugegen war, hat seine Sprache mehr als der englische innerhalb gewisser Schranken gehalten. Indessen äußert der Vicekönig eine berechnete Verachtung gegen alle europäischen Agenten, seitdem die letzten Mittheilungen aus Frankreich seinen Muth wieder angefacht haben. Hr. Thiers hat für gut gefunden, die von ihm kaum erst getadelte Politik seiner Vorgänger nun selbst bis aufs Aeußerste zu treiben; er räth Mehemed Ali ein Verfahren, das ihn unvermeidlich mit Europa in einen verderblichen Krieg verwickeln muß. Sollte der Vicekönig nicht fühlen, daß er Va banque spielt? Kann er nicht mit seiner Standhaftigkeit, mit seinem Trotz wenigstens minder anstößige Formen verbinden? Mehemed Ali hält dieß für überflüssig; er hat ja die „mächtigste Nation“ für sich! In einem etwas gebieterischen Ton wirft Obrist Hodges dem Pascha die Umtriebe in Albanien vor; er macht ihn auf das Gesetzwidrige seiner Werbungen in dieser osmanischen Provinz aufmerksam, bemerkt ihm, der wahre Verhalt der Sache könne nicht in Abrede gestellt werden, da das Gouvernement der jonischen Inseln nicht nur eine Menge von ägyptischen Emissären, welche auf der That ertappt wurden, festgenommen, sondern auch einige Corvetten, die albanische Recruten an Bord führten, aufgebracht habe, die sämmtlich die nöthigen Aufschlüsse über das Benehmen des Vicekönigs gegeben hätten. Mehemed Ali wirft einen verächtlichen Blick auf den brittischen Generalconsul, und erwiedert mit Hohnlächeln: „es sey ihm nie eingefallen, aus seinen Werbungen in Albanien ein Geheimniß zu machen. Er selbst sey ein Albanese und kenne zu gut die Gesinnungen seiner Landsleute, um sich ein Gewissen aus seinem Verfahren zu machen. Er habe Niemand verführt oder zu verführen gesucht; mehr als 20,000 Mann stark sey sein albanesisches Corps; Hr. v. Hodges komme auf jeden Fall zu spät mit seinen Vorstellungen; wolle er 40,000 weitere Albanesen, so werde ihn England nicht hindern, überhaupt wisse er nicht, was sein Benehmen in Albanien das Cabinet von St. James interessiren könne.“ Obrist Hodges sagt dem Vicekönig in Auftrag seiner Regierung, den Officieren der osmanischen Flotte müsse kundgemacht werden, daß einem jeden die Wahl überlassen sey, in Aegypten zu bleiben oder nach Konstantinopel zurückzukehren, daß er, Hodges, Sorge tragen werde, die nöthigen Transportmittel zu ihrer Ueberschiffung herbeizuschaffen. 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Hodges schloß dieselbe mit einer energischen Darstellung der Gefahren, denen sich Mehemed Ali aussetze, wenn er auf der Bahn, die er betreten, fortfahren sollte. Er gab ihm auf eine geschickte Art zu verstehen, daß er sich doch am Ende in seinem übergreifenden Vorgehen isolirt und plötzlich ohne alle Stütze finden könnte; er möge nicht vergessen, daß er keine Rechtsansprüche auf die Stellung besitze, die er mit Ungestüm für sich verlange; übrigens werde er (Hodges) sein letztes Wort erst dann aussprechen, wenn die englische Escadre im Angesicht von Alexandria stehe. In diesem Augenblick soll Mehemed Ali seine Haltung verloren haben. Urtheilen Sie selbst, ob die Wendung, die seine Antwort nahm, nicht Besorgniß oder einige Befangenheit verräth. Der Vicekönig klagte nämlich, daß er von allen verkannt werde, von allen verrathen sey, und ging auf Chosrew Pascha über, gegen den er heftige Klagen erhob, insbesondere hinsichtlich seines Benehmens in der Angelegenheit eines Arrangements mit der Pforte ohne fremde Intervention etc. Den Tag darauf ward Hr. v. Cochelet zweimal zum Pascha berufen; in Folge dieser zweimaligen Unterredung wurden Tataren nach Kahira und Syrien expedirt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0952/0008]
erreichte in den letzten zehn Tagen eine Lebhaftigkeit, zuletzt einen Charakter von Bitterkeit, der besorgen läßt, daß das brittische sowohl als das russische Cabinet sich zu Gewaltschritten veranlaßt sehen dürften, um ihre Nationalehre in Aegypten zu retten. Hr. v. Medem, der mit Obrist Hodges im engsten Einverständniß handelt, und bei allen Conferenzen, die der brittische Generalconsul mit dem Pascha gepflogen, zugegen war, hat seine Sprache mehr als der englische innerhalb gewisser Schranken gehalten. Indessen äußert der Vicekönig eine berechnete Verachtung gegen alle europäischen Agenten, seitdem die letzten Mittheilungen aus Frankreich seinen Muth wieder angefacht haben. Hr. Thiers hat für gut gefunden, die von ihm kaum erst getadelte Politik seiner Vorgänger nun selbst bis aufs Aeußerste zu treiben; er räth Mehemed Ali ein Verfahren, das ihn unvermeidlich mit Europa in einen verderblichen Krieg verwickeln muß. Sollte der Vicekönig nicht fühlen, daß er Va banque spielt? Kann er nicht mit seiner Standhaftigkeit, mit seinem Trotz wenigstens minder anstößige Formen verbinden? Mehemed Ali hält dieß für überflüssig; er hat ja die „mächtigste Nation“ für sich! In einem etwas gebieterischen Ton wirft Obrist Hodges dem Pascha die Umtriebe in Albanien vor; er macht ihn auf das Gesetzwidrige seiner Werbungen in dieser osmanischen Provinz aufmerksam, bemerkt ihm, der wahre Verhalt der Sache könne nicht in Abrede gestellt werden, da das Gouvernement der jonischen Inseln nicht nur eine Menge von ägyptischen Emissären, welche auf der That ertappt wurden, festgenommen, sondern auch einige Corvetten, die albanische Recruten an Bord führten, aufgebracht habe, die sämmtlich die nöthigen Aufschlüsse über das Benehmen des Vicekönigs gegeben hätten. Mehemed Ali wirft einen verächtlichen Blick auf den brittischen Generalconsul, und erwiedert mit Hohnlächeln: „es sey ihm nie eingefallen, aus seinen Werbungen in Albanien ein Geheimniß zu machen. Er selbst sey ein Albanese und kenne zu gut die Gesinnungen seiner Landsleute, um sich ein Gewissen aus seinem Verfahren zu machen. Er habe Niemand verführt oder zu verführen gesucht; mehr als 20,000 Mann stark sey sein albanesisches Corps; Hr. v. Hodges komme auf jeden Fall zu spät mit seinen Vorstellungen; wolle er 40,000 weitere Albanesen, so werde ihn England nicht hindern, überhaupt wisse er nicht, was sein Benehmen in Albanien das Cabinet von St. James interessiren könne.“ Obrist Hodges sagt dem Vicekönig in Auftrag seiner Regierung, den Officieren der osmanischen Flotte müsse kundgemacht werden, daß einem jeden die Wahl überlassen sey, in Aegypten zu bleiben oder nach Konstantinopel zurückzukehren, daß er, Hodges, Sorge tragen werde, die nöthigen Transportmittel zu ihrer Ueberschiffung herbeizuschaffen. Der Vicekönig gibt ihm keine Antwort darauf, sondern wendet sich rasch an einen seinen Vertrauten und gibt den Befehl, daß Jeder, der auch nur einen entfernten Versuch zur Rückkehr nach der Türkei machen sollte, sofort erschossen werde, und läßt durch den anwesenden Dragoman den Befehl in französischer Sprache wiederholen. Ein Glück für die fünfzig türkischen Matrosen, daß sie gerade den Tag vor dieser Scene gefangen wurden, als sie bereits auf einer Schaluppe im Begriffe waren, die hohe See zu gewinnen, um nach Konstantinopel zurückzukehren! Hätten sie mit der Ausführung ihres Versuches 24 Stunden gesäumt, so würde man sie ohne weiteres füsilirt haben; so kamen sie zwar übelzugerichtet von den Stockschlägen, mit denen sie gestraft wurden, aber doch wenigstens mit dem Leben davon. Die letzte Conferenz des englischen Consuls mit dem Vicekönig wurde in einem noch bitterern Tone geführt. Hr. Hodges schloß dieselbe mit einer energischen Darstellung der Gefahren, denen sich Mehemed Ali aussetze, wenn er auf der Bahn, die er betreten, fortfahren sollte. Er gab ihm auf eine geschickte Art zu verstehen, daß er sich doch am Ende in seinem übergreifenden Vorgehen isolirt und plötzlich ohne alle Stütze finden könnte; er möge nicht vergessen, daß er keine Rechtsansprüche auf die Stellung besitze, die er mit Ungestüm für sich verlange; übrigens werde er (Hodges) sein letztes Wort erst dann aussprechen, wenn die englische Escadre im Angesicht von Alexandria stehe. In diesem Augenblick soll Mehemed Ali seine Haltung verloren haben. Urtheilen Sie selbst, ob die Wendung, die seine Antwort nahm, nicht Besorgniß oder einige Befangenheit verräth. Der Vicekönig klagte nämlich, daß er von allen verkannt werde, von allen verrathen sey, und ging auf Chosrew Pascha über, gegen den er heftige Klagen erhob, insbesondere hinsichtlich seines Benehmens in der Angelegenheit eines Arrangements mit der Pforte ohne fremde Intervention etc. Den Tag darauf ward Hr. v. Cochelet zweimal zum Pascha berufen; in Folge dieser zweimaligen Unterredung wurden Tataren nach Kahira und Syrien expedirt.
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