Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 81. Augsburg, 21. März 1840.

Bild:
erste Seite

Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 81.
21 März 1840
Großbritannien.

Im Verfolg der Unterhaussitzung vom 13 März ging Lord J. Russells Bill zum Schutz der Drucker parlamentarischer Actenstücke, unter Verwerfung einiger Amendements, in allen ihren Hauptpunkten unverändert durch die Committee. In der Subsidiencommittee wurden dann die Einzelposten des Armeebudgets votirt, wobei Hr. Hume nachträglich allerlei zu häkeln fand, und bei dem Posten von 164,740 Pf. für Besoldung der Stabsofficiere unter Anderm tadelte, daß der Staat sechs Adjutanten der Königin zu bezahlen habe; sechs Kammerjungfern, meinte er, würden hier besser an ihrer Stelle seyn, wenn nicht auch für diesen "Etat" reichlich gesorgt wäre. Schließlich wurde die Aufruhrbill (mutiny bill) zum zweitenmal gelesen, welche alljährlich die formale Bedingung der Befugniß der Regierung zur Truppenanwerbung vorstellt.

Hrn. Baines' Bill, deren Verwerfung in der Unterhaussitzung vom 12 März gestern gemeldet wurde, wäre von nicht geringer Wichtigkeit für die kirchlichen Verhältnisse in England geworden. Seine Absicht war nämlich, die zur Zeit so dürftig dotirten niedern Pfarrstellen der Staatskirche auf wenigstens 200 Pf. St. jährlich aufzubessern. Zu diesem Ende schlug er vor, daß das Haus sich in eine Committee verwandle, um zu erwägen, ob es nicht angemessen sey, die "ersten Früchte (first fruits)," welche von den Einkünften der Kirche an die Krone entrichtet werden, ganz abzuschaffen, und dafür die von den geistlichen Pfründen ebenfalls an die Krone zu entrichtende Zehntenabgabe (tenths) so zu stellen, daß sie einen ausreichenderen Ertrag zu Gunsten der Dotirung des ärmeren Klerus liefere. Dieser Vorschlag wurde nun in der früheren Sitzung seinem Princip nach mit der Majorität von 21 Stimmen angenommen, und Hrn. Baines gestattet, eine Bill einzubringen, wornach "die ersten Früchte und Zehnten der Geistlichkeit, wie sie jetzt in England und Wales erhoben werden, mit dem nächsten Fälligkeitstermin aufhören und statt dessen eine jährliche Abgabe von einem Zehntel des wirklichen Ertrags aller Erzbisthümer, Bisthümer, Pfründen und sonstiger geistlichen Stellen, die mehr als 300 Pf. jährliche Einkünfte ertragen, zur Verbesserung des Einkommens der Unterpfarrer und Vicare, zum Bau und zur Reparatur von Kirchen und zu andern religiösen Zwecken verwendet werden sollte." Jene Zehntenabgabe ist von den Zehnten, welche vom Grundbesitz an die Kirche entrichtet werden, wohl zu unterscheiden. Die erstere wird tenth, die andere tithe genannt. Sie schreibt sich, so wie diese, und wie die Abgabe der ersten Früchte nicht minder, aus der Zeit her, da England noch katholisch war. Nach dem Vorbilde des hohen Priesters bei den Juden, dem die Leviten die Erstlinge von ihren Früchten und den zehnten Theil ihrer Jahreseinkünfte darzubringen hatten, bezog der Papst eine ähnliche Abgabe vom Klerus, und unter den ersten Früchten wurde der einjährige Ertrag von jeder geistlichen Stelle verstanden; der Inhaber einer solchen hatte also die Einkünfte des ersten Jahrs seiner Amtsführung und außerdem jährlich den zehnten Theil derselben an den Papst abzugeben. Als unter Heinrich VIII England die Reformation annahm, gingen jene Abgaben auf die Krone über, mit der Bestimmung, daß sie zum Besten der Kirche verwendet werden sollten; es wurden damals die Einkünfte aller geistlichen Stellen abgeschätzt, um nach dieser Taxirung die Abgabe zu erheben. Ein Gesetz aus der Regierungszeit der Königin Anna bestätigte die ursprüngliche Abschätzung und schuf aus den Abgaben der Geistlichkeit einen festen Fonds, der unter dem Namen "Stiftung der Königin Anna zum Besten des armen Clerus" unter ein besonderes Curatorium gestellt wurde. Dieses Gesetz der Königin Anna, behauptete nun Hr. Baines, habe bezweckt, daß die beiden Abgaben, die ersten Früchte und der Zehnten, stets nach dem wirklichen vollen Werthe der geistlichen Stellen erhoben werden sollten, und da seitdem die Einkünfte dieser Stellen sich bedeutend verändert haben, so wollte er durch seine Bill die Abgabe wieder in das richtige Verhältniß zur Einnahme bringen, dafür aber den einen Theil derselben, die ersten Früchte, den Geistlichen ganz erlassen. Um zu zeigen, wie wenig beide Abgaben jetzt noch dem ursprünglichen Sinne des Gesetzes entsprächen, legte er Tabellen vor. Die jährlichen Einkünfte des Bischofs von London z. B. betragen jetzt 13,929 Pf. St. (167,148 fl.), nach der Abschätzung zur Zeit Heinrichs VIII beliefen sie sich aber nur auf 901 Pf., und diese letztere Summe ist also der Betrag, den jeder neue Bischof von London bei seiner Installirung ein- für allemal als erste Frucht in den Fonds der Königin Anna zu zahlen hat, während er nach der Berechnung des Hrn. Baines


Augsburger Allgemeine Zeitung.
Mit allerhöchsten Privilegien.
Sonnabend
Nr. 81.
21 März 1840
Großbritannien.

Im Verfolg der Unterhaussitzung vom 13 März ging Lord J. Russells Bill zum Schutz der Drucker parlamentarischer Actenstücke, unter Verwerfung einiger Amendements, in allen ihren Hauptpunkten unverändert durch die Committee. In der Subsidiencommittee wurden dann die Einzelposten des Armeebudgets votirt, wobei Hr. Hume nachträglich allerlei zu häkeln fand, und bei dem Posten von 164,740 Pf. für Besoldung der Stabsofficiere unter Anderm tadelte, daß der Staat sechs Adjutanten der Königin zu bezahlen habe; sechs Kammerjungfern, meinte er, würden hier besser an ihrer Stelle seyn, wenn nicht auch für diesen „Etat“ reichlich gesorgt wäre. Schließlich wurde die Aufruhrbill (mutiny bill) zum zweitenmal gelesen, welche alljährlich die formale Bedingung der Befugniß der Regierung zur Truppenanwerbung vorstellt.

Hrn. Baines' Bill, deren Verwerfung in der Unterhaussitzung vom 12 März gestern gemeldet wurde, wäre von nicht geringer Wichtigkeit für die kirchlichen Verhältnisse in England geworden. Seine Absicht war nämlich, die zur Zeit so dürftig dotirten niedern Pfarrstellen der Staatskirche auf wenigstens 200 Pf. St. jährlich aufzubessern. Zu diesem Ende schlug er vor, daß das Haus sich in eine Committee verwandle, um zu erwägen, ob es nicht angemessen sey, die „ersten Früchte (first fruits),“ welche von den Einkünften der Kirche an die Krone entrichtet werden, ganz abzuschaffen, und dafür die von den geistlichen Pfründen ebenfalls an die Krone zu entrichtende Zehntenabgabe (tenths) so zu stellen, daß sie einen ausreichenderen Ertrag zu Gunsten der Dotirung des ärmeren Klerus liefere. Dieser Vorschlag wurde nun in der früheren Sitzung seinem Princip nach mit der Majorität von 21 Stimmen angenommen, und Hrn. Baines gestattet, eine Bill einzubringen, wornach „die ersten Früchte und Zehnten der Geistlichkeit, wie sie jetzt in England und Wales erhoben werden, mit dem nächsten Fälligkeitstermin aufhören und statt dessen eine jährliche Abgabe von einem Zehntel des wirklichen Ertrags aller Erzbisthümer, Bisthümer, Pfründen und sonstiger geistlichen Stellen, die mehr als 300 Pf. jährliche Einkünfte ertragen, zur Verbesserung des Einkommens der Unterpfarrer und Vicare, zum Bau und zur Reparatur von Kirchen und zu andern religiösen Zwecken verwendet werden sollte.“ Jene Zehntenabgabe ist von den Zehnten, welche vom Grundbesitz an die Kirche entrichtet werden, wohl zu unterscheiden. Die erstere wird tenth, die andere tithe genannt. Sie schreibt sich, so wie diese, und wie die Abgabe der ersten Früchte nicht minder, aus der Zeit her, da England noch katholisch war. Nach dem Vorbilde des hohen Priesters bei den Juden, dem die Leviten die Erstlinge von ihren Früchten und den zehnten Theil ihrer Jahreseinkünfte darzubringen hatten, bezog der Papst eine ähnliche Abgabe vom Klerus, und unter den ersten Früchten wurde der einjährige Ertrag von jeder geistlichen Stelle verstanden; der Inhaber einer solchen hatte also die Einkünfte des ersten Jahrs seiner Amtsführung und außerdem jährlich den zehnten Theil derselben an den Papst abzugeben. Als unter Heinrich VIII England die Reformation annahm, gingen jene Abgaben auf die Krone über, mit der Bestimmung, daß sie zum Besten der Kirche verwendet werden sollten; es wurden damals die Einkünfte aller geistlichen Stellen abgeschätzt, um nach dieser Taxirung die Abgabe zu erheben. Ein Gesetz aus der Regierungszeit der Königin Anna bestätigte die ursprüngliche Abschätzung und schuf aus den Abgaben der Geistlichkeit einen festen Fonds, der unter dem Namen „Stiftung der Königin Anna zum Besten des armen Clerus“ unter ein besonderes Curatorium gestellt wurde. Dieses Gesetz der Königin Anna, behauptete nun Hr. Baines, habe bezweckt, daß die beiden Abgaben, die ersten Früchte und der Zehnten, stets nach dem wirklichen vollen Werthe der geistlichen Stellen erhoben werden sollten, und da seitdem die Einkünfte dieser Stellen sich bedeutend verändert haben, so wollte er durch seine Bill die Abgabe wieder in das richtige Verhältniß zur Einnahme bringen, dafür aber den einen Theil derselben, die ersten Früchte, den Geistlichen ganz erlassen. Um zu zeigen, wie wenig beide Abgaben jetzt noch dem ursprünglichen Sinne des Gesetzes entsprächen, legte er Tabellen vor. Die jährlichen Einkünfte des Bischofs von London z. B. betragen jetzt 13,929 Pf. St. (167,148 fl.), nach der Abschätzung zur Zeit Heinrichs VIII beliefen sie sich aber nur auf 901 Pf., und diese letztere Summe ist also der Betrag, den jeder neue Bischof von London bei seiner Installirung ein- für allemal als erste Frucht in den Fonds der Königin Anna zu zahlen hat, während er nach der Berechnung des Hrn. Baines

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001" n="0641"/><lb/>
      <titlePage type="heading">
        <docTitle>
          <titlePart type="main">Augsburger Allgemeine Zeitung.</titlePart><lb/>
          <titlePart type="jImprimatur">Mit allerhöchsten Privilegien.</titlePart>
        </docTitle><lb/>
        <docImprint>
          <docDate>Sonnabend</docDate>
        </docImprint><lb/>
        <titlePart type="volume">Nr. 81.</titlePart><lb/>
        <docImprint>
          <docDate>21 März 1840</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Großbritannien.</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <byline>
            <docAuthor>
              <gap reason="insignificant"/>
            </docAuthor>
          </byline>
          <dateline><hi rendition="#b">London,</hi> 14 März.</dateline>
          <p/><lb/>
          <p>Im Verfolg der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> vom 13 März ging Lord J. Russells Bill zum Schutz der Drucker parlamentarischer Actenstücke, unter Verwerfung einiger Amendements, in allen ihren Hauptpunkten unverändert durch die Committee. In der Subsidiencommittee wurden dann die Einzelposten des Armeebudgets votirt, wobei Hr. <hi rendition="#g">Hume</hi> nachträglich allerlei zu häkeln fand, und bei dem Posten von 164,740 Pf. für Besoldung der Stabsofficiere unter Anderm tadelte, daß der Staat sechs Adjutanten der Königin zu bezahlen habe; sechs Kammerjungfern, meinte er, würden hier besser an ihrer Stelle seyn, wenn nicht auch für diesen &#x201E;Etat&#x201C; reichlich gesorgt wäre. Schließlich wurde die Aufruhrbill (mutiny bill) zum zweitenmal gelesen, welche alljährlich die formale Bedingung der Befugniß der Regierung zur Truppenanwerbung vorstellt.</p><lb/>
          <p>Hrn. <hi rendition="#g">Baines</hi>' Bill, deren Verwerfung in der <hi rendition="#g">Unterhaussitzung</hi> vom 12 März gestern gemeldet wurde, wäre von nicht geringer Wichtigkeit für die kirchlichen Verhältnisse in England geworden. Seine Absicht war nämlich, die zur Zeit so dürftig dotirten niedern Pfarrstellen der Staatskirche auf wenigstens 200 Pf. St. jährlich aufzubessern. Zu diesem Ende schlug er vor, daß das Haus sich in eine Committee verwandle, um zu erwägen, ob es nicht angemessen sey, die &#x201E;ersten Früchte (first fruits),&#x201C; welche von den Einkünften der Kirche an die Krone entrichtet werden, ganz abzuschaffen, und dafür die von den geistlichen Pfründen ebenfalls an die Krone zu entrichtende Zehntenabgabe (tenths) so zu stellen, daß sie einen ausreichenderen Ertrag zu Gunsten der Dotirung des ärmeren Klerus liefere. Dieser Vorschlag wurde nun in der früheren Sitzung seinem Princip nach mit der Majorität von 21 Stimmen angenommen, und Hrn. Baines gestattet, eine Bill einzubringen, wornach &#x201E;die ersten Früchte und Zehnten der Geistlichkeit, wie sie jetzt in England und Wales erhoben werden, mit dem nächsten Fälligkeitstermin aufhören und statt dessen eine jährliche Abgabe von einem Zehntel des wirklichen Ertrags aller Erzbisthümer, Bisthümer, Pfründen und sonstiger geistlichen Stellen, die mehr als 300 Pf. jährliche Einkünfte ertragen, zur Verbesserung des Einkommens der Unterpfarrer und Vicare, zum Bau und zur Reparatur von Kirchen und zu andern religiösen Zwecken verwendet werden sollte.&#x201C; Jene Zehntenabgabe ist von den Zehnten, welche vom Grundbesitz an die Kirche entrichtet werden, wohl zu unterscheiden. Die erstere wird tenth, die andere tithe genannt. Sie schreibt sich, so wie diese, und wie die Abgabe der ersten Früchte nicht minder, aus der Zeit her, da England noch katholisch war. Nach dem Vorbilde des hohen Priesters bei den Juden, dem die Leviten die Erstlinge von ihren Früchten und den zehnten Theil ihrer Jahreseinkünfte darzubringen hatten, bezog der Papst eine ähnliche Abgabe vom Klerus, und unter den ersten Früchten wurde der einjährige Ertrag von jeder geistlichen Stelle verstanden; der Inhaber einer solchen hatte also die Einkünfte des ersten Jahrs seiner Amtsführung und außerdem jährlich den zehnten Theil derselben an den Papst abzugeben. Als unter Heinrich VIII England die Reformation annahm, gingen jene Abgaben auf die Krone über, mit der Bestimmung, daß sie zum Besten der Kirche verwendet werden sollten; es wurden damals die Einkünfte aller geistlichen Stellen abgeschätzt, um nach dieser Taxirung die Abgabe zu erheben. Ein Gesetz aus der Regierungszeit der Königin Anna bestätigte die ursprüngliche Abschätzung und schuf aus den Abgaben der Geistlichkeit einen festen Fonds, der unter dem Namen &#x201E;Stiftung der Königin Anna zum Besten des armen Clerus&#x201C; unter ein besonderes Curatorium gestellt wurde. Dieses Gesetz der Königin Anna, behauptete nun Hr. Baines, habe bezweckt, daß die beiden Abgaben, die ersten Früchte und der Zehnten, stets nach dem wirklichen vollen Werthe der geistlichen Stellen erhoben werden sollten, und da seitdem die Einkünfte dieser Stellen sich bedeutend verändert haben, so wollte er durch seine Bill die Abgabe wieder in das richtige Verhältniß zur Einnahme bringen, dafür aber den einen Theil derselben, die ersten Früchte, den Geistlichen ganz erlassen. Um zu zeigen, wie wenig beide Abgaben jetzt noch dem ursprünglichen Sinne des Gesetzes entsprächen, legte er Tabellen vor. Die jährlichen Einkünfte des Bischofs von London z. B. betragen jetzt 13,929 Pf. St. (167,148 fl.), nach der Abschätzung zur Zeit Heinrichs VIII beliefen sie sich aber nur auf 901 Pf., und diese letztere Summe ist also der Betrag, den jeder neue Bischof von London bei seiner Installirung ein- für allemal als erste Frucht in den Fonds der Königin Anna zu zahlen hat, während er nach der Berechnung des Hrn. Baines<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0641/0001] Augsburger Allgemeine Zeitung. Mit allerhöchsten Privilegien. Sonnabend Nr. 81. 21 März 1840 Großbritannien. _ London, 14 März. Im Verfolg der Unterhaussitzung vom 13 März ging Lord J. Russells Bill zum Schutz der Drucker parlamentarischer Actenstücke, unter Verwerfung einiger Amendements, in allen ihren Hauptpunkten unverändert durch die Committee. In der Subsidiencommittee wurden dann die Einzelposten des Armeebudgets votirt, wobei Hr. Hume nachträglich allerlei zu häkeln fand, und bei dem Posten von 164,740 Pf. für Besoldung der Stabsofficiere unter Anderm tadelte, daß der Staat sechs Adjutanten der Königin zu bezahlen habe; sechs Kammerjungfern, meinte er, würden hier besser an ihrer Stelle seyn, wenn nicht auch für diesen „Etat“ reichlich gesorgt wäre. Schließlich wurde die Aufruhrbill (mutiny bill) zum zweitenmal gelesen, welche alljährlich die formale Bedingung der Befugniß der Regierung zur Truppenanwerbung vorstellt. Hrn. Baines' Bill, deren Verwerfung in der Unterhaussitzung vom 12 März gestern gemeldet wurde, wäre von nicht geringer Wichtigkeit für die kirchlichen Verhältnisse in England geworden. Seine Absicht war nämlich, die zur Zeit so dürftig dotirten niedern Pfarrstellen der Staatskirche auf wenigstens 200 Pf. St. jährlich aufzubessern. Zu diesem Ende schlug er vor, daß das Haus sich in eine Committee verwandle, um zu erwägen, ob es nicht angemessen sey, die „ersten Früchte (first fruits),“ welche von den Einkünften der Kirche an die Krone entrichtet werden, ganz abzuschaffen, und dafür die von den geistlichen Pfründen ebenfalls an die Krone zu entrichtende Zehntenabgabe (tenths) so zu stellen, daß sie einen ausreichenderen Ertrag zu Gunsten der Dotirung des ärmeren Klerus liefere. Dieser Vorschlag wurde nun in der früheren Sitzung seinem Princip nach mit der Majorität von 21 Stimmen angenommen, und Hrn. Baines gestattet, eine Bill einzubringen, wornach „die ersten Früchte und Zehnten der Geistlichkeit, wie sie jetzt in England und Wales erhoben werden, mit dem nächsten Fälligkeitstermin aufhören und statt dessen eine jährliche Abgabe von einem Zehntel des wirklichen Ertrags aller Erzbisthümer, Bisthümer, Pfründen und sonstiger geistlichen Stellen, die mehr als 300 Pf. jährliche Einkünfte ertragen, zur Verbesserung des Einkommens der Unterpfarrer und Vicare, zum Bau und zur Reparatur von Kirchen und zu andern religiösen Zwecken verwendet werden sollte.“ Jene Zehntenabgabe ist von den Zehnten, welche vom Grundbesitz an die Kirche entrichtet werden, wohl zu unterscheiden. Die erstere wird tenth, die andere tithe genannt. Sie schreibt sich, so wie diese, und wie die Abgabe der ersten Früchte nicht minder, aus der Zeit her, da England noch katholisch war. Nach dem Vorbilde des hohen Priesters bei den Juden, dem die Leviten die Erstlinge von ihren Früchten und den zehnten Theil ihrer Jahreseinkünfte darzubringen hatten, bezog der Papst eine ähnliche Abgabe vom Klerus, und unter den ersten Früchten wurde der einjährige Ertrag von jeder geistlichen Stelle verstanden; der Inhaber einer solchen hatte also die Einkünfte des ersten Jahrs seiner Amtsführung und außerdem jährlich den zehnten Theil derselben an den Papst abzugeben. Als unter Heinrich VIII England die Reformation annahm, gingen jene Abgaben auf die Krone über, mit der Bestimmung, daß sie zum Besten der Kirche verwendet werden sollten; es wurden damals die Einkünfte aller geistlichen Stellen abgeschätzt, um nach dieser Taxirung die Abgabe zu erheben. Ein Gesetz aus der Regierungszeit der Königin Anna bestätigte die ursprüngliche Abschätzung und schuf aus den Abgaben der Geistlichkeit einen festen Fonds, der unter dem Namen „Stiftung der Königin Anna zum Besten des armen Clerus“ unter ein besonderes Curatorium gestellt wurde. Dieses Gesetz der Königin Anna, behauptete nun Hr. Baines, habe bezweckt, daß die beiden Abgaben, die ersten Früchte und der Zehnten, stets nach dem wirklichen vollen Werthe der geistlichen Stellen erhoben werden sollten, und da seitdem die Einkünfte dieser Stellen sich bedeutend verändert haben, so wollte er durch seine Bill die Abgabe wieder in das richtige Verhältniß zur Einnahme bringen, dafür aber den einen Theil derselben, die ersten Früchte, den Geistlichen ganz erlassen. Um zu zeigen, wie wenig beide Abgaben jetzt noch dem ursprünglichen Sinne des Gesetzes entsprächen, legte er Tabellen vor. Die jährlichen Einkünfte des Bischofs von London z. B. betragen jetzt 13,929 Pf. St. (167,148 fl.), nach der Abschätzung zur Zeit Heinrichs VIII beliefen sie sich aber nur auf 901 Pf., und diese letztere Summe ist also der Betrag, den jeder neue Bischof von London bei seiner Installirung ein- für allemal als erste Frucht in den Fonds der Königin Anna zu zahlen hat, während er nach der Berechnung des Hrn. Baines

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_081_18400321
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_081_18400321/1
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 81. Augsburg, 21. März 1840, S. 0641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_081_18400321/1>, abgerufen am 23.11.2024.