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Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840.

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Sie wissen daher in Deutschland weit besser, wie die Sachen eigentlich stehen, als wir, die wir mit der größten Spannung, aber immer vergebens, von Dampfschiff zu Dampfschiff auf eine Entscheidung warten. Wird der Pascha diesem endlosen, ihn langsam mordenden Zögern zusehen, oder wird er den Handschuh am Ende doch hinwerfen? Niemand vermag es zu bestimmen, denn seine häufigen Drohungen, die syrische Armee vorrücken zu lassen, hat er eben so wenig ausgeführt, als die Großmächte die ihrigen. Während dem geht der totale Ruin Aegyptens und Syriens rasch vorwärts. Die schon entvölkerten Ufer des Nils werden täglich einsamer, und Jeder frägt, wie die ungeheure Ernte, mit der die Natur Aegypten dieses Jahr beglückt, eingebracht werden soll. Der Pascha ist mit der Antwort auf diese Frage bald fertig gewesen: die Weiber, meint er, sollen die Dienste der Männer versehen, und mit Drohungen und Prügeln glaubt er doch zu seinem Zweck kommen zu können. Was bei diesem gewaltsamen Arbeiten an Weibern darauf geht, berechnet kein Mensch; es wird auch als völlig gleichgültig angesehen, das Leben von Hunderten von Menschen zählt hier zu Lande gar nichts. Die Desertion eines türkischen Majors und eines Capitäns der Landwehr hat den Pascha sehr afficirt. Er wollte sie zuerst mit einem Dampfboot verfolgen lassen, jedoch hätte das zu viel Aufsehen erregt, und so unterließ er es. - Von Pest und Gewaltstreichen der Consuln hört man immer noch, es ist möglich, daß es zu ernstlichem Conflict der Sanitätsanstalt mit den Consuln, vor Allem mit dem russischen, kommt. - Aus Kairo nichts Neues; die hier verbreiteten Gerüchte von Unruhen daselbst waren erfunden, eben so die Revolution der Bauern in Oberägypten. Wer Oberägypten kennt, weiß, daß unter zehn Dörfern immer vier verlassen, und die übrigen nur mit Weibern bevölkert sind, und kann folglich an keine Revolution daselbst glauben. Zudem stehen zwei Regimenter daselbst. Aus Syrien ebenfalls nichts Neues. Es ist sehr Schade, daß das österreichische der Donau-Compagnie zugehörende Dampfboot Seri-Pervas nicht mehr die Reise längs der kleinasiatischen und syrischen Küste bis Aegypten macht, ich höre, daß die Quarantänemaaßregeln längs der Küste und vor Allem Intriguen Schuld an der Aufgebung dieser nützlichen Unternehmung sind. Es werden sich daher wahrscheinlich französische Dampfboote dieser Linie bemächtigen, und auf diese Weise den Rang ablaufen. - Nach der Provinz Fayum sind mehrere Artillerieofficiere abgeschickt, um das Land daselbst zu vermessen, da sich gezeigt, daß bei der frühern Angabe 110,000 Feddan Terrain zu wenig berechnet wurden. Der Gouverneur dieser Provinz, der dieß absichtlich gethan, hat hiermit einen jährlichen reinen Gewinn von 6,600,000 Piastern (660,000 fl. C.), die Abgabe des Feddans zu 60 P. berechnet, in die Tasche gesteckt. Es mag dieß als ein Beitrag zu den unerhörten Betrügereien in diesem Lande gelten. - Aus Abyssinien ist der von der französischen Regierung dorthin gesandte Schiffslieutenant Lefebvre wieder zurückgekommen. Er sagt aus, daß sich der Fürst Ubie von Tigre des größten Theils von Abyssinien bemächtigt habe, und jetzt daran denke, den Fürsten Ras-Ali zu vertreiben. Kassai, Heilu und mehrere andere ihm bisher widerspänstige Vasallen sitzen gefesselt in den Gebirgen von Simien. Hr. Schimper war in Adaua, und hatte die Absicht, wieder in die Gebirge Simiens zurückzukehren. Hr. Lefebvre ist an der Küste des rothen Meeres von dem furchtbaren, beinahe unheilbaren Yemen-Geschwür befallen worden, woran er noch sehr leidet, und kaum wieder hergestellt werden wird.

Sie wissen daher in Deutschland weit besser, wie die Sachen eigentlich stehen, als wir, die wir mit der größten Spannung, aber immer vergebens, von Dampfschiff zu Dampfschiff auf eine Entscheidung warten. Wird der Pascha diesem endlosen, ihn langsam mordenden Zögern zusehen, oder wird er den Handschuh am Ende doch hinwerfen? Niemand vermag es zu bestimmen, denn seine häufigen Drohungen, die syrische Armee vorrücken zu lassen, hat er eben so wenig ausgeführt, als die Großmächte die ihrigen. Während dem geht der totale Ruin Aegyptens und Syriens rasch vorwärts. Die schon entvölkerten Ufer des Nils werden täglich einsamer, und Jeder frägt, wie die ungeheure Ernte, mit der die Natur Aegypten dieses Jahr beglückt, eingebracht werden soll. Der Pascha ist mit der Antwort auf diese Frage bald fertig gewesen: die Weiber, meint er, sollen die Dienste der Männer versehen, und mit Drohungen und Prügeln glaubt er doch zu seinem Zweck kommen zu können. Was bei diesem gewaltsamen Arbeiten an Weibern darauf geht, berechnet kein Mensch; es wird auch als völlig gleichgültig angesehen, das Leben von Hunderten von Menschen zählt hier zu Lande gar nichts. Die Desertion eines türkischen Majors und eines Capitäns der Landwehr hat den Pascha sehr afficirt. Er wollte sie zuerst mit einem Dampfboot verfolgen lassen, jedoch hätte das zu viel Aufsehen erregt, und so unterließ er es. – Von Pest und Gewaltstreichen der Consuln hört man immer noch, es ist möglich, daß es zu ernstlichem Conflict der Sanitätsanstalt mit den Consuln, vor Allem mit dem russischen, kommt. – Aus Kairo nichts Neues; die hier verbreiteten Gerüchte von Unruhen daselbst waren erfunden, eben so die Revolution der Bauern in Oberägypten. Wer Oberägypten kennt, weiß, daß unter zehn Dörfern immer vier verlassen, und die übrigen nur mit Weibern bevölkert sind, und kann folglich an keine Revolution daselbst glauben. Zudem stehen zwei Regimenter daselbst. Aus Syrien ebenfalls nichts Neues. Es ist sehr Schade, daß das österreichische der Donau-Compagnie zugehörende Dampfboot Seri-Pervas nicht mehr die Reise längs der kleinasiatischen und syrischen Küste bis Aegypten macht, ich höre, daß die Quarantänemaaßregeln längs der Küste und vor Allem Intriguen Schuld an der Aufgebung dieser nützlichen Unternehmung sind. Es werden sich daher wahrscheinlich französische Dampfboote dieser Linie bemächtigen, und auf diese Weise den Rang ablaufen. – Nach der Provinz Fayum sind mehrere Artillerieofficiere abgeschickt, um das Land daselbst zu vermessen, da sich gezeigt, daß bei der frühern Angabe 110,000 Feddan Terrain zu wenig berechnet wurden. Der Gouverneur dieser Provinz, der dieß absichtlich gethan, hat hiermit einen jährlichen reinen Gewinn von 6,600,000 Piastern (660,000 fl. C.), die Abgabe des Feddans zu 60 P. berechnet, in die Tasche gesteckt. Es mag dieß als ein Beitrag zu den unerhörten Betrügereien in diesem Lande gelten. – Aus Abyssinien ist der von der französischen Regierung dorthin gesandte Schiffslieutenant Lefèbvre wieder zurückgekommen. Er sagt aus, daß sich der Fürst Ubie von Tigre des größten Theils von Abyssinien bemächtigt habe, und jetzt daran denke, den Fürsten Ras-Ali zu vertreiben. Kassai, Heilu und mehrere andere ihm bisher widerspänstige Vasallen sitzen gefesselt in den Gebirgen von Simien. Hr. Schimper war in Adaua, und hatte die Absicht, wieder in die Gebirge Simiens zurückzukehren. Hr. Lefèbvre ist an der Küste des rothen Meeres von dem furchtbaren, beinahe unheilbaren Yemen-Geschwür befallen worden, woran er noch sehr leidet, und kaum wieder hergestellt werden wird.

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Sie wissen daher in Deutschland weit besser, wie die Sachen eigentlich stehen, als wir, die wir mit der größten Spannung, aber immer vergebens, von Dampfschiff zu Dampfschiff auf eine Entscheidung warten. Wird der Pascha diesem endlosen, ihn langsam mordenden Zögern zusehen, oder wird er den Handschuh am Ende doch hinwerfen? Niemand vermag es zu bestimmen, denn seine häufigen Drohungen, die syrische Armee vorrücken zu lassen, hat er eben so wenig ausgeführt, als die Großmächte die ihrigen. Während dem geht der totale Ruin Aegyptens und Syriens rasch vorwärts. Die schon entvölkerten Ufer des Nils werden täglich einsamer, und Jeder frägt, wie die ungeheure Ernte, mit der die Natur Aegypten dieses Jahr beglückt, eingebracht werden soll. Der Pascha ist mit der Antwort auf diese Frage bald fertig gewesen: die Weiber, meint er, sollen die Dienste der Männer versehen, und mit Drohungen und Prügeln glaubt er doch zu seinem Zweck kommen zu können. Was bei diesem gewaltsamen Arbeiten an Weibern darauf geht, berechnet kein Mensch; es wird auch als völlig gleichgültig angesehen, das Leben von Hunderten von Menschen zählt hier zu Lande gar nichts. Die Desertion eines türkischen Majors und eines Capitäns der Landwehr hat den Pascha sehr afficirt. Er wollte sie zuerst mit einem Dampfboot verfolgen lassen, jedoch hätte das zu viel Aufsehen erregt, und so unterließ er es. &#x2013; Von Pest und Gewaltstreichen der Consuln hört man immer noch, es ist möglich, daß es zu ernstlichem Conflict der Sanitätsanstalt mit den Consuln, vor Allem mit dem russischen, kommt. &#x2013; Aus <hi rendition="#b">Kairo</hi> nichts Neues; die hier verbreiteten Gerüchte von Unruhen daselbst waren erfunden, eben so die Revolution der Bauern in Oberägypten. Wer Oberägypten kennt, weiß, daß unter zehn Dörfern immer vier verlassen, und die übrigen nur mit Weibern bevölkert sind, und kann folglich an keine Revolution daselbst glauben. Zudem stehen zwei Regimenter daselbst. Aus Syrien ebenfalls nichts Neues. Es ist sehr Schade, daß das österreichische der Donau-Compagnie zugehörende Dampfboot Seri-Pervas nicht mehr die Reise längs der kleinasiatischen und syrischen Küste bis Aegypten macht, ich höre, daß die Quarantänemaaßregeln längs der Küste und vor Allem Intriguen Schuld an der Aufgebung dieser nützlichen Unternehmung sind. Es werden sich daher wahrscheinlich französische Dampfboote dieser Linie bemächtigen, und auf diese Weise den Rang ablaufen. &#x2013; Nach der Provinz <hi rendition="#g">Fayum</hi> sind mehrere Artillerieofficiere abgeschickt, um das Land daselbst zu vermessen, da sich gezeigt, daß bei der frühern Angabe 110,000 Feddan Terrain zu wenig berechnet wurden. Der Gouverneur dieser Provinz, der dieß absichtlich gethan, hat hiermit einen jährlichen reinen Gewinn von 6,600,000 Piastern (660,000 fl. C.), die Abgabe des Feddans zu 60 P. berechnet, in die Tasche gesteckt. Es mag dieß als ein Beitrag zu den unerhörten Betrügereien in diesem Lande gelten. &#x2013; Aus <hi rendition="#g">Abyssinien</hi> ist der von der französischen Regierung dorthin gesandte Schiffslieutenant Lefèbvre wieder zurückgekommen. Er sagt aus, daß sich der Fürst Ubie von Tigre des größten Theils von Abyssinien bemächtigt habe, und jetzt daran denke, den Fürsten Ras-Ali zu vertreiben. Kassai, Heilu und mehrere andere ihm bisher widerspänstige Vasallen sitzen gefesselt in den Gebirgen von Simien. Hr. Schimper war in Adaua, und hatte die Absicht, wieder in die Gebirge Simiens zurückzukehren. Hr. Lefèbvre ist an der Küste des rothen Meeres von dem furchtbaren, beinahe unheilbaren Yemen-Geschwür befallen worden, woran er noch sehr leidet, und kaum wieder hergestellt werden wird.</p><lb/>
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[0824/0008] Sie wissen daher in Deutschland weit besser, wie die Sachen eigentlich stehen, als wir, die wir mit der größten Spannung, aber immer vergebens, von Dampfschiff zu Dampfschiff auf eine Entscheidung warten. Wird der Pascha diesem endlosen, ihn langsam mordenden Zögern zusehen, oder wird er den Handschuh am Ende doch hinwerfen? Niemand vermag es zu bestimmen, denn seine häufigen Drohungen, die syrische Armee vorrücken zu lassen, hat er eben so wenig ausgeführt, als die Großmächte die ihrigen. Während dem geht der totale Ruin Aegyptens und Syriens rasch vorwärts. Die schon entvölkerten Ufer des Nils werden täglich einsamer, und Jeder frägt, wie die ungeheure Ernte, mit der die Natur Aegypten dieses Jahr beglückt, eingebracht werden soll. Der Pascha ist mit der Antwort auf diese Frage bald fertig gewesen: die Weiber, meint er, sollen die Dienste der Männer versehen, und mit Drohungen und Prügeln glaubt er doch zu seinem Zweck kommen zu können. Was bei diesem gewaltsamen Arbeiten an Weibern darauf geht, berechnet kein Mensch; es wird auch als völlig gleichgültig angesehen, das Leben von Hunderten von Menschen zählt hier zu Lande gar nichts. Die Desertion eines türkischen Majors und eines Capitäns der Landwehr hat den Pascha sehr afficirt. Er wollte sie zuerst mit einem Dampfboot verfolgen lassen, jedoch hätte das zu viel Aufsehen erregt, und so unterließ er es. – Von Pest und Gewaltstreichen der Consuln hört man immer noch, es ist möglich, daß es zu ernstlichem Conflict der Sanitätsanstalt mit den Consuln, vor Allem mit dem russischen, kommt. – Aus Kairo nichts Neues; die hier verbreiteten Gerüchte von Unruhen daselbst waren erfunden, eben so die Revolution der Bauern in Oberägypten. Wer Oberägypten kennt, weiß, daß unter zehn Dörfern immer vier verlassen, und die übrigen nur mit Weibern bevölkert sind, und kann folglich an keine Revolution daselbst glauben. Zudem stehen zwei Regimenter daselbst. Aus Syrien ebenfalls nichts Neues. Es ist sehr Schade, daß das österreichische der Donau-Compagnie zugehörende Dampfboot Seri-Pervas nicht mehr die Reise längs der kleinasiatischen und syrischen Küste bis Aegypten macht, ich höre, daß die Quarantänemaaßregeln längs der Küste und vor Allem Intriguen Schuld an der Aufgebung dieser nützlichen Unternehmung sind. Es werden sich daher wahrscheinlich französische Dampfboote dieser Linie bemächtigen, und auf diese Weise den Rang ablaufen. – Nach der Provinz Fayum sind mehrere Artillerieofficiere abgeschickt, um das Land daselbst zu vermessen, da sich gezeigt, daß bei der frühern Angabe 110,000 Feddan Terrain zu wenig berechnet wurden. Der Gouverneur dieser Provinz, der dieß absichtlich gethan, hat hiermit einen jährlichen reinen Gewinn von 6,600,000 Piastern (660,000 fl. C.), die Abgabe des Feddans zu 60 P. berechnet, in die Tasche gesteckt. Es mag dieß als ein Beitrag zu den unerhörten Betrügereien in diesem Lande gelten. – Aus Abyssinien ist der von der französischen Regierung dorthin gesandte Schiffslieutenant Lefèbvre wieder zurückgekommen. Er sagt aus, daß sich der Fürst Ubie von Tigre des größten Theils von Abyssinien bemächtigt habe, und jetzt daran denke, den Fürsten Ras-Ali zu vertreiben. Kassai, Heilu und mehrere andere ihm bisher widerspänstige Vasallen sitzen gefesselt in den Gebirgen von Simien. Hr. Schimper war in Adaua, und hatte die Absicht, wieder in die Gebirge Simiens zurückzukehren. Hr. Lefèbvre ist an der Küste des rothen Meeres von dem furchtbaren, beinahe unheilbaren Yemen-Geschwür befallen worden, woran er noch sehr leidet, und kaum wieder hergestellt werden wird.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840, S. 0824. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_103_18400412/8>, abgerufen am 24.11.2024.