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Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840.

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haben. In ganz Frankreich herrscht in dieser Angelegenheit nur Eine Stimme, daß man nämlich nicht hinter England zurückbleiben dürfe, daß Frankreich, koste es was es wolle, auf dem schnellsten Weg in den Besitz eines ganzen Systems von Eisenbahnen und Canälen kommen müsse, wodurch jeder einigermaßen bedeutende Seehafen, jeder Hauptgränzort mit der Hauptstadt in Verbindung gesetzt werde, daß Frankreichs Industrie, Civilisation und Macht von der Ausführung dieses Werkes abhänge. Was der Patriotismus nicht thut, supplirt die Provincialeifersucht. Marseille kann nicht begreifen, warum Nimes vorzugsweise dieses Jahr eine Eisenbahn haben soll. Wenn man von der Nothwendigkeit der Herstellung einer Route von Paris nach Belgien spricht, so treten Lyon, Bordeaux, Nantes mit gleichen Ansprüchen auf. Mit Einem Wort: es ist als eine ausgemachte Sache zu betrachten, daß die Regierung sich genöthigt sehen wird, überall Hand ans Werk zu legen. Die Idee des Ministers der öffentlichen Arbeiten ging dahin, man sollte vor der Hand nur das Angefangene fortsetzen und das Nöthigste unternehmen, und ohne eine absolute Regel zu befolgen, nach Umständen handeln. Doch ist nicht einzusehen, warum man nicht lieber sogleich den allgemeinen Grundsatz aussprechen sollte, daß bei allen Hauptrouten, da wo Privatcompagnien drei Fünftheile oder die Hälfte des Capitals aufzutreiben sich anheischig machen, der Staat unter den von Hrn. Jaubert festgestellten Bedingungen den Rest subscribire, oder daß man überhaupt für das ganze Capital 4 Proc. garantire. Für die Aufstellung einer so allgemeinen Regel sind die meisten Stimmen, und nach der öffentlichen Meinung zu urtheilen, darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß diese Ansicht, wenn nicht während der gegenwärtigen Session, doch im Lauf der nächsten gesetzliche Sanction erhalten wird. Uebrigens leiden die Vorschläge des Grafen Jaubert noch an einigen andern wesentlichen Gebrechen. Die Erfahrung lehrt, daß in Folge von Erfindungen und Verbesserungen der Aufwand bei den Eisenbahnen sich von Jahr zu Jahr vermindert, während die Transporte überall unglaublich steigen. Es ist daher gar nicht vorher zu sehen, wie gewinnreich diese Anstalten im Lauf von dreißig bis vierzig Jahren werden können. Möglicherweise könnten die Hauptrouten bei Fahrtaxen, die gegenwärtig für ungemein billig gehalten werden, 20 bis 30 Procent Reineinkommen und noch mehr gewähren. Nun rechnet in diesem Augenblick Niemand, der sein Geld in diesen Unternehmungen anlegt, auf eine so hohe Rente und auf eine so entfernte Zeit. Jeder wäre zufrieden, wenn er seiner 4 bis 5 Procent vollkommen gewiß wäre, und dabei noch die Hoffnung hätte, im glücklichen Fall dieses Einkommen bis zu 6, 8 und 10 Procent vermehren zu können. Für die Privaten hat daher diese entfernte Hoffnung keinen großen Werth, während sie für den Staat, der seine Existenz für Jahrtausende und seine Finanz-Maaßregeln für Jahrhunderte berechnet, einen sehr hohen Werth haben kann. Der Staat könnte mit den Unterstützungen, die er diesen Unternehmungen gewährt, und jedenfalls gewähren muß, eine Art Amortissementssystem verbinden, das sicherer als jeder andere bisher in Vorschlag gebrachte Modus zur Schuldentilgung oder doch zu bedeutender Schuldenverminderung führen könnte. Man gewähre den Compagnien die ihnen zugedachten Unterstützungen und Vergünstigungen, aber man garantire ihnen diese Vortheile und ihre Fahrtaxen nicht auf 70 oder 99 Jahre, wie Hr. Jaubert gethan hat, sondern nur etwa auf 30 oder 40 Jahre, und stipulire sich das Recht, nach Verfluß dieser Zeit das ganze Capital mit 50 Procent (mehr oder weniger) Zuschuß abzulösen. Dieser Mangel an Voraussicht wird an dem Jaubert'schen Project mit Recht getadelt. Indessen darf man gewiß seyn, daß die Sache durch die Discussion der Kammer gründlich beleuchtet werden wird. Diese Verhandlungen und die Vorschritte Frankreichs werden nicht ohne Einfluß auf Deutschland bleiben. Wenn Frankreich nicht hinter England zurückbleiben will, so wird Deutschland nicht hinter Frankreich zurückbleiben wollen. Es handelt sich hier um ein Instrument des Reichthums und der Macht, wobei Regierungen und Regierte gleich stark interessirt sind. Man wird in den deutschen Staaten das Beispiel Frankreichs nachahmen, und sich daran gewöhnen, einen jährlichen Aufwand von 30 Millionen Gulden auf Canäle und Eisenbahnen für unzureichend zu halten. Da bei diesen Unternehmungen Niemand ein Opfer bringt, und Jedermann gewinnt, so werden die Finanzleute nach und nach ihr Ohr an diese großen Summen gewöhnen. Es ist nur Schade, daß man nicht lieber vorangeht als nachfolgt.

Belgien.

Wie man allgemein versichert, wird das neue Ministerium aus folgenden Personen bestehen: Hr. Lebeau, für die auswärtigen Angelegenheiten; Hr. Deschamps, für das Innere; General Goethals, für das Kriegswesen; Hr. d'Huart oder Hr. Mercier, für die Finanzen; Hr. de Haussy oder Hr. Liedts, für die Justiz; Hr. Rogier, für die öffentlichen Arbeiten. - Die Centralsection hat heute nach so langer Berathung ihre Arbeit über den Anschluß an die rheinische Eisenbahn geschlossen. Sie hat sich einstimmig für das Project erklärt. Die Centralsection hat den Deputirten von Verviers, Hrn. Lys, zu ihrem Berichterstatter ernannt. Die Discussion ist auf den 22 festgesetzt. (Brüss. Bl.)

Deutschland.

Heute Morgen war Sitzung des Staatsraths, dem Se. Maj. der König präsidirte. - Cornelius hat nunmehr den letzten Carton zu seinen Fresken in der Ludwigskirche beendet, und in letzter Zeit eine Zeichnung in größerem Maaßstabe begonnen, welche er später als Oelgemälde auszuführen beabsichtigt. Diese geistvolle, gestaltenreiche Conception stellt die Befreiung der Erzväter aus der Vorhölle durch Christus dar, und dürfte zu des Meisters großartigsten Schöpfungen gezählt werden. Der Bildercyklus obgenannter Kirche wird im Laufe dieses Sommers seine Vollendung erreichen, und Cornelius gedenkt noch ein paar Monate auf die gänzliche Fertigung oder Ueberarbeitung seines großen Bildes, das jüngste Gericht, zu verwenden. - Nebst vielen werthvollen Bildern, die in jüngster Zeit ausgestellt waren, wird auch ein Architekturgemälde von Ainmüller, eine Seitencapelle der Basilica S. Marco zu Venedig darstellend, Eigenthum des unternehmenden Kunsthändlers, Collegiensecretär Bolgiano, mit großem Interesse gesehen.

Vergangenen Freitag fuhren drei Schiffe mit 245 Auswanderern, worunter sich ein Mann von 70 Jahren und mehrere Personen mit ansehnlichem Vermögen befanden, aus dem hiesigen Canale nach Amerika ab. (Schw. M.)

So eben ist die Erlaubniß von Darmstadt angekommen, die Eisenbahnstrecke von Kastel nach Frankfurt zu eröffnen; die Bahn wird daher künftigen Montag zum erstenmal in ihrem ganzen Umfange befahren werden. Die Uebereinkunft zwischen dem Comite und der fürstlich Thurn und Taxis'schen Postverwaltung ist provisorisch auf einen oder einige Monate abgeschlossen. (Frankf. J.)

Gestern traf auf officiellem Wege die Nachricht dahier ein, daß am 9 d. M. Abends gegen 6 Uhr

haben. In ganz Frankreich herrscht in dieser Angelegenheit nur Eine Stimme, daß man nämlich nicht hinter England zurückbleiben dürfe, daß Frankreich, koste es was es wolle, auf dem schnellsten Weg in den Besitz eines ganzen Systems von Eisenbahnen und Canälen kommen müsse, wodurch jeder einigermaßen bedeutende Seehafen, jeder Hauptgränzort mit der Hauptstadt in Verbindung gesetzt werde, daß Frankreichs Industrie, Civilisation und Macht von der Ausführung dieses Werkes abhänge. Was der Patriotismus nicht thut, supplirt die Provincialeifersucht. Marseille kann nicht begreifen, warum Nimes vorzugsweise dieses Jahr eine Eisenbahn haben soll. Wenn man von der Nothwendigkeit der Herstellung einer Route von Paris nach Belgien spricht, so treten Lyon, Bordeaux, Nantes mit gleichen Ansprüchen auf. Mit Einem Wort: es ist als eine ausgemachte Sache zu betrachten, daß die Regierung sich genöthigt sehen wird, überall Hand ans Werk zu legen. Die Idee des Ministers der öffentlichen Arbeiten ging dahin, man sollte vor der Hand nur das Angefangene fortsetzen und das Nöthigste unternehmen, und ohne eine absolute Regel zu befolgen, nach Umständen handeln. Doch ist nicht einzusehen, warum man nicht lieber sogleich den allgemeinen Grundsatz aussprechen sollte, daß bei allen Hauptrouten, da wo Privatcompagnien drei Fünftheile oder die Hälfte des Capitals aufzutreiben sich anheischig machen, der Staat unter den von Hrn. Jaubert festgestellten Bedingungen den Rest subscribire, oder daß man überhaupt für das ganze Capital 4 Proc. garantire. Für die Aufstellung einer so allgemeinen Regel sind die meisten Stimmen, und nach der öffentlichen Meinung zu urtheilen, darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß diese Ansicht, wenn nicht während der gegenwärtigen Session, doch im Lauf der nächsten gesetzliche Sanction erhalten wird. Uebrigens leiden die Vorschläge des Grafen Jaubert noch an einigen andern wesentlichen Gebrechen. Die Erfahrung lehrt, daß in Folge von Erfindungen und Verbesserungen der Aufwand bei den Eisenbahnen sich von Jahr zu Jahr vermindert, während die Transporte überall unglaublich steigen. Es ist daher gar nicht vorher zu sehen, wie gewinnreich diese Anstalten im Lauf von dreißig bis vierzig Jahren werden können. Möglicherweise könnten die Hauptrouten bei Fahrtaxen, die gegenwärtig für ungemein billig gehalten werden, 20 bis 30 Procent Reineinkommen und noch mehr gewähren. Nun rechnet in diesem Augenblick Niemand, der sein Geld in diesen Unternehmungen anlegt, auf eine so hohe Rente und auf eine so entfernte Zeit. Jeder wäre zufrieden, wenn er seiner 4 bis 5 Procent vollkommen gewiß wäre, und dabei noch die Hoffnung hätte, im glücklichen Fall dieses Einkommen bis zu 6, 8 und 10 Procent vermehren zu können. Für die Privaten hat daher diese entfernte Hoffnung keinen großen Werth, während sie für den Staat, der seine Existenz für Jahrtausende und seine Finanz-Maaßregeln für Jahrhunderte berechnet, einen sehr hohen Werth haben kann. Der Staat könnte mit den Unterstützungen, die er diesen Unternehmungen gewährt, und jedenfalls gewähren muß, eine Art Amortissementssystem verbinden, das sicherer als jeder andere bisher in Vorschlag gebrachte Modus zur Schuldentilgung oder doch zu bedeutender Schuldenverminderung führen könnte. Man gewähre den Compagnien die ihnen zugedachten Unterstützungen und Vergünstigungen, aber man garantire ihnen diese Vortheile und ihre Fahrtaxen nicht auf 70 oder 99 Jahre, wie Hr. Jaubert gethan hat, sondern nur etwa auf 30 oder 40 Jahre, und stipulire sich das Recht, nach Verfluß dieser Zeit das ganze Capital mit 50 Procent (mehr oder weniger) Zuschuß abzulösen. Dieser Mangel an Voraussicht wird an dem Jaubert'schen Project mit Recht getadelt. Indessen darf man gewiß seyn, daß die Sache durch die Discussion der Kammer gründlich beleuchtet werden wird. Diese Verhandlungen und die Vorschritte Frankreichs werden nicht ohne Einfluß auf Deutschland bleiben. Wenn Frankreich nicht hinter England zurückbleiben will, so wird Deutschland nicht hinter Frankreich zurückbleiben wollen. Es handelt sich hier um ein Instrument des Reichthums und der Macht, wobei Regierungen und Regierte gleich stark interessirt sind. Man wird in den deutschen Staaten das Beispiel Frankreichs nachahmen, und sich daran gewöhnen, einen jährlichen Aufwand von 30 Millionen Gulden auf Canäle und Eisenbahnen für unzureichend zu halten. Da bei diesen Unternehmungen Niemand ein Opfer bringt, und Jedermann gewinnt, so werden die Finanzleute nach und nach ihr Ohr an diese großen Summen gewöhnen. Es ist nur Schade, daß man nicht lieber vorangeht als nachfolgt.

Belgien.

Wie man allgemein versichert, wird das neue Ministerium aus folgenden Personen bestehen: Hr. Lebeau, für die auswärtigen Angelegenheiten; Hr. Deschamps, für das Innere; General Goethals, für das Kriegswesen; Hr. d'Huart oder Hr. Mercier, für die Finanzen; Hr. de Haussy oder Hr. Liedts, für die Justiz; Hr. Rogier, für die öffentlichen Arbeiten. – Die Centralsection hat heute nach so langer Berathung ihre Arbeit über den Anschluß an die rheinische Eisenbahn geschlossen. Sie hat sich einstimmig für das Project erklärt. Die Centralsection hat den Deputirten von Verviers, Hrn. Lys, zu ihrem Berichterstatter ernannt. Die Discussion ist auf den 22 festgesetzt. (Brüss. Bl.)

Deutschland.

Heute Morgen war Sitzung des Staatsraths, dem Se. Maj. der König präsidirte. – Cornelius hat nunmehr den letzten Carton zu seinen Fresken in der Ludwigskirche beendet, und in letzter Zeit eine Zeichnung in größerem Maaßstabe begonnen, welche er später als Oelgemälde auszuführen beabsichtigt. Diese geistvolle, gestaltenreiche Conception stellt die Befreiung der Erzväter aus der Vorhölle durch Christus dar, und dürfte zu des Meisters großartigsten Schöpfungen gezählt werden. Der Bildercyklus obgenannter Kirche wird im Laufe dieses Sommers seine Vollendung erreichen, und Cornelius gedenkt noch ein paar Monate auf die gänzliche Fertigung oder Ueberarbeitung seines großen Bildes, das jüngste Gericht, zu verwenden. – Nebst vielen werthvollen Bildern, die in jüngster Zeit ausgestellt waren, wird auch ein Architekturgemälde von Ainmüller, eine Seitencapelle der Basilica S. Marco zu Venedig darstellend, Eigenthum des unternehmenden Kunsthändlers, Collegiensecretär Bolgiano, mit großem Interesse gesehen.

Vergangenen Freitag fuhren drei Schiffe mit 245 Auswanderern, worunter sich ein Mann von 70 Jahren und mehrere Personen mit ansehnlichem Vermögen befanden, aus dem hiesigen Canale nach Amerika ab. (Schw. M.)

So eben ist die Erlaubniß von Darmstadt angekommen, die Eisenbahnstrecke von Kastel nach Frankfurt zu eröffnen; die Bahn wird daher künftigen Montag zum erstenmal in ihrem ganzen Umfange befahren werden. Die Uebereinkunft zwischen dem Comité und der fürstlich Thurn und Taxis'schen Postverwaltung ist provisorisch auf einen oder einige Monate abgeschlossen. (Frankf. J.)

Gestern traf auf officiellem Wege die Nachricht dahier ein, daß am 9 d. M. Abends gegen 6 Uhr

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[0853/0005] haben. In ganz Frankreich herrscht in dieser Angelegenheit nur Eine Stimme, daß man nämlich nicht hinter England zurückbleiben dürfe, daß Frankreich, koste es was es wolle, auf dem schnellsten Weg in den Besitz eines ganzen Systems von Eisenbahnen und Canälen kommen müsse, wodurch jeder einigermaßen bedeutende Seehafen, jeder Hauptgränzort mit der Hauptstadt in Verbindung gesetzt werde, daß Frankreichs Industrie, Civilisation und Macht von der Ausführung dieses Werkes abhänge. Was der Patriotismus nicht thut, supplirt die Provincialeifersucht. Marseille kann nicht begreifen, warum Nimes vorzugsweise dieses Jahr eine Eisenbahn haben soll. Wenn man von der Nothwendigkeit der Herstellung einer Route von Paris nach Belgien spricht, so treten Lyon, Bordeaux, Nantes mit gleichen Ansprüchen auf. Mit Einem Wort: es ist als eine ausgemachte Sache zu betrachten, daß die Regierung sich genöthigt sehen wird, überall Hand ans Werk zu legen. Die Idee des Ministers der öffentlichen Arbeiten ging dahin, man sollte vor der Hand nur das Angefangene fortsetzen und das Nöthigste unternehmen, und ohne eine absolute Regel zu befolgen, nach Umständen handeln. Doch ist nicht einzusehen, warum man nicht lieber sogleich den allgemeinen Grundsatz aussprechen sollte, daß bei allen Hauptrouten, da wo Privatcompagnien drei Fünftheile oder die Hälfte des Capitals aufzutreiben sich anheischig machen, der Staat unter den von Hrn. Jaubert festgestellten Bedingungen den Rest subscribire, oder daß man überhaupt für das ganze Capital 4 Proc. garantire. Für die Aufstellung einer so allgemeinen Regel sind die meisten Stimmen, und nach der öffentlichen Meinung zu urtheilen, darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß diese Ansicht, wenn nicht während der gegenwärtigen Session, doch im Lauf der nächsten gesetzliche Sanction erhalten wird. Uebrigens leiden die Vorschläge des Grafen Jaubert noch an einigen andern wesentlichen Gebrechen. Die Erfahrung lehrt, daß in Folge von Erfindungen und Verbesserungen der Aufwand bei den Eisenbahnen sich von Jahr zu Jahr vermindert, während die Transporte überall unglaublich steigen. Es ist daher gar nicht vorher zu sehen, wie gewinnreich diese Anstalten im Lauf von dreißig bis vierzig Jahren werden können. Möglicherweise könnten die Hauptrouten bei Fahrtaxen, die gegenwärtig für ungemein billig gehalten werden, 20 bis 30 Procent Reineinkommen und noch mehr gewähren. Nun rechnet in diesem Augenblick Niemand, der sein Geld in diesen Unternehmungen anlegt, auf eine so hohe Rente und auf eine so entfernte Zeit. Jeder wäre zufrieden, wenn er seiner 4 bis 5 Procent vollkommen gewiß wäre, und dabei noch die Hoffnung hätte, im glücklichen Fall dieses Einkommen bis zu 6, 8 und 10 Procent vermehren zu können. Für die Privaten hat daher diese entfernte Hoffnung keinen großen Werth, während sie für den Staat, der seine Existenz für Jahrtausende und seine Finanz-Maaßregeln für Jahrhunderte berechnet, einen sehr hohen Werth haben kann. Der Staat könnte mit den Unterstützungen, die er diesen Unternehmungen gewährt, und jedenfalls gewähren muß, eine Art Amortissementssystem verbinden, das sicherer als jeder andere bisher in Vorschlag gebrachte Modus zur Schuldentilgung oder doch zu bedeutender Schuldenverminderung führen könnte. Man gewähre den Compagnien die ihnen zugedachten Unterstützungen und Vergünstigungen, aber man garantire ihnen diese Vortheile und ihre Fahrtaxen nicht auf 70 oder 99 Jahre, wie Hr. Jaubert gethan hat, sondern nur etwa auf 30 oder 40 Jahre, und stipulire sich das Recht, nach Verfluß dieser Zeit das ganze Capital mit 50 Procent (mehr oder weniger) Zuschuß abzulösen. Dieser Mangel an Voraussicht wird an dem Jaubert'schen Project mit Recht getadelt. Indessen darf man gewiß seyn, daß die Sache durch die Discussion der Kammer gründlich beleuchtet werden wird. Diese Verhandlungen und die Vorschritte Frankreichs werden nicht ohne Einfluß auf Deutschland bleiben. Wenn Frankreich nicht hinter England zurückbleiben will, so wird Deutschland nicht hinter Frankreich zurückbleiben wollen. Es handelt sich hier um ein Instrument des Reichthums und der Macht, wobei Regierungen und Regierte gleich stark interessirt sind. Man wird in den deutschen Staaten das Beispiel Frankreichs nachahmen, und sich daran gewöhnen, einen jährlichen Aufwand von 30 Millionen Gulden auf Canäle und Eisenbahnen für unzureichend zu halten. Da bei diesen Unternehmungen Niemand ein Opfer bringt, und Jedermann gewinnt, so werden die Finanzleute nach und nach ihr Ohr an diese großen Summen gewöhnen. Es ist nur Schade, daß man nicht lieber vorangeht als nachfolgt. Belgien. _ Brüssel, 8 April. Wie man allgemein versichert, wird das neue Ministerium aus folgenden Personen bestehen: Hr. Lebeau, für die auswärtigen Angelegenheiten; Hr. Deschamps, für das Innere; General Goethals, für das Kriegswesen; Hr. d'Huart oder Hr. Mercier, für die Finanzen; Hr. de Haussy oder Hr. Liedts, für die Justiz; Hr. Rogier, für die öffentlichen Arbeiten. – Die Centralsection hat heute nach so langer Berathung ihre Arbeit über den Anschluß an die rheinische Eisenbahn geschlossen. Sie hat sich einstimmig für das Project erklärt. Die Centralsection hat den Deputirten von Verviers, Hrn. Lys, zu ihrem Berichterstatter ernannt. Die Discussion ist auf den 22 festgesetzt. (Brüss. Bl.) Deutschland. _ München, 14 April. Heute Morgen war Sitzung des Staatsraths, dem Se. Maj. der König präsidirte. – Cornelius hat nunmehr den letzten Carton zu seinen Fresken in der Ludwigskirche beendet, und in letzter Zeit eine Zeichnung in größerem Maaßstabe begonnen, welche er später als Oelgemälde auszuführen beabsichtigt. Diese geistvolle, gestaltenreiche Conception stellt die Befreiung der Erzväter aus der Vorhölle durch Christus dar, und dürfte zu des Meisters großartigsten Schöpfungen gezählt werden. Der Bildercyklus obgenannter Kirche wird im Laufe dieses Sommers seine Vollendung erreichen, und Cornelius gedenkt noch ein paar Monate auf die gänzliche Fertigung oder Ueberarbeitung seines großen Bildes, das jüngste Gericht, zu verwenden. – Nebst vielen werthvollen Bildern, die in jüngster Zeit ausgestellt waren, wird auch ein Architekturgemälde von Ainmüller, eine Seitencapelle der Basilica S. Marco zu Venedig darstellend, Eigenthum des unternehmenden Kunsthändlers, Collegiensecretär Bolgiano, mit großem Interesse gesehen. _ Heilbronn, 11 April. Vergangenen Freitag fuhren drei Schiffe mit 245 Auswanderern, worunter sich ein Mann von 70 Jahren und mehrere Personen mit ansehnlichem Vermögen befanden, aus dem hiesigen Canale nach Amerika ab. (Schw. M.) _ Mainz, 11 April. So eben ist die Erlaubniß von Darmstadt angekommen, die Eisenbahnstrecke von Kastel nach Frankfurt zu eröffnen; die Bahn wird daher künftigen Montag zum erstenmal in ihrem ganzen Umfange befahren werden. Die Uebereinkunft zwischen dem Comité und der fürstlich Thurn und Taxis'schen Postverwaltung ist provisorisch auf einen oder einige Monate abgeschlossen. (Frankf. J.) _ Wiesbaden, 11 April. Gestern traf auf officiellem Wege die Nachricht dahier ein, daß am 9 d. M. Abends gegen 6 Uhr

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 107. Augsburg, 16. April 1840, S. 0853. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_107_18400416/5>, abgerufen am 24.11.2024.