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Allgemeine Zeitung. Nr. 83. Augsburg, 23. März 1840.

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Vicekönig hintertreiben will, in eine Schlinge zu locken sucht. Ich hoffe aber, ihr werdet so verderblichem Rath nicht folgen." Hierauf soll der französische Botschafter die gestern erwähnte Drohung ausgesprochen haben, im Fall des bewaffneten Einschreitens einer europäischen Macht seine Pässe zu verlangen. Auf Reschid Pascha habe diese Erklärung bedeutenden Eindruck gemacht. - Der Schluß des obigen Schreibens lautet: "Thatsache ist, daß bis heute noch kein Vertrag unterzeichnet worden. Jedoch behauptet man, Rußland habe der Pforte 30,000 Mann angeboten, welche mit der türkischen Armee gemeinschaftlich operiren sollten und fügt sogar bei, Lord Ponsonby unterstütze das Erbieten der russischen Regierung; es klingt dieß aber ganz unwahrscheinlich."

Meine früher ausgesprochene Vermuthung, daß die Angelegenheiten des griechischen Patriarchen sich in die Länge ziehen werden, hat sich nicht bestätigt. Der Patriarch ist bereits abgesetzt, und die griechischen Metropoliten der Provinzen werden alsbald zu einer neuen Wahl schreiten. Man glaubt, daß die Pforte dießmal einen größern Einfluß auf die Leitung des Wahlacts zu üben gesonnen sey, als es in frühern Zeiten der Fall war. In wie weit es ihr gelingen werde, kann nur der Erfolg beweisen. Die Wünsche der Pforte und jene Großbritanniens treffen in der Person des gegenwärtigen Metropoliten von Nicomedien zusammen. Es ist dabei nicht zu übersehen, daß die Sache in den letzten Jahrzehnten eine große politische Bedeutsamkeit durch die Einwirkung erlangt hat, die von einer großen Macht auf die Gemüther der Bevölkerungen von griechischer Religion angestrebt und zum Theil geübt wurde, bei welcher der Patriarch als der große Mittelsmann figurirte. Es wird diese Angelegenheit daher Alles in Bewegung setzen, und mit Spannung sieht man dem Ausgang eines kaum sichtbaren, aber nichtsdestoweniger heftigen Kampfes entgegen. Ich füge noch beiläufig hinzu, daß die Sache des abgesetzten Patriarchen anfangs nicht so schlecht stand, daß ihm indessen die Erlassung des letzten Hirtenbriefs an die Priesterschaft der jonischen Inseln, so wie der heftige Antheil, den die hiesigen Griechen an der Sache des Patriarchen nahmen, am meisten Schaden gebracht hat. - Das Project wegen der Errichtung einer Staatsnationalbank schreitet mit raschen Schritten vor. Die Emission des neuen Papiergeldes beginnt schon mit dem Eintritt des mohammedanischen Neujahrs! Fürwahr eine Maaßregel, die bei ihrer Wichtigkeit wohl verdient hätte, einer reifern Erwägung unterworfen zu werden. Das Papiergeld wird unter der Benennung von Bankbillets erscheinen und wie gesagt alsbald in Curs gesetzt werden.

Syrien und Aegypten.

Der Semaphore schreibt aus Beirut vom 21 Febr.: "Unter der christlichen Bevölkerung der Stadt Damascus herrsche große Aufregung über das Verschwinden des Paters Thomaso, Prior des spanischen Klosters, und seines Bedienten, welche wegen einer Impfung ins jüdische Quartier sich begeben hatten, und nicht mehr zurückgekehrt waren. Man fürchtete, daß beide heimlicherweise ermordet worden, und der Verdacht fiel auf die Juden, weßhalb Sheriff Pascha 64 Juden einkerkern ließ. Bis jetzt sind aber alle Versuche, eine Spur des Verbrechens zu entdecken, vergeblich gewesen."

Unsere Stadt war vor einigen Tagen in Allarm. Personen, die sich für gut unterrichtet ausgeben, behaupteten durch ihre europäischen Correspondenten zu wissen, daß die englisch-russische Allianz geschlossen sey, daß 25 bis 30,000 Russen, ehe ein Monat vergangen, am Taurus seyn würden, daß eine englische Flotte im Begriff sey, die Küsten Aegyptens und Syriens zu blokiren und zu versuchen, an einigen der wichtigsten Punkte Truppen auszuschiffen, um die Bevölkerung zum Aufstand zu bewegen. Einige türkische Schiffe, fügten jene Personen bei, würden den Engländern sich anschließen, während die osmanische Armee die russischen Truppen begleitete. Diese Gerüchte schienen durch den Umstand bestätigt, daß Lord Ponsonby in Konstantinopel das Gleiche versichert, und der hiesige englische Consul, Obrist Hodges (vielleicht scherzweise), gesagt hatte, er werde bald nach der Insel Rhodus abreisen. Mehrere europäische Familien zeigten die Absicht, das Land zu verlassen. Mehemed Ali ordnete seinerseits alle Vertheidigungsmaaßregeln an, weil das Ausbleiben neuerer Nachrichten aus Europa die Regierung in Dunkelheit gelassen hatte. Ohne den Gerüchten geradezu Glauben zu schenken, mußte Mehemed Ali sich auf jedes Ereigniß gefaßt machen. Die Nationalgarde von Alexandria versammelte sich, die Hafenbatterien wurden verstärkt, die Mannschaften beider Flotten in Landregimenter umgewandelt, und im Augenblick der Gefahr hätte man wahrscheinlich Osmanen und Aegyptier in den Regimentern unter einander gemischt. Hinsichtlich der Kriegsschiffe beschloß man, sie nicht dem Feuer der englischen Brandraketen auszusetzen, sondern sie zu entmasten, ihr Material ans Land zu schaffen, die abgetakelten Wraks dann auf einem sandigen Grund zu versenken, und sie wieder flott zu machen, sobald die Gefahr vorüber seyn würde. Die Eingänge des Hafens sollten durch das Versenken von einigen alten mit Steinen beladenen ägyptischen Transportschiffen versperrt werden. Alles sah wie am Vorabend eines Krieges aus. - Was uns betrifft, so gestehen wir, daß wir an einen Krieg nicht geglaubt haben würden, selbst wenn man uns den Vertrag mit Lord Palmerstons und Baron Brunnows Unterschrift vor die Augen gelegt hätte. - Endlich traf das englische Paketboot mit Depeschen für Ostindien ein, und brachte aus London Briefe und Journale bis zum 5 Febr. Kein Wort von dem wirklichen Abschluß einer englisch-russischen Allianz gegen Mehemed Ali. Indessen sucht man den Vicekönig zu neuen Concessionen zu bewegen, und wendet zu diesem Zweck bald Drohungen, bald Liebkosungen an. Mehemed Ali wird aber nicht weiter gehen. England hat unter allen Mächten am meisten Interesse, Aegypten zu schonen und es stark zu machen. Seit vielen Jahren ringt England in Konstantinopel, um die Pforte aus den Händen Rußlands zu reißen. Sein Bemühen war fruchtlos und wird fruchtlos bleiben, so lange England nicht das rechte Mittel anwendet. Dieses Mittel ist: die Pforte mächtig und unabhängig zu machen, nicht durch Hinzufügung einer Provinz, sondern durch eine Versöhnung Mehemed Ali's und des Sultans. England sollte Mehemed Ali aufmuntern, daß er der Regeneration des osmanischen Reiches seine ganze Sorge widme, wie er versprochen. Auf diese Weise würde England seinen Zweck erreichen, in kurzer Zeit, ohne Opfer und ohne gewaltsame Erschütterung.

Vicekönig hintertreiben will, in eine Schlinge zu locken sucht. Ich hoffe aber, ihr werdet so verderblichem Rath nicht folgen.“ Hierauf soll der französische Botschafter die gestern erwähnte Drohung ausgesprochen haben, im Fall des bewaffneten Einschreitens einer europäischen Macht seine Pässe zu verlangen. Auf Reschid Pascha habe diese Erklärung bedeutenden Eindruck gemacht. – Der Schluß des obigen Schreibens lautet: „Thatsache ist, daß bis heute noch kein Vertrag unterzeichnet worden. Jedoch behauptet man, Rußland habe der Pforte 30,000 Mann angeboten, welche mit der türkischen Armee gemeinschaftlich operiren sollten und fügt sogar bei, Lord Ponsonby unterstütze das Erbieten der russischen Regierung; es klingt dieß aber ganz unwahrscheinlich.“

Meine früher ausgesprochene Vermuthung, daß die Angelegenheiten des griechischen Patriarchen sich in die Länge ziehen werden, hat sich nicht bestätigt. Der Patriarch ist bereits abgesetzt, und die griechischen Metropoliten der Provinzen werden alsbald zu einer neuen Wahl schreiten. Man glaubt, daß die Pforte dießmal einen größern Einfluß auf die Leitung des Wahlacts zu üben gesonnen sey, als es in frühern Zeiten der Fall war. In wie weit es ihr gelingen werde, kann nur der Erfolg beweisen. Die Wünsche der Pforte und jene Großbritanniens treffen in der Person des gegenwärtigen Metropoliten von Nicomedien zusammen. Es ist dabei nicht zu übersehen, daß die Sache in den letzten Jahrzehnten eine große politische Bedeutsamkeit durch die Einwirkung erlangt hat, die von einer großen Macht auf die Gemüther der Bevölkerungen von griechischer Religion angestrebt und zum Theil geübt wurde, bei welcher der Patriarch als der große Mittelsmann figurirte. Es wird diese Angelegenheit daher Alles in Bewegung setzen, und mit Spannung sieht man dem Ausgang eines kaum sichtbaren, aber nichtsdestoweniger heftigen Kampfes entgegen. Ich füge noch beiläufig hinzu, daß die Sache des abgesetzten Patriarchen anfangs nicht so schlecht stand, daß ihm indessen die Erlassung des letzten Hirtenbriefs an die Priesterschaft der jonischen Inseln, so wie der heftige Antheil, den die hiesigen Griechen an der Sache des Patriarchen nahmen, am meisten Schaden gebracht hat. – Das Project wegen der Errichtung einer Staatsnationalbank schreitet mit raschen Schritten vor. Die Emission des neuen Papiergeldes beginnt schon mit dem Eintritt des mohammedanischen Neujahrs! Fürwahr eine Maaßregel, die bei ihrer Wichtigkeit wohl verdient hätte, einer reifern Erwägung unterworfen zu werden. Das Papiergeld wird unter der Benennung von Bankbillets erscheinen und wie gesagt alsbald in Curs gesetzt werden.

Syrien und Aegypten.

Der Sémaphore schreibt aus Beirut vom 21 Febr.: „Unter der christlichen Bevölkerung der Stadt Damascus herrsche große Aufregung über das Verschwinden des Paters Thomaso, Prior des spanischen Klosters, und seines Bedienten, welche wegen einer Impfung ins jüdische Quartier sich begeben hatten, und nicht mehr zurückgekehrt waren. Man fürchtete, daß beide heimlicherweise ermordet worden, und der Verdacht fiel auf die Juden, weßhalb Sheriff Pascha 64 Juden einkerkern ließ. Bis jetzt sind aber alle Versuche, eine Spur des Verbrechens zu entdecken, vergeblich gewesen.“

Unsere Stadt war vor einigen Tagen in Allarm. Personen, die sich für gut unterrichtet ausgeben, behaupteten durch ihre europäischen Correspondenten zu wissen, daß die englisch-russische Allianz geschlossen sey, daß 25 bis 30,000 Russen, ehe ein Monat vergangen, am Taurus seyn würden, daß eine englische Flotte im Begriff sey, die Küsten Aegyptens und Syriens zu blokiren und zu versuchen, an einigen der wichtigsten Punkte Truppen auszuschiffen, um die Bevölkerung zum Aufstand zu bewegen. Einige türkische Schiffe, fügten jene Personen bei, würden den Engländern sich anschließen, während die osmanische Armee die russischen Truppen begleitete. Diese Gerüchte schienen durch den Umstand bestätigt, daß Lord Ponsonby in Konstantinopel das Gleiche versichert, und der hiesige englische Consul, Obrist Hodges (vielleicht scherzweise), gesagt hatte, er werde bald nach der Insel Rhodus abreisen. Mehrere europäische Familien zeigten die Absicht, das Land zu verlassen. Mehemed Ali ordnete seinerseits alle Vertheidigungsmaaßregeln an, weil das Ausbleiben neuerer Nachrichten aus Europa die Regierung in Dunkelheit gelassen hatte. Ohne den Gerüchten geradezu Glauben zu schenken, mußte Mehemed Ali sich auf jedes Ereigniß gefaßt machen. Die Nationalgarde von Alexandria versammelte sich, die Hafenbatterien wurden verstärkt, die Mannschaften beider Flotten in Landregimenter umgewandelt, und im Augenblick der Gefahr hätte man wahrscheinlich Osmanen und Aegyptier in den Regimentern unter einander gemischt. Hinsichtlich der Kriegsschiffe beschloß man, sie nicht dem Feuer der englischen Brandraketen auszusetzen, sondern sie zu entmasten, ihr Material ans Land zu schaffen, die abgetakelten Wraks dann auf einem sandigen Grund zu versenken, und sie wieder flott zu machen, sobald die Gefahr vorüber seyn würde. Die Eingänge des Hafens sollten durch das Versenken von einigen alten mit Steinen beladenen ägyptischen Transportschiffen versperrt werden. Alles sah wie am Vorabend eines Krieges aus. – Was uns betrifft, so gestehen wir, daß wir an einen Krieg nicht geglaubt haben würden, selbst wenn man uns den Vertrag mit Lord Palmerstons und Baron Brunnows Unterschrift vor die Augen gelegt hätte. – Endlich traf das englische Paketboot mit Depeschen für Ostindien ein, und brachte aus London Briefe und Journale bis zum 5 Febr. Kein Wort von dem wirklichen Abschluß einer englisch-russischen Allianz gegen Mehemed Ali. Indessen sucht man den Vicekönig zu neuen Concessionen zu bewegen, und wendet zu diesem Zweck bald Drohungen, bald Liebkosungen an. Mehemed Ali wird aber nicht weiter gehen. England hat unter allen Mächten am meisten Interesse, Aegypten zu schonen und es stark zu machen. Seit vielen Jahren ringt England in Konstantinopel, um die Pforte aus den Händen Rußlands zu reißen. Sein Bemühen war fruchtlos und wird fruchtlos bleiben, so lange England nicht das rechte Mittel anwendet. Dieses Mittel ist: die Pforte mächtig und unabhängig zu machen, nicht durch Hinzufügung einer Provinz, sondern durch eine Versöhnung Mehemed Ali's und des Sultans. England sollte Mehemed Ali aufmuntern, daß er der Regeneration des osmanischen Reiches seine ganze Sorge widme, wie er versprochen. Auf diese Weise würde England seinen Zweck erreichen, in kurzer Zeit, ohne Opfer und ohne gewaltsame Erschütterung.

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[0664/0008] Vicekönig hintertreiben will, in eine Schlinge zu locken sucht. Ich hoffe aber, ihr werdet so verderblichem Rath nicht folgen.“ Hierauf soll der französische Botschafter die gestern erwähnte Drohung ausgesprochen haben, im Fall des bewaffneten Einschreitens einer europäischen Macht seine Pässe zu verlangen. Auf Reschid Pascha habe diese Erklärung bedeutenden Eindruck gemacht. – Der Schluß des obigen Schreibens lautet: „Thatsache ist, daß bis heute noch kein Vertrag unterzeichnet worden. Jedoch behauptet man, Rußland habe der Pforte 30,000 Mann angeboten, welche mit der türkischen Armee gemeinschaftlich operiren sollten und fügt sogar bei, Lord Ponsonby unterstütze das Erbieten der russischen Regierung; es klingt dieß aber ganz unwahrscheinlich.“ _ Konstantinopel, 4 März. Meine früher ausgesprochene Vermuthung, daß die Angelegenheiten des griechischen Patriarchen sich in die Länge ziehen werden, hat sich nicht bestätigt. Der Patriarch ist bereits abgesetzt, und die griechischen Metropoliten der Provinzen werden alsbald zu einer neuen Wahl schreiten. Man glaubt, daß die Pforte dießmal einen größern Einfluß auf die Leitung des Wahlacts zu üben gesonnen sey, als es in frühern Zeiten der Fall war. In wie weit es ihr gelingen werde, kann nur der Erfolg beweisen. Die Wünsche der Pforte und jene Großbritanniens treffen in der Person des gegenwärtigen Metropoliten von Nicomedien zusammen. Es ist dabei nicht zu übersehen, daß die Sache in den letzten Jahrzehnten eine große politische Bedeutsamkeit durch die Einwirkung erlangt hat, die von einer großen Macht auf die Gemüther der Bevölkerungen von griechischer Religion angestrebt und zum Theil geübt wurde, bei welcher der Patriarch als der große Mittelsmann figurirte. Es wird diese Angelegenheit daher Alles in Bewegung setzen, und mit Spannung sieht man dem Ausgang eines kaum sichtbaren, aber nichtsdestoweniger heftigen Kampfes entgegen. Ich füge noch beiläufig hinzu, daß die Sache des abgesetzten Patriarchen anfangs nicht so schlecht stand, daß ihm indessen die Erlassung des letzten Hirtenbriefs an die Priesterschaft der jonischen Inseln, so wie der heftige Antheil, den die hiesigen Griechen an der Sache des Patriarchen nahmen, am meisten Schaden gebracht hat. – Das Project wegen der Errichtung einer Staatsnationalbank schreitet mit raschen Schritten vor. Die Emission des neuen Papiergeldes beginnt schon mit dem Eintritt des mohammedanischen Neujahrs! Fürwahr eine Maaßregel, die bei ihrer Wichtigkeit wohl verdient hätte, einer reifern Erwägung unterworfen zu werden. Das Papiergeld wird unter der Benennung von Bankbillets erscheinen und wie gesagt alsbald in Curs gesetzt werden. Syrien und Aegypten. Der Sémaphore schreibt aus Beirut vom 21 Febr.: „Unter der christlichen Bevölkerung der Stadt Damascus herrsche große Aufregung über das Verschwinden des Paters Thomaso, Prior des spanischen Klosters, und seines Bedienten, welche wegen einer Impfung ins jüdische Quartier sich begeben hatten, und nicht mehr zurückgekehrt waren. Man fürchtete, daß beide heimlicherweise ermordet worden, und der Verdacht fiel auf die Juden, weßhalb Sheriff Pascha 64 Juden einkerkern ließ. Bis jetzt sind aber alle Versuche, eine Spur des Verbrechens zu entdecken, vergeblich gewesen.“ _ Alexandria, 23 Febr. Unsere Stadt war vor einigen Tagen in Allarm. Personen, die sich für gut unterrichtet ausgeben, behaupteten durch ihre europäischen Correspondenten zu wissen, daß die englisch-russische Allianz geschlossen sey, daß 25 bis 30,000 Russen, ehe ein Monat vergangen, am Taurus seyn würden, daß eine englische Flotte im Begriff sey, die Küsten Aegyptens und Syriens zu blokiren und zu versuchen, an einigen der wichtigsten Punkte Truppen auszuschiffen, um die Bevölkerung zum Aufstand zu bewegen. Einige türkische Schiffe, fügten jene Personen bei, würden den Engländern sich anschließen, während die osmanische Armee die russischen Truppen begleitete. Diese Gerüchte schienen durch den Umstand bestätigt, daß Lord Ponsonby in Konstantinopel das Gleiche versichert, und der hiesige englische Consul, Obrist Hodges (vielleicht scherzweise), gesagt hatte, er werde bald nach der Insel Rhodus abreisen. Mehrere europäische Familien zeigten die Absicht, das Land zu verlassen. Mehemed Ali ordnete seinerseits alle Vertheidigungsmaaßregeln an, weil das Ausbleiben neuerer Nachrichten aus Europa die Regierung in Dunkelheit gelassen hatte. Ohne den Gerüchten geradezu Glauben zu schenken, mußte Mehemed Ali sich auf jedes Ereigniß gefaßt machen. Die Nationalgarde von Alexandria versammelte sich, die Hafenbatterien wurden verstärkt, die Mannschaften beider Flotten in Landregimenter umgewandelt, und im Augenblick der Gefahr hätte man wahrscheinlich Osmanen und Aegyptier in den Regimentern unter einander gemischt. Hinsichtlich der Kriegsschiffe beschloß man, sie nicht dem Feuer der englischen Brandraketen auszusetzen, sondern sie zu entmasten, ihr Material ans Land zu schaffen, die abgetakelten Wraks dann auf einem sandigen Grund zu versenken, und sie wieder flott zu machen, sobald die Gefahr vorüber seyn würde. Die Eingänge des Hafens sollten durch das Versenken von einigen alten mit Steinen beladenen ägyptischen Transportschiffen versperrt werden. Alles sah wie am Vorabend eines Krieges aus. – Was uns betrifft, so gestehen wir, daß wir an einen Krieg nicht geglaubt haben würden, selbst wenn man uns den Vertrag mit Lord Palmerstons und Baron Brunnows Unterschrift vor die Augen gelegt hätte. – Endlich traf das englische Paketboot mit Depeschen für Ostindien ein, und brachte aus London Briefe und Journale bis zum 5 Febr. Kein Wort von dem wirklichen Abschluß einer englisch-russischen Allianz gegen Mehemed Ali. Indessen sucht man den Vicekönig zu neuen Concessionen zu bewegen, und wendet zu diesem Zweck bald Drohungen, bald Liebkosungen an. Mehemed Ali wird aber nicht weiter gehen. England hat unter allen Mächten am meisten Interesse, Aegypten zu schonen und es stark zu machen. Seit vielen Jahren ringt England in Konstantinopel, um die Pforte aus den Händen Rußlands zu reißen. Sein Bemühen war fruchtlos und wird fruchtlos bleiben, so lange England nicht das rechte Mittel anwendet. Dieses Mittel ist: die Pforte mächtig und unabhängig zu machen, nicht durch Hinzufügung einer Provinz, sondern durch eine Versöhnung Mehemed Ali's und des Sultans. England sollte Mehemed Ali aufmuntern, daß er der Regeneration des osmanischen Reiches seine ganze Sorge widme, wie er versprochen. Auf diese Weise würde England seinen Zweck erreichen, in kurzer Zeit, ohne Opfer und ohne gewaltsame Erschütterung.

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 83. Augsburg, 23. März 1840, S. 0664. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_083_18400323/8>, abgerufen am 24.11.2024.