Allgemeine Zeitung. Nr. 34. Augsburg, 3. Februar 1840.Beilegung der orientalischen Frage übereingekommen - wie wir denn nicht zweifeln, daß sie es wirklich sind - wie sollte diese Thatsache unsern Pariser Collegen so überrascht haben? War es seit fünf Monaten nicht notorisch, daß England zu einer den Ansprüchen Mehemed Ali's entgegengesetzten Politik entschlossen? Wurde dieselbe Politik nicht in der von den fünf Mächten - Frankreich mit eingeschlossen - in Konstantinopel übergebenen Collectivnote erklärt? Worin besteht Hrn. v. Brunnows Vorschlag? - wir meinen dessen Princip, nicht dessen Details. Nun, lediglich darin, daß die Verbindlichkeit jener Collectivnote erfüllt werden solle. Von Anfang an war Englands, Rußlands, Oesterreichs und Preußens Zweck die Wahrung der Integrität der Türkei. Eben dieß war auch der erklärte Zweck Frankreichs. Aber wenn nun Frankreich an eine Interpretation des Ausdrucks "Integrität des osmanischen Reiches" geht, so bedeutet er nach seiner Auslegung: die Theilung der osmanischen Provinzen, die Schöpfung eines Reichs im Reiche zur Vergrößerung eines ehrgeizigen Vasallen, dem gegenüber der Sultan nur noch der unmächtige Pascha eines Reichs ohne ein einziges anderes Element des Festbestandes als das Leben des es factisch beherrschenden Greises seyn, und dessen Gründung nur die Einleitung zu einem gewissen und nicht fernen europäischen Kriege seyn würde. In diese Verdolmetschung der "Integrität" der Türkei stimmen die andern Mächte allerdings nicht mit ein, noch war das je zu erwarten. Wenn also Frankreich seinem Versprechen entgegen, im Widerspruch (wie wir zu behaupten wagen) mit seinen eigenen Interessen und zum Verderben für die Interessen der Türkei bei seiner Weigerung beharrt, bei der Ausgleichung der Frage sich zu betheiligen, an wem liegt die Schuld? An den persönlichen Animositäten Lord Palmerstons, sagen einige der französischen Journale, wie Courrier und Constitutionnel. Diese Abgeschmacktheit ist zu lächerlich und die Annahmen, auf die sie fußt, zu nichtig, als daß sie eine ernstliche Widerlegung verdiente. Man hat England auf die Gefahren eines russischen Bündnisses, in Bezug auf Konstantinopel, hingewiesen; nun ist aber diese Frage des Bosporus, wie man sie nennt, nicht die einzige, und zudem nicht die wichtigste Frage. Sie ist vielmehr in der großen orientalischen Angelegenheit nur ein Incidentpunkt, der in die Reihe der Mittel zum Zweck gehört. Dennoch möchte Frankreich uns glauben machen, daß diese untergeordnete Frage vor Allem Beachtung verdiene. Nein! die Hauptfrage ist, ob die europäischen Mächte die Anmaßungen Mehemed Ali's dulden dürfen. England, Rußland, Oesterreich, Preußen sind darüber einig, und gern hegen wir noch immer die Hoffnung, daß Frankreich sich nicht wird isoliren wollen. In seiner ganzen so übelgeleiteten Politik neuerer Zeit war Frankreich die Dupe Mehemed Ali's; denn so sehr es ihm auch angelegen seyn mag, den Pascha zu einer Uebereinkunft zu bewegen, bebt das französische Cabinet doch vor jeder Idee einer Anwendung von Zwangsmitteln gegen ihn zurück. Mehemed wußte dieß, und eben dieses Wissen gab ihm den Muth, den Befehlen sämmtlicher Großmächte - Frankreich mit eingeschlossen - Trotz zu bieten. Die französische Regierung eröffnete die Unterhandlungen in der orientalischen Frage mit ungemein schönen Versprechungen an England, mit so schönen, daß man daraus auf eine Identität der Ansichten hätte schließen sollen; aber von Zwangsmaaßregeln wollte sie dann nichts hören, sondern machte den Willen Mehemed Ali's zur Richtschnur für Frankreichs Benehmen. Eine solche Politik laborirt offenbar an einem traurigen Mangel, sey es nun der Geschicklichkeit oder der Aufrichtigkeit; welches von beiden, wollen wir zu entscheiden nicht auf uns nehmen. Aber bei dieser Ineinanderwirrung der orientalischen Frage, bei dieser Entfremdung Frankreichs von England figuriren noch andere Mithandelnde oder Mitsprechende als das französische Cabinet oder der Hof der Tuilerien. Die Presse, selbst die in ihrer Sprache gegen England freundlichste Presse, hat entschieden, daß kein einziger Wunsch Englands Gehör finden, daß Mehemed um jeden Preis unterstützt werde, daß Frankreich, falls man es zur Wahl zwischen einem ägyptischen und einem englischen Bündnisse zwänge, das erstere wählen soll. Für ein Ministerium Soult, das auf keiner Partei ruht, sondern nur durch die aura popularis besteht, müssen Argumente wie die der Presse zum Gesetz werden. Und als Gesetz sind sie wirklich mit all ihren Folgesätzen vom Cabinet an- und aufgenommen. Frankreich macht zu Mehemed Ali's Gunsten Vorschläge, die weder England, noch eine der andern Mächte acceptiren kann. Das Aeußerste, was diese Mächte, um bei Frankreich nicht anzustoßen, thun könnten, wäre, die Sachen so zu belassen, wie sie sind. Das ist das Aeußerste, was Frankreich wirklich hoffen kann. Aber wenn der alte, nicht definitiv geordnete, orientalische status quo sowohl die Türkei als Aegypten in der wachsenden Aussicht auf einen Zusammenstoß zur Unterhaltung eines starken Militär- und Marine-Etats nöthigte, so würde der neue nicht definitiv geordnete status quo nicht nur die Türkei und Aegypten, sondern alle europäischen Mächte zu ähnlichen Vorkehrungen und Ausgaben zwingen. Die Budgets all dieser Staaten würden bald von votirten Ergänzungscrediten anschwellen; die Flotten aller derselben würden von Monat zu Monat Verstärkungen an Schiffen und Mannschaft erhalten, und bald würden wir alle Lasten und mehr als eine bloße Besorgniß des Kriegs haben. Das wäre ein undenkbarer Zustand der Dinge." Nachrichten aus Jamaica vom 25 Dec. zufolge hatte sich das Assembly-Haus nach Erledigung vieler wichtigen Geschäfte bis zum 31 März vertagt. Auf den "Inseln unter dem Wind" waren die Neger, eine oder zwei Pflanzungen ausgenommen, fleißiger geworden. Auf Trinidad war das französische Schiff Elisabeth mit 295 Auswanderern, meist Schweizern, angekommen. Frankreich. Paris, 2 Febr. (Sonntag.) Der Greffier des Pairshofs, Hr. Cauchy, und der Chef der Huissiers, Hr. Demons, begaben sich gleich nach Beendigung der Pairshofsitzung vom 31 Jan. nach den Gefängnissen, um den Gefangenen ihr Urtheil zu verkünden. Moulines und Huart wurden alsbald in Freiheit gesetzt. Blanqui lag, als die beiden Beamten des Gerichtshofs seine Celle betraten, im Bett. Er hörte aufmerksam die Lesung des Urtheils an, ohne ein Wort zu sprechen oder irgend eine Bewegung zu verrathen. Da er aber das Ende der Phrase, die Strafe betreffend, nicht hören konnte, bat er Hrn. Cauchy, dieselbe zu wiederholen. Als der Verurtheilte die Worte hörte: zur Todesstrafe! machte er mit seinen Armen eine leichte Bewegung, schob sie unter die Bettdecke und schien seine Hände auf seine Brust zu legen. Der daneben stehende Brigadier der Gendarmerie faßte, in der Meinung, Blanqui wolle sich das Leben nehmen, dessen Arme, und legte ihm sogleich das Zwangscamisol an. Uebrigens sprach der Verurtheilte kein Wort und verhielt sich völlig ruhig. Die zur Detention Verurtheilten zeigten, als sie das Urtheil hörten, nicht die mindeste Bewegung; sie schienen darauf gefaßt zu seyn. Die fünf zu einfacher Gefängnißstrafe Verurtheilten waren hingegen sehr bestürzt, klagten über die Strenge, mit der sie behandelt worden, und betheuerten ihre Unschuld. Beilegung der orientalischen Frage übereingekommen – wie wir denn nicht zweifeln, daß sie es wirklich sind – wie sollte diese Thatsache unsern Pariser Collegen so überrascht haben? War es seit fünf Monaten nicht notorisch, daß England zu einer den Ansprüchen Mehemed Ali's entgegengesetzten Politik entschlossen? Wurde dieselbe Politik nicht in der von den fünf Mächten – Frankreich mit eingeschlossen – in Konstantinopel übergebenen Collectivnote erklärt? Worin besteht Hrn. v. Brunnows Vorschlag? – wir meinen dessen Princip, nicht dessen Details. Nun, lediglich darin, daß die Verbindlichkeit jener Collectivnote erfüllt werden solle. Von Anfang an war Englands, Rußlands, Oesterreichs und Preußens Zweck die Wahrung der Integrität der Türkei. Eben dieß war auch der erklärte Zweck Frankreichs. Aber wenn nun Frankreich an eine Interpretation des Ausdrucks „Integrität des osmanischen Reiches“ geht, so bedeutet er nach seiner Auslegung: die Theilung der osmanischen Provinzen, die Schöpfung eines Reichs im Reiche zur Vergrößerung eines ehrgeizigen Vasallen, dem gegenüber der Sultan nur noch der unmächtige Pascha eines Reichs ohne ein einziges anderes Element des Festbestandes als das Leben des es factisch beherrschenden Greises seyn, und dessen Gründung nur die Einleitung zu einem gewissen und nicht fernen europäischen Kriege seyn würde. In diese Verdolmetschung der „Integrität“ der Türkei stimmen die andern Mächte allerdings nicht mit ein, noch war das je zu erwarten. Wenn also Frankreich seinem Versprechen entgegen, im Widerspruch (wie wir zu behaupten wagen) mit seinen eigenen Interessen und zum Verderben für die Interessen der Türkei bei seiner Weigerung beharrt, bei der Ausgleichung der Frage sich zu betheiligen, an wem liegt die Schuld? An den persönlichen Animositäten Lord Palmerstons, sagen einige der französischen Journale, wie Courrier und Constitutionnel. Diese Abgeschmacktheit ist zu lächerlich und die Annahmen, auf die sie fußt, zu nichtig, als daß sie eine ernstliche Widerlegung verdiente. Man hat England auf die Gefahren eines russischen Bündnisses, in Bezug auf Konstantinopel, hingewiesen; nun ist aber diese Frage des Bosporus, wie man sie nennt, nicht die einzige, und zudem nicht die wichtigste Frage. Sie ist vielmehr in der großen orientalischen Angelegenheit nur ein Incidentpunkt, der in die Reihe der Mittel zum Zweck gehört. Dennoch möchte Frankreich uns glauben machen, daß diese untergeordnete Frage vor Allem Beachtung verdiene. Nein! die Hauptfrage ist, ob die europäischen Mächte die Anmaßungen Mehemed Ali's dulden dürfen. England, Rußland, Oesterreich, Preußen sind darüber einig, und gern hegen wir noch immer die Hoffnung, daß Frankreich sich nicht wird isoliren wollen. In seiner ganzen so übelgeleiteten Politik neuerer Zeit war Frankreich die Dupe Mehemed Ali's; denn so sehr es ihm auch angelegen seyn mag, den Pascha zu einer Uebereinkunft zu bewegen, bebt das französische Cabinet doch vor jeder Idee einer Anwendung von Zwangsmitteln gegen ihn zurück. Mehemed wußte dieß, und eben dieses Wissen gab ihm den Muth, den Befehlen sämmtlicher Großmächte – Frankreich mit eingeschlossen – Trotz zu bieten. Die französische Regierung eröffnete die Unterhandlungen in der orientalischen Frage mit ungemein schönen Versprechungen an England, mit so schönen, daß man daraus auf eine Identität der Ansichten hätte schließen sollen; aber von Zwangsmaaßregeln wollte sie dann nichts hören, sondern machte den Willen Mehemed Ali's zur Richtschnur für Frankreichs Benehmen. Eine solche Politik laborirt offenbar an einem traurigen Mangel, sey es nun der Geschicklichkeit oder der Aufrichtigkeit; welches von beiden, wollen wir zu entscheiden nicht auf uns nehmen. Aber bei dieser Ineinanderwirrung der orientalischen Frage, bei dieser Entfremdung Frankreichs von England figuriren noch andere Mithandelnde oder Mitsprechende als das französische Cabinet oder der Hof der Tuilerien. Die Presse, selbst die in ihrer Sprache gegen England freundlichste Presse, hat entschieden, daß kein einziger Wunsch Englands Gehör finden, daß Mehemed um jeden Preis unterstützt werde, daß Frankreich, falls man es zur Wahl zwischen einem ägyptischen und einem englischen Bündnisse zwänge, das erstere wählen soll. Für ein Ministerium Soult, das auf keiner Partei ruht, sondern nur durch die aura popularis besteht, müssen Argumente wie die der Presse zum Gesetz werden. Und als Gesetz sind sie wirklich mit all ihren Folgesätzen vom Cabinet an- und aufgenommen. Frankreich macht zu Mehemed Ali's Gunsten Vorschläge, die weder England, noch eine der andern Mächte acceptiren kann. Das Aeußerste, was diese Mächte, um bei Frankreich nicht anzustoßen, thun könnten, wäre, die Sachen so zu belassen, wie sie sind. Das ist das Aeußerste, was Frankreich wirklich hoffen kann. Aber wenn der alte, nicht definitiv geordnete, orientalische status quo sowohl die Türkei als Aegypten in der wachsenden Aussicht auf einen Zusammenstoß zur Unterhaltung eines starken Militär- und Marine-Etats nöthigte, so würde der neue nicht definitiv geordnete status quo nicht nur die Türkei und Aegypten, sondern alle europäischen Mächte zu ähnlichen Vorkehrungen und Ausgaben zwingen. Die Budgets all dieser Staaten würden bald von votirten Ergänzungscrediten anschwellen; die Flotten aller derselben würden von Monat zu Monat Verstärkungen an Schiffen und Mannschaft erhalten, und bald würden wir alle Lasten und mehr als eine bloße Besorgniß des Kriegs haben. Das wäre ein undenkbarer Zustand der Dinge.“ Nachrichten aus Jamaica vom 25 Dec. zufolge hatte sich das Assembly-Haus nach Erledigung vieler wichtigen Geschäfte bis zum 31 März vertagt. Auf den „Inseln unter dem Wind“ waren die Neger, eine oder zwei Pflanzungen ausgenommen, fleißiger geworden. Auf Trinidad war das französische Schiff Elisabeth mit 295 Auswanderern, meist Schweizern, angekommen. Frankreich. Paris, 2 Febr. (Sonntag.) Der Greffier des Pairshofs, Hr. Cauchy, und der Chef der Huissiers, Hr. Demons, begaben sich gleich nach Beendigung der Pairshofsitzung vom 31 Jan. nach den Gefängnissen, um den Gefangenen ihr Urtheil zu verkünden. Moulines und Huart wurden alsbald in Freiheit gesetzt. Blanqui lag, als die beiden Beamten des Gerichtshofs seine Celle betraten, im Bett. Er hörte aufmerksam die Lesung des Urtheils an, ohne ein Wort zu sprechen oder irgend eine Bewegung zu verrathen. Da er aber das Ende der Phrase, die Strafe betreffend, nicht hören konnte, bat er Hrn. Cauchy, dieselbe zu wiederholen. Als der Verurtheilte die Worte hörte: zur Todesstrafe! machte er mit seinen Armen eine leichte Bewegung, schob sie unter die Bettdecke und schien seine Hände auf seine Brust zu legen. Der daneben stehende Brigadier der Gendarmerie faßte, in der Meinung, Blanqui wolle sich das Leben nehmen, dessen Arme, und legte ihm sogleich das Zwangscamisol an. Uebrigens sprach der Verurtheilte kein Wort und verhielt sich völlig ruhig. Die zur Detention Verurtheilten zeigten, als sie das Urtheil hörten, nicht die mindeste Bewegung; sie schienen darauf gefaßt zu seyn. 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Von Anfang an war Englands, Rußlands, Oesterreichs und Preußens Zweck die Wahrung der Integrität der Türkei. Eben dieß war auch der <hi rendition="#g">er</hi>klärte Zweck Frankreichs. Aber wenn nun Frankreich an eine Interpretation des Ausdrucks „Integrität des osmanischen Reiches“ geht, so bedeutet er nach seiner Auslegung: die Theilung der osmanischen Provinzen, die Schöpfung eines Reichs im Reiche zur Vergrößerung eines ehrgeizigen Vasallen, dem gegenüber der Sultan nur noch der unmächtige Pascha eines Reichs ohne ein einziges anderes Element des Festbestandes als das Leben des es factisch beherrschenden Greises seyn, und dessen Gründung nur die Einleitung zu einem gewissen und nicht fernen europäischen Kriege seyn würde. In diese Verdolmetschung der „Integrität“ der Türkei stimmen die andern Mächte allerdings nicht mit ein, noch war das je zu erwarten. Wenn also Frankreich seinem Versprechen entgegen, im Widerspruch (wie wir zu behaupten wagen) mit seinen eigenen Interessen und zum Verderben für die Interessen der Türkei bei seiner Weigerung beharrt, bei der Ausgleichung der Frage sich zu betheiligen, an wem liegt die Schuld? An den persönlichen Animositäten Lord Palmerstons, sagen einige der französischen Journale, wie Courrier und Constitutionnel. Diese Abgeschmacktheit ist zu lächerlich und die Annahmen, auf die sie fußt, zu nichtig, als daß sie eine ernstliche Widerlegung verdiente. Man hat England auf die Gefahren eines russischen Bündnisses, in Bezug auf Konstantinopel, hingewiesen; nun ist aber diese Frage des Bosporus, wie man sie nennt, nicht die einzige, und zudem nicht die wichtigste Frage. Sie ist vielmehr in der großen orientalischen Angelegenheit nur ein Incidentpunkt, der in die Reihe der Mittel zum Zweck gehört. Dennoch möchte Frankreich uns glauben machen, daß diese untergeordnete Frage vor Allem Beachtung verdiene. 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Die französische Regierung eröffnete die Unterhandlungen in der orientalischen Frage mit ungemein schönen Versprechungen an England, mit so schönen, daß man daraus auf eine Identität der Ansichten hätte schließen sollen; aber von Zwangsmaaßregeln wollte sie dann nichts hören, sondern machte den Willen Mehemed Ali's zur Richtschnur für Frankreichs Benehmen. Eine solche Politik laborirt offenbar an einem traurigen Mangel, sey es nun der Geschicklichkeit oder der Aufrichtigkeit; welches von beiden, wollen wir zu entscheiden nicht auf uns nehmen. Aber bei dieser Ineinanderwirrung der orientalischen Frage, bei dieser Entfremdung Frankreichs von England figuriren noch andere Mithandelnde oder Mitsprechende als das französische Cabinet oder der Hof der Tuilerien. Die Presse, selbst die in ihrer Sprache gegen England freundlichste Presse, hat entschieden, daß kein einziger Wunsch Englands Gehör finden, daß Mehemed um jeden Preis unterstützt werde, daß Frankreich, falls man es zur Wahl zwischen einem ägyptischen und einem englischen Bündnisse zwänge, das erstere wählen soll. Für ein Ministerium Soult, das auf keiner Partei ruht, sondern nur durch die aura popularis besteht, müssen Argumente wie die der Presse zum Gesetz werden. Und als Gesetz sind sie wirklich mit all ihren Folgesätzen vom Cabinet an- und aufgenommen. Frankreich macht zu Mehemed Ali's Gunsten Vorschläge, <hi rendition="#g">die weder England</hi>, <hi rendition="#g">noch eine der andern Mächte acceptiren kann</hi>. Das Aeußerste, was diese Mächte, um bei Frankreich nicht anzustoßen, thun könnten, wäre, die Sachen so zu belassen, wie sie sind. Das ist das Aeußerste, was Frankreich wirklich hoffen kann. 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Als der Verurtheilte die Worte hörte: <hi rendition="#g">zur Todesstrafe</hi>! machte er mit seinen Armen eine leichte Bewegung, schob sie unter die Bettdecke und schien seine Hände auf seine Brust zu legen. Der daneben stehende Brigadier der Gendarmerie faßte, in der Meinung, Blanqui wolle sich das Leben nehmen, dessen Arme, und legte ihm sogleich das Zwangscamisol an. Uebrigens sprach der Verurtheilte kein Wort und verhielt sich völlig ruhig. Die zur Detention Verurtheilten zeigten, als sie das Urtheil hörten, nicht die mindeste Bewegung; sie schienen darauf gefaßt zu seyn. Die fünf zu einfacher Gefängnißstrafe Verurtheilten waren hingegen sehr bestürzt, klagten über die Strenge, mit der sie behandelt worden, und betheuerten ihre Unschuld.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0300/0004]
Beilegung der orientalischen Frage übereingekommen – wie wir denn nicht zweifeln, daß sie es wirklich sind – wie sollte diese Thatsache unsern Pariser Collegen so überrascht haben? War es seit fünf Monaten nicht notorisch, daß England zu einer den Ansprüchen Mehemed Ali's entgegengesetzten Politik entschlossen? Wurde dieselbe Politik nicht in der von den fünf Mächten – Frankreich mit eingeschlossen – in Konstantinopel übergebenen Collectivnote erklärt? Worin besteht Hrn. v. Brunnows Vorschlag? – wir meinen dessen Princip, nicht dessen Details. Nun, lediglich darin, daß die Verbindlichkeit jener Collectivnote erfüllt werden solle. Von Anfang an war Englands, Rußlands, Oesterreichs und Preußens Zweck die Wahrung der Integrität der Türkei. Eben dieß war auch der erklärte Zweck Frankreichs. Aber wenn nun Frankreich an eine Interpretation des Ausdrucks „Integrität des osmanischen Reiches“ geht, so bedeutet er nach seiner Auslegung: die Theilung der osmanischen Provinzen, die Schöpfung eines Reichs im Reiche zur Vergrößerung eines ehrgeizigen Vasallen, dem gegenüber der Sultan nur noch der unmächtige Pascha eines Reichs ohne ein einziges anderes Element des Festbestandes als das Leben des es factisch beherrschenden Greises seyn, und dessen Gründung nur die Einleitung zu einem gewissen und nicht fernen europäischen Kriege seyn würde. In diese Verdolmetschung der „Integrität“ der Türkei stimmen die andern Mächte allerdings nicht mit ein, noch war das je zu erwarten. Wenn also Frankreich seinem Versprechen entgegen, im Widerspruch (wie wir zu behaupten wagen) mit seinen eigenen Interessen und zum Verderben für die Interessen der Türkei bei seiner Weigerung beharrt, bei der Ausgleichung der Frage sich zu betheiligen, an wem liegt die Schuld? An den persönlichen Animositäten Lord Palmerstons, sagen einige der französischen Journale, wie Courrier und Constitutionnel. Diese Abgeschmacktheit ist zu lächerlich und die Annahmen, auf die sie fußt, zu nichtig, als daß sie eine ernstliche Widerlegung verdiente. Man hat England auf die Gefahren eines russischen Bündnisses, in Bezug auf Konstantinopel, hingewiesen; nun ist aber diese Frage des Bosporus, wie man sie nennt, nicht die einzige, und zudem nicht die wichtigste Frage. Sie ist vielmehr in der großen orientalischen Angelegenheit nur ein Incidentpunkt, der in die Reihe der Mittel zum Zweck gehört. Dennoch möchte Frankreich uns glauben machen, daß diese untergeordnete Frage vor Allem Beachtung verdiene. Nein! die Hauptfrage ist, ob die europäischen Mächte die Anmaßungen Mehemed Ali's dulden dürfen. England, Rußland, Oesterreich, Preußen sind darüber einig, und gern hegen wir noch immer die Hoffnung, daß Frankreich sich nicht wird isoliren wollen. In seiner ganzen so übelgeleiteten Politik neuerer Zeit war Frankreich die Dupe Mehemed Ali's; denn so sehr es ihm auch angelegen seyn mag, den Pascha zu einer Uebereinkunft zu bewegen, bebt das französische Cabinet doch vor jeder Idee einer Anwendung von Zwangsmitteln gegen ihn zurück. Mehemed wußte dieß, und eben dieses Wissen gab ihm den Muth, den Befehlen sämmtlicher Großmächte – Frankreich mit eingeschlossen – Trotz zu bieten. Die französische Regierung eröffnete die Unterhandlungen in der orientalischen Frage mit ungemein schönen Versprechungen an England, mit so schönen, daß man daraus auf eine Identität der Ansichten hätte schließen sollen; aber von Zwangsmaaßregeln wollte sie dann nichts hören, sondern machte den Willen Mehemed Ali's zur Richtschnur für Frankreichs Benehmen. Eine solche Politik laborirt offenbar an einem traurigen Mangel, sey es nun der Geschicklichkeit oder der Aufrichtigkeit; welches von beiden, wollen wir zu entscheiden nicht auf uns nehmen. Aber bei dieser Ineinanderwirrung der orientalischen Frage, bei dieser Entfremdung Frankreichs von England figuriren noch andere Mithandelnde oder Mitsprechende als das französische Cabinet oder der Hof der Tuilerien. Die Presse, selbst die in ihrer Sprache gegen England freundlichste Presse, hat entschieden, daß kein einziger Wunsch Englands Gehör finden, daß Mehemed um jeden Preis unterstützt werde, daß Frankreich, falls man es zur Wahl zwischen einem ägyptischen und einem englischen Bündnisse zwänge, das erstere wählen soll. Für ein Ministerium Soult, das auf keiner Partei ruht, sondern nur durch die aura popularis besteht, müssen Argumente wie die der Presse zum Gesetz werden. Und als Gesetz sind sie wirklich mit all ihren Folgesätzen vom Cabinet an- und aufgenommen. Frankreich macht zu Mehemed Ali's Gunsten Vorschläge, die weder England, noch eine der andern Mächte acceptiren kann. Das Aeußerste, was diese Mächte, um bei Frankreich nicht anzustoßen, thun könnten, wäre, die Sachen so zu belassen, wie sie sind. Das ist das Aeußerste, was Frankreich wirklich hoffen kann. Aber wenn der alte, nicht definitiv geordnete, orientalische status quo sowohl die Türkei als Aegypten in der wachsenden Aussicht auf einen Zusammenstoß zur Unterhaltung eines starken Militär- und Marine-Etats nöthigte, so würde der neue nicht definitiv geordnete status quo nicht nur die Türkei und Aegypten, sondern alle europäischen Mächte zu ähnlichen Vorkehrungen und Ausgaben zwingen. Die Budgets all dieser Staaten würden bald von votirten Ergänzungscrediten anschwellen; die Flotten aller derselben würden von Monat zu Monat Verstärkungen an Schiffen und Mannschaft erhalten, und bald würden wir alle Lasten und mehr als eine bloße Besorgniß des Kriegs haben. Das wäre ein undenkbarer Zustand der Dinge.“
Nachrichten aus Jamaica vom 25 Dec. zufolge hatte sich das Assembly-Haus nach Erledigung vieler wichtigen Geschäfte bis zum 31 März vertagt. Auf den „Inseln unter dem Wind“ waren die Neger, eine oder zwei Pflanzungen ausgenommen, fleißiger geworden. Auf Trinidad war das französische Schiff Elisabeth mit 295 Auswanderern, meist Schweizern, angekommen.
Frankreich.
_ Paris, 2 Febr. (Sonntag.)
Der Greffier des Pairshofs, Hr. Cauchy, und der Chef der Huissiers, Hr. Demons, begaben sich gleich nach Beendigung der Pairshofsitzung vom 31 Jan. nach den Gefängnissen, um den Gefangenen ihr Urtheil zu verkünden. Moulines und Huart wurden alsbald in Freiheit gesetzt. Blanqui lag, als die beiden Beamten des Gerichtshofs seine Celle betraten, im Bett. Er hörte aufmerksam die Lesung des Urtheils an, ohne ein Wort zu sprechen oder irgend eine Bewegung zu verrathen. Da er aber das Ende der Phrase, die Strafe betreffend, nicht hören konnte, bat er Hrn. Cauchy, dieselbe zu wiederholen. Als der Verurtheilte die Worte hörte: zur Todesstrafe! machte er mit seinen Armen eine leichte Bewegung, schob sie unter die Bettdecke und schien seine Hände auf seine Brust zu legen. Der daneben stehende Brigadier der Gendarmerie faßte, in der Meinung, Blanqui wolle sich das Leben nehmen, dessen Arme, und legte ihm sogleich das Zwangscamisol an. Uebrigens sprach der Verurtheilte kein Wort und verhielt sich völlig ruhig. Die zur Detention Verurtheilten zeigten, als sie das Urtheil hörten, nicht die mindeste Bewegung; sie schienen darauf gefaßt zu seyn. Die fünf zu einfacher Gefängnißstrafe Verurtheilten waren hingegen sehr bestürzt, klagten über die Strenge, mit der sie behandelt worden, und betheuerten ihre Unschuld.
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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