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Allgemeine Zeitung. Nr. 82. Augsburg, 22. März 1840.

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Dampfprügelmaschine, wie man sie ihm schon vorgeschlagen, aus England kommen lassen müssen, mit der man in einer Minute tausend Menschen abprügeln kann. Sie werden fragen, warum so viel Prügel? Weil man in diesen schweren Zeiten so viel Geld zusammen bringen will, als nur immer möglich. Das schon längst bezahlte vergangene Jahr muß noch einmal bezahlt, und zugleich das laufende anticipirt werden, wobei vorauszusetzen ist, daß wenn das letztere vorbei ist, das Gouvernement den Vorschuß wahrscheinlich vergessen haben, und ihn noch einmal verlangen wird. Um sich aber nicht den ganzen wilden Haß des Fellahs aufzuladen, ist das Gouvernement so gescheidt, die Stockprügel im Namen der vier verbündeten Mächte auszutheilen, so daß sich auf diese alle Verwünschungen entladen. "Die Franken, die Christen sind es, die uns bedrohen, und uns alle zu Ungläubigen machen wollen, unser Vater Mehemed Ali will uns aber vertheidigen und den Islam retten, daher muß ein Jeder so viel Geld hergeben, als er nur irgend kann, und wer das nicht will, der ist kein ächter Moslem, er verdient also wenigstens eine tüchtige Tracht Schläge." So ist das Raisonnement, gegen das gar nichts einzuwenden ist, und das die Geprügelten wie die Nichtgeprügelten mit dem wüthendsten Haß gegen uns erfüllt. Das Traurigste bei der Sache ist, daß ihm eine gewisse Wahrheit zum Grunde liegt, denn hätte sich nicht die Diplomatie mit ihren endlosen Noten und Schreibereien in den orientalischen Hader gemischt, und hätte sie diese Einmischung nicht bis zu Drohungen, die doch niemals ausgeführt werden, getrieben, so würde Mehemed Ali auch keine solche kostspieligen Rüstungen gemacht, dem Fellah nicht das letzte Hemd vom Leib gezogen, und überhaupt nichts unternommen haben, was den Ruin des Landes auf solche gewaltthätige Art beschleunigen muß. Aber auf diesem von der Natur so gesegneten Lande ruht ein schweres Verhängniß: es muß ihm Alles zum Verderben gedeihen. Freunde wie Feinde wühlen in seinen Eingeweiden und können es, wie viel Mühe sie sich auch geben, doch nicht erschöpfen. Aus Arabien werden Truppen, man sagt fünf Regimenter, zurückgezogen, und statt ihrer aufgefangene Neger des Kordofan dorthin geschickt. Dort haben die Gasuas (Sklavenjagden) nicht aufgehört, im Gegentheil haben sie wieder stärker angefangen als je, was auch der niemals bezweifeln konnte, der nur im entferntesten den Charakter des hiesigen Gouvernements kennt. - Aus Syrien wenig Neues. Es sind einige Regimenter in Jerusalem und dessen Umgebung bis Naplus und den Jordan hin vertheilt worden, auch Jaffa hat Truppen erhalten, und wird wahrscheinlich jetzt befestigt werden, da man dort eine Landung befürchtet, die, wenn sie gelänge, von der entscheidendsten Wichtigkeit werden müßte. Ein Marsch von dort theils auf Jerusalem theils auf Naplus müßte Ibrahim in die Lage setzen eine Schlacht zu suchen, was eine feindliche Occupationsarmee nur wünschen dürfte. Thäte das Ibrahim nicht, so wäre Syrien von Aegypten getrennt, die gegenseitige Hülfe könnte nicht mehr geleistet werden, und die christlichen Stämme würden bald in hellen Aufruhr ausbrechen. In einem Monat werden wir wohl über die Intentionen der europäischen Mächte aufgeklärt seyn.

Dampfprügelmaschine, wie man sie ihm schon vorgeschlagen, aus England kommen lassen müssen, mit der man in einer Minute tausend Menschen abprügeln kann. Sie werden fragen, warum so viel Prügel? Weil man in diesen schweren Zeiten so viel Geld zusammen bringen will, als nur immer möglich. Das schon längst bezahlte vergangene Jahr muß noch einmal bezahlt, und zugleich das laufende anticipirt werden, wobei vorauszusetzen ist, daß wenn das letztere vorbei ist, das Gouvernement den Vorschuß wahrscheinlich vergessen haben, und ihn noch einmal verlangen wird. Um sich aber nicht den ganzen wilden Haß des Fellahs aufzuladen, ist das Gouvernement so gescheidt, die Stockprügel im Namen der vier verbündeten Mächte auszutheilen, so daß sich auf diese alle Verwünschungen entladen. „Die Franken, die Christen sind es, die uns bedrohen, und uns alle zu Ungläubigen machen wollen, unser Vater Mehemed Ali will uns aber vertheidigen und den Islam retten, daher muß ein Jeder so viel Geld hergeben, als er nur irgend kann, und wer das nicht will, der ist kein ächter Moslem, er verdient also wenigstens eine tüchtige Tracht Schläge.“ So ist das Raisonnement, gegen das gar nichts einzuwenden ist, und das die Geprügelten wie die Nichtgeprügelten mit dem wüthendsten Haß gegen uns erfüllt. Das Traurigste bei der Sache ist, daß ihm eine gewisse Wahrheit zum Grunde liegt, denn hätte sich nicht die Diplomatie mit ihren endlosen Noten und Schreibereien in den orientalischen Hader gemischt, und hätte sie diese Einmischung nicht bis zu Drohungen, die doch niemals ausgeführt werden, getrieben, so würde Mehemed Ali auch keine solche kostspieligen Rüstungen gemacht, dem Fellah nicht das letzte Hemd vom Leib gezogen, und überhaupt nichts unternommen haben, was den Ruin des Landes auf solche gewaltthätige Art beschleunigen muß. Aber auf diesem von der Natur so gesegneten Lande ruht ein schweres Verhängniß: es muß ihm Alles zum Verderben gedeihen. Freunde wie Feinde wühlen in seinen Eingeweiden und können es, wie viel Mühe sie sich auch geben, doch nicht erschöpfen. Aus Arabien werden Truppen, man sagt fünf Regimenter, zurückgezogen, und statt ihrer aufgefangene Neger des Kordofan dorthin geschickt. Dort haben die Gasuas (Sklavenjagden) nicht aufgehört, im Gegentheil haben sie wieder stärker angefangen als je, was auch der niemals bezweifeln konnte, der nur im entferntesten den Charakter des hiesigen Gouvernements kennt. – Aus Syrien wenig Neues. Es sind einige Regimenter in Jerusalem und dessen Umgebung bis Naplus und den Jordan hin vertheilt worden, auch Jaffa hat Truppen erhalten, und wird wahrscheinlich jetzt befestigt werden, da man dort eine Landung befürchtet, die, wenn sie gelänge, von der entscheidendsten Wichtigkeit werden müßte. Ein Marsch von dort theils auf Jerusalem theils auf Naplus müßte Ibrahim in die Lage setzen eine Schlacht zu suchen, was eine feindliche Occupationsarmee nur wünschen dürfte. Thäte das Ibrahim nicht, so wäre Syrien von Aegypten getrennt, die gegenseitige Hülfe könnte nicht mehr geleistet werden, und die christlichen Stämme würden bald in hellen Aufruhr ausbrechen. In einem Monat werden wir wohl über die Intentionen der europäischen Mächte aufgeklärt seyn.

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Dampfprügelmaschine, wie man sie ihm schon vorgeschlagen, aus England kommen lassen müssen, mit der man in einer Minute tausend Menschen abprügeln kann. Sie werden fragen, warum so viel Prügel? Weil man in diesen schweren Zeiten so viel Geld zusammen bringen will, als nur immer möglich. Das schon längst bezahlte vergangene Jahr muß noch einmal bezahlt, und zugleich das laufende anticipirt werden, wobei vorauszusetzen ist, daß wenn das letztere vorbei ist, das Gouvernement den Vorschuß wahrscheinlich vergessen haben, und ihn noch einmal verlangen wird. Um sich aber nicht den ganzen wilden Haß des Fellahs aufzuladen, ist das Gouvernement so gescheidt, die Stockprügel im Namen der vier verbündeten Mächte auszutheilen, so daß sich auf diese alle Verwünschungen entladen. &#x201E;Die Franken, die Christen sind es, die uns bedrohen, und uns alle zu Ungläubigen machen wollen, unser Vater Mehemed Ali will uns aber vertheidigen und den Islam retten, daher muß ein Jeder so viel Geld hergeben, als er nur irgend kann, und wer das nicht will, der ist kein ächter Moslem, er verdient also wenigstens eine tüchtige Tracht Schläge.&#x201C; So ist das Raisonnement, gegen das gar nichts einzuwenden ist, und das die Geprügelten wie die Nichtgeprügelten mit dem wüthendsten Haß gegen uns erfüllt. Das Traurigste bei der Sache ist, daß ihm eine gewisse Wahrheit zum Grunde liegt, denn hätte sich nicht die Diplomatie mit ihren endlosen Noten und Schreibereien in den orientalischen Hader gemischt, und hätte sie diese Einmischung nicht bis zu Drohungen, die doch niemals ausgeführt werden, getrieben, so würde Mehemed Ali auch keine solche kostspieligen Rüstungen gemacht, dem Fellah nicht das letzte Hemd vom Leib gezogen, und überhaupt nichts unternommen haben, was den Ruin des Landes auf solche gewaltthätige Art beschleunigen muß. Aber auf diesem von der Natur so gesegneten Lande ruht ein schweres Verhängniß: es muß ihm Alles zum Verderben gedeihen. Freunde wie Feinde wühlen in seinen Eingeweiden und können es, wie viel Mühe sie sich auch geben, doch nicht erschöpfen. Aus Arabien werden Truppen, man sagt fünf Regimenter, zurückgezogen, und statt ihrer aufgefangene Neger des Kordofan dorthin geschickt. Dort haben die Gasuas (Sklavenjagden) <hi rendition="#g">nicht</hi> aufgehört, im Gegentheil haben sie wieder stärker angefangen als je, was auch der niemals bezweifeln konnte, der nur im entferntesten den Charakter des hiesigen Gouvernements kennt. &#x2013; Aus Syrien wenig Neues. Es sind einige Regimenter in Jerusalem und dessen Umgebung bis Naplus und den Jordan hin vertheilt worden, auch Jaffa hat Truppen erhalten, und wird wahrscheinlich jetzt befestigt werden, da man dort eine Landung befürchtet, die, wenn sie gelänge, von der entscheidendsten Wichtigkeit werden müßte. Ein Marsch von dort theils auf Jerusalem theils auf Naplus müßte Ibrahim in die Lage setzen eine Schlacht zu suchen, was eine feindliche Occupationsarmee nur wünschen dürfte. Thäte das Ibrahim nicht, so wäre Syrien von Aegypten getrennt, die gegenseitige Hülfe könnte nicht mehr geleistet werden, und die christlichen Stämme würden bald in hellen Aufruhr ausbrechen. In einem Monat werden wir wohl über die Intentionen der europäischen Mächte aufgeklärt seyn.</p><lb/>
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[0656/0008] Dampfprügelmaschine, wie man sie ihm schon vorgeschlagen, aus England kommen lassen müssen, mit der man in einer Minute tausend Menschen abprügeln kann. Sie werden fragen, warum so viel Prügel? Weil man in diesen schweren Zeiten so viel Geld zusammen bringen will, als nur immer möglich. Das schon längst bezahlte vergangene Jahr muß noch einmal bezahlt, und zugleich das laufende anticipirt werden, wobei vorauszusetzen ist, daß wenn das letztere vorbei ist, das Gouvernement den Vorschuß wahrscheinlich vergessen haben, und ihn noch einmal verlangen wird. Um sich aber nicht den ganzen wilden Haß des Fellahs aufzuladen, ist das Gouvernement so gescheidt, die Stockprügel im Namen der vier verbündeten Mächte auszutheilen, so daß sich auf diese alle Verwünschungen entladen. „Die Franken, die Christen sind es, die uns bedrohen, und uns alle zu Ungläubigen machen wollen, unser Vater Mehemed Ali will uns aber vertheidigen und den Islam retten, daher muß ein Jeder so viel Geld hergeben, als er nur irgend kann, und wer das nicht will, der ist kein ächter Moslem, er verdient also wenigstens eine tüchtige Tracht Schläge.“ So ist das Raisonnement, gegen das gar nichts einzuwenden ist, und das die Geprügelten wie die Nichtgeprügelten mit dem wüthendsten Haß gegen uns erfüllt. Das Traurigste bei der Sache ist, daß ihm eine gewisse Wahrheit zum Grunde liegt, denn hätte sich nicht die Diplomatie mit ihren endlosen Noten und Schreibereien in den orientalischen Hader gemischt, und hätte sie diese Einmischung nicht bis zu Drohungen, die doch niemals ausgeführt werden, getrieben, so würde Mehemed Ali auch keine solche kostspieligen Rüstungen gemacht, dem Fellah nicht das letzte Hemd vom Leib gezogen, und überhaupt nichts unternommen haben, was den Ruin des Landes auf solche gewaltthätige Art beschleunigen muß. Aber auf diesem von der Natur so gesegneten Lande ruht ein schweres Verhängniß: es muß ihm Alles zum Verderben gedeihen. Freunde wie Feinde wühlen in seinen Eingeweiden und können es, wie viel Mühe sie sich auch geben, doch nicht erschöpfen. Aus Arabien werden Truppen, man sagt fünf Regimenter, zurückgezogen, und statt ihrer aufgefangene Neger des Kordofan dorthin geschickt. Dort haben die Gasuas (Sklavenjagden) nicht aufgehört, im Gegentheil haben sie wieder stärker angefangen als je, was auch der niemals bezweifeln konnte, der nur im entferntesten den Charakter des hiesigen Gouvernements kennt. – Aus Syrien wenig Neues. Es sind einige Regimenter in Jerusalem und dessen Umgebung bis Naplus und den Jordan hin vertheilt worden, auch Jaffa hat Truppen erhalten, und wird wahrscheinlich jetzt befestigt werden, da man dort eine Landung befürchtet, die, wenn sie gelänge, von der entscheidendsten Wichtigkeit werden müßte. Ein Marsch von dort theils auf Jerusalem theils auf Naplus müßte Ibrahim in die Lage setzen eine Schlacht zu suchen, was eine feindliche Occupationsarmee nur wünschen dürfte. Thäte das Ibrahim nicht, so wäre Syrien von Aegypten getrennt, die gegenseitige Hülfe könnte nicht mehr geleistet werden, und die christlichen Stämme würden bald in hellen Aufruhr ausbrechen. In einem Monat werden wir wohl über die Intentionen der europäischen Mächte aufgeklärt seyn.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 82. Augsburg, 22. März 1840, S. 0656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_082_18400322/8>, abgerufen am 24.11.2024.