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Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840.

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rivularis, welche außerdem die Kieselpanzer von 15 Arten von Infusorien enthielten. Auch der irischen Akademie ward erst neuerdings eine ähnliche Substanz aus Irland und eine andere von Herschel überschickt, welche am Ausfluß eines Stromes im südlichen Afrika gefunden worden war, übrigens von einer andern Conferven-Art herrührt.

Außerdem theilte A. v. Humboldt die fernern Untersuchungen von Ehrenberg über die korallenförmigen Polythalamien (Bryozoa) und Infusorien mit, welche in gewissen Kreideschichten bis zu 19/20 der Masse bilden.

Von mehr als 15 Species dieser Thiere sind bereits die identischen Exemplare lebend in der Ost- und Nordsee aufgefunden worden.

Flourens las den zweiten Theil seiner Abhandlung über die eigenthümliche rothe Färbung der Knochen und Zähne an Säugthieren, welche man mit Färberröthe nährt. Dieser merkwürdige Vorgang gab ihm manche wichtige Thatsachen für die Knochenbildung zu gewinnen. Außer der ungemein schnellen Färbung der Knochen (bei einem jungen Schwein z. B. schon nach 24 Stunden) geht aus der abwechselnden rothen und weißen Färbung der Knochen nach dem jedesmaligen Nahrungswechsel deutlich hervor, daß bei den Knochen eine stete Ablagerung neuer Schichten auf der Außenfläche und eine stete Aufsaugung gegen die Markhöhle hin statt finde, während bei den Zähnen der Proceß gerade umgekehrt ist; denn bei diesen bemerkt man eine stete Aufsaugung an der Außenfläche und eine stete Ablagerung neuer Schichten nach innen zu.

Rognette richtete an die Akademie ein Schreiben, worin er von seiner Behandlungsweise der Arsenikvergifteten Rechenschaft gibt. Eine Mischung von Weingeist mit Fleischbrühe, 15 bis 30 Grammen auf einen Gran Arsenik hält er für sicheres Gegengift, wenigstens seinen Versuchen an Thieren nach, wovon er acht unter zehn auf solche Weise gerettet hat.

Das Schwefelmonopol in Sicilien.

(Beschluß.)

"Um begreiflich zu machen, wie eine, für sich betrachtet, den Bedürfnissen so sehr entsprechende Maaßregel so viel Unheil anrichten konnte, als wirklich geschehen ist, wird vor Allem nöthig seyn, die allgemeinen Verhältnisse des durch den Contract herbeigeführten Standes des Schwefelhandels in bestimmte Zahlen zu fassen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, jährlich 600,000 Cantar Schwefel zu übernehmen und für 300,000 Cantar eine Entschädigung von 4 Carlin zu geben. Jeder Cantar kommt ihr über 3 Ducati zu stehen. Der ihr bewilligte Verkaufspreis muß also gegen 4 Ducati betragen.

"Gleich auf das erste Gerücht, daß die Regierung in der Schwefelangelegenheit eine Abhülfe getroffen habe, gingen vom Januar bis Ende Mai zu allmählich steigendem Preise mehr als 500,000 Cantar Schwefel aus Sicilien, und im Junius und Julius stieg die Ausfuhr zu der ganz unerhörten Höhe von 600,000 Cantar, woraus (wie die Schutzschrift versichert) Sicilien ein Gewinn von fast zwei Millionen Ducati erwuchs.

"Kann man, nachdem die Schutzschrift selbst wiederholt versichert hat, der Schwefelverbrauch in Europa erleide fast gar keine Schwankungen, und nachdem man den durchschnittlichen Absatz des ganzen Jahres auf 600,000 Cantar angeschlagen hat, das plötzliche Herzuströmen der Käufer, durch welches innerhalb sieben Monaten der Absatz eines gewöhnlichen ganzen Jahres beinahe auf das Doppelte gesteigert ward, anders erklären, als aus der Besorgniß der Abnehmer, die Waare, sobald die neue Maaßregel ins Leben träte, theurer bezahlen zu müssen, und aus dem Wunsche, sich bei guter Zeit mit einer langausreichenden Quantität des Schwefels, der ja nach der Angabe der officiellen Schrift durch Auflagern nicht verdirbt, zu versorgen. Daß dieser Schwefel nicht von der Compagnie, sondern noch von den Besitzern selbst und andern Speculanten verkauft worden sey, scheint auch die Angabe des Gewinns zu beweisen, da nach dem Verkaufspreise der Compagnie 1,100,000 Cantar über vier Millionen Ducati einbringen müßten; die angeblichen zwei Millionen aber auf einen Verkaufspreis unter zwei Ducati pro Cantar im Durchschnitt, also wie gewöhnlich in guten Jahren zwischen 16 und 20 Carlin schließen lassen, oder die officielle Schrift müßte dann die zwei Millionen Ducati nur auf die im Junius und Julius ausgeführten 600,000 Cantar beziehen, welche Annahme zu den contractmäßigen Zahlungen der Compagnie von 1,666,000 Ducati für 600,000 Cantar einigermaßen stimmen würde. Alsdann sind aber immer 500,000 Cantar in demselben Jahre schon vorher abgesetzt gewesen, und die nothwendige Folge davon hat eine Stockung des Handels für den Rest des Jahres und das folgende Jahr 1839 seyn müssen.

"Es wird hiedurch die Behauptung, welche wir schon in Neapel von allen Seiten aufstellen hörten, bestätigt, daß die Compagnie sich arg verrechnet habe und bei ihrem Contract nicht bestehen könne. Möglich, daß mit dem Verlauf der Zeit diese ersten Scharten sich auswetzen lassen! Inzwischen sollte man denken, daß der Nachtheil ganz allein auf Seite der Compagnie, daß hingegen die Minenbesitzer durch die Gewißheit eines regelmäßig unter ihnen vertheilten Absatzes zu bestimmtem Preise und durch die Aussicht auf Verbesserung der Wege zufriedengestellt, das gesammte Volk aber durch die den Armen gewordene Unterstützung, und besonders durch die Herabsetzung der Getreideabgabe ganz zu Gunsten der Maaßregel gewonnen seyn müßte. Im Widerspruch hiermit stoßen wir überall auf heftige Klagen, scharfen Tadel, tiefe Entrüstung und allgemeine Erbitterung. Sehr natürlich! Mit dem Wegebau ist, wie es heißt, noch kein Anfang gemacht worden; von der Verringerung der Auflagen will man nirgends etwas gespürt haben; über die Verwendung der für die Armen, und insonderheit für die sicilischen Armen bestimmten Summe ist wenigstens nicht öffentliche Rechenschaft gegeben worden; und, was das Allerschlimmste ist, die Compagnie hat die durch den Contract erforderte Quantität Schwefel in diesem Jahre nicht genommen. Die Ursache hiervon erklärt sich aus den obigen Berechnungen; die Möglichkeit, welche anderwärts ein Räthsel seyn würde, hat an dem Zustande des Landes, wie ich in meinen frühern Briefen ihn schon vielfältig geschildert habe, ihren Commentar. Den Vorwand soll die gerichtliche Abschätzung gegeben haben. Die Gesellschaft erklärte, daß sie mit dem Entgegennehmen des Schwefels warten müßte, bis festgesetzt wäre, wie viel sie von jedem Eigenthümer zu verlangen habe. Verzögerung von Taxationen wird vielleicht nirgends zu den schwierigsten Kunststücken gehören, gewiß am wenigsten im Königreich beider Sicilien, wo die Göttin Käuflichkeit mit ihrer Wage und nicht blind, vielmehr mit allen Argusaugen auf dem Throne sitzt.

"Da nun durch den ungeheuern Absatz in dem ersten Monat des verflossenen Jahres die Betriebsamkeit in den Werken und Oefen außerordentlich zugenommen hatte und dann plötzlich aller Absatz aufhörte, während der Eifer der Production fortdauerte, so sahen viele Besitzer sich außer Stand, ihre Arbeiter zu bezahlen. Die Arbeiter, unversehens brodlos geworden und ohne Aussicht auf andern Erwerb, zerstreuten sich im Lande und suchten ihr Leben mit Wegelagerung, Kinderraub, in

rivularis, welche außerdem die Kieselpanzer von 15 Arten von Infusorien enthielten. Auch der irischen Akademie ward erst neuerdings eine ähnliche Substanz aus Irland und eine andere von Herschel überschickt, welche am Ausfluß eines Stromes im südlichen Afrika gefunden worden war, übrigens von einer andern Conferven-Art herrührt.

Außerdem theilte A. v. Humboldt die fernern Untersuchungen von Ehrenberg über die korallenförmigen Polythalamien (Bryozoa) und Infusorien mit, welche in gewissen Kreideschichten bis zu 19/20 der Masse bilden.

Von mehr als 15 Species dieser Thiere sind bereits die identischen Exemplare lebend in der Ost- und Nordsee aufgefunden worden.

Flourens las den zweiten Theil seiner Abhandlung über die eigenthümliche rothe Färbung der Knochen und Zähne an Säugthieren, welche man mit Färberröthe nährt. Dieser merkwürdige Vorgang gab ihm manche wichtige Thatsachen für die Knochenbildung zu gewinnen. Außer der ungemein schnellen Färbung der Knochen (bei einem jungen Schwein z. B. schon nach 24 Stunden) geht aus der abwechselnden rothen und weißen Färbung der Knochen nach dem jedesmaligen Nahrungswechsel deutlich hervor, daß bei den Knochen eine stete Ablagerung neuer Schichten auf der Außenfläche und eine stete Aufsaugung gegen die Markhöhle hin statt finde, während bei den Zähnen der Proceß gerade umgekehrt ist; denn bei diesen bemerkt man eine stete Aufsaugung an der Außenfläche und eine stete Ablagerung neuer Schichten nach innen zu.

Rognette richtete an die Akademie ein Schreiben, worin er von seiner Behandlungsweise der Arsenikvergifteten Rechenschaft gibt. Eine Mischung von Weingeist mit Fleischbrühe, 15 bis 30 Grammen auf einen Gran Arsenik hält er für sicheres Gegengift, wenigstens seinen Versuchen an Thieren nach, wovon er acht unter zehn auf solche Weise gerettet hat.

Das Schwefelmonopol in Sicilien.

(Beschluß.)

„Um begreiflich zu machen, wie eine, für sich betrachtet, den Bedürfnissen so sehr entsprechende Maaßregel so viel Unheil anrichten konnte, als wirklich geschehen ist, wird vor Allem nöthig seyn, die allgemeinen Verhältnisse des durch den Contract herbeigeführten Standes des Schwefelhandels in bestimmte Zahlen zu fassen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, jährlich 600,000 Cantar Schwefel zu übernehmen und für 300,000 Cantar eine Entschädigung von 4 Carlin zu geben. Jeder Cantar kommt ihr über 3 Ducati zu stehen. Der ihr bewilligte Verkaufspreis muß also gegen 4 Ducati betragen.

„Gleich auf das erste Gerücht, daß die Regierung in der Schwefelangelegenheit eine Abhülfe getroffen habe, gingen vom Januar bis Ende Mai zu allmählich steigendem Preise mehr als 500,000 Cantar Schwefel aus Sicilien, und im Junius und Julius stieg die Ausfuhr zu der ganz unerhörten Höhe von 600,000 Cantar, woraus (wie die Schutzschrift versichert) Sicilien ein Gewinn von fast zwei Millionen Ducati erwuchs.

„Kann man, nachdem die Schutzschrift selbst wiederholt versichert hat, der Schwefelverbrauch in Europa erleide fast gar keine Schwankungen, und nachdem man den durchschnittlichen Absatz des ganzen Jahres auf 600,000 Cantar angeschlagen hat, das plötzliche Herzuströmen der Käufer, durch welches innerhalb sieben Monaten der Absatz eines gewöhnlichen ganzen Jahres beinahe auf das Doppelte gesteigert ward, anders erklären, als aus der Besorgniß der Abnehmer, die Waare, sobald die neue Maaßregel ins Leben träte, theurer bezahlen zu müssen, und aus dem Wunsche, sich bei guter Zeit mit einer langausreichenden Quantität des Schwefels, der ja nach der Angabe der officiellen Schrift durch Auflagern nicht verdirbt, zu versorgen. Daß dieser Schwefel nicht von der Compagnie, sondern noch von den Besitzern selbst und andern Speculanten verkauft worden sey, scheint auch die Angabe des Gewinns zu beweisen, da nach dem Verkaufspreise der Compagnie 1,100,000 Cantar über vier Millionen Ducati einbringen müßten; die angeblichen zwei Millionen aber auf einen Verkaufspreis unter zwei Ducati pro Cantar im Durchschnitt, also wie gewöhnlich in guten Jahren zwischen 16 und 20 Carlin schließen lassen, oder die officielle Schrift müßte dann die zwei Millionen Ducati nur auf die im Junius und Julius ausgeführten 600,000 Cantar beziehen, welche Annahme zu den contractmäßigen Zahlungen der Compagnie von 1,666,000 Ducati für 600,000 Cantar einigermaßen stimmen würde. Alsdann sind aber immer 500,000 Cantar in demselben Jahre schon vorher abgesetzt gewesen, und die nothwendige Folge davon hat eine Stockung des Handels für den Rest des Jahres und das folgende Jahr 1839 seyn müssen.

„Es wird hiedurch die Behauptung, welche wir schon in Neapel von allen Seiten aufstellen hörten, bestätigt, daß die Compagnie sich arg verrechnet habe und bei ihrem Contract nicht bestehen könne. Möglich, daß mit dem Verlauf der Zeit diese ersten Scharten sich auswetzen lassen! Inzwischen sollte man denken, daß der Nachtheil ganz allein auf Seite der Compagnie, daß hingegen die Minenbesitzer durch die Gewißheit eines regelmäßig unter ihnen vertheilten Absatzes zu bestimmtem Preise und durch die Aussicht auf Verbesserung der Wege zufriedengestellt, das gesammte Volk aber durch die den Armen gewordene Unterstützung, und besonders durch die Herabsetzung der Getreideabgabe ganz zu Gunsten der Maaßregel gewonnen seyn müßte. Im Widerspruch hiermit stoßen wir überall auf heftige Klagen, scharfen Tadel, tiefe Entrüstung und allgemeine Erbitterung. Sehr natürlich! Mit dem Wegebau ist, wie es heißt, noch kein Anfang gemacht worden; von der Verringerung der Auflagen will man nirgends etwas gespürt haben; über die Verwendung der für die Armen, und insonderheit für die sicilischen Armen bestimmten Summe ist wenigstens nicht öffentliche Rechenschaft gegeben worden; und, was das Allerschlimmste ist, die Compagnie hat die durch den Contract erforderte Quantität Schwefel in diesem Jahre nicht genommen. Die Ursache hiervon erklärt sich aus den obigen Berechnungen; die Möglichkeit, welche anderwärts ein Räthsel seyn würde, hat an dem Zustande des Landes, wie ich in meinen frühern Briefen ihn schon vielfältig geschildert habe, ihren Commentar. Den Vorwand soll die gerichtliche Abschätzung gegeben haben. Die Gesellschaft erklärte, daß sie mit dem Entgegennehmen des Schwefels warten müßte, bis festgesetzt wäre, wie viel sie von jedem Eigenthümer zu verlangen habe. Verzögerung von Taxationen wird vielleicht nirgends zu den schwierigsten Kunststücken gehören, gewiß am wenigsten im Königreich beider Sicilien, wo die Göttin Käuflichkeit mit ihrer Wage und nicht blind, vielmehr mit allen Argusaugen auf dem Throne sitzt.

„Da nun durch den ungeheuern Absatz in dem ersten Monat des verflossenen Jahres die Betriebsamkeit in den Werken und Oefen außerordentlich zugenommen hatte und dann plötzlich aller Absatz aufhörte, während der Eifer der Production fortdauerte, so sahen viele Besitzer sich außer Stand, ihre Arbeiter zu bezahlen. Die Arbeiter, unversehens brodlos geworden und ohne Aussicht auf andern Erwerb, zerstreuten sich im Lande und suchten ihr Leben mit Wegelagerung, Kinderraub, in

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[0802/0010] rivularis, welche außerdem die Kieselpanzer von 15 Arten von Infusorien enthielten. Auch der irischen Akademie ward erst neuerdings eine ähnliche Substanz aus Irland und eine andere von Herschel überschickt, welche am Ausfluß eines Stromes im südlichen Afrika gefunden worden war, übrigens von einer andern Conferven-Art herrührt. Außerdem theilte A. v. Humboldt die fernern Untersuchungen von Ehrenberg über die korallenförmigen Polythalamien (Bryozoa) und Infusorien mit, welche in gewissen Kreideschichten bis zu 19/20 der Masse bilden. Von mehr als 15 Species dieser Thiere sind bereits die identischen Exemplare lebend in der Ost- und Nordsee aufgefunden worden. Flourens las den zweiten Theil seiner Abhandlung über die eigenthümliche rothe Färbung der Knochen und Zähne an Säugthieren, welche man mit Färberröthe nährt. Dieser merkwürdige Vorgang gab ihm manche wichtige Thatsachen für die Knochenbildung zu gewinnen. Außer der ungemein schnellen Färbung der Knochen (bei einem jungen Schwein z. B. schon nach 24 Stunden) geht aus der abwechselnden rothen und weißen Färbung der Knochen nach dem jedesmaligen Nahrungswechsel deutlich hervor, daß bei den Knochen eine stete Ablagerung neuer Schichten auf der Außenfläche und eine stete Aufsaugung gegen die Markhöhle hin statt finde, während bei den Zähnen der Proceß gerade umgekehrt ist; denn bei diesen bemerkt man eine stete Aufsaugung an der Außenfläche und eine stete Ablagerung neuer Schichten nach innen zu. Rognette richtete an die Akademie ein Schreiben, worin er von seiner Behandlungsweise der Arsenikvergifteten Rechenschaft gibt. Eine Mischung von Weingeist mit Fleischbrühe, 15 bis 30 Grammen auf einen Gran Arsenik hält er für sicheres Gegengift, wenigstens seinen Versuchen an Thieren nach, wovon er acht unter zehn auf solche Weise gerettet hat. Das Schwefelmonopol in Sicilien. (Beschluß.) „Um begreiflich zu machen, wie eine, für sich betrachtet, den Bedürfnissen so sehr entsprechende Maaßregel so viel Unheil anrichten konnte, als wirklich geschehen ist, wird vor Allem nöthig seyn, die allgemeinen Verhältnisse des durch den Contract herbeigeführten Standes des Schwefelhandels in bestimmte Zahlen zu fassen. Die Gesellschaft ist verpflichtet, jährlich 600,000 Cantar Schwefel zu übernehmen und für 300,000 Cantar eine Entschädigung von 4 Carlin zu geben. Jeder Cantar kommt ihr über 3 Ducati zu stehen. Der ihr bewilligte Verkaufspreis muß also gegen 4 Ducati betragen. „Gleich auf das erste Gerücht, daß die Regierung in der Schwefelangelegenheit eine Abhülfe getroffen habe, gingen vom Januar bis Ende Mai zu allmählich steigendem Preise mehr als 500,000 Cantar Schwefel aus Sicilien, und im Junius und Julius stieg die Ausfuhr zu der ganz unerhörten Höhe von 600,000 Cantar, woraus (wie die Schutzschrift versichert) Sicilien ein Gewinn von fast zwei Millionen Ducati erwuchs. „Kann man, nachdem die Schutzschrift selbst wiederholt versichert hat, der Schwefelverbrauch in Europa erleide fast gar keine Schwankungen, und nachdem man den durchschnittlichen Absatz des ganzen Jahres auf 600,000 Cantar angeschlagen hat, das plötzliche Herzuströmen der Käufer, durch welches innerhalb sieben Monaten der Absatz eines gewöhnlichen ganzen Jahres beinahe auf das Doppelte gesteigert ward, anders erklären, als aus der Besorgniß der Abnehmer, die Waare, sobald die neue Maaßregel ins Leben träte, theurer bezahlen zu müssen, und aus dem Wunsche, sich bei guter Zeit mit einer langausreichenden Quantität des Schwefels, der ja nach der Angabe der officiellen Schrift durch Auflagern nicht verdirbt, zu versorgen. Daß dieser Schwefel nicht von der Compagnie, sondern noch von den Besitzern selbst und andern Speculanten verkauft worden sey, scheint auch die Angabe des Gewinns zu beweisen, da nach dem Verkaufspreise der Compagnie 1,100,000 Cantar über vier Millionen Ducati einbringen müßten; die angeblichen zwei Millionen aber auf einen Verkaufspreis unter zwei Ducati pro Cantar im Durchschnitt, also wie gewöhnlich in guten Jahren zwischen 16 und 20 Carlin schließen lassen, oder die officielle Schrift müßte dann die zwei Millionen Ducati nur auf die im Junius und Julius ausgeführten 600,000 Cantar beziehen, welche Annahme zu den contractmäßigen Zahlungen der Compagnie von 1,666,000 Ducati für 600,000 Cantar einigermaßen stimmen würde. Alsdann sind aber immer 500,000 Cantar in demselben Jahre schon vorher abgesetzt gewesen, und die nothwendige Folge davon hat eine Stockung des Handels für den Rest des Jahres und das folgende Jahr 1839 seyn müssen. „Es wird hiedurch die Behauptung, welche wir schon in Neapel von allen Seiten aufstellen hörten, bestätigt, daß die Compagnie sich arg verrechnet habe und bei ihrem Contract nicht bestehen könne. Möglich, daß mit dem Verlauf der Zeit diese ersten Scharten sich auswetzen lassen! Inzwischen sollte man denken, daß der Nachtheil ganz allein auf Seite der Compagnie, daß hingegen die Minenbesitzer durch die Gewißheit eines regelmäßig unter ihnen vertheilten Absatzes zu bestimmtem Preise und durch die Aussicht auf Verbesserung der Wege zufriedengestellt, das gesammte Volk aber durch die den Armen gewordene Unterstützung, und besonders durch die Herabsetzung der Getreideabgabe ganz zu Gunsten der Maaßregel gewonnen seyn müßte. Im Widerspruch hiermit stoßen wir überall auf heftige Klagen, scharfen Tadel, tiefe Entrüstung und allgemeine Erbitterung. Sehr natürlich! Mit dem Wegebau ist, wie es heißt, noch kein Anfang gemacht worden; von der Verringerung der Auflagen will man nirgends etwas gespürt haben; über die Verwendung der für die Armen, und insonderheit für die sicilischen Armen bestimmten Summe ist wenigstens nicht öffentliche Rechenschaft gegeben worden; und, was das Allerschlimmste ist, die Compagnie hat die durch den Contract erforderte Quantität Schwefel in diesem Jahre nicht genommen. Die Ursache hiervon erklärt sich aus den obigen Berechnungen; die Möglichkeit, welche anderwärts ein Räthsel seyn würde, hat an dem Zustande des Landes, wie ich in meinen frühern Briefen ihn schon vielfältig geschildert habe, ihren Commentar. Den Vorwand soll die gerichtliche Abschätzung gegeben haben. Die Gesellschaft erklärte, daß sie mit dem Entgegennehmen des Schwefels warten müßte, bis festgesetzt wäre, wie viel sie von jedem Eigenthümer zu verlangen habe. Verzögerung von Taxationen wird vielleicht nirgends zu den schwierigsten Kunststücken gehören, gewiß am wenigsten im Königreich beider Sicilien, wo die Göttin Käuflichkeit mit ihrer Wage und nicht blind, vielmehr mit allen Argusaugen auf dem Throne sitzt. „Da nun durch den ungeheuern Absatz in dem ersten Monat des verflossenen Jahres die Betriebsamkeit in den Werken und Oefen außerordentlich zugenommen hatte und dann plötzlich aller Absatz aufhörte, während der Eifer der Production fortdauerte, so sahen viele Besitzer sich außer Stand, ihre Arbeiter zu bezahlen. Die Arbeiter, unversehens brodlos geworden und ohne Aussicht auf andern Erwerb, zerstreuten sich im Lande und suchten ihr Leben mit Wegelagerung, Kinderraub, in

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 101. Augsburg, 10. April 1840, S. 0802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_101_18400410/10>, abgerufen am 27.04.2024.