Allgemeine Zeitung. Nr. 103. Augsburg, 12. April 1840.Eintreten einer solchen Störung kann nur höchst verderblich auf Ackerbau und Industrie zurückwirken, da nach Herstellung der Ruhe und Ordnung von neuem begonnen werden muß, die frühern Abzugswege wieder aufzufinden, welche in der Zwischenzeit andere cultivirt und veränderte Bedürfnisse hervorgerufen haben, wodurch sie denn gar oft als gänzlich verloren erscheinen. Das ist eine andere große Schattenseite, welche die Beschränkung der Handelsstraße Süddeutschlands nach dem Weltmeer auf eine einzige fremdstehende so oft und leicht gefährdete Strommündung, die des Rheins, mit sich bringt. Das Bedenklichste aber von Allem bei solcher Beschränkung ist die Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Holländer, ihre Handelspolitik, welche eine der deutschen Industrie und dem deutschen Wohlstande so entschieden nachtheilige Tendenz hat. Hier sehen wir nur ein Streben, die jährlich ins Unglaubliche sich mehrenden Erzeugnisse ihrer Colonien, namentlich Java's und Sumatra's, dem geduldigen Deutschland aufzubürden, ja sogar durch Ausfuhrprämien solches zu erzwingen, und eine rastlose Bemühung, die Straßen nach Deutschland als Mittel zu ihren Zwecken möglichst zu vervollkommnen und zu vervielfältigen. Haben wir doch noch kürzlich ihre Vorschläge vernommen, eine Straße oder Bahn von Zwoll und Almelo über Münster nach Kassel zu bauen, wozu sie großmüthigerweise die halben Kosten zu tragen sich bereit erklärten! Als ob Deutschland ganz und gar blind wäre! Kann aber der deutsche Zollverein ruhig zusehen, daß ein fremder Staat, der noch bisherigen Erfahrungen (wir erinnern nur an das jusqu'a la mer und an die Colonialsteuergesetze) für Deutschland nicht minder fremd und egoistisch dasteht als China und Japan den Absatz seiner Colonialproducte durch Zollrabatte oder Ausfuhrprämien zu erzwingen und zu monopolisiren sich bemühte, auf Kosten der transatlantischen Länder, welche gegen ihre gleichartigen Producte bereitwillig Deutschlands Erzeugnisse annehmen und ehrlich dem Princip der Gegenseitigkeit huldigen! - Werden diese transatlantischen Staaten bei ihren liberalen Grundsätzen gegen Deutschlands Erzeugnisse verharren, wenn dieses duldet, daß ein Colonialstaat durch Prämien den Absatz der erstern schmälert? Doch diese Frage möge, als für heute nicht zu unserm Thema gehörend, als nur beiläufig gemacht betrachtet werden. Wir haben's hier nur mit dem Factum zu thun, daß im Allgemeinen jeder holländische Verkauf holländischer Colonialerzeugnisse an Deutschland, für ersteres reiner Capitalgewinn für letzteres reiner Capitalverlust ist, und daß demnach die Erweiterung des holländischen Absatzes nach dem Donaugebiete nur zu fernerer Bereicherung Hollands und zu Benachtheiligung Bayerns gereichen möchte. Der deutsche Norden und Osten, so wie Sachsen, Kurhessen, Westphalen, leiden wenig unter dem Einfluß holländischer Suprematie. Sie fühlen den segensreichen Einfluß der deutschen Hanse, welche ihre Producte des Bodens und ihre Erzeugnisse der Industrie dem überseeischen Auslande zuführt. Nur der deutsche Süden und Westen leidet unter holländischer Handelsgewalt und wird in kurzer Zeit diesen Druck noch mehr zu empfinden haben. Der große Reichthum des Bodens dieser Provinzen, die Summen, welche in jedem Sommer zahllose Reisende aus allen Ländern der Erde ihrem Vergnügen und ihrer Belehrung in den romantischen Gegenden des deutschen Südens und Südwestens (namentlich dem herrlichen München) schenken, haben noch immer einen Zufluß von Capitalien herbeigeführt, so daß man die Last des holländischen Drucks bis diesen Augenblick noch nicht so sehr fühlte. Aber sollen diese natürlichen Reichthümer des Landes denn ewig den Fremden zur Beute werden? Deutschland besitzt der Mittel genug, Holland zu einer auf freier unverkümmerter, nicht papierner Gegenseitigkeit gegründeten Handelspolitik zu nöthigen, die einen freien Absatz deutscher Erzeugnisse an diejenigen, welche die für Deutschland bestimmten Producte bauen, im geschäftlichen Austausch wirklich verbürgen und eine Monopolisirung beseitigen. Unter vielen wollen wir nur ein solches Mittel hervorheben, und dieses ist die Herstellung einer vernünftigen Verbindung des deutschen Südens und Westens mit der deutschen Hanse, wo eine andere, rein deutsche, ächt nationale Handelspolitik befolgt wird. Die entstehende Concurrenz würde an den Mündungen der Rheinarme schon sehr bald andere Gesinnungen hervorrufen und so in mehrfacher Hinsicht deutsches Interesse und deutsche Nationalität gefördert werden. In dem vorhergehenden Artikel haben wir schon angegeben, daß Ist aber diese neue Handelsstraße zu einer Wahrheit geworden und ins Leben getreten, so gewinnt der Ludwigscanal seine rechte und eigentliche Bedeutung, denn - nochmals sagen wir es - erst durch die Verbindung des Mains mit dem einzigen ganz deutschen Strom, mit der Weser, bringt er das Gebiet der oberen Donau mit in den Bereich des Welthandels, verschwistert dasselbe mit Deutschlands wahrem National-Seehandel und sichert dem deutschen Süden eine durch das Vaterland selbst zu bewachende, seine Interessen verbürgende Wasserstraße nach dem Weltmeer. Der Ludwigscanal wird dann der Donau zwei wetteifernde Verbindungen mit dem Norden verschaffen, und nicht mehr dazu dienen, lediglich die nicht deutschen Holländer zu unterstützen, auch das Mark des Donaulandes an sich zu ziehen. Wie vortheilhaft die Aussicht auf eine in solchem Maaße zu erhöhende Bedeutung dieses Canals auf den Stand der Actien desselben wirken muß, liegt auf der Hand. Das heutige Bayern hat bei einem weit besseren Boden Eintreten einer solchen Störung kann nur höchst verderblich auf Ackerbau und Industrie zurückwirken, da nach Herstellung der Ruhe und Ordnung von neuem begonnen werden muß, die frühern Abzugswege wieder aufzufinden, welche in der Zwischenzeit andere cultivirt und veränderte Bedürfnisse hervorgerufen haben, wodurch sie denn gar oft als gänzlich verloren erscheinen. Das ist eine andere große Schattenseite, welche die Beschränkung der Handelsstraße Süddeutschlands nach dem Weltmeer auf eine einzige fremdstehende so oft und leicht gefährdete Strommündung, die des Rheins, mit sich bringt. Das Bedenklichste aber von Allem bei solcher Beschränkung ist die Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Holländer, ihre Handelspolitik, welche eine der deutschen Industrie und dem deutschen Wohlstande so entschieden nachtheilige Tendenz hat. Hier sehen wir nur ein Streben, die jährlich ins Unglaubliche sich mehrenden Erzeugnisse ihrer Colonien, namentlich Java's und Sumatra's, dem geduldigen Deutschland aufzubürden, ja sogar durch Ausfuhrprämien solches zu erzwingen, und eine rastlose Bemühung, die Straßen nach Deutschland als Mittel zu ihren Zwecken möglichst zu vervollkommnen und zu vervielfältigen. Haben wir doch noch kürzlich ihre Vorschläge vernommen, eine Straße oder Bahn von Zwoll und Almelo über Münster nach Kassel zu bauen, wozu sie großmüthigerweise die halben Kosten zu tragen sich bereit erklärten! Als ob Deutschland ganz und gar blind wäre! Kann aber der deutsche Zollverein ruhig zusehen, daß ein fremder Staat, der noch bisherigen Erfahrungen (wir erinnern nur an das jusqu'à la mer und an die Colonialsteuergesetze) für Deutschland nicht minder fremd und egoistisch dasteht als China und Japan den Absatz seiner Colonialproducte durch Zollrabatte oder Ausfuhrprämien zu erzwingen und zu monopolisiren sich bemühte, auf Kosten der transatlantischen Länder, welche gegen ihre gleichartigen Producte bereitwillig Deutschlands Erzeugnisse annehmen und ehrlich dem Princip der Gegenseitigkeit huldigen! – Werden diese transatlantischen Staaten bei ihren liberalen Grundsätzen gegen Deutschlands Erzeugnisse verharren, wenn dieses duldet, daß ein Colonialstaat durch Prämien den Absatz der erstern schmälert? Doch diese Frage möge, als für heute nicht zu unserm Thema gehörend, als nur beiläufig gemacht betrachtet werden. Wir haben's hier nur mit dem Factum zu thun, daß im Allgemeinen jeder holländische Verkauf holländischer Colonialerzeugnisse an Deutschland, für ersteres reiner Capitalgewinn für letzteres reiner Capitalverlust ist, und daß demnach die Erweiterung des holländischen Absatzes nach dem Donaugebiete nur zu fernerer Bereicherung Hollands und zu Benachtheiligung Bayerns gereichen möchte. Der deutsche Norden und Osten, so wie Sachsen, Kurhessen, Westphalen, leiden wenig unter dem Einfluß holländischer Suprematie. Sie fühlen den segensreichen Einfluß der deutschen Hanse, welche ihre Producte des Bodens und ihre Erzeugnisse der Industrie dem überseeischen Auslande zuführt. Nur der deutsche Süden und Westen leidet unter holländischer Handelsgewalt und wird in kurzer Zeit diesen Druck noch mehr zu empfinden haben. Der große Reichthum des Bodens dieser Provinzen, die Summen, welche in jedem Sommer zahllose Reisende aus allen Ländern der Erde ihrem Vergnügen und ihrer Belehrung in den romantischen Gegenden des deutschen Südens und Südwestens (namentlich dem herrlichen München) schenken, haben noch immer einen Zufluß von Capitalien herbeigeführt, so daß man die Last des holländischen Drucks bis diesen Augenblick noch nicht so sehr fühlte. Aber sollen diese natürlichen Reichthümer des Landes denn ewig den Fremden zur Beute werden? Deutschland besitzt der Mittel genug, Holland zu einer auf freier unverkümmerter, nicht papierner Gegenseitigkeit gegründeten Handelspolitik zu nöthigen, die einen freien Absatz deutscher Erzeugnisse an diejenigen, welche die für Deutschland bestimmten Producte bauen, im geschäftlichen Austausch wirklich verbürgen und eine Monopolisirung beseitigen. Unter vielen wollen wir nur ein solches Mittel hervorheben, und dieses ist die Herstellung einer vernünftigen Verbindung des deutschen Südens und Westens mit der deutschen Hanse, wo eine andere, rein deutsche, ächt nationale Handelspolitik befolgt wird. Die entstehende Concurrenz würde an den Mündungen der Rheinarme schon sehr bald andere Gesinnungen hervorrufen und so in mehrfacher Hinsicht deutsches Interesse und deutsche Nationalität gefördert werden. In dem vorhergehenden Artikel haben wir schon angegeben, daß Ist aber diese neue Handelsstraße zu einer Wahrheit geworden und ins Leben getreten, so gewinnt der Ludwigscanal seine rechte und eigentliche Bedeutung, denn – nochmals sagen wir es – erst durch die Verbindung des Mains mit dem einzigen ganz deutschen Strom, mit der Weser, bringt er das Gebiet der oberen Donau mit in den Bereich des Welthandels, verschwistert dasselbe mit Deutschlands wahrem National-Seehandel und sichert dem deutschen Süden eine durch das Vaterland selbst zu bewachende, seine Interessen verbürgende Wasserstraße nach dem Weltmeer. Der Ludwigscanal wird dann der Donau zwei wetteifernde Verbindungen mit dem Norden verschaffen, und nicht mehr dazu dienen, lediglich die nicht deutschen Holländer zu unterstützen, auch das Mark des Donaulandes an sich zu ziehen. Wie vortheilhaft die Aussicht auf eine in solchem Maaße zu erhöhende Bedeutung dieses Canals auf den Stand der Actien desselben wirken muß, liegt auf der Hand. Das heutige Bayern hat bei einem weit besseren Boden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0013" n="0821"/> Eintreten einer solchen Störung kann nur höchst verderblich auf Ackerbau und Industrie zurückwirken, da nach Herstellung der Ruhe und Ordnung von neuem begonnen werden muß, die frühern Abzugswege wieder aufzufinden, welche in der Zwischenzeit andere cultivirt und veränderte Bedürfnisse hervorgerufen haben, wodurch sie denn gar oft als gänzlich verloren erscheinen. Das ist eine andere große Schattenseite, welche die Beschränkung der Handelsstraße Süddeutschlands nach dem Weltmeer auf eine einzige fremdstehende so oft und leicht gefährdete Strommündung, die des Rheins, mit sich bringt. Das Bedenklichste aber von Allem bei solcher Beschränkung ist die Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Holländer, ihre Handelspolitik, welche eine der deutschen Industrie und dem deutschen Wohlstande so entschieden <hi rendition="#g">nachtheilige</hi> Tendenz hat. Hier sehen wir nur ein Streben, die jährlich ins Unglaubliche sich mehrenden Erzeugnisse ihrer Colonien, namentlich Java's und Sumatra's, dem geduldigen Deutschland aufzubürden, <hi rendition="#g">ja sogar durch Ausfuhrprämien solches zu erzwingen</hi>, und eine rastlose Bemühung, die Straßen nach Deutschland als <hi rendition="#g">Mittel zu ihren Zwecken</hi> möglichst zu vervollkommnen und zu vervielfältigen. Haben wir doch noch kürzlich ihre Vorschläge vernommen, eine Straße oder Bahn von Zwoll und Almelo über Münster nach Kassel zu bauen, wozu sie großmüthigerweise die halben Kosten zu tragen sich bereit erklärten! Als ob Deutschland ganz und gar blind wäre! Kann aber der deutsche Zollverein ruhig zusehen, daß ein fremder Staat, der noch bisherigen Erfahrungen (wir erinnern nur an das jusqu'à la mer und an die Colonialsteuergesetze) für Deutschland nicht minder fremd und egoistisch dasteht als China und Japan den Absatz seiner Colonialproducte durch Zollrabatte oder Ausfuhrprämien zu erzwingen und zu monopolisiren sich bemühte, auf Kosten der transatlantischen Länder, welche gegen ihre gleichartigen Producte bereitwillig Deutschlands Erzeugnisse annehmen und ehrlich dem <hi rendition="#g">Princip der Gegenseitigkeit</hi> huldigen! – Werden diese transatlantischen Staaten bei ihren liberalen Grundsätzen gegen Deutschlands Erzeugnisse verharren, wenn dieses duldet, daß ein Colonialstaat durch Prämien den Absatz der erstern schmälert?</p><lb/> <p>Doch diese Frage möge, als für heute nicht zu unserm Thema gehörend, als nur beiläufig gemacht betrachtet werden. Wir haben's hier nur mit dem Factum zu thun, daß im Allgemeinen jeder holländische Verkauf holländischer Colonialerzeugnisse an Deutschland, für ersteres reiner Capital<hi rendition="#g">gewinn</hi> für letzteres reiner Capital<hi rendition="#g">verlust</hi> ist, und daß demnach die Erweiterung des holländischen Absatzes nach dem Donaugebiete nur zu fernerer Bereicherung Hollands und zu Benachtheiligung Bayerns gereichen möchte.</p><lb/> <p>Der deutsche Norden und Osten, so wie Sachsen, Kurhessen, Westphalen, leiden wenig unter dem Einfluß holländischer Suprematie. Sie fühlen den segensreichen Einfluß der deutschen Hanse, welche ihre Producte des Bodens und ihre Erzeugnisse der Industrie dem überseeischen Auslande zuführt. Nur der deutsche Süden und Westen leidet unter holländischer Handelsgewalt und wird in kurzer Zeit diesen Druck noch mehr zu empfinden haben. Der große Reichthum des Bodens dieser Provinzen, die Summen, welche in jedem Sommer zahllose Reisende aus allen Ländern der Erde ihrem Vergnügen und ihrer Belehrung in den romantischen Gegenden des deutschen Südens und Südwestens (namentlich dem herrlichen München) schenken, haben noch immer einen Zufluß von Capitalien herbeigeführt, so daß man die Last des holländischen Drucks bis diesen Augenblick noch nicht so sehr fühlte. Aber sollen diese natürlichen Reichthümer des Landes denn ewig den Fremden zur Beute werden? Deutschland besitzt der Mittel genug, Holland zu einer auf freier unverkümmerter, nicht papierner Gegenseitigkeit gegründeten Handelspolitik zu nöthigen, die einen <hi rendition="#g">freien</hi> Absatz deutscher Erzeugnisse an diejenigen, welche die für Deutschland bestimmten Producte <hi rendition="#g">bauen</hi>, im geschäftlichen Austausch wirklich verbürgen und eine Monopolisirung beseitigen.</p><lb/> <p>Unter vielen wollen wir nur <hi rendition="#g">ein</hi> solches Mittel hervorheben, und dieses ist die Herstellung einer vernünftigen Verbindung des deutschen Südens und Westens mit der deutschen Hanse, wo eine andere, rein deutsche, ächt nationale Handelspolitik befolgt wird.</p><lb/> <p>Die entstehende Concurrenz würde an den Mündungen der Rheinarme schon sehr bald andere Gesinnungen hervorrufen und so in mehrfacher Hinsicht deutsches Interesse und deutsche Nationalität gefördert werden.</p><lb/> <p>In dem vorhergehenden Artikel haben wir schon angegeben, daß<lb/> a) eine gründliche Verbesserung der Fahrbahn des <hi rendition="#g">einzigen ganz deutschen Stromes</hi>, der <hi rendition="#g">Weser</hi>,<lb/> b) die Entfernung der lästigen Weserzölle,<lb/> c) die Anlage einer Schleuse in dem Mündener Wehr;<lb/> d) der Bau einer Eisenschienen- oder Holzbahn für Gütertransport durch Pferdezug zur Verbindung der <hi rendition="#g">Werra</hi> mit dem <hi rendition="#g">Main</hi> von <hi rendition="#g">Wanfried</hi> nach <hi rendition="#g">Bamberg</hi> oder <hi rendition="#g">Schweinfurt</hi>; –<lb/> die Frachtsätze von Bremen zum Main und vice versa um ein Wesentliches niedriger stellen würden, als solche jetzt von Holland bis Bamberg oder Schweinfurt betragen. Bayern, der nordöstliche Theil von Würtemberg, Kurhessen, die sächsisch-Coburgischen und die Meinungen'schen Länder würden durch diese Verbesserungen eine neue und billigere, nicht minder schnell befördernde Straße nach dem Weltmeer erhalten, als dieselben bis jetzt besitzen. Nürnberg und die Mainstädte würden in weniger als einem Jahrzehnt wieder auf jenem Gipfel stehen, wie unter Kaiser Maximilian, dem letzten Ritter. (Den sich im <hi rendition="#g">Orient</hi> neu eröffnenden wichtigen Aussichten widmet sich ein eigener Artikel.) Es würden jene Gegenden in enge und innige Verbindung mit Bremen treten – mit einer Seehandelsstadt, deren Lebensprincip die möglichste Beförderung der <hi rendition="#g">Ausfuhr</hi> deutscher Producte ist, zumal diese den Umfang der <hi rendition="#g">Einfuhr</hi> bei derselben bedingt – einer Stadt, bei welcher alle Elemente in so reichem Maaße vorhanden sind, einen wirklichen deutschen Nationalhandel großartig zu repräsentiren.</p><lb/> <p>Ist aber diese neue Handelsstraße zu einer Wahrheit geworden und ins Leben getreten, so gewinnt der <hi rendition="#g">Ludwigscanal</hi> seine rechte und eigentliche Bedeutung, denn – nochmals sagen wir es – erst durch die Verbindung des Mains mit dem einzigen ganz deutschen Strom, mit der Weser, bringt er das Gebiet der oberen Donau mit in den Bereich des Welthandels, verschwistert dasselbe mit Deutschlands wahrem National-Seehandel und sichert dem deutschen Süden eine durch das Vaterland selbst zu bewachende, seine Interessen verbürgende Wasserstraße nach dem Weltmeer. Der Ludwigscanal wird dann der Donau <hi rendition="#g">zwei</hi> wetteifernde Verbindungen mit dem Norden verschaffen, und nicht mehr dazu dienen, lediglich die nicht deutschen Holländer zu unterstützen, auch das Mark des Donaulandes an sich zu ziehen. Wie vortheilhaft die Aussicht auf eine in solchem Maaße zu erhöhende Bedeutung dieses Canals auf den Stand der Actien desselben wirken muß, liegt auf der Hand.</p><lb/> <p>Das heutige Bayern hat bei einem weit besseren Boden<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0821/0013]
Eintreten einer solchen Störung kann nur höchst verderblich auf Ackerbau und Industrie zurückwirken, da nach Herstellung der Ruhe und Ordnung von neuem begonnen werden muß, die frühern Abzugswege wieder aufzufinden, welche in der Zwischenzeit andere cultivirt und veränderte Bedürfnisse hervorgerufen haben, wodurch sie denn gar oft als gänzlich verloren erscheinen. Das ist eine andere große Schattenseite, welche die Beschränkung der Handelsstraße Süddeutschlands nach dem Weltmeer auf eine einzige fremdstehende so oft und leicht gefährdete Strommündung, die des Rheins, mit sich bringt. Das Bedenklichste aber von Allem bei solcher Beschränkung ist die Art und Weise des Geschäftsbetriebs der Holländer, ihre Handelspolitik, welche eine der deutschen Industrie und dem deutschen Wohlstande so entschieden nachtheilige Tendenz hat. Hier sehen wir nur ein Streben, die jährlich ins Unglaubliche sich mehrenden Erzeugnisse ihrer Colonien, namentlich Java's und Sumatra's, dem geduldigen Deutschland aufzubürden, ja sogar durch Ausfuhrprämien solches zu erzwingen, und eine rastlose Bemühung, die Straßen nach Deutschland als Mittel zu ihren Zwecken möglichst zu vervollkommnen und zu vervielfältigen. Haben wir doch noch kürzlich ihre Vorschläge vernommen, eine Straße oder Bahn von Zwoll und Almelo über Münster nach Kassel zu bauen, wozu sie großmüthigerweise die halben Kosten zu tragen sich bereit erklärten! Als ob Deutschland ganz und gar blind wäre! Kann aber der deutsche Zollverein ruhig zusehen, daß ein fremder Staat, der noch bisherigen Erfahrungen (wir erinnern nur an das jusqu'à la mer und an die Colonialsteuergesetze) für Deutschland nicht minder fremd und egoistisch dasteht als China und Japan den Absatz seiner Colonialproducte durch Zollrabatte oder Ausfuhrprämien zu erzwingen und zu monopolisiren sich bemühte, auf Kosten der transatlantischen Länder, welche gegen ihre gleichartigen Producte bereitwillig Deutschlands Erzeugnisse annehmen und ehrlich dem Princip der Gegenseitigkeit huldigen! – Werden diese transatlantischen Staaten bei ihren liberalen Grundsätzen gegen Deutschlands Erzeugnisse verharren, wenn dieses duldet, daß ein Colonialstaat durch Prämien den Absatz der erstern schmälert?
Doch diese Frage möge, als für heute nicht zu unserm Thema gehörend, als nur beiläufig gemacht betrachtet werden. Wir haben's hier nur mit dem Factum zu thun, daß im Allgemeinen jeder holländische Verkauf holländischer Colonialerzeugnisse an Deutschland, für ersteres reiner Capitalgewinn für letzteres reiner Capitalverlust ist, und daß demnach die Erweiterung des holländischen Absatzes nach dem Donaugebiete nur zu fernerer Bereicherung Hollands und zu Benachtheiligung Bayerns gereichen möchte.
Der deutsche Norden und Osten, so wie Sachsen, Kurhessen, Westphalen, leiden wenig unter dem Einfluß holländischer Suprematie. Sie fühlen den segensreichen Einfluß der deutschen Hanse, welche ihre Producte des Bodens und ihre Erzeugnisse der Industrie dem überseeischen Auslande zuführt. Nur der deutsche Süden und Westen leidet unter holländischer Handelsgewalt und wird in kurzer Zeit diesen Druck noch mehr zu empfinden haben. Der große Reichthum des Bodens dieser Provinzen, die Summen, welche in jedem Sommer zahllose Reisende aus allen Ländern der Erde ihrem Vergnügen und ihrer Belehrung in den romantischen Gegenden des deutschen Südens und Südwestens (namentlich dem herrlichen München) schenken, haben noch immer einen Zufluß von Capitalien herbeigeführt, so daß man die Last des holländischen Drucks bis diesen Augenblick noch nicht so sehr fühlte. Aber sollen diese natürlichen Reichthümer des Landes denn ewig den Fremden zur Beute werden? Deutschland besitzt der Mittel genug, Holland zu einer auf freier unverkümmerter, nicht papierner Gegenseitigkeit gegründeten Handelspolitik zu nöthigen, die einen freien Absatz deutscher Erzeugnisse an diejenigen, welche die für Deutschland bestimmten Producte bauen, im geschäftlichen Austausch wirklich verbürgen und eine Monopolisirung beseitigen.
Unter vielen wollen wir nur ein solches Mittel hervorheben, und dieses ist die Herstellung einer vernünftigen Verbindung des deutschen Südens und Westens mit der deutschen Hanse, wo eine andere, rein deutsche, ächt nationale Handelspolitik befolgt wird.
Die entstehende Concurrenz würde an den Mündungen der Rheinarme schon sehr bald andere Gesinnungen hervorrufen und so in mehrfacher Hinsicht deutsches Interesse und deutsche Nationalität gefördert werden.
In dem vorhergehenden Artikel haben wir schon angegeben, daß
a) eine gründliche Verbesserung der Fahrbahn des einzigen ganz deutschen Stromes, der Weser,
b) die Entfernung der lästigen Weserzölle,
c) die Anlage einer Schleuse in dem Mündener Wehr;
d) der Bau einer Eisenschienen- oder Holzbahn für Gütertransport durch Pferdezug zur Verbindung der Werra mit dem Main von Wanfried nach Bamberg oder Schweinfurt; –
die Frachtsätze von Bremen zum Main und vice versa um ein Wesentliches niedriger stellen würden, als solche jetzt von Holland bis Bamberg oder Schweinfurt betragen. Bayern, der nordöstliche Theil von Würtemberg, Kurhessen, die sächsisch-Coburgischen und die Meinungen'schen Länder würden durch diese Verbesserungen eine neue und billigere, nicht minder schnell befördernde Straße nach dem Weltmeer erhalten, als dieselben bis jetzt besitzen. Nürnberg und die Mainstädte würden in weniger als einem Jahrzehnt wieder auf jenem Gipfel stehen, wie unter Kaiser Maximilian, dem letzten Ritter. (Den sich im Orient neu eröffnenden wichtigen Aussichten widmet sich ein eigener Artikel.) Es würden jene Gegenden in enge und innige Verbindung mit Bremen treten – mit einer Seehandelsstadt, deren Lebensprincip die möglichste Beförderung der Ausfuhr deutscher Producte ist, zumal diese den Umfang der Einfuhr bei derselben bedingt – einer Stadt, bei welcher alle Elemente in so reichem Maaße vorhanden sind, einen wirklichen deutschen Nationalhandel großartig zu repräsentiren.
Ist aber diese neue Handelsstraße zu einer Wahrheit geworden und ins Leben getreten, so gewinnt der Ludwigscanal seine rechte und eigentliche Bedeutung, denn – nochmals sagen wir es – erst durch die Verbindung des Mains mit dem einzigen ganz deutschen Strom, mit der Weser, bringt er das Gebiet der oberen Donau mit in den Bereich des Welthandels, verschwistert dasselbe mit Deutschlands wahrem National-Seehandel und sichert dem deutschen Süden eine durch das Vaterland selbst zu bewachende, seine Interessen verbürgende Wasserstraße nach dem Weltmeer. Der Ludwigscanal wird dann der Donau zwei wetteifernde Verbindungen mit dem Norden verschaffen, und nicht mehr dazu dienen, lediglich die nicht deutschen Holländer zu unterstützen, auch das Mark des Donaulandes an sich zu ziehen. Wie vortheilhaft die Aussicht auf eine in solchem Maaße zu erhöhende Bedeutung dieses Canals auf den Stand der Actien desselben wirken muß, liegt auf der Hand.
Das heutige Bayern hat bei einem weit besseren Boden
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-28T11:37:15Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |