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Allgemeine Zeitung. Nr. 104. Augsburg, 13. April 1840.

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des Sultans gilt eben so viel." Was der russische Botschafter darauf geantwortet, weiß man nicht; daß er aber sich nicht berufen fühlte, die Vertheidigung des Patriarchen offen zu übernehmen, erklärt sich aus dem Eindruck, den diese Mißhandlung der Pforte und des Patriarchen im ganzen Reiche gemacht hat.

Ostindien und China.

China ist hier das Wort in Jedermanns Munde. Die Frage nach dem Rechtsgrunde bleibt unbeantwortet; aber nur Wenige finden sich, die für Frieden stimmten und einen Laut hören ließen gegen die Bestürmung China's. Während in Canton immer stärkere Maaßregeln ergriffen werden von der rechtmäßigen Regierung und die Streitfrage sehr einfach und wahr hingestellt wird, als bloß den schändlichen Opiumhandel betreffend, und während der brittische Resident an der chinesischen Gränze mit aller Macht auf die Vertilgung dieses Handels loszugehen Miene macht, rüstet sich eine Kriegsmacht in Calcutta und Madras, um dem geächteten Handel in Wahrheit wieder aufzuhelfen, und die brittische Regierung bietet Alles auf, um, wie es heißt, einen tiefen, bleibenden Eindruck auf die Gemüther China's zu machen. Zu welchem Zweck? Zum Zweck der Nationalehre Großbritanniens gegenüber dem Nationalrechte China's. Lin, der chinesische Obercommissär in Canton, hat aufs neue ein strenges Verbot erlassen gegen allen Verkehr mit England, mittelbaren und unmittelbaren (manche Schiffe nämlich, besonders amerikanische und dänische wie holländische, wurden bloß benutzt, um brittische Waaren von der Mündung des Flusses nach Canton zu fahren; mehrere englische haben ihre Flagge geändert.) Ein kleiner Kampf, man weiß kaum zu wessen Nachtheil, hat wieder stattgefunden, und die Verwirrung nimmt von Tag zu Tag zu.

Vor ein paar Tagen kam ein von hier abgesandtes Opiumschiff zurück, "Sir Edward Ryan", das, mit 15 Kanonen und 70 Mann bewaffnet, auf die Ostgränze China's losgesteuert war. Unter Kanonendonner und blutigen Auftritten wurde die Ladung verkauft und, o des Triumphs! das Schiff kommt zurück mit einem Profit für die Speculanten von 5 Lakhs oder 600,000 fl. in specie. Man ladet dieses Schiff wieder aufs schleunigste, und andere, ähnlich bewaffnete, folgen auf dem Fuße nach. - Am 10 d. war Verkauf von Opium von Seite der Regierung; die Kiste stieg auf 610 Rupien, der ganze Ertrag 1,306,950 Rupien in einem Tag. Nun bedenke man: die brittische Regierung erklärt den Opiumhandel in China für gesetzwidrig, und dieselbe brittische Regierung bereitet und verkauft das Opium in größerem Maaß, mit voller Kenntniß, wohin brittische Unterthanen dasselbe führen. China verbietet - wie es dazu ein volles Recht hat - den Handel auch in allen andern Artikeln, bis die Opiumsache geschlichtet sey, und England sendet eine Flotte, Indien europäische und indische Truppen (6 Regimenter sind für jetzt bestimmt), um China zu zwingen, das einzige Mittel aufzugeben, um den, nach seinen Grundsätzen und Gesetzen, so schädlichen und demoralisirenden Opiumhandel abzuschaffen. Sieben Schiffe (Rastumji Cowasji von 764 Tonnen, John Adam von 499 Tonnen, Bräman von 373, Rohomanie von 857, Edmonstone von 456, Allalevie von 855 und Ernaad von 682 Tonnen) sind bereits von der Regierung hier gemiethet worden für 60,000 Rupien des Monats, und Einschreiblisten wurden in allen Theilen Bengalens eröffnet, um das Contingent, das Indien zu stellen hat, vollzählig zu machen. Der Generalgouverneur Lord Auckland ist so eben nach längerer Abwesenheit im Nordwesten Indiens zurückgekommen, um dieser chinesischen Affaire näher zu seyn. In kurzem soll die Flotte absegeln.

Hätte die brittische Regierung bloß mit China zu thun, so ließe sich eine baldige Ausgleichung erwarten; aber vor wenigen Tagen kam die Nachricht an, daß der einstweilige (neue) Resident am birmanischen Hofe plötzlich Ava verlassen hat, weil die Anzeichen eines zu beginnenden Kriegs von Seite König Tharawaddi's zu deutlich und selbst seine (des Residenten) Sicherheit gefährdet sey. Zu gleicher Zeit hat der neubestellte birmanische Gouverneur in dem näher liegenden Rangun unverhohlen seine feindlichen Gesinnungen gegen die brittische Regierung an den Tag gelegt, so daß an einem baldigen Einbruch kaum zu zweifeln ist, zumal wenn die innere Macht Indiens geschwächt seyn sollte.

Die brittischen Truppen in Arrakan sind durch Krankheit geschwächt, die halbe Mannschaft in Spitälern und die activen Soldaten in kleinen Partien durch die Wälder und Berge hin zerstreut. Nepal hat 20,000 Mann gut exercirter Truppen schlagfertig, und man befürchtet täglich einen Einfall von jener Seite. Zwar hier in Calcutta denkt noch Niemand an eine Ueberrumplung weder von Birmanen, Nepalesen, noch irgend einem Theil; doch dürfte der Vulcan schneller zum Ausbruch kommen, als die weisesten Prognosticationen andeuten.

Im Nordwesten Indiens, unter den Hunderten von größeren und kleineren Fürsten und ihren Ländereien, geht das Spiel des Wechsels seinen ziemlich stillen Gang fort. Fürst nach Fürst wird in seinen Rechten und Befugnissen eingeschränkt, der eine entsetzt, der andere pensionirt; ein Fürstenthum um das andere wechselt seinen Herrn, und wird endlich dem Koloß einverleibt. Wohl ein Duzend dieser kleinen Reichskörper hauchen ihren letzten Lebensodem aus, je nach der Geduld oder Ungeduld, oder der sogenannten patriotischen Ansicht eines Residenten und der Gewinnsucht der Regierung. Ein fettes Erbe ist in diesen Tagen wieder der brittischen Regierung zugefallen. Amir Chan, Fürst von Tonkin, der in den unruhigen Zeiten der letzten Mahrattenkriege seine Macht oft fühlen ließ und je nach Umständen dem einen oder andern eingebornen Prinzen diente, ist abgetreten vom irdischen Schauplatz. Sein Fürstenthum geht nicht auf seine Nachkommen über, sondern fällt an seinen Lehensherrn zurück - ob nun England oder der große Maharattenfürst Holkar das meiste Recht dazu hat, ist die Frage. Letzterer scheint Miene zu machen, mit Gewalt seinem Recht Bahn zu brechen. Die alte Mahrattenverbindung will diesen weitern Eingriff nicht dulden; man fürchtet eine Vereinigung unter den alten mahrattischen Fürstenfamilien. Nicht umsonst hat Lord Auckland den mächtigsten Fürsten Malwa's, Scindia, vor einigen Tagen in seiner Residenz Gwalior besucht. Eine stehende Armee von 35,000 Mann mit vielem Geschütz, mit Proviant aller Art, mit einer Masse Gold und Silber, flößt selbst einem Generalgouverneur Respect ein. Wenn man dazu nimmt, daß dieser junge Fürst mit seiner nicht geringen Macht, die er leicht aufs Dreifache erhöhen könnte, im Centrum der Zündstoffe sein Lager hat, wenn man bedenkt, daß es bloß eines Winkes von Seite Scindia's bedürfte, um alle die streitbaren und kriegsuchenden kleinern Staaten Centralindiens an sich zu fesseln, so ist leicht ersichtlich, wie bedeutsam für die Ruhe Indiens und die Sicherheit der Regierung die Stellung dieses Prinzen ist.

Der jetzige Regent des Pendschabs, Karrak Singh, ist endlich mit seinem mächtigen Minister zerfallen; der letztere hat sich mit seinem Anhang von der Residenz zurückgezogen, und beide Theile bereiten sich zu Feindseligkeiten vor. Unterdessen hat die brittische Regierung Karrak das Land garantirt, gemäß dem Vertrag mit seinem Vater Rundschit; aber der größere Theil der Pendschabis scheint dem Minister zugethan.

des Sultans gilt eben so viel.“ Was der russische Botschafter darauf geantwortet, weiß man nicht; daß er aber sich nicht berufen fühlte, die Vertheidigung des Patriarchen offen zu übernehmen, erklärt sich aus dem Eindruck, den diese Mißhandlung der Pforte und des Patriarchen im ganzen Reiche gemacht hat.

Ostindien und China.

China ist hier das Wort in Jedermanns Munde. Die Frage nach dem Rechtsgrunde bleibt unbeantwortet; aber nur Wenige finden sich, die für Frieden stimmten und einen Laut hören ließen gegen die Bestürmung China's. Während in Canton immer stärkere Maaßregeln ergriffen werden von der rechtmäßigen Regierung und die Streitfrage sehr einfach und wahr hingestellt wird, als bloß den schändlichen Opiumhandel betreffend, und während der brittische Resident an der chinesischen Gränze mit aller Macht auf die Vertilgung dieses Handels loszugehen Miene macht, rüstet sich eine Kriegsmacht in Calcutta und Madras, um dem geächteten Handel in Wahrheit wieder aufzuhelfen, und die brittische Regierung bietet Alles auf, um, wie es heißt, einen tiefen, bleibenden Eindruck auf die Gemüther China's zu machen. Zu welchem Zweck? Zum Zweck der Nationalehre Großbritanniens gegenüber dem Nationalrechte China's. Lin, der chinesische Obercommissär in Canton, hat aufs neue ein strenges Verbot erlassen gegen allen Verkehr mit England, mittelbaren und unmittelbaren (manche Schiffe nämlich, besonders amerikanische und dänische wie holländische, wurden bloß benutzt, um brittische Waaren von der Mündung des Flusses nach Canton zu fahren; mehrere englische haben ihre Flagge geändert.) Ein kleiner Kampf, man weiß kaum zu wessen Nachtheil, hat wieder stattgefunden, und die Verwirrung nimmt von Tag zu Tag zu.

Vor ein paar Tagen kam ein von hier abgesandtes Opiumschiff zurück, „Sir Edward Ryan“, das, mit 15 Kanonen und 70 Mann bewaffnet, auf die Ostgränze China's losgesteuert war. Unter Kanonendonner und blutigen Auftritten wurde die Ladung verkauft und, o des Triumphs! das Schiff kommt zurück mit einem Profit für die Speculanten von 5 Lakhs oder 600,000 fl. in specie. Man ladet dieses Schiff wieder aufs schleunigste, und andere, ähnlich bewaffnete, folgen auf dem Fuße nach. – Am 10 d. war Verkauf von Opium von Seite der Regierung; die Kiste stieg auf 610 Rupien, der ganze Ertrag 1,306,950 Rupien in einem Tag. Nun bedenke man: die brittische Regierung erklärt den Opiumhandel in China für gesetzwidrig, und dieselbe brittische Regierung bereitet und verkauft das Opium in größerem Maaß, mit voller Kenntniß, wohin brittische Unterthanen dasselbe führen. China verbietet – wie es dazu ein volles Recht hat – den Handel auch in allen andern Artikeln, bis die Opiumsache geschlichtet sey, und England sendet eine Flotte, Indien europäische und indische Truppen (6 Regimenter sind für jetzt bestimmt), um China zu zwingen, das einzige Mittel aufzugeben, um den, nach seinen Grundsätzen und Gesetzen, so schädlichen und demoralisirenden Opiumhandel abzuschaffen. Sieben Schiffe (Rastumji Cowasji von 764 Tonnen, John Adam von 499 Tonnen, Bräman von 373, Rohomanie von 857, Edmonstone von 456, Allalevie von 855 und Ernaad von 682 Tonnen) sind bereits von der Regierung hier gemiethet worden für 60,000 Rupien des Monats, und Einschreiblisten wurden in allen Theilen Bengalens eröffnet, um das Contingent, das Indien zu stellen hat, vollzählig zu machen. Der Generalgouverneur Lord Auckland ist so eben nach längerer Abwesenheit im Nordwesten Indiens zurückgekommen, um dieser chinesischen Affaire näher zu seyn. In kurzem soll die Flotte absegeln.

Hätte die brittische Regierung bloß mit China zu thun, so ließe sich eine baldige Ausgleichung erwarten; aber vor wenigen Tagen kam die Nachricht an, daß der einstweilige (neue) Resident am birmanischen Hofe plötzlich Ava verlassen hat, weil die Anzeichen eines zu beginnenden Kriegs von Seite König Tharawaddi's zu deutlich und selbst seine (des Residenten) Sicherheit gefährdet sey. Zu gleicher Zeit hat der neubestellte birmanische Gouverneur in dem näher liegenden Rangun unverhohlen seine feindlichen Gesinnungen gegen die brittische Regierung an den Tag gelegt, so daß an einem baldigen Einbruch kaum zu zweifeln ist, zumal wenn die innere Macht Indiens geschwächt seyn sollte.

Die brittischen Truppen in Arrakan sind durch Krankheit geschwächt, die halbe Mannschaft in Spitälern und die activen Soldaten in kleinen Partien durch die Wälder und Berge hin zerstreut. Nepal hat 20,000 Mann gut exercirter Truppen schlagfertig, und man befürchtet täglich einen Einfall von jener Seite. Zwar hier in Calcutta denkt noch Niemand an eine Ueberrumplung weder von Birmanen, Nepalesen, noch irgend einem Theil; doch dürfte der Vulcan schneller zum Ausbruch kommen, als die weisesten Prognosticationen andeuten.

Im Nordwesten Indiens, unter den Hunderten von größeren und kleineren Fürsten und ihren Ländereien, geht das Spiel des Wechsels seinen ziemlich stillen Gang fort. Fürst nach Fürst wird in seinen Rechten und Befugnissen eingeschränkt, der eine entsetzt, der andere pensionirt; ein Fürstenthum um das andere wechselt seinen Herrn, und wird endlich dem Koloß einverleibt. Wohl ein Duzend dieser kleinen Reichskörper hauchen ihren letzten Lebensodem aus, je nach der Geduld oder Ungeduld, oder der sogenannten patriotischen Ansicht eines Residenten und der Gewinnsucht der Regierung. Ein fettes Erbe ist in diesen Tagen wieder der brittischen Regierung zugefallen. Amir Chan, Fürst von Tonkin, der in den unruhigen Zeiten der letzten Mahrattenkriege seine Macht oft fühlen ließ und je nach Umständen dem einen oder andern eingebornen Prinzen diente, ist abgetreten vom irdischen Schauplatz. Sein Fürstenthum geht nicht auf seine Nachkommen über, sondern fällt an seinen Lehensherrn zurück – ob nun England oder der große Maharattenfürst Holkar das meiste Recht dazu hat, ist die Frage. Letzterer scheint Miene zu machen, mit Gewalt seinem Recht Bahn zu brechen. Die alte Mahrattenverbindung will diesen weitern Eingriff nicht dulden; man fürchtet eine Vereinigung unter den alten mahrattischen Fürstenfamilien. Nicht umsonst hat Lord Auckland den mächtigsten Fürsten Malwa's, Scindia, vor einigen Tagen in seiner Residenz Gwalior besucht. Eine stehende Armee von 35,000 Mann mit vielem Geschütz, mit Proviant aller Art, mit einer Masse Gold und Silber, flößt selbst einem Generalgouverneur Respect ein. Wenn man dazu nimmt, daß dieser junge Fürst mit seiner nicht geringen Macht, die er leicht aufs Dreifache erhöhen könnte, im Centrum der Zündstoffe sein Lager hat, wenn man bedenkt, daß es bloß eines Winkes von Seite Scindia's bedürfte, um alle die streitbaren und kriegsuchenden kleinern Staaten Centralindiens an sich zu fesseln, so ist leicht ersichtlich, wie bedeutsam für die Ruhe Indiens und die Sicherheit der Regierung die Stellung dieses Prinzen ist.

Der jetzige Regent des Pendschabs, Karrak Singh, ist endlich mit seinem mächtigen Minister zerfallen; der letztere hat sich mit seinem Anhang von der Residenz zurückgezogen, und beide Theile bereiten sich zu Feindseligkeiten vor. Unterdessen hat die brittische Regierung Karrak das Land garantirt, gemäß dem Vertrag mit seinem Vater Rundschit; aber der größere Theil der Pendschabis scheint dem Minister zugethan.

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[0828/0012] des Sultans gilt eben so viel.“ Was der russische Botschafter darauf geantwortet, weiß man nicht; daß er aber sich nicht berufen fühlte, die Vertheidigung des Patriarchen offen zu übernehmen, erklärt sich aus dem Eindruck, den diese Mißhandlung der Pforte und des Patriarchen im ganzen Reiche gemacht hat. Ostindien und China. _ Calcutta, 14 Febr. China ist hier das Wort in Jedermanns Munde. Die Frage nach dem Rechtsgrunde bleibt unbeantwortet; aber nur Wenige finden sich, die für Frieden stimmten und einen Laut hören ließen gegen die Bestürmung China's. 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Lin, der chinesische Obercommissär in Canton, hat aufs neue ein strenges Verbot erlassen gegen allen Verkehr mit England, mittelbaren und unmittelbaren (manche Schiffe nämlich, besonders amerikanische und dänische wie holländische, wurden bloß benutzt, um brittische Waaren von der Mündung des Flusses nach Canton zu fahren; mehrere englische haben ihre Flagge geändert.) Ein kleiner Kampf, man weiß kaum zu wessen Nachtheil, hat wieder stattgefunden, und die Verwirrung nimmt von Tag zu Tag zu. Vor ein paar Tagen kam ein von hier abgesandtes Opiumschiff zurück, „Sir Edward Ryan“, das, mit 15 Kanonen und 70 Mann bewaffnet, auf die Ostgränze China's losgesteuert war. Unter Kanonendonner und blutigen Auftritten wurde die Ladung verkauft und, o des Triumphs! das Schiff kommt zurück mit einem Profit für die Speculanten von 5 Lakhs oder 600,000 fl. in specie. 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Zu gleicher Zeit hat der neubestellte birmanische Gouverneur in dem näher liegenden Rangun unverhohlen seine feindlichen Gesinnungen gegen die brittische Regierung an den Tag gelegt, so daß an einem baldigen Einbruch kaum zu zweifeln ist, zumal wenn die innere Macht Indiens geschwächt seyn sollte. Die brittischen Truppen in Arrakan sind durch Krankheit geschwächt, die halbe Mannschaft in Spitälern und die activen Soldaten in kleinen Partien durch die Wälder und Berge hin zerstreut. Nepal hat 20,000 Mann gut exercirter Truppen schlagfertig, und man befürchtet täglich einen Einfall von jener Seite. Zwar hier in Calcutta denkt noch Niemand an eine Ueberrumplung weder von Birmanen, Nepalesen, noch irgend einem Theil; doch dürfte der Vulcan schneller zum Ausbruch kommen, als die weisesten Prognosticationen andeuten. Im Nordwesten Indiens, unter den Hunderten von größeren und kleineren Fürsten und ihren Ländereien, geht das Spiel des Wechsels seinen ziemlich stillen Gang fort. Fürst nach Fürst wird in seinen Rechten und Befugnissen eingeschränkt, der eine entsetzt, der andere pensionirt; ein Fürstenthum um das andere wechselt seinen Herrn, und wird endlich dem Koloß einverleibt. Wohl ein Duzend dieser kleinen Reichskörper hauchen ihren letzten Lebensodem aus, je nach der Geduld oder Ungeduld, oder der sogenannten patriotischen Ansicht eines Residenten und der Gewinnsucht der Regierung. Ein fettes Erbe ist in diesen Tagen wieder der brittischen Regierung zugefallen. Amir Chan, Fürst von Tonkin, der in den unruhigen Zeiten der letzten Mahrattenkriege seine Macht oft fühlen ließ und je nach Umständen dem einen oder andern eingebornen Prinzen diente, ist abgetreten vom irdischen Schauplatz. Sein Fürstenthum geht nicht auf seine Nachkommen über, sondern fällt an seinen Lehensherrn zurück – ob nun England oder der große Maharattenfürst Holkar das meiste Recht dazu hat, ist die Frage. Letzterer scheint Miene zu machen, mit Gewalt seinem Recht Bahn zu brechen. Die alte Mahrattenverbindung will diesen weitern Eingriff nicht dulden; man fürchtet eine Vereinigung unter den alten mahrattischen Fürstenfamilien. Nicht umsonst hat Lord Auckland den mächtigsten Fürsten Malwa's, Scindia, vor einigen Tagen in seiner Residenz Gwalior besucht. Eine stehende Armee von 35,000 Mann mit vielem Geschütz, mit Proviant aller Art, mit einer Masse Gold und Silber, flößt selbst einem Generalgouverneur Respect ein. Wenn man dazu nimmt, daß dieser junge Fürst mit seiner nicht geringen Macht, die er leicht aufs Dreifache erhöhen könnte, im Centrum der Zündstoffe sein Lager hat, wenn man bedenkt, daß es bloß eines Winkes von Seite Scindia's bedürfte, um alle die streitbaren und kriegsuchenden kleinern Staaten Centralindiens an sich zu fesseln, so ist leicht ersichtlich, wie bedeutsam für die Ruhe Indiens und die Sicherheit der Regierung die Stellung dieses Prinzen ist. Der jetzige Regent des Pendschabs, Karrak Singh, ist endlich mit seinem mächtigen Minister zerfallen; der letztere hat sich mit seinem Anhang von der Residenz zurückgezogen, und beide Theile bereiten sich zu Feindseligkeiten vor. Unterdessen hat die brittische Regierung Karrak das Land garantirt, gemäß dem Vertrag mit seinem Vater Rundschit; aber der größere Theil der Pendschabis scheint dem Minister zugethan.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 104. Augsburg, 13. April 1840, S. 0828. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_104_18400413/12>, abgerufen am 18.12.2024.