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Allgemeine Zeitung. Nr. 47. Augsburg, 16. Februar 1840.

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gebracht hat. Man wollte nämlich - wenn der Einfall nicht gar zu gescheidt wäre, so wären wir versucht ihn herzlich dumm zu nennen - man wollte nämlich, so fährt der Schreiber des Sun fort, die christlichen Vorurtheile (Prejudices) Altenglands aufscheuchen, wo man leider noch so weit hinter der Aufklärung des Zeitalters zurückgeblieben sey, daß man Schmuggelei für unerlaubt, daß man Vergiften für Sünde halte! Leset nur die Schrift des Hrn. Advocaten Warren (ein sehr geistreicher Mann, bekannt durch das Tagebuch eines Arztes), der wird euch von eurem überflüssigen Christenthum bald curiren. Und bedenkt doch nur, ihr frommen Leute der Hochkirche und aller Secten, der verschiedenen Missions- und Tractätlein-Gesellschaften, freiwillig werden euch die Chinesen doch niemals das Christenthum annehmen; es waren ja alle eure Bemühungen mit Morrison und Milnü, mit Bridgman, Medhurst und Gutzlaff, wie ihr wohl wißt, bis auf den heutigen Tag ganz vergebens. Sind wir nur einmal im Zwingen drin, wohlan, so zwingen wir sie, um euch einen Gefallen zu thun, wie dieß neulich die Franzosen auf den Sandwichsinseln gethan, auch zum Christenthume. Auf diese Weise profitirt nun Alles dabei, die Regierung, Gewerbe und Handel und die Religion. Wir kennen die beiden Flugschriften nicht, aus welchen die Sonne sich erleuchten ließ, und haben auch nach den Proben, die hier daraus mitgetheilt werden, keine Lust, sie näher kennen zu lernen. Der englische Kaufmann, welcher so viele Jahre in Kuang tong lebte, gehört zu jenen Leuten, die aus Mangel an Sprachkenntniß nicht im Stande sind, sich über die geringste Angelegenheit selbst zu unterrichten, die alle ihre Weisheit von chinesischen Opiumschmugglern gelernt haben, von ihren lügnerischen Bedienten. Kein wackerer Chinese wird der Bediente eines rothhaarigen Barbaren und feilen Linguisten. Er und die Sonne mögen sich künftig, wenn sie wieder über chinesische Zustände mitsprechen wollen, bei dem edeln Sir Georg Staunton, bei Francis Davis und unserm Gutzlaff Raths erholen. Sie werden dann beide, wenn es ihnen um die Wahrheit wirklich ernst seyn sollte, lernen, daß man sie unverzeihlicher Weise angelogen hat. Opiumrauchen ist seit einigen Jahren in Peking wie allenthalben im Lande nicht bloß ein gewöhnliches Vergehen, sondern ein Majestätsverbrechen, und wird mit dem Tode bestraft. Die Regierung ist aber so sehr dem Anbau des Mohns entgegen, daß er, wenn man davon Kunde erhält, durch ihre Schergen mit Stumpf und Stiel ausgerissen und vernichtet wird; der Besitzer des Ackers wird noch überdieß strenge bestraft. So nach wiederholten kaiserlichen Erlassen, erschienen in der officiellen Staatszeitung zu Peking. Früher ward Verkaufen und Rauchen des Opiums bloß als ein gewöhnliches Verbrechen betrachtet und bestraft. Im Jahr 1833 liefen nämlich von Seite der obersten Polizeibehörden der verschiedenen Kreise, gemeinhin Censoren genannt, Klagen ein, daß das Opiumrauchen allenthalben im Lande in einer wahrhaft erschreckenden Weise zunehme, und daß, was das Furchtbarste sey, wer einmal sich diesem Laster längere Zeit ergeben, nun und nimmermehr davon lassen könne. "Kommt die Tageszeit, wo sie gewohnt sind Opium zu rauchen, so werden die Raucher, wenn ihnen dieser verderbliche Saft nicht gereicht wird, schwach und hinfällig; aus ihren Augen und Nasenlöchern rinnt eine weißliche Flüssigkeit, und sie sind zu nichts mehr brauchbar." Auf diese Berichte hin ward nun eine Revision der Gesetze über das Opiumrauchen vorgenommen, und die neuen Bestimmungen wurden als eine Novelle den bereits bestehenden Gesetzen des Reichs hinzugefügt. Das Wesentlichste dieser Novelle ist in Folgendem enthalten: 1) alle diejenigen, welche Opium kaufen und rauchen, sollen hundert Schläge mit dem dicken Bambus *) erhalten, und sollen überdieß zwei Monate lang das Halsbrett oder die Geige tragen. Die Raucher sollen angehalten werden, denjenigen anzugeben, von welchem sie das Opium gekauft haben, damit der Verkäufer ergriffen und bestraft werden könne. Thun sie dieß nicht, so werden sie als Mitschuldige desselben betrachtet, und erhalten als solche nochmals hundert Schläge mit dem dicken Bambus, und werden dann auf drei Jahre nach den kalten nördlichen Markgrafschaften in Verbannung gesandt; 2) alle Beamten und ihre Diener, die sich des Verbrechens des Kaufens und Rauchens des Opiums schuldig machen, werden, wie dieß nach den allgemeinen Gesetzen des Reichs bei allen Vergehungen der Fall ist, um einen Grad höher bestraft; 3) die Kreispräsidenten und Kreisdirectoren, so wie die untergeordneten Beamten der einzelnen Districte sollen Bürgschaft leisten, daß sich in ihren Verwaltungsbezirken keine Opiumraucher befinden; 4) es soll jedes Jahr von den obersten Polizeibehörden des Reichs über diesen Gegenstand eine eigene Denkschrift verfaßt werden, worin die Namen aller Beamten, welche diese Gesetze nicht strenge vollzogen, vorgemerkt werden sollen; 5) diese Denkschrift wird dem Ministerium der Gerechtigkeit übersandt, das nach Befund der Umstände über das Einzelne erkennt, seine Beschlüsse dem Ministerium des Innern und des Krieges mittheilt, welche dann die Ausschreiben an die Kreisbehörden besorgen, damit diese die Befehle alsbald vollziehen und zitternd gehorchen mögen. - Seit dieser Zeit sind aber die Gesetze gar sehr verschärft, und das Opiumrauchen wie Verkaufen, was wir bereits oben bemerkten, als Majestätsverbrechen erklärt worden, welche unnachsichtlich mit dem Tode bestraft werden sollen. Ob nun aber, wie in allen civilisirten Ländern der Erde, der Buchstabe des Gesetzes nicht auch in dem Lande der Mitte häufig umgangen wird; ob uns die Wirklichkeit nicht ein ganz anderes Bild darbietet, als die officiellen Berichte, dieß ist eine andere Frage, auf welche wir uns hier nicht einlassen wollen. Es war bloß unsere Absicht, die chinesische Regierung von der Doppelzüngigkeit und Schlechtigkeit frei zu sprechen, welcher der englische Kaufmann in Kuang tong sie ungebührlicher Weise bezichtiget.

*) Der Bambus, mit welchem die Verbrecher gezüchtiget werden, ist nach dem Grade der Schuld bald dicker bald dünner.

gebracht hat. Man wollte nämlich – wenn der Einfall nicht gar zu gescheidt wäre, so wären wir versucht ihn herzlich dumm zu nennen – man wollte nämlich, so fährt der Schreiber des Sun fort, die christlichen Vorurtheile (Prejudices) Altenglands aufscheuchen, wo man leider noch so weit hinter der Aufklärung des Zeitalters zurückgeblieben sey, daß man Schmuggelei für unerlaubt, daß man Vergiften für Sünde halte! Leset nur die Schrift des Hrn. Advocaten Warren (ein sehr geistreicher Mann, bekannt durch das Tagebuch eines Arztes), der wird euch von eurem überflüssigen Christenthum bald curiren. Und bedenkt doch nur, ihr frommen Leute der Hochkirche und aller Secten, der verschiedenen Missions- und Tractätlein-Gesellschaften, freiwillig werden euch die Chinesen doch niemals das Christenthum annehmen; es waren ja alle eure Bemühungen mit Morrison und Milnü, mit Bridgman, Medhurst und Gutzlaff, wie ihr wohl wißt, bis auf den heutigen Tag ganz vergebens. Sind wir nur einmal im Zwingen drin, wohlan, so zwingen wir sie, um euch einen Gefallen zu thun, wie dieß neulich die Franzosen auf den Sandwichsinseln gethan, auch zum Christenthume. Auf diese Weise profitirt nun Alles dabei, die Regierung, Gewerbe und Handel und die Religion. Wir kennen die beiden Flugschriften nicht, aus welchen die Sonne sich erleuchten ließ, und haben auch nach den Proben, die hier daraus mitgetheilt werden, keine Lust, sie näher kennen zu lernen. Der englische Kaufmann, welcher so viele Jahre in Kuang tong lebte, gehört zu jenen Leuten, die aus Mangel an Sprachkenntniß nicht im Stande sind, sich über die geringste Angelegenheit selbst zu unterrichten, die alle ihre Weisheit von chinesischen Opiumschmugglern gelernt haben, von ihren lügnerischen Bedienten. Kein wackerer Chinese wird der Bediente eines rothhaarigen Barbaren und feilen Linguisten. Er und die Sonne mögen sich künftig, wenn sie wieder über chinesische Zustände mitsprechen wollen, bei dem edeln Sir Georg Staunton, bei Francis Davis und unserm Gutzlaff Raths erholen. Sie werden dann beide, wenn es ihnen um die Wahrheit wirklich ernst seyn sollte, lernen, daß man sie unverzeihlicher Weise angelogen hat. Opiumrauchen ist seit einigen Jahren in Peking wie allenthalben im Lande nicht bloß ein gewöhnliches Vergehen, sondern ein Majestätsverbrechen, und wird mit dem Tode bestraft. Die Regierung ist aber so sehr dem Anbau des Mohns entgegen, daß er, wenn man davon Kunde erhält, durch ihre Schergen mit Stumpf und Stiel ausgerissen und vernichtet wird; der Besitzer des Ackers wird noch überdieß strenge bestraft. So nach wiederholten kaiserlichen Erlassen, erschienen in der officiellen Staatszeitung zu Peking. Früher ward Verkaufen und Rauchen des Opiums bloß als ein gewöhnliches Verbrechen betrachtet und bestraft. Im Jahr 1833 liefen nämlich von Seite der obersten Polizeibehörden der verschiedenen Kreise, gemeinhin Censoren genannt, Klagen ein, daß das Opiumrauchen allenthalben im Lande in einer wahrhaft erschreckenden Weise zunehme, und daß, was das Furchtbarste sey, wer einmal sich diesem Laster längere Zeit ergeben, nun und nimmermehr davon lassen könne. „Kommt die Tageszeit, wo sie gewohnt sind Opium zu rauchen, so werden die Raucher, wenn ihnen dieser verderbliche Saft nicht gereicht wird, schwach und hinfällig; aus ihren Augen und Nasenlöchern rinnt eine weißliche Flüssigkeit, und sie sind zu nichts mehr brauchbar.“ Auf diese Berichte hin ward nun eine Revision der Gesetze über das Opiumrauchen vorgenommen, und die neuen Bestimmungen wurden als eine Novelle den bereits bestehenden Gesetzen des Reichs hinzugefügt. Das Wesentlichste dieser Novelle ist in Folgendem enthalten: 1) alle diejenigen, welche Opium kaufen und rauchen, sollen hundert Schläge mit dem dicken Bambus *) erhalten, und sollen überdieß zwei Monate lang das Halsbrett oder die Geige tragen. Die Raucher sollen angehalten werden, denjenigen anzugeben, von welchem sie das Opium gekauft haben, damit der Verkäufer ergriffen und bestraft werden könne. Thun sie dieß nicht, so werden sie als Mitschuldige desselben betrachtet, und erhalten als solche nochmals hundert Schläge mit dem dicken Bambus, und werden dann auf drei Jahre nach den kalten nördlichen Markgrafschaften in Verbannung gesandt; 2) alle Beamten und ihre Diener, die sich des Verbrechens des Kaufens und Rauchens des Opiums schuldig machen, werden, wie dieß nach den allgemeinen Gesetzen des Reichs bei allen Vergehungen der Fall ist, um einen Grad höher bestraft; 3) die Kreispräsidenten und Kreisdirectoren, so wie die untergeordneten Beamten der einzelnen Districte sollen Bürgschaft leisten, daß sich in ihren Verwaltungsbezirken keine Opiumraucher befinden; 4) es soll jedes Jahr von den obersten Polizeibehörden des Reichs über diesen Gegenstand eine eigene Denkschrift verfaßt werden, worin die Namen aller Beamten, welche diese Gesetze nicht strenge vollzogen, vorgemerkt werden sollen; 5) diese Denkschrift wird dem Ministerium der Gerechtigkeit übersandt, das nach Befund der Umstände über das Einzelne erkennt, seine Beschlüsse dem Ministerium des Innern und des Krieges mittheilt, welche dann die Ausschreiben an die Kreisbehörden besorgen, damit diese die Befehle alsbald vollziehen und zitternd gehorchen mögen. – Seit dieser Zeit sind aber die Gesetze gar sehr verschärft, und das Opiumrauchen wie Verkaufen, was wir bereits oben bemerkten, als Majestätsverbrechen erklärt worden, welche unnachsichtlich mit dem Tode bestraft werden sollen. Ob nun aber, wie in allen civilisirten Ländern der Erde, der Buchstabe des Gesetzes nicht auch in dem Lande der Mitte häufig umgangen wird; ob uns die Wirklichkeit nicht ein ganz anderes Bild darbietet, als die officiellen Berichte, dieß ist eine andere Frage, auf welche wir uns hier nicht einlassen wollen. Es war bloß unsere Absicht, die chinesische Regierung von der Doppelzüngigkeit und Schlechtigkeit frei zu sprechen, welcher der englische Kaufmann in Kuang tong sie ungebührlicher Weise bezichtiget.

*) Der Bambus, mit welchem die Verbrecher gezüchtiget werden, ist nach dem Grade der Schuld bald dicker bald dünner.
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Der englische Kaufmann, welcher so viele Jahre in Kuang tong lebte, gehört zu jenen Leuten, die aus Mangel an Sprachkenntniß nicht im Stande sind, sich über die geringste Angelegenheit selbst zu unterrichten, die alle ihre Weisheit von chinesischen Opiumschmugglern gelernt haben, von ihren lügnerischen Bedienten. Kein wackerer Chinese wird der Bediente eines rothhaarigen Barbaren und feilen Linguisten. Er und die Sonne mögen sich künftig, wenn sie wieder über chinesische Zustände mitsprechen wollen, bei dem edeln Sir <hi rendition="#g">Georg Staunton</hi>, bei <hi rendition="#g">Francis Davis</hi> und unserm <hi rendition="#g">Gutzlaff</hi> Raths erholen. Sie werden dann beide, wenn es ihnen um die Wahrheit wirklich ernst seyn sollte, lernen, daß man sie unverzeihlicher Weise angelogen hat. Opiumrauchen ist seit einigen Jahren in Peking wie allenthalben im Lande nicht bloß ein gewöhnliches Vergehen, sondern ein Majestätsverbrechen, und wird mit dem Tode bestraft. Die Regierung ist aber so sehr dem Anbau des Mohns entgegen, daß er, wenn man davon Kunde erhält, durch ihre Schergen mit Stumpf und Stiel ausgerissen und vernichtet wird; der Besitzer des Ackers wird noch überdieß strenge bestraft. So nach wiederholten kaiserlichen Erlassen, erschienen in der officiellen Staatszeitung zu Peking. Früher ward Verkaufen und Rauchen des Opiums bloß als ein gewöhnliches Verbrechen betrachtet und bestraft. Im Jahr 1833 liefen nämlich von Seite der obersten Polizeibehörden der verschiedenen Kreise, gemeinhin Censoren genannt, Klagen ein, daß das Opiumrauchen allenthalben im Lande in einer wahrhaft erschreckenden Weise zunehme, und daß, was das Furchtbarste sey, wer einmal sich diesem Laster längere Zeit ergeben, nun und nimmermehr davon lassen könne. &#x201E;Kommt die Tageszeit, wo sie gewohnt sind Opium zu rauchen, so werden die Raucher, wenn ihnen dieser verderbliche Saft nicht gereicht wird, schwach und hinfällig; aus ihren Augen und Nasenlöchern rinnt eine weißliche Flüssigkeit, und sie sind zu nichts mehr brauchbar.&#x201C; Auf diese Berichte hin ward nun eine Revision der Gesetze über das Opiumrauchen vorgenommen, und die neuen Bestimmungen wurden als eine Novelle den bereits bestehenden Gesetzen des Reichs hinzugefügt. 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Thun sie dieß nicht, so werden sie als Mitschuldige desselben betrachtet, und erhalten als solche nochmals hundert Schläge mit dem dicken Bambus, und werden dann auf drei Jahre nach den kalten nördlichen Markgrafschaften in Verbannung gesandt; 2) alle Beamten und ihre Diener, die sich des Verbrechens des Kaufens und Rauchens des Opiums schuldig machen, werden, wie dieß nach den allgemeinen Gesetzen des Reichs bei allen Vergehungen der Fall ist, um einen Grad höher bestraft; 3) die Kreispräsidenten und Kreisdirectoren, so wie die untergeordneten Beamten der einzelnen Districte sollen Bürgschaft leisten, daß sich in ihren Verwaltungsbezirken keine Opiumraucher befinden; 4) es soll jedes Jahr von den obersten Polizeibehörden des Reichs über diesen Gegenstand eine eigene Denkschrift verfaßt werden, worin die Namen aller Beamten, welche diese Gesetze nicht strenge vollzogen, vorgemerkt werden sollen; 5) diese Denkschrift wird dem Ministerium der Gerechtigkeit übersandt, das nach Befund der Umstände über das Einzelne erkennt, seine Beschlüsse dem Ministerium des Innern und des Krieges mittheilt, welche dann die Ausschreiben an die Kreisbehörden besorgen, damit diese die Befehle alsbald vollziehen und zitternd gehorchen mögen. &#x2013; Seit dieser Zeit sind aber die Gesetze gar sehr verschärft, und das Opiumrauchen wie Verkaufen, was wir bereits oben bemerkten, als Majestätsverbrechen erklärt worden, welche unnachsichtlich mit dem Tode bestraft werden sollen. Ob nun aber, wie in allen civilisirten Ländern der Erde, der Buchstabe des Gesetzes nicht auch in dem Lande der Mitte häufig umgangen wird; ob uns die Wirklichkeit nicht ein ganz anderes Bild darbietet, als die officiellen Berichte, dieß ist eine andere Frage, auf welche wir uns hier nicht einlassen wollen. Es war bloß unsere Absicht, die chinesische Regierung von der Doppelzüngigkeit und Schlechtigkeit frei zu sprechen, welcher der englische Kaufmann in Kuang tong sie ungebührlicher Weise bezichtiget.</p>
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[0375/0007] gebracht hat. Man wollte nämlich – wenn der Einfall nicht gar zu gescheidt wäre, so wären wir versucht ihn herzlich dumm zu nennen – man wollte nämlich, so fährt der Schreiber des Sun fort, die christlichen Vorurtheile (Prejudices) Altenglands aufscheuchen, wo man leider noch so weit hinter der Aufklärung des Zeitalters zurückgeblieben sey, daß man Schmuggelei für unerlaubt, daß man Vergiften für Sünde halte! Leset nur die Schrift des Hrn. Advocaten Warren (ein sehr geistreicher Mann, bekannt durch das Tagebuch eines Arztes), der wird euch von eurem überflüssigen Christenthum bald curiren. Und bedenkt doch nur, ihr frommen Leute der Hochkirche und aller Secten, der verschiedenen Missions- und Tractätlein-Gesellschaften, freiwillig werden euch die Chinesen doch niemals das Christenthum annehmen; es waren ja alle eure Bemühungen mit Morrison und Milnü, mit Bridgman, Medhurst und Gutzlaff, wie ihr wohl wißt, bis auf den heutigen Tag ganz vergebens. Sind wir nur einmal im Zwingen drin, wohlan, so zwingen wir sie, um euch einen Gefallen zu thun, wie dieß neulich die Franzosen auf den Sandwichsinseln gethan, auch zum Christenthume. Auf diese Weise profitirt nun Alles dabei, die Regierung, Gewerbe und Handel und die Religion. Wir kennen die beiden Flugschriften nicht, aus welchen die Sonne sich erleuchten ließ, und haben auch nach den Proben, die hier daraus mitgetheilt werden, keine Lust, sie näher kennen zu lernen. Der englische Kaufmann, welcher so viele Jahre in Kuang tong lebte, gehört zu jenen Leuten, die aus Mangel an Sprachkenntniß nicht im Stande sind, sich über die geringste Angelegenheit selbst zu unterrichten, die alle ihre Weisheit von chinesischen Opiumschmugglern gelernt haben, von ihren lügnerischen Bedienten. Kein wackerer Chinese wird der Bediente eines rothhaarigen Barbaren und feilen Linguisten. Er und die Sonne mögen sich künftig, wenn sie wieder über chinesische Zustände mitsprechen wollen, bei dem edeln Sir Georg Staunton, bei Francis Davis und unserm Gutzlaff Raths erholen. Sie werden dann beide, wenn es ihnen um die Wahrheit wirklich ernst seyn sollte, lernen, daß man sie unverzeihlicher Weise angelogen hat. Opiumrauchen ist seit einigen Jahren in Peking wie allenthalben im Lande nicht bloß ein gewöhnliches Vergehen, sondern ein Majestätsverbrechen, und wird mit dem Tode bestraft. Die Regierung ist aber so sehr dem Anbau des Mohns entgegen, daß er, wenn man davon Kunde erhält, durch ihre Schergen mit Stumpf und Stiel ausgerissen und vernichtet wird; der Besitzer des Ackers wird noch überdieß strenge bestraft. So nach wiederholten kaiserlichen Erlassen, erschienen in der officiellen Staatszeitung zu Peking. Früher ward Verkaufen und Rauchen des Opiums bloß als ein gewöhnliches Verbrechen betrachtet und bestraft. Im Jahr 1833 liefen nämlich von Seite der obersten Polizeibehörden der verschiedenen Kreise, gemeinhin Censoren genannt, Klagen ein, daß das Opiumrauchen allenthalben im Lande in einer wahrhaft erschreckenden Weise zunehme, und daß, was das Furchtbarste sey, wer einmal sich diesem Laster längere Zeit ergeben, nun und nimmermehr davon lassen könne. „Kommt die Tageszeit, wo sie gewohnt sind Opium zu rauchen, so werden die Raucher, wenn ihnen dieser verderbliche Saft nicht gereicht wird, schwach und hinfällig; aus ihren Augen und Nasenlöchern rinnt eine weißliche Flüssigkeit, und sie sind zu nichts mehr brauchbar.“ Auf diese Berichte hin ward nun eine Revision der Gesetze über das Opiumrauchen vorgenommen, und die neuen Bestimmungen wurden als eine Novelle den bereits bestehenden Gesetzen des Reichs hinzugefügt. Das Wesentlichste dieser Novelle ist in Folgendem enthalten: 1) alle diejenigen, welche Opium kaufen und rauchen, sollen hundert Schläge mit dem dicken Bambus *) erhalten, und sollen überdieß zwei Monate lang das Halsbrett oder die Geige tragen. Die Raucher sollen angehalten werden, denjenigen anzugeben, von welchem sie das Opium gekauft haben, damit der Verkäufer ergriffen und bestraft werden könne. Thun sie dieß nicht, so werden sie als Mitschuldige desselben betrachtet, und erhalten als solche nochmals hundert Schläge mit dem dicken Bambus, und werden dann auf drei Jahre nach den kalten nördlichen Markgrafschaften in Verbannung gesandt; 2) alle Beamten und ihre Diener, die sich des Verbrechens des Kaufens und Rauchens des Opiums schuldig machen, werden, wie dieß nach den allgemeinen Gesetzen des Reichs bei allen Vergehungen der Fall ist, um einen Grad höher bestraft; 3) die Kreispräsidenten und Kreisdirectoren, so wie die untergeordneten Beamten der einzelnen Districte sollen Bürgschaft leisten, daß sich in ihren Verwaltungsbezirken keine Opiumraucher befinden; 4) es soll jedes Jahr von den obersten Polizeibehörden des Reichs über diesen Gegenstand eine eigene Denkschrift verfaßt werden, worin die Namen aller Beamten, welche diese Gesetze nicht strenge vollzogen, vorgemerkt werden sollen; 5) diese Denkschrift wird dem Ministerium der Gerechtigkeit übersandt, das nach Befund der Umstände über das Einzelne erkennt, seine Beschlüsse dem Ministerium des Innern und des Krieges mittheilt, welche dann die Ausschreiben an die Kreisbehörden besorgen, damit diese die Befehle alsbald vollziehen und zitternd gehorchen mögen. – Seit dieser Zeit sind aber die Gesetze gar sehr verschärft, und das Opiumrauchen wie Verkaufen, was wir bereits oben bemerkten, als Majestätsverbrechen erklärt worden, welche unnachsichtlich mit dem Tode bestraft werden sollen. Ob nun aber, wie in allen civilisirten Ländern der Erde, der Buchstabe des Gesetzes nicht auch in dem Lande der Mitte häufig umgangen wird; ob uns die Wirklichkeit nicht ein ganz anderes Bild darbietet, als die officiellen Berichte, dieß ist eine andere Frage, auf welche wir uns hier nicht einlassen wollen. Es war bloß unsere Absicht, die chinesische Regierung von der Doppelzüngigkeit und Schlechtigkeit frei zu sprechen, welcher der englische Kaufmann in Kuang tong sie ungebührlicher Weise bezichtiget. *) Der Bambus, mit welchem die Verbrecher gezüchtiget werden, ist nach dem Grade der Schuld bald dicker bald dünner.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 47. Augsburg, 16. Februar 1840, S. 0375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_047_18400216/7>, abgerufen am 27.04.2024.